BV
.H37
1900
SMC
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Evangelische
und katholische Feiertage
Ein kir Midies Wort
zu einer politisdien Entscheidung
Ein Vortrag
von
Lic.Klaus Harms
Pastor
inDetmold
Statt eines Vorwortes
Wir können
nichts wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit. 2.Kor. 13, 8.Verlag derref.KirchengemeindeDetmold-West, Bismarckstraße 23 Druck: Hermann Bösmann GmbH., Detmold, Paulinenstraße 14
I.
Der Anlaß zu unserer Fragestellung
Unter
dem
20. Oktober dieses Jahres teilte das Lippische Landes- kirchenamt allen Pfarrern, Pfarrverwesernund
Vikaren derLandeskirche mit, daß das Reformationsfestam
diesjährigen 31. Oktober in derselben Weise wie in den letzten Jahren gefeiertwerden
soll.Aus
dieser Anord-nung
des Landeskirchenamtes, der ein Beschluß des Landeskirchenrates zugrunde lag, erfuhren wohl die meisten Pastorenund
imNachgang
auch die Mehrzahl der Gemeindeglieder erst, welcheBestimmungen
das Feier- tagsgesetz, das der Landtag in Düsseldorfam
16. Oktober 1951 ver- abschiedet hatte, getroffen hat.Was
für unsere Überlegung nicht von Bedeutung ist, weil darüber allgemeine Übereinstimmung besteht, seinur
am Rande
vermerkt.Danach
ist für sieben Feiertage der öffentliche Schutzübernommen
worden. Das sind also bei den drei Hauptfesten jeweils die zweiten Festtage, bei Weihnachten auch der erste,wenn
er nicht auf einen Sonntag fällt.Auch
Himmelfahrtund
Neujahr sollen gesetzlichen Schutz genießen, ebenso wie der erste Mai. Über diese Tage gab es oder gibt es keine Diskussion. Es besteht volle Einmütigkeit.Aber dann
weiter: eswaren
bisher als Feiertage gehalten Karfreitagund Buß- und
Bettag. Diese beiden Feiertagewurden
als evangelische Festtage angesehenund
gewertet,und um
der Parität willen hatnun
der Landtag zwei weitere der katholischenBevölkerungdesLandes zugebilligt,d.h. das Allerheiligen-und
Fronleichnamsfest sind neu hinzugekommen. Das sieht beim ersten Blick alles sehr einleuchtendund annehmbar
aus.Da mehr
als elf öffentliche Feiertage nicht zu verantworten sind, ist es scheinbar auch eine billige
und
gerechte Lösung.Wie
wir in der Lippischen Landes-Zeitungvom
7.November
1951 in einer katholischen Zuschrift lasen, haben wir also damit erreicht, daß für alle das gleiche Recht gilt.„Es gibt"
—
ich zitiere wörtlich—
„heute keine Bürger zweiter Klasse mehr", wie es ohne diese neuen Feiertage mithinund
überall dort,wo
sie nicht in Geltung stehen, die katholischen Glaubensgenossen danach sind.Die Frage der Feiertage hat natürlich ihre wirtschaftliche Seite. Der Ausfall geht, wie es Sachkenner bekunden, schon für einen Tag in die Millionen. Diese Seite der Sache ist evangelischerseits. wie aus den mancherlei Nachrichten hervorgeht, die fast jeden
Tag
seitdem In unsern Tageszeitungen sich mit dieser Frage befassen,und
sonun
auch der Allgemeinheit Einblick in die langwierigen Verhandlungen und Ihre gewichtigen Hintergründe gewährten, ernsthaft gewürdigt worden. Die evangelische Kirche; hat den mancherlei dringlichen Stimmen, die der Wirtschaft an ihrOhr
drangen,Gehör
gegebenund
auf dieldes Reformationstages als öffentlich anerkannten, d. h. gesetzlich ge- schützten Feiertag nicht bestanden.
Klar ist auch, daß die Frage der ; itzliche Seite hat.
tätlich anerkannte sind durch ein entsprechendes Gesetz festzulegen, [sl das aber
rjeden Untertan verbindlid Übertretungdi
gestellt wtichi)
8
Daß
ein solchZustandekommen
von Gesetzen auch eine politische bat, kann natürlich nicht Übersehen werden. Die Mehrheit für ein solch« u erreichen, heißt, dieZustimmung
der im Landtag vor- nen politischen Parteien zu gewinnen. DieseAnerkennung
der politischen Seite der Sache schließt aber nicht ein,und darum müssen
«wähnen, daß eine Erörterung dieser Beschlüsse auch heute ein politisches Urteil sein
muß.
Es ist zu billigund
verschiebt die Fragestel- lung,wenn man
den lebhaften Widerspruch gegen dieses Feiertagsgesetz als rein politische Propaganda-und Zweckunternehmung
hinstellt.Da-
gegenmüssen
wir uns entschiedenund
mit allem Ernst verwahren. So einfachund
so oberflächlich liegen die Dinge wahrhaftig nicht.Denn
— und
damitkommen
wir erst zudem
wichtigstenPunkt
der ganzen Angelegenheit—
die Frage nach den öffentlichen, also gesetzlich aner- kannten Feiertagen hat auch eine konfessionelleSeite.Und
wir bitten alle Beteiligten herzlich, diese Seite der Sache nicht gering zu achten.Wir
sind derÜberzeugung
sogar, daß sie die entschei- dende Seite ist.Und
die große Erregung, die seit der erstenAnwendung
dieses
neuen
Gesetzesam
diesjährigen 1.November
bzw. auch schonam
31. Oktober durch unsere
Gemeinden
in Lippe gingund
noch heute geht,kann
niemand, der guten Willens ist, anders deuten alsvon
daher. Die evangelische Bevölkerung unseres Landes, dieam
31. Oktober diesesJahres in einer
kaum dagewesenen
Weise die Gotteshäuser in Dorfund
Stadt füllte, hat dabei, daskann
kein Verständiger leugnen, ganz gewißweder
auf die wirtschaftliche, noch auf die gesetzliche, noch auf die politische Seite der ganzen Frage geschaut, sondern allein auf das Bekenntnis,und
auch danach gehandelt!Ob
der Landtagsbeschluß in dieser HinsichtalleMomente ausgewogen und
in ihrer Bedeutung gewür- digt hat, das erscheint uns nun, wie wir meinen, aus zwingendenGrün-
den, allerdings fraglich.
