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ist außer in der O r i g i n a l h a n d s c h r i f t Felmers, die in der B a r o n B r u k e n - t h a l i s c h e n B i b l i o t h e k in H e r m a n n s t a d t unter der Signatur A. S. K . A. L a

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EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS

M a r t i n F e l m e r s »Abhandlung von dem Ursprung der Sächsischen Nation«

ist außer in der O r i g i n a l h a n d s c h r i f t Felmers, die in der B a r o n B r u k e n - t h a l i s c h e n B i b l i o t h e k in H e r m a n n s t a d t unter der Signatur A. S. K . A. L a

(M. S. 50 a) aufbewahrt wird und im Folgenden mit H (Hermannstadt) bezeichnet ist, so weit bisher bekannt, noch in d r e i Abschriften vorhanden. Die eine davon — sie soll hier mit B (Budapest) bezeichnet werden — habe ich nicht einsehn können.

Sie wird im U n g a r i s c h e n N a t i o n a l m u s e u m in B u d a p e s t aufbewahrt unter dem Titel: M a r t i n F e l m e r s , P f a r r e r s zu H e i t a u , n a c h m a l i g e n S t a d t - p f a r r e r s zu H e r m a n n s t a d t , U n t e r s u c h u n g e n ü b e r d i e S i e b e n b ü r g e r

S a c h s e n , 1 7 6 4 ; Folio, Blatt 1 —125. Das Manuskript ist nach der Versicherung von A. Schullerus ') nichts anderes als eine genaue Abschrift von H mit Berück- sichtigung der in H von Felmer eigenhändig vorgenommenen kleinen Textver- besserungen; auch geht B (nach Schullerus) genau bis zu dem Wort in § 41, Anm. 1 des 2. Teiles, bis zu welchem in H Felmers eigene Handschrift reicht. Die in H von späterer Hand nachgetragenen folgenden Abschnitte fehlen in B. Es muß also B von H abgeschrieben worden sein, bevor in H die Nachträge von späterer Hand hinzugefügt worden waren. Aus dem Umstände, daß Felmer im Titel von B als »nachmaliger«, und nicht einfach als »Stadtpfarrer«, von Hermannstadt be- zeichnet wird, läßt sich wohl schließen, daß die Abschrift B erst nach dem Tode

Felmers angefertigt wurde, und daß demnach auch die späteren Partien in H erst nach Felmers Tode von fremder Hand aus einer frühern Bearbeitung oder — was wahrscheinlicher ist — aus noch nicht aufgearbeiteten Aufzeichnungen auf fliegen- den Blättern und Zetteln nachgetragen wurde.

Eine dritte Handschrift wird in der Schäßburger Gymnasialbibliothek aufbe- wahrt (Sch) und trägt die Signatur IV 754 S. Es ist die Abschrift einer Abschrift, welche der einstige Bürgermeister von Mediasch, M i c h a e l v o n H e y d e n d o r f f , nach einem Vermerk auf der 1. Seite von Sch und nach dem am Schluß ange- hängten Pro memoria (Heydendorffs) im Jahre 1779 aus dem »eigenhändigen Macular M. S. T. (Macularmanuscripty des seligen Herrn Auctoris« angefertigt hatte.

Erst nach Drucklegung dieses Werkes ist es dem Herausgeber durch einen Zufall geglückt, diese Heydendorff'sche Abschrift selbst in der Bibliothek des Kronstädter evang. Gymnasiums zu entdecken. Sie galt lange Zeit als verloren.

Im Korrespondenzbl. des Vereins für siebenb. Landeskunde X V I I I (1895), 128 fragt Ad. Schullerus im Zusammenhang mit einer kurzen Notiz über die Hand- schriften der Felmerschen Abhandlung: »Wer kann über den Verbleib der Heyden.

') Korresp.Bl. d. Ver. f. siebenb. Landeskunde XVIII (1895) 127.

(2)

VI

dorff'sehen Abschrift Auskunft geben?« Die Frage ist damals unbeantwortet geblieben. Es mußte daher angenommen werden, daß das Heydendorff'sche Manuskript, das noch im Jahre 1861 vorhanden gewesen und von Friedrich Müller und Josef Haltrich mit der von unbekannter Hand stammenden Abschrift desselben (Sch) verglichen werden konnte, mittlerweile in Verlust geraten war. Nun stellte sich aber bei einer Durchsicht der in der Kronstädter Gymnasialbibliothek auf- bewahrten Werke Martin Felmers heraus, daß die Heydendorff'sche Handschrift tatsächlich dort unter der Außen-Signatur 49 a (26 b auf dem Titelblatt) in einem Quartbande vorrätig ist, der genau so wie H nach der »Abhandlung von dem Ursprung der Sächsischen Nation« noch die »Anmerkungen« von Daniel Cornides und zuletzt »Martin Felmers kurzgefaßte historische Nachricht von der Wallachi- schen Völkerschaft etc.« alle von derselben Hand geschrieben, enthält. Diese Handschrift mag mit K bezeichnet werden.

Zu der Abhandlung von dem Ursprung der Sächsischen Nation hat Michael v. Heydendorff, anscheinend meist im Jahre 1817, eine ganze Anzahl von Rand- bemerkungen gemacht, die nun leider nicht mehr mit abgedruckt werden konnten.

Die Anmerkungen sind meist unterzeichnet: »M. H.« oder: »M. v. H.« oder: »M. H.

den 23. 8 ten in meinem 87-sten Jahre«, oder: »M. Heidendorf d. 24. 8

tb-

1817«,

»M. Heydendorff«, »Mediasch den 13 8

br

1817 M. H.« usw., der Text selbst ist am Schluße des angehängten Pro memoria wie in Sch datiert und unterfertigt: »Me- diasch den 9

7

'

b

" 779 M. v. Heydendorf«. Man könnte bei der Vergleichung der Schrift des Textes einerseits und der Randbemerkungen andererseits daran zweifeln, ob beide wirklich von derselben Hand herrühren. Die auf den ersten Augenblick auffällige Verschiedenheit der Schriftzüge erklärt sich aber aus dem Altersunter- schied des Schreibers 1779 und 1817, und es ist sicher, daß das Manuskript der Kronstädter Gymnasialbibliothek die so lange vermißte Abschrift Heydendorff's darstellt.

Sie stimmt in allen Einzelheiten genau mit Sch überein, deren Beschreibung weiter unten folgt. Doch hat Sch nur drei von etwa 50 Randbemerkungen Heyden- dorffs übernommen, obwohl — wie weiter unten angeführt — Sch auch die »Zu- sätze« von Heydendorff, »mit H. bezeichnet« angeführt zu haben vorgibt. Der Widerspruch findet — vielleicht — darin seine Lösung, daß Sch von Heydendorffs Manuskript abgeschrieben wurde, bevor Heydendorff den größern Teil seiner Randbemerkungen dazugefügt hatte, also v o r 1817, oder auch darin, daß der erste Schreiber von Sch (s. unten S. I X ) zwar die Absicht hatte, sämtliche Anmer- kungen Heydendorffs mitabzuschreiben, während die späteren Abschreiber von dieser Absicht aus irgend einem Grunde abgingen.

Die vorliegende Veröffentlichung gründet sich auf die von Martin Felmer selbst begonnene und von späterer Hand fortgesetzte Handschrift H und berück- sichtigt daneben alle wesentlichen Abweichungen der Handschrift Sch (K).

Beide sollen etwas genauer beschrieben werden. H, ein Quartband in Halb-

leder, 19 : 25 cm, enthält nach dem Titelblatt zunächst eine »Vorrede« auf 5 Seiten,

dann auf weiteren 352 (im Ganzen 357 mit Bleistift numerierten) Seiten die Ab-

handlung »vom Ursprung der sächsischen Nation«. Bis Seite 313, 3. Zeile von

unten reicht Martin Felmers eigene Handschrift, von da an bis zum Ende der Ab-

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VII handlung eine weniger ausgeglichene zweite Handschrift. Es ist dieselbe, die auch die übrigen Seiten des Bandes füllt. S. 359—386 folgen »Anmerkungen über Tit.

Herrn Martin Felmers gelehrte Abhandlung vom Ursprünge der Sächsischen Nation in Siebenbürgen«, am Schluß datiert »1764 d. 9 Oktober« und mit den Anfangs- buchstaben des Verfassernamens T>(aniel> C(ornidesy versehn. Dann folgen 4 leere Seiten und endlich auf S. 391—437 eine Abschrift des Aufsatzes »Martin Felmers Kurtzgefaßte Historische Nachricht von der Wallachischen VölkerschafFt überhaupt und denjenigen ( ! ) insonderheit die heut zu Tage in dem Käuserl. <(!> Königl.

Erbfürstenthum Siebenbürgen anzutreffen ist«.

Über die Zeit der Entstehung der »Abhandlung von dem Ursprung der Säch- sischen Nation«, die uns hier allein näher interessiert, wird weiter unten Einiges zu sagen sein. Die Vorrede ist datiert »Heitau, den . . . . 1764«. Damit ist für die Entstehung des Werkes selbst indessen nur so viel gesagt, daß mindestens der Plan zu seiner Abfassung im Jahre 1764 schon vorlag.

Die schriftstellerische Form der Darstellung in H deutet darauf hin, daß es sich hier um eine endgültige, sorgfältig ausgearbeitete Fassung des Werkes handelt.

Die Darstellung ist knapp, klar, flüssig, die Anmerkungen im Anhang jedes Para- graphen stimmen genau zum Text.

Das gilt aber nur von jenem Teil der Handschrift, der aus Felmers eigener Feder stammt. Der von späterer Hand hinzugefügte letzte Abschnitt enthält zu- nächst ungemein viele Schreibfehler, insbesondere in den lateinischen Zitaten und in der Schreibung der Namen. Der Schreiber scheint kein Latein oder nur sehr wenig verstanden zu haben, sonst wären Schreibfehler wie prossim statt possim, forminae statt foeminae (S. 316), dicduimur statt didicimus (S. 324), ephorum statt ipsorum (S. 331) u. v. a. unmöglich. — Manche Stellen sind so fehlerhaft abge- schrieben, daß der Sinn ganz unverständlich geworden ist, der Abschreiber aber hat sich dabei beruhigt (vgl. den 2. Satz in § 45, den 5. Satz in § 46, den 2. u. 3. Satz in § 48). Der Abschnitt über die Kleidung der Geistlichen in § 52 ist eine über- flüssige Wiederholung des schon in § 33 Gesagten. Die Siglen der Anmerkungen stimmen mit denen im T e x t vielfach nicht überein. In § 41 fehlen im letzten Satz des Textes die Siglen g, r, s und sind im Druck aus Sch ergänzt; die entsprechen- den Anmerkungen finden sich unter den Siglen g (statt q), r, s; wobei s aus Ver- sehen hinter den nächstfolgenden Paragraphen geraten ist. Im T e x t des § 42 folgt dann am Schluß des 1. Satzes noch einmal die Sigle s, aber ohne entsprechende Anmerkung. Nach § 43 folgt auf Anmerkung c ein mit »II« bezeichneter Ab- schnitt, dem kein »I« entspricht; drei Zeilen später eine mit d bezeichnete An- merkung, zu der der Text fehlt. — Die unmittelbar vorhergehende, nur für den eige- nen Gebrauch bestimmte Notiz »add (ucantur) inscrip <(tiones) ex collect. <ione>«

deutet darauf hin, daß der Verfasser an dieser Stelle ergänzende Belege aus seiner

Inschriftensammlung beifügen wollte. Mehrfach, so in Anmerkung f zu § 45, An-

merkung i zu § 46, finden sich Hinweise auf frühere Abschnitte des Werkes, wobei

indessen der Verfasser statt der Nummer des zitierten Paragraphen eine Lücke ge-

lassen hat, offenbar weil diese Anmerkungen niedergeschrieben wurden, ehe noch

die entsprechenden Abschnitte des Textes ausgearbeitet und in Paragraphen ge-

teilt vorlagen.

(4)

VIII

Das Angeführte genügt wohl, um den Beweis zu erbringen, daß wir in dem letzten Abschnitt der Abhandlung Felmers, welcher nicht mehr von seiner eigenen Hand herrührt, keine fertige Arbeit vor uns haben, sondern nur eine Vorarbeit.

Wahrscheinlich hinterließ F. neben dem fertiggestellten eigenhändigen Manuskript eine Anzahl von fliegenden Blättern, die noch der Aufarbeitung harrten, vielleicht auch nur Notizen auf losen Zetteln. Aus der Zusammenstellung dieser Blätter und Zettel scheint dann dieser Teil der Abhandlung hervorgegangen zu sein.

W e r w a r d e r R e d a k t o r ?

Die Antwort ergibt sich aus einer näheren Untersuchung der Handschrift Sch.

Sch ist ein Quartband mit 374 beschriebenen Seiten. Er enthält außer der Ab- handlung Felmers von dem Ursprung der sächsischen Nation auf 350 Seiten eben- falls wie H eine Abschrift der Anmerkungen des D. (aniel) C. (ornides) zu dieser Ab- handlung. Auf der 1. Seite steht der Titel der Abhandlung, etwas abweichend von H :

Martin Felmers aus Hermannstadt in Siebenbürgens Abhandlung von dem Ursprung der Sächsischen Nation in dem Kayserl. Königl. Erb.Fürstenthum S I E B E N B U R G E N , worinnen n a c h e i n e r v o r l ä u f i g e n E i n l e i t u n g

1

) die wahrscheinlichste Meinung bestätiget, die gegenseitige aber aus zuverlässigen Gründen widerlegt worden. —

Das Wort »Erbfürstentum« ist hier noch nicht in » G r o ß f ü r s t e n t u m « » ) , das Wort »wahrscheinlichste« noch nicht in »wahre« verbessert. Diese Verbesse- rungen hat Felmer erst in der letzten Fassung (H) eigenhändig vorgenommen.

Ferner sieht der Titel in Sch eine »vorläufige Einleitung« vor, während im Titel von H davon keine Rede ist.

Auf dem Titelblatt in Sch steht dann noch der Vermerk: »Aus Mich. v.

Heydendorff's anno 1779 aus dem Original gefertigten Abschrift«. Der Vermerk stammt offenbar von derselben Hand, wie das Datum am Schluß des Pro memoria, welches Heydendorff seiner Abschrift angefügt hat: »Mediasch d. 9. '

b e r

779. M. v.

Heydendorff m. p.« und die Notiz am Schluß des ganzen Bandes »Collat. durch Fried. Müller u.Joseph Haltrich. Schäßburg den 23sten Juli 1861«, also entweder von Friedrich Müller oder von Jos. Haltrich, die damals beide am Schäßburge»

Gymnasium angestellt waren.

Auf der 3. Seite enthält Sch(wie H) die Widmung:

»Der Löblichen Gesellschaft der freien Künste zu Leipzig überreichet diese Blätter zur Bezeugung seiner Hochachtung und schuldigen Dankbarkeit für die Güte, mit welcher Sie denselbigen zu Ihrem Mitgenossen aufzunehmen, beliebet hat — Der Verfasser.«

Sch enthält dann tatsächlich, wie im Titel angegeben, vor der eigentlichen

»Abhandlung von dem wahren Ursprung der Sächsischen Nation in Siebenbürgen«

eine 27 Paragraphen umfassende E i n l e i t u n g unter der Bezeichnung »Vorberei- tung«. Diese Einleitung ist aber nichts anderes als eine Vorarbeit zu dem »Ersten Theil« der Abhandlung, wie sie in H vorliegt. Felmer kam wahrscheinlich während der Umarbeitung des in Sch vorliegenden Entwurfes zur Überzeugung, daß seine

') Vom Herausgeber gesperrt.