Und wenn ein Gesetz eines Landes oder eines Staates etwas verordnet, was das Bekenn
tnisanrührt,
jadem Bekenntnis zuwider
ist,dann
istdas ein gefähr- liches Unternehmen. Und
es istim
Interesse derRuhe und
Sicherheit ineinem
Volke bestimmt leichtfertig,wenn man
das Grollen der Bevölkerung, die sichim
tiefsten getroffen fühlt, als politische Nörgelei bagatellisiert.Wenn
einLand
oder ein Staat hier seine Befugnisse überschreitet, das Bekenntnis antastet,dann —
der Aufbruch der Be-kennenden
Kirche unter Adolf Hitler, der damals wahrhaftig festerim
Sattel saß, als es all unsere Regierungen heute tun, sollte als dringende
Warnung
ja nicht vergessen werden!—
ist die Möglichkeit desUngehor-
sams, der offenenAuflehnung
heraufbeschworen.Noch
gilt,und immer
wird geltenund
auch befolgtwerden
dasWort
Heiliger Schrift:Man muß
Gottmehr
gehorchendenn
den Menschen!Weil diese Situation
am
Horizont aufgestanden ist,darum müssen
wir uns mitdem
Feiertagsgesetzund
mit denFeiertagengenauerbeschäftigen.Die
nun
in den Festtagskalender von Nordrhein-Westfalenaufgenomme-
nen Feiertage Allerheiligenund
Fronleichnamwerden
mit der Parität begründet. Entsprechend den evangelischen FeiertagenBußtag und Kar-
freitag
war
auch für die katholische Bevölkerung das gleiche Recht geltend zu machen. Weil wir bei den beiden katholischen Feiertagen ihreBedeutung
nur zu erkennen vermögen,wenn
wir in ihre Geschichte hin- einschauen,und weü
wir die Frage, obBußtag und
Karfreitag als rein evangelische Festtage zu gelten haben, überprüfen müssen,müssen
wir in wenigen Sätzen auch bei den insonderheit der evangelischen Kirche zuerkannten Feiertagen in ihreGeschichteund
ihreVerkündigung
blicken.II.
Der Büß- und Bettag
Die erste evangelische Eettagsfeier ist
am
31. August 1532. einem Sonnabend, auf Befehl des Rates der Stadt Straßburg gehalten worden,nachdem
der Kaiser dieWeisung
gegeben hatte, feierliche Betmessen für den glücklichenAusgang
des Türkenkrieges durchzuführen.Nachdem
mehrere solcher außergewöhnlichenBettage stattgefunden hatten,wurden während
des Schmalkaldischen Krieges ständige monatliche Bettage ab- gehalten. Schon 1539 hat die Kasseler Kirchenordnung für Hessen, die unter Straßburger Einfluß geschaffen wurde, monatliche Bettage ange- ordnet.Von
Straßburg aus hat Calvin diese Einrichtung auch für Genfübernommen und
die meisten reformierten Kirchen, so in den Nieder- landen, in derPfalz,am
Niederrheinhaben esaufgenommen. Zudem
riefen auffallende Ereignisse, wie das Erdbeben in Lissabon 1755und
schon das Erscheinen einesKometen
Bußtage in verschiedenen deutschenLän-
dern hervor, so daß wir eine Fülle solcher Bußtage haben, die—
das spricht also schon damals mit—
1773 in Preußen aus wirtschaftlichenGründen
eingeschränkt wurden. Erstim
19. Jahrhundert erschien ein allgemeiner Bußtag als Wunschzielam
Horizont. Ein Antrag dahin wird 1852 auf der ersten Konferenz der Vertreter der oberstenKirchenbehörden des evangelischen Deutschlands gestellt.Aber man kam
nicht recht voran damit, bis 1878 auf Antrag mehrerer Landeskirchen die Sache erneutauf- gegriffen wurde. Eine Übersicht ergab damals, daß in 28 deutschen Län- dern 47 verschiedeneBüß- und
Bettage an 24 verschiedenenTagen
ge- halten wurden. 1892 endlichwurde
auf der preußischen Generalsynode der Landes-Buß-und
Bettag auf den Mittwoch vordem
letzten Sonntag nach Trinitatis verlegt,und
der preußische Landtag stimmte dieser Re- gelung zu.Eine völlige Einmütigkeit für ganz Deutschland
wurde
nicht erreicht.In Bayern
und Württemberg
z.B. begingman
denBüß- und
Bettagam
ersten Sonntag derPassionszeit, in
Baden am
letztenSonntag des Kirchen- jahres. Bekanntlich hatWürttemberg
ihn erst in unserenTagen
auchauf den Mittwoch vordem
letzten Sonntag nach Trinitatis UWichtig ist
nun
zweierlei: einmal, daß der Bußtag nicht eine spezifisch evangelische Erfindung ist. Er hat in den Fasttagen Israels seine erstenund
ältesten Vorläufer, aber von den Fastenzeiten schon ganz ahmsehen.auch in den außerordentlichen Bittgängen inKriegszeiten oder bei Kl gefahr
und
auch bei sonstigen Landplagen hal 90 <tvin der alten katholischen Kirche seinen Platz gehabt.