') Die Erhebung Siebenbürgens zum Großfürstentum geschah am 2. Nov. 1765.

(5)

IX Ausführungen über die Geschichte und fortschreitende Besiedlung Siebenbürgens, die er in diesem Abschnitt behandelt hatte, zu umfangreich waren und auch zu viel von dem eigentlichen Thema vorweggenommen hatten, um als »Einleitung«

zu gelten. Er gab darum dem ganzen Werk eine neue Einteilung, so wie sie in dei

»Vorrede« zu H enthalten ist, fügte aber gleichzeitig noch 4 Paragraphen hinzu.

Zwischen §§ 24 und 25 der älteren Fassung (Sch) wurde ein neuer § 25 eingeschoben, enthaltend eine kurze Zusammenfassung der Geschichte des romanischen Volkes in Siebenbürgen, dann wurden als §29—31 noch einige Mitteilungen angefügt über die kleinern Völkerschaften Siebenbürgens, Armenier, Bulgaren, Raitzen, Servier, Zigeuner, Juden und deutsche Kolonisten der letzten Zeit.

Die Numerierung der Paragraphen ist in Sch im großen und ganzen durch- laufend von 1—74 und war auch für H so geplant. Während der Niederschrift von H entschloß sich aber Felmer, im Zusammenhang mit der neu durchgeführten Gliederung des Inhaltes, auch die Paragraphenzählung zu ändern und begann in dem »Zweyten besonderen Theil« die Zählung wieder mit 1, nachdem er schon 2 Paragraphen dieses zweiten Hauptteils, mit fortlaufender Nummer (32 und 33) bezeichnet, abgeschrieben und dann wieder durchgestrichen hatte.

Der letzte Paragraph der »Vorbereitung« in Sch (§ 27) enthält am Schluß die Inhaltsübersicht zu der nun folgenden eigentlichen Abhandlung genau so wie wir sie bei H in der »Vorrede« finden, mit dem einzigen Unterschied, daß auch hier wie im Titel das Wort »wahrscheinlichste« noch nicht in »wahre« (Meinung) verbessert ist.

Auf der ersten Seite der eigentlichen Abhandlung (S. 153 in Sch) steht am Rande von derselben Hand, der dieser Teil von Sch zu verdanken ist, die Be- merkung: »Von Mart. Felmer, hier nach der dem Original entnommenen Abschrift Mich. v. Heydendorffs 1779, nebst dessen Zusätzen, bezeichnet mit H. — Die 27 Paragraphen auf 176 Seiten enthaltende Einleitung wurde weggelassen

1

). Das Ganze führt die Widmung (folgt die oben angegebene Widmung an die Gesellschaft der freien Künste in Leipzig). Die Abfassung des Originals fällt 1763—1766.«

Der Schreiber dieses Teils der Handschrift Sch hat also die Absicht gehabt,

nur die eigentliche Abhandlung ohne Einleitung abzuschreiben und beginnt auch

die Paragraphenzählung mit 1. Seine Handschrift reicht aber nur bis zum Schluß

des § 2. Dann setzt eine andere ein, wie es scheint, dieselbe, der wir den ganzen

übrigen Teil von Sch verdanken, mit Ausnahme der 24 ersten Seiten, die von einer

dritten Hand herrühren. Auf S. 24 setzt mitten in einem Satz die Handschrift

ein, die dann das ganze weitere Buch, abgesehen von jenen beiden Paragraphen,

füllt. Dieser Schreiber fand, wie es scheint, sowohl die 24 ersten Seiten der Ein-

leitung als auch die beiden ersten Paragraphen der eigentlichen Abhandlung ab-

geschrieben vor und entschloß sich, das ganze übrige Heydendorffsche Manuskript,

dessen Wert er wohl erkannt hatte, abzuschreiben. Nach den Paragraphen 1—4

der eigentlichen Abhandlung, die inhaltlich ungefähr den 4 ersten Paragraphen des

II. Hauptteils von H entsprechen, springt die Zählung der §§ in Sch plötzlich auf

') Die Kronstädter Handschrift enthält tatsächlich auf 176 numerierten Seiten die 27 Para- graphen der Einleitung, ein sicherer Beweis, daß es wirklich die verloren geglaubte Heydendorffsche Abschrift ist.

(6)

X

35, j 6 usw. Wie kommt das? Hatte sich der Abschreiber, nachdem er die 4 ersten Paragraphen mit 1 —4 bezeichnet, plötzlich entschlossen, zur fortlaufenden Nume- rierung für das ganze Werk zu greifen, weil er mittlerweile daran gegangen war, das Werk samt Einleitung zu kopieren ? Dann hätte aber auf § 4 nicht § 36, son- dern § 32 folgen müssen, da die Einleitung in Sch nur 27 Paragraphen zählt. Das Rätsel löst sich, wenn wir annehmen, daß der Sprung in der Zählung nicht dem Abschreiber zur Last fällt, auch nicht der Heydendorffschen Vorlage, sondern dem Verfasser.

Felmer hatte, als er an sein Werk die letzte Feile anlegte, wie oben erwähnt, am Schluß des 1. Hauptteiles noch 4 Paragraphen angefügt, die in der »Macular«- Handschrift noch nicht vorhanden waren. Er gab ihnen die Nummern 25 und 29—31 und setzte dann in der Makularhandschrift im 2. Hauptteil der Arbeit die Zählung mit 32 ff. fort. Als er sich dann entschloß (mitten in der Ausfertigung von H), im 2. Teil- die Paragraphenzählung neu zu beginnen, verbesserte er auch im Konzept die Nummern der 4 ersten Paragraphen (aus 32—35 in 1—4), ließ aber die weiteren stehn. Daß der Abschreiber, Mich. v. Heydendorff, sich dadurch nicht beirren ließ, sondern die Paragraphenzählung so übernahm wie er sie fand, ist ein gutes Zeichen für seine Gewissenhaftigkeit. Er hat auch im weitern Verlauf das Durcheinander in der Anordnung der Paragraphen stehn lassen und dadurch mit den Beweis erbracht, daß seine Abschrift sich tatsächlich auf ein noch un- fertiges Konzept gründet. Die Nummer 49 tragen 2 Abschnitte, ebenso die Nummer 6 2 ' ) . Drei») Paragraphen sind überhaupt ohne Nummer geblieben; sie wurden offenbar eingefügt, als die Paragraphen im Konzept schon ihre Nummern erhalten hatten. Ein ähnliches Durcheinander herrscht auch in der Anordnung der An- merkungen. Seite 60 ist die 1. Hälfte der Anmerkung x an eine falsche Stelle geraten und wird dann Seite 66 unter der Sigle m an richtiger Stelle wiederholt.

Seite 258 trägt die Anmerkung zum Wort Gäuche (Krautsuppe) die Sigle t statt s, die Anmerkung zu Gorre (Mutterpferd) die Sigle y statt t; zu den Anmerkungen u und x fehlen überhaupt die zugehörigen Wörter im Text, ebenso zu Anmerkung a auf der folgenden Seite. Diese Beispiele mögen genügen. Sie erklären sich nur so, daß der Abschrift Heydendorffs eben ein »Makularmanuskript«, teilweise vielleicht auf losen Blättern und Zetteln, zugrunde lag.

Auch inhaltlich stellt sich dieses Manuskript, wie es uns in Sch als Abschrift der Heydendorffschen Kopie vorliegt, als unfertige Vorarbeit zu H dar. Fast alle Partieen von Sch erscheinen in H überarbeitet, klarer gefaßt, durch Beweis- material, z. B. Literaturnachweise erweitert, von überflüssigem Beiwerk befreit.