Daß
aus d kirchlichen gelegentlichen Bittgängen die ständigen Bittgänge \sten hervorgegangen sind,
muh
weiterhin l( stgehalten werden. Endlich hat die alt- den I.Januarim G
zuder wildenAu
heit der Feiern
um
dieJahreswend
enden BuOtag begangen.i dann da '/•• i b -
wo
den tnuiKirche hat in der Tat für denBu wird.
kein Verstände :
Man
hat dafür, wieman
tagt vr:Ketten,
man
empfindet auch seine Stellung im Kirchenjahr nicht glücklich.Das muß
selbstverständlich zugestanden und voll gewürdigt werden.Aber
ganz abgi davon, daß auch In der evangelischen Kirche der tige Platz im Kirchenjahr keineswegs allgemein als glücklich an- gesehen wird,kann
die katholische Kirche, wie die geschichtlichen Hin- weise bezeugen, nicht dieBehauptung
vertreten, daß ein Bußtag als solcher für sie als Kirche untragbar sei.Wie
sollte das auch, da dieBuße zum
unverlierbaren Bestandteil der biblischen Botschaft gehört.Worauf
es uns also
ankommt,
ist damit sichtbar geworden:man mag
gegen den Bußtag als solchen aus mancherleiGründen Einwände
haben, die haben wir Evangelischen über das oben Gesagte hinaus ja auch!Wenn näm-
lich dieser jährlich wiederkehrende
Tag
dazu verführen sollte, ihn als eine Möglichkeit anzusehen, bei derman
durch ein einmaliges Handeln mit Gott überschnell ins Reine zukommen
glaubt,—
vergleiche Luthers erste Thesevom
31. Oktober:Wenn
unser Herr Christus spricht: Tut Buße, so will er, daß das ganzeLeben
eineBuße
sei!— dann wäre
dieser
Tag
höchst bedenklich.Mag man
aus liturgischen, auch aus wirt- schaftlichen oder sonstigenGründen
etwas gegen ihn sagen,man kann
aber nicht ausGründen
des Glaubensund
des Bekenntnisses gegen ihn stehen.Der Aufruf zur Buße an diesem einen bestimmten Tage, der durch das Gesetz
alsstaatlich anerkannter Feier- tag geschützt
ist,kann niemals eine Belastung der Gewis- sen unserer katholischen Glaubensgenossen bedeuten. Man kann
ihn aus vielenund
vielleicht auch gutenGründen
ablehnen, aber nicht darum, weil er mitdem
Bekenntnisim
Widerspruch steht.Denn
eine christliche Kirche, die das sagt, hat aufgehört, christliche Kirche zusein.
Wir meinen
nun, dieser Gesichtspunkt ist bei der Überprüfung unserer Frage von entscheidender Wichtigkeit.III.
Der Karfreitag
Der
Karfreitag ist seit uralten Zeiten in der Kirche vor andern Tagen, auch denTagen
der Fastenzeit, herausgehoben worden. Schon seinName
—
mittelhochdeutsch kara=
Klage—
zeigt ja, daß er kein spezifisch evangelischerTag
ist, der erst mit der Reformationaufgekommen
wäre.Schon seit
dem
4. Jahrhundert begeht die Kirche den Karfreitag alsTag
der Trauer, als Fasttag. In der römisch-katholischen Kirche hieltman und
hältman
deshalbam
Karfreitag nicht eine eigentliche Messe;man
feiert nur in Übereinstimmung
und
nachdem
Vorbild der orthodox-ana- tolischen Kirche einen Kommunionsgottesdienst unterVerwendung
einer an einem Vortage geweihten Hostie. Gepredigtwurde
an diesemTage
nur vereinzelt,man
beschränkte sich aufLesungen
aus den Propheten oder der Leidensgeschichte, auf Fürbittenund
die Feier der Grablegung.Werktagsarbeit ist nichtverboten, nach einemErlaßvon Papst
Urban
VIII.vom
Jahre 1642, also einer Anordnung, die nach der Reformation er- gangen ist.Die evangelische Kirche dagegen beging diesen
Tag
vonAnfang
anneben den drei großen Festen als höchstenFeiertag.Von großem
Inter- esseund
bedeutsamer Wichtigkeit bei der von uns heute zu klärenden Frage istnun
der Streitum
den Karfreitag, der im Jahre 1899 geführt wurde. InPreußenwurde
der Karfreitag alsallgemeiner Festtag begangen, nur in den Provinzen Posenund
Westfalenund
in der Rheinprovinzwar
es anders.
Im
Januar des genannten Jahreswurde nun
in Fortführung eines verschiedentlich von der Generalsynode der Altpreußischen Union vorgelegten Verlangens im Herrenhause folgender Gesetzentwurf ein- gebracht: „Der Karfreitag hat für den ganzenUmfang
des Staatsgebietes die Geltung eines allgemeinen Feiertages." Diese Gesetzesvorlage rief inden katholischen Zeitungen, wie „Germania"
und
„Katholische Volks- zeitung", einenSturm
der Entrüstung hervor. Die katholische Kirche kenne den Karfreitag nicht als gebotenen Feiertag. Die Arbeitsruhe sei nicht angeordnet, eswürde also durch eine solche Bestimmung einem Teil der Katholiken Beschränkungen
inihrem Er- werbsleben aufgezwungen,
dieihreReligion von ihnennicht fordere.
Es sind also wirtschaftliche Gründe, die hier als erstes vor- gebracht wurden.Aber
weiter:man verwahrte sich mit Entschie- denheit dagegen, daß konfessionell protestantische Fin- rirhtungen
fürden katholischen Volksteil obligatorisch gemacht wurden.