Erwähnt wurde schon die Hinzufügung von 4 Kapiteln (§§25 und 29—31 in H) über die kleineren Volkssplitter in Siebenbürgen. In § 50 Sch schreibt Felmer:

»Wir müssen es bekennen, daß die erste Siebenbürgische Deutsche Urkunde, die uns zu Händen gekommen, in dem Jahre 1584 den 4. Juli ausgefertiget worden«, in § 18 H hingegen kann Felmer schon den Heltauer deutschen Kaufvertrag aus 1428 und die Eidesformel der Hermannstädter Ratsgeschwornen aus 1481 anführen, ein Zeichen, daß er in der Zeit zwischen der Abfassung des »Macular-Manuscriptes«

' ) In Sch auch die Nummer $2.

*) bei Heydendorf! vier.

(7)

XI und der letzten Fassung eifrig nach weitern Deutschen Sprachdenkmälern älterer Zeit gesucht hat. Neu hineingearbeitet sind in H auch die §§ 33 und 34 des II. Teiles über die Tracht der Geistlichen und die Herkunft der sächsischen Tracht, ferner die §§ 37 und 38: Vergleich der sächsischen Frauentracht mit der in Deutschland früher üblich gewesenen und Aufweisung des ungarischen Einflusses auf die säch- sische Frauentracht. In der Aufstellung von Hypothesen zeigt sich Felmer in H vorsichtiger als in Sch. So läßt er z. B. die Ableitung der Ortsnamen Meschen und Kirtsch von »Maischen« (d. i. das »Zerstampfen der Weintrauben«) und »kurtsch«

( = kurz) fort. Das unmögliche »Braller« von »Brüllau« ist freilich geblieben.

Bedürfte es noch eines Beweises für das oben angedeutete Verhältnis der beiden Handschriften zueinander, so kann darauf verwiesen werden, daß in § 15 H des I. Teiles ein Satz, in § 24 H des I. Teiles aber ein ganzer Abschnitt (Beschreibung einer alten ungarischen Münze) zunächst wörtlich aus der Vorlage, wie sie in Sch erhalten ist, aufgenommen und dann als überflüssig durchgestrichen worden ist.

Auf weitere Einzelheiten soll nicht eingegangen werden. — Von § 41, An- merkung 1, 8. Zeile des II. Teiles in H angefangen stimmen beide Handschriften Wort für Wort, sogar in vielen Schreibfehlern, überein. An der genannten Stelle hört in H Felmers eigene Handschrift auf. Der Schreiber des weitern Textes scheint ebenso wie Sch die Abschrift von M. v. Heydendorff (K) als Vorlage benützt zu haben. Nur so erklärt sich das Vorkommen derselben Fehler (z. B. Auslassungen) in beiden Handschriften, worauf in den Fußnoten dieser Arbeit im Einzelnen hinge- wiesen wird. Daß nicht gegenseitige Benützung vorliegt, geht aus kleinen Ab- weichungen in der Schreibung hervor, die trotz der weitgehenden Übereinstimmung sich hie und da finden: Uideraria in H (S. 314) = litterariae in Sch (S. 3 1 3 ) ' ) ; opstupuerunt in H (S. 316) = obstupuerunt in Sch (S. 314); forminae in H (S. 316)

= foeminae in Sch (S. 315) »); ut in H (S. 317) = ect. in Sch (S. 315); Ausschrei- bung in H (S. 319) = Ausschweifung in Sch (S. 317); nuni in H (S. 331) = nunc in Sch (S. 327); confirmamtur = confirmamus ebenda. Die Beispiele könnten noch vermehrt werden. Zeigt sich bei den angeführten Stichproben die verhältnis- mäßig bessere Schreibung von Sch gegenüber H, so läßt sich doch auch aus zahl- reichen sinnlosen Entstellungen lateinischer Wörter in Sch

3)

nachweisen, daß der (die) Schreiber von Sch ebensowenig lateinkundig gewesen als der Schreiber des letzten Abschnittes von H. Manche Schreibfehler, z. B. Olatius statt Olahus, vita Marini statt Marii u. a. finden sich schon in der Heydendorffschen Vorlage (K).

In H sowie in Sch (und K ) bricht die Darstellung am Schluß mitten im Satz ab.

Da kein Grund ersichtlich ist, warum Felmer seine Arbeit mitten im Satz aufge- lassen haben könnte, ist wohl anzunehmen, daß Heydendorff im Nachlaß Felmers

nicht das ganze »Macularmanuscript« vorfand, sondern daß ein Teil ihm ebenso wie die letzte Fassung von Felmers Hand (H) vorenthalten blieb.

Wo die Handschrift H verborgen gewesen, als Heydendorff an seine Abschrift ging, wann sie wieder zum Vorschein gekommen ist, wissen wir ebenso wenig, wie wir das weitere Schicksal der Heydendorffschen Abschrift selbst kennen. Weder

*) In K undeutlich geschrieben.

») In K fömine (1).

5) 1. B. S. 12 Epocha Hunnos, Avaros et Hungaros statt Epocha Hunnorum etc.

(8)

XII

Friedr. Müller, der in der Einleitung z u seinen »Deutschen Sprachdenk- mälern« ' ) die A b h a n d l u n g Martin Felmers eingehend bespricht, noch K a r l Reißen- berger, der dieselbe in seinem A u f s a t z »Die Forschungen über die H e r k u n f t des siebenbUrgischen Sachsenvolkes in ihren wesentlichsten Erscheinungen« [Archiv d. V . f. Sieb. L a n d e s k . X I I I , 3 (1877), S. 541 ff.] erwähnt, h a t die Originalhand- schrift H gekannt. —

W a s die A b f a s s u n g s z e i t des vorliegenden W e r k e s anlangt, so dürfte die R a n d b e m e r k u n g in S c h S. 153 »Die A b f a s s u n g des Orig. fällt 1 7 6 3 — 1 7 6 6 « den T a t s a c h e n entsprechen. A l l e D a t e n , die wir aus der A b h a n d l u n g selbst ent- nehmen, stimmen d a m i t überein, höchstens m i t der Einschränkung, d a ß die V o r a r b e i t e n w o h l noch in frühere J a h r e zurückreichen.

In seiner »Vorrede« spricht F . d a v o n , »daß G o t t ihm v o r einiger Zeit die U n t e r w e i s u n g einer zahlreichen J u g e n d a n v e r t r a u t « habe und d a ß aus der Unter- weisung dieser J u g e n d in der siebenbUrgischen Geschichte die A b h a n d l u n g ent- standen sei, die er nun der Beurteilung der Leser vorlege. Diese B e m e r k u n g bezieht sich offenbar auf Felmers U n t e r r i c h t s t ä t i g k e i t a m H e r m a n n s t ä d t e r G y m n a s i u m ( 1 7 5 0 — 1 7 6 3 ) . A l s er 1763 als Pfarrer n a c h H e i t a u k a m , ging er daran, die einzelnen Vormerkungen, die er sich z u Unterrichtszwecken g e m a c h t hatte, z u einem Ganzen zusammenzufassen; und es entstand z u n ä c h s t das »Macular-Manuscript«. S. 246 h e i ß t es in S c h in einer A n m e r k u n g , die sich auf den N a m e n des bei Heitau ge- legenen Götzenberges b e z i e h t : »Unsere Leser werden uns hierinnen <was die Be- schreibung der Lage des Götzenberges anbelangt> gerne Glauben geben, d a wir diesen B e r g öfters bestiegen u n d v o n e i n e m O r t s c h r e i b e n , w o wir denselben täglich sehr nahe v o r A u g e n haben«.