AlsoGründe
des Glaubensund
des Bekennti
wurden
auch in die Waagschale geworfen.Und was
geschahnun
darauf- hin? Eswurde
der ursprüngliche Entwurf sehr /.um • n welter evangelischer Kreise umgeändert und in folgender Fassung schließlichangenommen:
„Der Karfreitag hat die Geltung eines bürgerlichen all- gemeinen i tden mit tiberwiegend katholischer Bevöl- kerung soll die bestehende, herkömmliche Werktagsarbeitam Kare
nicht verboten werden, es sei denn, daß es sich
um
öffentlich bemerkbare oder geräuschvolle Arbeiten in der Nihfl vondem
Qotte wid-moten
Gebäuden
handelt." (DieUnterlagen fürdieseAusführungen
findetman
indem
ProtestantischenTaschenbuch vonHermens und
Kohlschmidt, Leipzig 1905, Spalte 409f.) Diesmuß man
sich heute genau ansehen. Die Entrüstung der evangelischenBevölkerung damals sollnicht verschwiegenn. Jedoch auch die Tatsache, daß in überwiegend katholischen Ge- meinden dieser
Tag
oft mit Betonung dazu benutzt wurde, die schmut- zigste Arbeit, wie das Abfahren von Dung, zu verrichten, läßt sich viel- fach belegen.Aber
von alldem
gern abgesehen:Es wurden hier kon- fessionelle Bedenken geltend gemacht, und
eswurde dem Rechnung getragen!
Der
Karfreitag ist also tatsächlich ein ausgesprochen evangelischer Festtag.Wenn
wir auch dafür nicht den Anflug eines Verständnisses aufzubringen vermögen,wenn
wir auch meinen, daß die einhellige Bot- schaft der Heiligen Schrift, wir predigen den gekreuzigten Christus, es für eine christlicheKirche unmöglichmachen
sollte, sich indieserschroffenForm
gegen die Feier dieses Tages zu stellen, da Christusam Kreuz
für uns starb,—
es istnun
einmal so. Hier bricht es mit aller Deutlichkeit auf,und
wirEvangelischen sollten das genausehen,daßhüben und
drüben eine andere Sicht, ein anderes Verständnis der Schrift ist, daß zwischen der katholischenund
evangelischen Kirche ein breiterGraben
klafft. Esist müßig, in diesem Augenblick darüber zu klagen.
Aber
sehenmüssen
wir es, daß es so ist. Es ist unsachlichund
einfältige Schwärmerei, vor dieser Tatsache dieAugen
zu verschließen. Die katholische Kirche, die eine christliche Kirche ist, die jeden, der ihrenWeg
nicht mitzugehen vermag, für einen Häretikerund
Ketzer ansieht, hält es für unvereinbar mit ihrem christlichen Bekenntnis,am Tage
des Kreuzestodes ihres Stif- ters, welches Geschehen die Mitte allen christlichen Glaubensund
derWeg zum
Heil ist, die Arbeit ruhen zu lassen, diesenTag
also als einen Feiertag hinzunehmen.Wir
wollenund können
nichtmehr
tun in diesem Augenblick, als das feststellen.Und nun
sind diesen beiden Tagen, die der evangelischen Kirche als ihre Festtage zugebilligt wurden, die beidenneuen
entgegengestellt, die von jetzt an auch große Teile der evangelischen Bevölkerung feiern sollen oder müssen, Allerheiligenund
Fronleichnam.Wir müssen
unsnun
den Inhaltund
die Botschaftund
die Geschichte dieser beidenTage
ansehen,um
zu erkennen,was
sie verkündigenund
was
sie feiern. Zunächst alsoIV.
Das Allerheiligenfest
Die Geschichte des Allerheiligenfestes führt uns in die ersten christ- lichen Jahrhunderte zurück. Schon sehr früh
wurde
hinund
her in den Ländernum
das östliche Mittelmeer Lokalfeste von Märtyrern gefeiert, die sich aberimmer mehr und mehr
aus der örtlichen Begrenzung frei-machten
und
größere Kreise zogen. Eswaren
besonders die kleinasiati- schen Bischöfe, die für diese Feste Interesse zeigtenund
möglichst ..inihren Sprengel dieGedächtnisfeier einesHeiligen zu verpflanzen suchten-.
(Die geschichtlichen
Angaben und
die Zitate sind,wenn
nicht anders be- merkt, ausdem
katholischen Kirchenlexikon von Weltzerund
Weite,2. Aufl. 1882, Artikel Allerheiligen entnommen.) Diese Verpflanzung ge- schah durch„Translation von Reliquien", d.h. nicht nur, daß der Leib des Märtyrers von seiner ursprünglichen Ruhestätte an einen anderen Ort gebracht wurde, sondern auch, daß Reliquien in die verschiedensten Orte verteilt wurden,
wodurch
„Lebenskeime in vieleGegenden
ausgestreut wurden, oder der von einem Leibe ausfließende Tautropfen zu einer un- begrenzten Quelle derGnade und
zu Bächen derGnade
wurde".So
wurde
„jeder Heilige Fürbitter für die über den ganzen Erdkreis verbreitete Kirche"und war darum
auch „von der ganzen Kirche zu ver- ehren".Und
das „ließ sicham
leichtesten durch die an einem bestimmtenTage
zu begehende Feier eines Allerheiligenfestes realisieren". Das Festwurde
übrigens, „weil dieHeiligen Früchteund
Kinder des Heiligen Gei- stes sind", in der alten Kirche auf griechischemBoden
bald nachdem
Pfingstfest gefeiert
und
hat in der orthodoxen Kirche auch heute nochim
Pflngstkreis seinen Platz.
Im
Abendlande ist die Geschichte erheblich anders gelaufen. Bonifa- tius IV (608—
615) erbat sich vondem
damaligen Kaiser inRom
dasPantheon,
um
es zu einer christlichen Kirche zu Ehren der Jungfrau Mariaund
der Märtyrer einzuweihen.Auf
28Wagen wurden
eineUn- menge
Reliquien hierhin gefahren,und
mit derEinweihung
dieserKirche, an einem 1. Mai, ergab sich wie von selbst das Allerheiligenfest.Kurz
vr»r der Mitte des 8. Jahrhunderts
wurde
derTag
auf den 1.November
verlegt,
und
etwa ein Jahrhundert später ist dann, vielleicht auf 1 des KaisersLudwig
desFrommen,
die Feier dieses Festes für die ganze Kirche vorgeschrieben.Aus dem
erwähnten katholischen Nach chlagewerk müssen wirnun
auch I tnehmen,Worum
es hei diesem Feste geht Ieh möchte es aus[fliehen
Gründen
wörtlich hierher schreiben:enheit, <i olische Gebot: ,Ehre.
dem
Bhre gebührt', imum-
.'!n sinn zu erfüllen; kein tuserwählten "li rung
eut/'. .nn sollen die Gläubigen dea vollen S lec in
der c; dadurch teilhaftig werden, daß ihnen vereinte Fürbitte aller
Verklärten anzuflehen Ue
wahren
Glanz- undkirchlichen
ü
I Itild, cur Inten-:rlichung der Kln
«.)