Einen A n h a l t s p u n k t z u r B e s t i m m u n g der Abfassungszeit bietet zunächst A n m e r k u n g i zu § 4. Es g e h t daraus hervor, d a ß dieser Teil v o n H i m J a h r e 1764, die entsprechende Stelle v o n S c h ( K ) aber 1763 geschrieben wurde. Ferner A n - m e r k u n g a zu § 6 (H S. 33). »Wir folgen hierinnen der vortrefflichen A b h a n d l u n g , welche Simon Pellontiers . . . . v o r 23. J a h r e n . . . . herausgegeben hat«. D a das angezogene W e r k v o n Pellontiers zuerst im J a h r e 1 7 4 0 erschienen ist, so ist dieser Teil v o n H im J a h r e 1 7 6 3 geschrieben. In S c h l a u t e t die betreffende A n m e r k u n g :

»Wir folgen hierinnen etc v o r 2 0 J a h r e n . . . herausgegeben«. D e m n a c h ist dieser Teil v o n S c h ( K ) s c h o n 1 7 6 0 geschrieben worden, falls der A u s d r u c k

»vor 20 Jahren« genau g e n o m m e n werden darf.

H S . 162 steht die R a n d b e m e r k u n g z u der A u f z ä h l u n g der O r t s c h a f t e n des Talmescher Stuhls: »Rakovitza gehört a u c h z u diesem Stuhl, w u r d e aber 1765 militarisiert«. D e m n a c h w u r d e dieser A b s c h n i t t frühestens 1765 v e r f a ß t . D e r entsprechende A b s c h n i t t in S c h ( K ) f ü h r t e R a k o v i t z a noch als Talmescher Stuhls- gemeinde an.

H S. 218 w i r d das J a h r 1764 als das »letztabgewichene Jahr« bezeichnet, an der entsprechenden Stelle v o n S c h ( K ) a b e r heißt es v o n demselben J a h r 1764

»in diesem J a h r , d a wir dieses schreiben«. D e m n a c h ist dieser Teil der in Sch ( K ) wiedergegebenen Fassung 1764 niedergeschrieben worden, der entsprechende v o n H erst 1765.

') F r i e d r i c h Müller, Deutsche Sprachdenkmäler aus Siebenbürgen, Hermannstadt 1864.

(9)

XIII

Die Bemerkungen des Daniel Cornides zu Felmers Abhandlung vom Ursprung der Sächsischen Nation sind datiert Clausenburg 1764. d. 9. October. Wie aus den Zitaten des Klausenburger Gelehrten hervorgeht, lag ihm die Abhandlung schon in der Fassung von H vor. Alle Zitate stimmen mit der Paragrapheneinteilung und Siglen von H überein, bis auf das letzte: >§ 35 nota t«, welches sich nur auf die in Sch (K) gegebene Einteilung der Siglen, hingegen auf die in H gegebene Paragraphenzahl bei durchlaufender Zählung, beziehn kann. Felmer scheint daher, als er dem gelehrten Freund in Clausenburg *) seine Abhandlung zuschickte — es mag im August oder September 1764 gewesen sein — , mit der endgültigen Über- arbeitung nur bis zum Schluß des I. Hauptteils gekommen zu sein, den Rest schickte er in der Fassung des Makular-Manuskriptes. Wie viel davon an Cornides einge- sandt wurde, wissen wir nicht. Die Kritik des Letztern erstreckt sich nur bis. § 35, doch scheinen ihm noch weitere Abschnitte vorgelegen zu haben. Denn er schreibt am Schluß seiner Anmerkungen: »So viel vor diesmal. Ich würde mehr Anmer- kungen gemacht haben; allein ich muß eilends aufbrechen und mich reißfertig halten. Die Kürze der Zeit verhindert mein Vorhaben. Künftig ein mehreres«.

Wir sehn also, daß im Hochsommer 1764 mindestens der I. Hauptteil des Manuskriptes in der Fassung von H fertig vorlag. Wann Felmer seine Arbeit abschloß oder, richtiger gesagt, gezwungen wurde, sie zu unterbrechen, läßt sich genau nicht feststellen. Wir haben oben gesehn, daß er im Jahre 1765 noch damit beschäftigt war. Im Januar 1766 wurde er, schon schwer krank, zum Hermann- städter Stadtpfarrer gewählt. Die Bürde des neuen Amtes und fortschreitende Krankheit haben ihn wohl an der Fortsetzung und Vollendung der Arbeit gehindert.

Die Bemerkungen des gelehrten Cornides hat er bis auf eine einzige — Ver- besserung des Namens Joh. Tollius in Jacob. Tollius in § 2 nota b des 1. Teiles — unberücksichtigt gelassen. Soweit der Nichthistoriker darüber zu urteilen ver- mag, zum größten Teil mit Recht. —

Die äußere Veranlassung zur Anfertigung der Abhandlung in der vorliegenden Form gab wohl die Wahl Martin Felmers zum Mitglied der »Gesellschaft der freien Künste in Leipzig«. Das scheint aus der »Widmung« hervorzugehen. Felmer hat wohl die Absicht gehabt, die Arbeit persönlich vorzulesen. Darauf deutet die Notiz auf S. 357 H hin. Das Schicksal hat ihm diese Freude versagt.

Bei der Wiedergabe der Abhandlung Felmers in' der vorliegenden Veröffent- lichung wurden R e c h t s c h r e i b u n g u n d S a t z z e i c h e n seiner Handschrift beibehalten. Nur in einer Hinsicht war das unmöglich. In der Verwendung der großen und kleinen Buchstabenformen verfährt Felmer ganz willkürlich. Er schreibt auf derselben Seite einmal »Ptolemaeus« dann »ptolemaeus« (S. 207),

»Peuceri und pictoris Wörterbücher« (S. 242). Für das Anfangs-b in Dingwörtern und Namen verwendet er neben dem »kleinen b« noch zwei verschiedene Formen für das große »B« (S. 238), schreibt das Wort »bey« am Anfang des Satzes, ja des Paragraphen (S. 236) klein. Das große und kleine deutsche a, g, v, w, z, das große und kleine lateinische s sind sehr oft voneinander nicht zu unter-

») Daniel Cornides (1732—1787) war Lehrer der deutschen Sprache am reform. Collegium in Klausenburg, seit 1784 Universitätsprofessor in Budapest, einer der bedeutendsten Historiker Ungarns.

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XIV

scheiden. In diesen Fällen hielt sich der Herausgeber an die heute übliche Rechtschreibung. In dem nicht mehr von Felmers Hand herrührenden letzten Teil der Abhandlung sind einzelne offenbare Schreibfehler vom Herausgeber kurzerhand richtig gestellt worden, ohne daß es jedesmal in einer Fußnote ver- merkt wurde.

Eigenheiten oder Freiheiten in der Rechtschreibung Felmers wurden mit Absicht festgehalten. Wenn Felmer nebeneinander »grichisch« und »griechisch«-,

»niemals« und »niemahls«, »erstreckte« und »erstrekten«, »Stük« und »Stück«,

»Geschiklichkeit« und »Geschikligkeit« schreibt, so gehört das mit zur Kenn- zeichnung seines Wesens und seiner Zeit, die Wichtiges und Unwichtiges besser zu unterscheiden wußte als wir Heutigen.