Damit dUrfte über die
Ge
chlchte und den Gehalt des Allerheiligen- testes hinreichend Klarheit geschaffen sein. Ich betone noch einmal, daß das,was
gesagt ist, aus der genannten maßgeblichen katholischen Quelle stammt. Es istnun
selbstverständlich, daß die Kirche der Reformation mit einer derartigen Heiligenfeier nichts anzufangen vermochteund
auch niemals etwas anzufangen vermag.Wenn
auch, begründet in der rück- sichtsvollen Liebe bei der ganzen Kultusreform, nicht überall sofort der Trennungsstrich scharf gezogen wurde. So hat in der Tat Martin Luther in der Kirchenpostille über dieEvangelien eine Predigtam
Allerheiligen- tage veröffentlicht, die nach derMeinung
des Herausgebers,E. L. Enders, im Jahre 1522 gehalten sein dürfte. Die evangelischeLesung des Tages ist seit alters her Matth. 5, 1<—
12,und
so predigt Luther denn auch über die„acht Seligkeiten". Es ist
nun
aber unübersehbarund
bemerkenswert, wie Luther seine Predigt beginnt. Ich schreibe es wörtlich hierher: „Vorund
ehe wir zudem
Evangelio greifen,müssen
wir einwenig
vondem
heutigen Fest sagen, das da heißt Aller-Heiligen-Fest, wilches
denn
in der ganzenWelt eingerissen hat,daßmans
überallbegangen hatund
noch heute beiTag
begeht,und
alsmorgen
Aller-Seelen-Tag.Und
ich wollte, daß diese beiden Feste in allenLanden wären
aufgehaben, alleinum
des Mißbrauchs willen, der darinnen geschieht.Denn
obgleich etliche sind, die die es göttlich wissen zu brauchen, so sind ihr dennoch viel,und
fast der meiste Häuf, die es mißbrauchen"...Dann
fährt Luther fort:Wenn man
Heilige verehren soll,dann muß man
gut zwischen den totenund
den lebenden Heiligen unterscheiden,und
nur die lebendigen Heiligen gilt es zu ehren. „Die lebendigen Heiligen sind deine Nähisten, dienacken- den, die hungerigen, die dürftigenarme
Leut, dieWeib und
Kindlin haben, die Schand leiden, die inSünden
liegen." (Martin Luthers sämt- liche Werke, Frankfurt/Main, 2.Aufl.,Band
15, 1870, Seite518f.)Man kann
in der Tat sagen, mit dem,was
wir soeben über das Allerheiligen- fest erheben mußten, das jetzt gesetzlicher Feiertag in Nordrhein-West- falenund
bei uns in Lippe ist, hat dies wirklich nichtsmehr
zu tun.Der
Allerheiligentag so gewendetund
so gepredigt, läßt uns aber verstehen, wie es geschehen konnte, daß inmanchen
frühen Kirchenordnungen der Pveformationszeit noch dieserTag
beibehalten wird.Daß
das Allerheiligen- fest,wo
es noch beibehalten wird, richtig verstanden wird, zeigt der Schlußsatz ausdem
Abschnitt:Von
den Festen in derPommerschen
Kir- chenordnung von 1535. Er lautet: „Der Lügenlegendenund
Fabeln sollen sich die Prediger enthalten, dieweil uns Gott die Wahrheit des Evange- liums wiedergegeben hatund
wirnun
so reichlich GottesWort
zu lesen haben." (Ä. L. Richter, Die evangelischen Kirchenordnungen, Wei-mar
1846,Band
I,Seite 260.Der
Textist von mir ausdem
Plattdeutschen wortgetreu in unser Hochdeutsch übertragen.)Nach
diesem kurzen Einblick in die kirchliche Praxis der Refor- mationsjahre soll das,was
evangelischerseits zu diesemPunkt
zu sagen ist, aus den Bekenntnissen der evangelischen Kirche noch ge- zeigt werden. Ich greife die Schmalkaldischen Artikel als Beispiel für die lutherische Kirche heraus, weil sievon
Luthers eigenerHand
ver- faßt sind.Im
zweiten Teil schreibt der Reformatorim
II. Artikel:„An-
rufung der Heiligen
istauch der endechristischen Miß-
bräuche einer und streitet wider den ersten Hauptartikel
und
tilget dieErkenntnis Christi;
istauch nicht geboten
noch gerathen, hat auch kein Exempel der Schrift und
habens
allestausendmal besser an Christo, wenn jenes
gleich köstlich Gut wäre,
alsdoch nicht
ist." (I. T. Müller, 10Konkordienbuch, Seite 305.)
Und
dazu als Beispiel für die reformierte Kirche Frage 30 des Heidelberger Katechismus: „Glaubendenn
die auch an den einigen Seligmacher Jesus, die ihre Seligkeitund
Heil bei Hei- ligen, bei sich selbst oder anderswo suchen? Nein; sondern sie ver- leugnen mit der Tat den einigen Seligmacherund
Heiland Jesus, ob sie sich sein gleich rühmen. . . ."Damit
ist zur Evidenz gebracht, daßdas Feiertagsgesetz des Landtages von Nordrhein- Westfalen den evangelischen Untertanen einen Feiertag aufnötigt, den
sieum des Glau- bens und Bekenntnisses willen mit
allerEntschlossen- heit ablehnen müssen.
Es ist nützlich, sich jetzt an die Ver- handlungen über die Karfreitagsgesetzeim
Preußischen Herrenhause von 1899 zu erinnern.Wie man
sich damalsdem
katholischen Einspruch,—
gewiß ungernund
höchst widerwillig—
fügteund
denTag
nicht als gesetzlich geschützten Feiertag durchsetzte, so könnteund
dürfte das auch heute nicht geschehen.Die uns vorgehaltene Theorie des gleichen Rechtes für
alle,bitten wir also sehr herzlich
inAnwendung zu bringen!
Eskann
kein evangelischer Christ,wenn
er nicht sich selbst aufgeben
und
unter Matth. 10,33 fallen will:Wer
mich verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vormeinem
himmlischen Vater, Allerheiligen feiern.Man muß
es erkennen, es sind nicht wirtschaftliche, nicht gesetzliche, nicht politische Bedenken, die wir vortragen, es gehtum
die klare Linie des Bekenntnisses.Der
Landtagwar
denkbar schlecht beraten, als er diese Vorlage,wenn
auch nach monate- oder jahrelangemHin und Her zum
Gesetz erhob!Aber
es steigert sich noch.Die evangelische Bevölkerung von Nordrhein- Westfalen und das zu hohen Prozenten evan- gelische Land Lippe
istnach dem neuen Gesetz nun sogar gezwungen, den Fronleichnamstag
alsFesttag zu begehen.
Könnte man am
Allerheiligentage sich noch so wenden, wie es Luther in dererwähntenPredigt tut, daß er seineVerkündigung
aufdie ..lebendigen Heiligen" ausrichtet—
hier bei Fronleichnam ist jede Möglichkeit einer Diskussion von vornherein ausgeschlossen.Aber
fragen wir erst nachdem
Fronleichnamstag, seiner Geschichte, seiner Botschaftund
seinem Inhalt.Daß
ichmich dabei wieder an das genannte katholische Standard-werk —
diesmal Artikel Fronleichnam—
halte, dürfte nicht nur zweck-mäßig
sein, sondern auchmeine Ausführungen am
besten legitimieren.11
V.
Das Fronleichnamsfest
Eine Klosterfrau, Juliana von Cornillon-Mont bei Lüttich, sah in einer Vision das Kirchenjahr unter
dem
Bilde eines Vollmondes, inwelchem
ein dunkler Fleck die Lücke anzeigte, welche durch Einführung dieses Festes des heiligen oder hehren (= fron) Leibes Christi ausgefüllt wer- den müßte.
Wer
sich an dieAnfänge
desam
1.November
1950 ver- kündigtenMariendogmas
erinnert, die bekanntlich bei der Erscheinung derMaria in Lourdes liegen, wird über dieseltsame Ähnlichkeit erstaunt seinund
nachdenklich werden.Um
die Vision der Juliana verstehen zu können,muß man
kurz zurückgreifen.Wenige
Jahre vor diesem Gesicht hatte 1215 das 4. Laterankonzil die Wandlungslehre als kirchlichesDogma
festgelegt. „Geschöpfliche Kräfte"
werden
verwandelt,„um
sie als gött- licheund
vergöttlichende Geistesnahrung zu verwenden." 1217 kam, ge- setzlich verordnet, die Elevation hinzu, d. h. dieVerehrung
der Hostie.Nun
schuf „die göttliche Vorsehung" durch Juliana das Fronleichnams-fest. Allerdings ging es nicht so schnell damit. Die
Nonne
teilte die gehabte Erscheinung ihrem Bischofund
einem Dominikaner,und dem
Archidiakon Jakob Pantaleon von Lüttich mit. In Lüttichund
in benach- barten Bistümernwurde
das Fest bald eingeführt. Darüber hinauskam
es nicht in Übung. Als aber der genannte Archidiakon Pantaleon 1261 Papst wurde, schrieb er
—
jetztUrban
IV.—
1264 die Feier des Festes mit Festlegung des Tagesam
Donnerstag nachdem
Trinitatisfest der ganzen Kirche vor.Aber Urban
verstarb nochim
gleichen Jahreund
die Veröffentlichung der Bulle unterblieb. ErstClemens
V. gab sie heraus.Daß
inzwischen elf Päpste die Sache hatten anstehen lassen,— denn
Cle-mens
V.war
der zwölfte Inhaberdes StuhlesPetri nachUrban
IV.— und
daß inzwischen auch siebenundvierzig Jahre vergangen waren, berichtet der Artikel über das Fronleichnamsfestindem
katholischen Nachschlage-werk
allerdings nicht. Es ist ja auch nicht so übertrieben wichtig, wie-wohl
es nicht ohne Reiz ist, dies zu wissen.Immerhin wurde
aufdem
Konzil zu Vienne 1311 die Bulle
Urbans
IV. endlich der Öffentlichkeit übergeben.Nach wiederum
zwei Jahrzehnten hat Papst Johannes XXII.die Feier mit Prozession angeordnet.
Was
dieses Dekret für die Feier des Fronleichnamsfestes nun,nachdem
es gesetzlicher Feiertag ist, in unseren weithin evangelischenGemeinden
in Lippe bedeuten wird, istunschwer einzusehen. Bei der zu der Festesfeier dieses Tages gehörigen Prozession wird
nun
also durch die Straßen unserer evangelischen Ort- schaften „der heilige Leib Christi" getragen werden. Übrigens schrieb das Offizium für das Fest kein Geringerer als der großeThomas von
Aquino. „Es istzum
Teil einer Schrift entlehnt,um
deretwillen der Heilige voreinem
Bilde des Gekreuzigten zu Orvieto dieWorte
hörte:„Thomas, du hast würdig
und
gut von mir geschrieben"."Das
Fronleichnamsfest wurde, mit reichen Ablässen schon durchUrban
IV.,dann
noch vermehrt durch spätere Päpsteum
die Mitte des15. Jahrhunderts ausgestattet, das glänzendste
und
volkstümlichste Fest der katholischen Kirche. Beiden
Prozessionen wird untereinem
Bal-12
dachin das „Allerheiligste" öffentlich herumgetragen.