Über den inhaltlichen Wert der Felmerschen Abhandlung zu urteilen ist Sache der Fachgelehrten. Der Historiker und Literarhistoriker werden in gleicher Weise seine umfassende Gelehrsamkeit wie sein klares Urteil bewundern. Der hervorragende Historiker C. Eder, der Felmers »Primae lineae« mit Anmerkungen versehn im Jahre 1803 herausgab, nennt ihn den bei weitem gelehrtesten unter den siebenb.-sächsischen »Skribenten« seiner Zeit. Was irgendwie für ihn erreichbar war an alter und neuer Literatur, in griechischer und lateinischer, in deutscher, französischer, italienischer, ungarischer Sprache, an Manuskripten und Urkunden, zog er in den Bereich seiner Forschung. Dabei überrascht neben der umfangreichen Literaturkenntnis immer wieder die Selbständigkeit und Klarheit seines Urteils auf den verschiedensten Gebieten. Etwas von dem weltumspannenden Geist jener Zeit, die einen Herder und Goethe hervorgebracht hat, ist auch in der vor- liegenden Abhandlung zu spüren. Auch die Flüssigkeit und Klarheit seines Stiles mutet geradezu klassisch an. Ein wie prächtiges Deutsch Felmer schreibt, zeigt am besten ein Vergleich seines Stils mit dem unbeholfenen Kanzleideutsch jenes kaiserlichen Erlasses aus dem Jahre 1764, den er in seine Darstellung wörtlich aufgenommen hat (S. 97).

Hervorgewachsen aus langjähriger Beschäftigung mit der vaterländischen

Geschichte im Zusammenhang mit dem Unterricht am Hermannstädter Gym-

nasium und im Kreise zahlreicher Privatschüler aus vornehmen Häusern, verfolgte

die Abhandlung Felmers über den Ursprung der sächsischen Nation im besonderen

den Zweck, der seit Melanchthons Zeit verbreiteten Anschauung von der gotischen

Abstammung der Sachsen in Siebenbürgen »die wahre Meinung« entgegenzusetzen

und.letztere zu beweisen. Danach hatten sich schon unter der Regierung Stefans

des Heiligen und seines Nachfolgers Peter sehr viele Deutsche Familien in Ungarn

niedergelassen, wofür Felmer die quellenmäßigen Belege erbringt. »Ihre Anzahl

vermehrte sich . . . und wurde endlich so groß, daß Geysa II. einen Teil derselben

um das Jahr 1142 nach Siebenbürgen fortzurücken bewegte und ihnen dabei

ansehnliche Freiheiten bewilligte, welche nach ihm Andreas II. im Jahre 1224

erneuert und die folgenden Könige nachdrücklich bekräftigt haben« (§ 21 des

I. Hauptteiles). Was die Herkunft dieser Deutschen anlangt, so schließt Felmef aus

den Namen »der Wohnplätze« (§ 16 des II. Hauptteiles), aus den Vornamen und

deren »Abänderung« {§ 17 ebenda), aus den »besondern Wörtern«, den Sprich-

wörtern und Redensarten (§§ 20—24 ebenda), der Aussprache (§§ 25—28) folgendes:

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XV

»die Muttersprache der Siebenb. Sachsen ist die Deutsche; sie hat am meisten Ähnlichkeit mit der obersächsischen »Sprechart« und steht mit der gotischen in keiner näheren Verbindung als die übrigen deutschen Mundarten« (§ 29 ebenda).

Mit den Mitteln des Historikers und Sprachforschers, wie sie jener Zeit zur Ver- fügung standen, hatte Felmer so in der denkbar gründlichsten Weise »die wahre Meinung« vom Ursprung der sächsischen Nation erwiesen und »die gegenteilige wiederlegt«. Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Insbesondere muß es der Einzelforschung überlassen werden, Felmers Standpunkt in Beziehung zu setzen zu der heute wieder in Fluß geratenen Debatte über die Herkunft der Siebenbürger Sachsen«). Im Zusammenhange mit seiner Beweisführung bringt Felmer eine Fülle von Material zur vergleichenden Sprachforschung herbei (Orts-, Völker-, Personennamen, Idiotismen), gibt zahlreiche zutreffende Namens- und Wörtableitungen, feine Beobachtungen über den Lautbestand und Lautwandel der sächsischen Mundart, wertvolle Proben dieser Mundart (u. a. das »Vater Unser«) und eine Einteilung in die drei Hauptdialekte, den Hermannstädtischen, Nösner und Burzenländer Dialekt. Wie viel Anregung und Förderung aus diesen Unter- suchungen heute noch unsere Dialektforschung ziehn kann, das zu beurteilen sei gleichfalls den Fachgelehrten anheimgestellt. Hier sei nur darauf aufmerksam gemacht, daß Felmer in seinen sprachlichen Untersuchungen die Beziehungen des sächsischen Volkes zu den umwohnenden Völkern verfolgt. Worauf heute die Volkskunde so viel Gewicht legt: Beobachtung der Wechselwirkung zwischen den verschiedenen bei- und miteinander wohnenden Volksstämmen, darauf hat er damals schon mit feinem Verständnis geachtet.

Damit kommen wir zu der Seite der Felmerschen Untersuchung, die ihre Herausgabe in der Reihe der »Quellen zur deutschen Volkskunde« Uberhaupt veranlaßt hat, zu der v o l k s k u n d l i c h e n Bedeutung dieser Schrift.

Das Wort »Volkskunde« kommt in der Abhandlung Felmers nicht vor; es scheint ja erst etwa 50 Jahre später geprägt worden zu sein

z

). Tatsächlich gibt uns Felmer in seiner geschichtlichen Untersuchung Uber den Ursprung der säch- sischen Nation zugleich d i e e r s t e s ä c h s i s c h e V o l k s k u n d e . Er schildert zunächst die geographischen Verhältnisse, unter denen sein Volk lebt, untersucht den geschichtlichen Boden, auf dem es erwachsen ist und die andersvölkische Umgebung. Dann behandelt er die Ortsnamen des Siedlungsgebietes, gibt nach Möglichkeit neben der in der Gegenwart im sächsischen Volk gebräuchlichen die urkundliche Form, ihren Klang in der Sprache der anwohnenden Nichtdeutschen, versucht, oft mit instinktiver Erfassung des Richtigen, ihre Ableitung, mit Heran- ziehung auch fremder Sprachen 3), des Ungarischen, Rumänischen, Slavischen, weist das Vorkommen gleicher oder verwandter Namen in Deutschland, Ungarn (der Zips) oder anderen Gegenden Siebenbürgens nach. Auch Fluß-, Berg-, Wald- namen werden gestreift, und es taucht schon der Gedanke der Sammlung der

') Vgl. hierzu A. S c h e i n e r : Das Hohelied Salomonis in siebenbilrgisch-sächsischer Sprache.

Hermannstadt, 1930. S. 36 ff. und S. 75 ff.

>) Vgl. Heft 2 der »Quellen«, V. v. Geramb: Die Knaffl-Handschrift, eine obersteirische Volkskunde, Berlin 1928, S. 22.

3) Vgl. die Ableitung des Namens der »Wallachen« in § 26 des I. Teiles oder von Owe Mergen aus Ave Maria in der Anmerkung aus Sch zum Namen Mergeln, § 8 des II. Teiles.

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XVI

Rurnamen auf (§ 16 des II. Teils). Es folgen die Personennamen und die Ver- gleichung der mundartlichen Form mit der in Deutschland und der Zips üblichen, dann ausführliche Mitteilungen über die M u n d a r t , »besondere Wörter«, ihr Vor- kommen in Deutschland, sei es im heutigen Sprachgebrauch, sei es im Schrifttum früherer Jahrhunderte, ihre Ableitung, mit vergleichender Heranziehung ver- wandter Sprachen, etwa des Holländischen, Englischen, dann »besondere Redens- arten« und Sprichwörter^ wieder unter denselben Gesichtspunkten. Besonders zu beachten ist, daß Martin Felmer schon nachzuweisen versucht, daß der siebenb.- sächsische Dialekt von denselben Lautgesetzen beherrscht wird, die auch in anderen deutschen Dialekten wirksam sind oder waren. Dann wird die T r a c h t ausführlich beschrieben, die Männer- und Frauen-, Fest- und Werktagstracht, die Tracht dep Geistlichen und Scholaren; es werden Untersuchungen angestellt über die Be- nennung und Uber die Herkunft der einzelnen Kleidungsstücke, ob sie aus Deutsch- land mitgebracht oder von den Ungarn übernommen seien. Der Verfasser richtet seine Aufmerksamkeit auf die Benennung der Arbeiten und Gerätschaften des Bauern, insbesondere auch des Weinbauern, des Handwerkers, auf die Zunft- bräuche und damit zusammenhängende Ausdrücke. Er geht auf die Lebensweise,

Sitten und Gebräuche seines Volkes ein: Haus und Hof und dazugehörige Be- nennungen, die gebräuchlichsten Speisen, Festbräuche und Gebräuche in ver- schiedenen Jahreszeiten usw. Kurz, es wird — wenn auch nur andeutungsweise — fast das ganze Gebiet der Volkskunde berührt, allerdings unter dem einseitigen Gesichtspunkt des Nachweises, daß die Siebenbürger Sachsen Deutsche sind (nicht Goten oder Geten oder Daken) nach Herkunft, Sprache und Sitte.