Von
allen Teil-nehmern
wird erwartet, daß sie mit Lichten in denHänden
den Glanz des Festzuges erhöhen.Kein
Kleriker darf eine Stola tragen,niemand
denHut
aufdem Kopfe
behalten.Man
darf bei diesem allennun
nicht übersehen, daß, wie schon dieVerkündigung
der Transsubstantiation einen polemischen Charakter hatte, nämlich gegen die Albigenserund
Waldenser gerichtet war, auch dieses Fest vonAnfang
an einedemon-
strative
und
propagandistische Absicht hatte. Ja,es ist schwerlich möglich, den Angriffscharakter dieses Festes zu leugnen. In der Session XIII, KapitelV
des Tridentiner Konzils heißt es zunächst, daß andem
feier- lichenTage
dieses hochheiligeund
verehrungswürdigeSakrament
in besonderer Verehrungund
Feierlichkeit zelebriert wirdund
inUm-
märschen sehr würdig
und
ehrenvoll durch die Straßenund
öffentlichen Plätze getragen werde.Aber dann
geht es weiter,und
dies sollte jeder Interessierte zweimalund
ganz genau lesen:und zwar
soll diesieg- reiche Wahrheit
soüber
dieLüge und Ketzerei trium- phieren, daß ihre Gegner im Anblick solchen Glanzes und
bei
solchem Jubel der ganzen Kirche niedergestreckt oder gelähmt und gebrochen vergehen oder mit Scham
erfülltund
vollErröten endlich Verstand annehmen*)!!
Es erscheint überflüssig zu sagen, daß die evangelische Kirche mit diesem Fest auch nicht einen Schritt mitgehen kann.
Das
letzte Zitat aus den noch heute gültigen Beschlüssen des Tridentiner Konzils dürfte jeden Blinden sehend machen.Zumal
bekanntlich dies Konzil, das von 1545 bis 1563 in drei Perioden tagte, nur zudem Zweck
einberufen war, sich mit der Lehre der Reformation auseinanderzusetzen.Die Lüge also und die Ketzerei
ist dieevangelische Lehre. Die Gegner,
diemit Scham
erfüllt,gelähmt und gebrochen vergehen
sollen,sind die Glieder der evangelischen Kirche!
Es ist nicht nötig, in Ausführlichkeit darauf zu verweisen, daß etwa Martin Luther— und
Frage 80 des Heidelberger Katechismus sagt dasselbe—
mit aller Entschiedenheit dieses Fest ablehnte.Wie
besonnenund
voller Rücksicht Luther in den Fragen der Kultusreform vorging, geht fastbeschämend
daraus hervor, daß er nachdem
allzu eiligen Vor- prellen seines Mitarbeiters Karlstadt 1521 sogarund
wider besseres Wissen vorübergehend dieMesse
unter einer Gestalt wieder einführte!Aber
bei allerdem
Wittenberger Reformatornachzurühmenden
ge- duldigsten Behutsamkeit in den Fragen der Erneuerung des Kultus hat er, ungeachtet auch der großen Wertschätzung, der sich das Fron- leichnamsfestim
Kirchenvolk erfreute, diesesFest sofortund
bedingungs-los abgeschafft, weil es ein Abfall von der Stiftung des Herren ist. eine Verkehrung des Sakramentes in sein Gegenteil. Mit diesem Fest wird nach Luthers
Meinung
nichts anderes angerichtet als Christum zuGrunde
zu stoßen (Erlanger Ausgabe,Band
47, Seite 335).Und
dies Fest sollnun
in Nordrhein-Westfalen, sollnun
bei uns inLippe öffentlicher Fei'
m! Wenn
die evangelischen Landtags- abgeordneten über das Fronleichnamsfest Unterricht '•)
Um
clor großen Bedeutung dieser Stelle willenmuß
sie hier nls Fußno"' lateinischen Text abnetlruckt werden:A<- sie quldemoportult, vletricmi von' ost trlumphum
agere, ut elus advcrsarli In *. et
m
tanta unleccleslnc I. ibMCam, vel p
eonfusi tllquando FMlptKant (SaMton xni. eep. V>
oder nur den eben angeführten Konzilbeschluß gekannt hatten, ob sie
diesem Gesetz, ihre
Zustimmung
hatten geben können?Man kann und mag
es zu ihrer Ehre dicht glauben.Der Hinweis auf
dieParität, das gleiche Recht für
alle,verschläft hier
nichts.Hier geht
esnicht um demokratische oder rechtliche Prinzipien, hier
14cht es
ausschließlich und allein um
dieSache des Be- kenntnisses.
In Orten mit evangelischer Mehrheitkann
dies Fest,wo-
möglich mit pomphafter Prozession, nicht gefeiert weiden, durch das die evangelische Christenheit „mitScham
erfülltund zum
Erröten" ge- brachtwerden
soll.Allerheiligen haben wir
nun
miterlebt als Festtag hier inunserm
überwiegend evangelischen Lande. Fronleichnamwäre
der Schlußstein.Videant consules, ne quid detrimenti res publica capiat, sagte
man im
alten
Rom,
d. h. in unserer Sprache heute: Die Landesregierungmöge wohl
zusehen, daß das Staatswesen keinen Schaden erleide! Die Zeit, öffentlich denGehorsam
aufzusagen, istdann gekommen.
Esmuß
die Sache neu überprüftund
anders geregelt werden.Wir haben unter Adolf Hitler den Weg
indas Gefängnis nicht gescheut. Man
täusche sich nicht; wir könnten bereit
sein,den Weg ein zweites Mal zu gehen!