Die Abhandlung Felmers ist nur bis zur Mitte des »I. Hauptstückes des 2. be- sondern Teiles« gediehn. Es sollten nun nach dem in der »Vorrede« (S. 2) und im Eingang des 2. besonderen Teiles (S. 65) entwickelten Plan noch behandelt werden:

die geistliche und bürgerliche Verfassung (womit im letzten § 53 eben begonnen wurde), die Gesetze und Vorrechte, dann sollte abschließend in einem 2. und 3.

Hauptstück die deutsche Herkunft der Siebenbürger Sachsen nochmals dargelegt und die widersprechenden Ansichten als unrichtig erwiesen werden. So leid es uns tut, daß Felmer sein Werk nicht hat vollenden dürfen: die Stellungnahme Felmers zu dem Hauptproblem geht doch auch aus den vollendeten Abschnitten klar hervor und auch das unvollendete Werk ist für uns nach seiner volkskund- lichen, geschichtlichen, sprach- und geistesgeschichtlichen Bedeutung von un- schätzbarem Wert.

Eine ausführliche L e b e n s b e s c h r e i b u n g des Mannes, der zweifellos zu den

bedeutendsten gehört, die das sächsische Volk überhaupt hervorgebracht hat, fehlt

noch. An dieser Stelle mag daher zusammengetragen werden, was sich hie und da

zerstreut findet. Ein Stammbaum der Familie "Felmers, der bis ins 16. Jahrhundert

zurückführt, findet sich im Besitz des Kronstädter Gymnasialprofessors Norbert

Salinen, dessen Mutter eine Urenkelin Martin Felmers ist. Danach stammt die

Familie Felmers aus Rotberg. Die unmittelbaren Vorfahren und die nächsten An-

verwandten Felmers gehörten dem Handwerkerstand an. Seine Vertrautheit mit

der Arbeit der verschiedenen Handwerker geht auch aus der vorliegenden Abhand-

lung hervor. Der Vater war Bäcker, eine ältere Schwester heiratete gleichfalls einen

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XVII Bäcker, Martin Dietrich aus Hermannstadt, dessen Sohn, Johann, im Jahre 1777 Felmers zweiter Nachfolger im Heltauer Pfarramt wurde und 1808 als Großauer Pfarrer starb. Die Familie zeigt den typischen Entwicklungsgang so vieler säch- sischer Geschlechter: aus dem Bauernstand durch das Handwerk zum Pfarrberuf.

Nach der Von ihm selbst angelegten Heltauer Pfarrmatrikel wurde Martin F e l m e r als Sohn des Martin Felmer und der Margaretha geborenen Binder am I. November 1720 in Hermannstadt geboren •). Sein Vater war damals Zunft- meister der Bäcker und scheint wohlhabend gewesen zu sein, da er seinem Sohn neben dem öffentlichen Schulunterricht noch von einer ganzen Reihe von Privat- lehrern Unterricht erteilen und ihn schließlich die Hochschule besuchen lassen konnte. In den Jahren 1726—32 bereitete sich Felmer für das Gymnasium vor, das er 1740 nach der Eintragung in der Schulmatrikel als »bonae spei adolescens«

verließ. Schon 1736 hatte er als einer der besten Schüler im großen Hörsaal des Hermannstädter Gymnasiums eine öffentliche Rede zu halten »De utilitate scien- tiarum«. Durch Privatunterricht suchte er sich insbesondere in den Fächern der Theologie, der alten Sprachen, der Weltgeschichte und der Mathematik über den Umfang der Gymnasialstudien hinausgehende Kenntnisse zu erwerben. Im letzten Jahre vor dem Abgang vom Gymnasium bekleidete er unter den Kommilitonen die Ehrenämter des Rex adolescentium und des Orator studiosorum. Am 22. März

1740 machte er sich auf den Weg nach Halle, um Theologie zu studieren. Durch Oberungarn, Polen, Schlesien führte ihn sein Weg. Am 10. Mai berührte er Leipzig.

Er blieb von 1740—43 in Halle. Im Oktober 1742 verteidigte er unter dem Präsi- dium des Rektors Magnificus Sigismund Baumgarten öffentlich seine Dissertation

»De efficacia S. Scripturae naturali et supranaturali« (im Druck erschienen Halle- Magdeburg 1742) gegen drei Professoren der Theologie. Außer Theologie studierte er eifrig Mathematik und Physik, alte Sprachen, bürgerliches und kanonisches Recht, Weltgeschichte und politische Geschichte. Letztere Fächer vor allem bei dem berühmten Landsmann Professor Martin Schmeitzel, der dem hochstrebenden Jüngling bald zum Freunde wurde und ihn im privaten Unterricht in die vater- ländische Geschichte einführte. Wie vorher Georg Jeremias Haner und Brukenthal, so hat auch Felmer von Schmeitzel tiefgehende Anregungen empfangen. Er ist

*) Weitere Angaben über Martin Felmer:

Joh. S e i v e r t : Nachrichten von Siebenbürgischen Gelehrten, Preßburg 1785.

Joh. Trausch: Schriftstellerlexikon, Kronstadt 1868 ff., 3 Bde.; ein 4. Bd. von Friedr. Schuller, Hermannstadt 1902. I, 295 s . ; IV, 106 f. Dort weitere Literaturnachweise.

Heinrich W i t t s t o c k : Aus Heitau, Vergangenes und Gegenwärtiges, Hermannstadt 1883.

S. n ff.

Georg Daniel T e u t s c h : Geschichte der Siebenbürger Sachsen, neu herausgegeben und fort- gesetzt von Friedrich Teutsch, Hermannstadt 1899 ff. 4 Bde. II, 188.

Friedrich T e u t s c h : Geschichte der ey. Kirche in Siebenbürgen, Hermannstadt 1921/22, 2 Bde.

II, 69 f., 142, 179 f., 198 f.

Allgemeine deutsche Biographie, Leipzig 1875 ff., VI, 616.

Const. v . W u r z b a c h : Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreich, Wien 1856 ff-, IV, 172.

Im besondern über Felmers Abhandlung vom Ursprung der sächsischen Nation:

Friedrich Müller: Deutsche Sprachdenkmäler aus Siebenbürgen, Hermannstadt 1864, S. IV bis VII.

Mitteilungen aus Felmers Tagebuch:

Garl Albrich im Programm des Hermannstädter Gymnasiums über das Schuljahr 1895/6, Her- mannstadt 1896, S. 81 ff.

B r a n d s c h , Felmer-Handschrift. b

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XVIII

es vielleicht auch gewesen, der in Felmer das Interesse für Münzenkunde weckte.