Aber nun kann man
uns einwenden:Was
wollt ihrdenn
eigentlich?Da
ist die Stellungnahme des Landeskirchenamtes der evangelischen Kirche von Westfalen, das unterdem
10. April 1951 in der Tat folgendes schrieb: „. . . Es ist unser Wunsch,daß dieim
FeiertagskatalogZiffer1—
9
des § 2 des Landesgesetzes genannten
Tage
(Neujahr, Karfreitag, 2.Oster- tag, 1. Mai, Fronleichnam, Himmelfahrtstag, 2. Pfingsttag, 1.November, Büß- und
Bettagund
2. Weihnachtstag) als gesetzlich geschützte Feier- tage anerkanntwerden
. . ." (abgedruckt in der Lippischen Landes- zeitungvom
6.November
1951). In der Tat, wirhaben
es gelesen, wir haben es sogar ein zweitesMal
gelesen.Und
wir standenund
stehen noch voller Unverständnisdem
gegenüber.Das
evangelische Landes- kirchenamt in Bielefeld ist offensichtlich sehr schlecht beraten gewesen.Und
wirw
rerden in diesem Falle gegen es dasWort
Martin Luthers an-zuwenden haben und
auch vertreten, daß auch Päpsteund
Konzilien zu irren vermögen. Hier hat jedenfalls das Landeskirchenamt der evan- gelischen Kirche von Westfalen in einer beklagenswerten Weise geirrt.14
VI.
Und nun das Reformationsfest
Der Sturm
der Erregung unter uns ist aufgebrochen, als wenigeTage
vordem
31. Oktober die Tatsache dieses Landtagsbeschlusses in unsernGemeinden
bekannt wurde: Reformationsfest kein Feiertag, dafür aber Allerheiligen.Wir müssen und
wollennun
sachlich bleiben.Refor- mationsfest
ist nieFeiertag und
alssolcher gesetzlich an- erkannt gewesen. Auch
nicht in den östlichen Provinzen Preußens, in denen die Evangelischen die große Mehrheit waren.Wir
haben dort—
ich bin ja ausdem
Osten—
das Reformationsfestam
Sonntag nachdem
31. Oktober gefeiert.Wir müssen darum
in nüchterner Besonnen- heit feststellen: eswäre ein genau
sounerträglicher und un- verzeihlicher Schlag gegen die Glieder der katholischen Kirche, wenn
dieevangelische Kirche darauf bestanden
hätte,
daß der
31.Oktober zum öffentlichen Feiertag
er-klärt werden müsse. Das wäre
unverzeihlich, weil es wider die Liebe wäre.Das wäre
für die katholische Kirche auch untragbar, weil es für sie wider das Bekenntnis wäre.Wie
wir aus den vielen Erörterungenund
amtlichen Verlautbarungen über diese Angelegenheit aus unseren Tageszeitungen erfahren, hat die evangelische Kirche den ernsten Be- denken, die seitens der Wirtschaft gegen die Festlegung des Refor- mationsfestes als gesetzlichen Feiertag zu erheben sind,Raum
ge- geben.Wir
freuen uns dessen, wiewohl wir lieber gesehen hätten, die Kirche hätte ihren Verzicht anders, nämlich kirchlich begründet. Einmalum
zu zeigen, daß für sie die bekenntnismäßige Seite der Sache aus- schlaggebendim
Vordergrunde stehtund zum
andern,um
kundzutun, daß sie nach rein kirchlichen Gesichtspunkten zu handeln bereit ist.Und
von da hermuß
allerdings ganz klar gesehen werden, daß die Forde- rung, den Reformationstag als gesetzlich anerkannten öffentlichen Feier- tag festzulegenum
des Bekenntnisses der andern willen unmöglich ist.Hier gilt das bekannte Wort:
Was
du nicht willst, dasman
dir tu, das füg' auchkeinem
andern zu!Daß man
uns von hier aus einwendet: aberdann
der Karfreitag,können
wir nicht als stichhaltig gelten lassen.Denn
die Feier des Kreuzestodes Jesu
kann
von einer christlichen Kirche im Ernst nicht als gegen ihrBekenntnis gehend behauptet werden. Siekann
nur als gegen die Traditionund
die Geschichte abgelehnt werden.Das Reformationsfest
alsgesetzlicher Feiertag
istalso
in »-in
cm gemischt katholisch und evangelischen Volke weder
zudulden noch zu fordern.
Wir
müssen dabei noch kurzaufdenAnfang
der Reformation zurück-
schauen. Luther schlug seine Thesen ;m im Blick auf den folgenden Allerheiligentag. Vielleicht
war
es Irgendein Zufall, daß er esam Abend
vorher tat. Er hätte es Im Sinne Beiner Sache Jedenfalls genau so gut aucham
l.November
in der Frühe tun können. Abgestimmtwar
dies Lhafl nicht auf den Sl (Oktober, sondern auf denOb
wir in unutzemachen
sollten?Ob
wir also nichtam
i N< [onnattonefeel feiern könn- 15[ch weiß wohl, das wird unsern
Gemeinden
zunächst schwer ein- Ihr&
Ühl und die Tradition auch geht. J(nicht ::l und auch nicht die Tradition
—
hier Behen wir bekannt-lich entscheidend anders als die katholische Kirche
— können
be-stimmende
Faktoren Bein.Wenn
Luther aucham
Alhiheiligenfestund doch alles andere tat als in das Anliegen dieses Tages ein- zustimmen das nicht auch heute möglich
und
nachLage
der Dinge sogar richtig Bein?So wäre
beidem einen der neuen Feiertage eine Klärung und ein Beieinander möglich. Und wir könnten dann mit vermehrtem Recht, weil wir nicht
alssolche dastehen,
dieUnruhe stiften um der Unruhe willen, aber auch mit hei- ligstem Ernst der Regierung
inDüsseldorf zurufen: wir können und werden Fronleichnam nicht hinnehmen und mitmachen. Bleibt man aber trotzdem dabei, dann stehen
dieZeichen auf Sturm. Dann
istfür uns wie 1933
dieStunde gekommen, von allen Kanzeln und Kathedern für
dieSache des bedrohten Glaubens einzustehen.
Es gilt ein frei Geständnis in dieser unsrer Zeit, ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit, trotz aller Feinde Toben, trotz allem
Heidentum
zu preisenund
zu loben das Evangelium.16