Die alten Sprachen und den lateinischen Stil gründlich zu üben, fand sich reich- lich Gelegenheit, als Felmer in dem berühmten Franckeschen Waisenhaus als In- struktor Aufnahme fand. Daneben lernte er französisch und italienisch. Mit einem Adligen, Michael von Hofinungswald, dem er als Begleiter und Berater in seinen Studien beigegeben war, reiste er im Mai 1743 nach Wien und blieb dort bis zum Dezember des Jahres, bemüht, durch fleißige Benützung der Hof- und anderen Bibliotheken seine Studien zu ergänzen. Auch zur Übung im Predigen fand er Gelegenheit. Auch lernte er in Wien englisch. — Ende Dezember kehrte er nach hause zurück und trat im Frühjahr 1744 sogleich in den Schuldienst am Hermann- städter Gymnasium. 1746 heiratete er Maria Theiß, die Tochter eines Hermann- städter Lederers. Sie starb schon 1748, nachdem sie dem Gatten kurz vorher ein Töchterchen geschenkt. Aus einer zweiten Ehe mit Catharina geb. Binder gingen dann noch 8 Kinder hervor. Ein im Jahre 1761 geborener Sohn, Michael Gottlieb, starb 1817 als Pfarrer in Hammersdorf.

1750 wurde Felmer zum Prediger ordiniert und versah, auf der üblichen Stufen- leiter aufsteigend, 6 Jahre lang den Predigerdienst an verschiedenen Kirchen, zu- letzt an der Hauptkirche Hermannstadts. 1755 klagt er in seinem Tagebuch'),

daß er neben dem beschwerlichen Vesperdienst an der großen Pfarrkirche noch

»die viele Arbeit mit den <'Salzburger> Emigranten im Tranchement und Lazareth»)«

zu leisten habe, die mit Mühe und Sorge verbunden gewesen, ohne daß man einen Heller Entgelt dafür zu erwarten gehabt. »Herr gedenke unser und dieser Armen zum Besten!«

Die ganze Zeit über, seit seiner Rückkehr nach Hermannstadt, erteilte er Pri- vatunterricht in den alten und modernen Sprachen, in Philosophie, Theologie und Mathematik. Diese tief eindringende private Unterrichtstätigkeit war es, die die Kirchenbehörde 1756 veranlaßte, ihn zur Umgestaltung des Gymnasiums als Kon- rektor wieder in den Schuldienst zurückzuberufen. Mit Rektor Andreas Schunn zusammen führte Felmer die Gymnasialreform durch und Ubernahm (im Mai 1756) den Unterricht in Philosophie, Mathematik und Geschichte. Die Reform des Unter- richtes war insbesondere dadurch notwendig geworden, daß der Besuch ausländi- scher Hochschulen den sächsischen Studierenden im Zusammenhange mit den Katholisierungsbestrebungen des Wiener Hofes von Jahr zu Jahr immer mehr erschwert wurde.

Im Juni 1756 war der neue Lehrplan fertiggestellt, wobei für die unteren Klas- sen die Unterrichtsmethode des Halleschen Waisenhauses zum Vorbild diente.

Im Winter 1755/56 hatte Felmer die Münzensammlung Brukenthals genau untersucht und beschrieben. Das Ergebnis seiner Forschungen veröffentlichte er

1761 in Gottscheds Zeitschrift »Das Neueste aus der anmutigen Gelehrsamkeit«.

Dazu zwang das kärgliche Einkommen — Felmer bezog als Konrektor 420 fl.

Jahresgehalt — zum Nebenerwerb. Er verfaßt für den Hermannstädter Kalender

') C. Albrich a. a. 0. Dieses Tagebuch, noch 1896 von C. Albrich benützt, konnte der Heraus- geber nicht einsehn, da er über dessen heutige Aufbewahrung keine Auskunft erhalten konnte.

l) Es waren die Stadtviertel, in denen die um des Glaubens willen aus ihrer Heimat ver- triebenen evang. Auswanderer vorläufig Aufnahme gefunden hatten, bis sie in die verschiedenen sächsischen Ortschaften verteilt werden konnten.

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XIX auf die einzelnen Monate die üblichen Verse, dichtet Leichenkarmina, Inschriften für Grabmäler

1

), Namenstagsarien für seinen hohen Gönner, den Gubernialrat Sam. von Brukenthal, die vom Stadtkantor in Musik gesetzt wurden. 1758 legte er, wohl auch im Zusammenhang mit der durch die gegenreformatorischen Maß- nahmen erschwerten Einfuhr deutscher Bücher, in Verbindung mit einem Wiener und einem Nürnberger Buchhändler einen Handel mit neuen Büchern an, wobei er freilich über das unerschwinglich hohe Porto klagt.

Die Zahl der Schüler, die von Nah und Fern, auch aus den Kreisen des ungari- schen Adels, seine Privatkurse aufsuchen, wächst von Jahr zu Jahr. Die vornehmsten Familien Hermannstadts und der übrigen sächsischen Städte vertrauen ihm die Ausbildung ihrer Söhne an. Neben den allgemeinen Fächern der Philosophie, der alten Sprachen, Stilistik und Rhetorik werden die neuen Dichter gelesen, Geliert und Hagedorn, wird ein Kursus über Gottsched gehalten und insbesondere mit gründlicher Vertiefung die vaterländische (siebenbürgische) Geschichte behandelt.

Felmer hat zu diesem Zweck, wie seine in der Brukenthalbibliothek aufbewahrten Collectanea und die sogenannte Filtschische Manuskriptensammlung (ebendort) beweisen, umfangreiche Quellenstudien gemacht: Auszüge aus älteren Geschichts- werken angefertigt, Urkunden abgeschrieben, genealogische und heraldische Studien betrieben. Durch seine vielfachen Verbindungen waren ihm die Manuskripte be- rühmter einheimischer und ungarländischer Gelehrter zugänglich. Alles in allem scheint Martin Felmer damals in Hermannstadt eine Unterrichtstätigkeit ent- faltet zu haben, wie sie eher an einer Hochschule als an einem Gymnasium seiner Zeit üblich war, und Michael von Heydendorfl, der spätere Mediascher Bürger- meister, der mit zu seinen Privatschülern zählte, war gewiß nicht der einzige, der rühmen konnte, daß er seine philosophische Bildung und »seinen Styl« haupt- sächlich Felmer zu verdanken habe *).

1758 hatte Martin Felmer die Leitung des Hermannstädter Gymnasiums über- nommen. Mit seinen hervorragenden Mitarbeitern, Daniel Filtsch, der 1763 sein Nachfolger in der Leitung des Gymnasiums wurde, und dem 15 Jahre jüngeren Johann Seivert, dem späteren Herausgeber der »Nachrichten von Siebenbürgischen Gelehrten«, verband ihn vertraute Freundschaft. Beide waren einst seine Schüler gewesen.

Im Jahre 1760 oder 1761 mag es gewesen sein, als Martin Felmer die hohe Ehre zu teil ward — wahrscheinlich auf Grund einer Empfehlung Gottscheds — unter die Mitglieder der »Gesellschaft der freien Künste« in Leipzig aufgenommen zu werden. Daß Felmer mit Gottsched im Briefwechsel gestanden, beweist die Fuß-

note S. 16. —

Am 26. März 1763 wurde Felmer als Pfarrer in H e i t a u eingesetzt und trat am 17. April den Dienst an. In den drei Jahren seiner Heltauer Amtswirksamkeit setzte er seine historischen Studien eifrig fort, wie u. a. aus der handschriftlichen Copia monumentorum Heltensium, die in der Brukenthalbibliothek vorliegt, er- sichtlich ist. Auch die »Abhandlung von dem Ursprung der sächsischen Nation«

') Die Inschrift auf das Epitahium des Heimannstädter Bürgermeisters Daniel von Klock- nern brachte ihm 6 Dukaten ein.

») Vgl. S. 158.

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XX

ist, wenigstens in der Hauptsache, dort entstanden. Die von ihm verfaßte Selbst- biographie in der Pfarrmatrikel von Heitau, die Felmer selbst angelegt hat, ent- hält die wesentlichsten Daten seines Lebensganges.

A m 9. Februar 1766 hielt er vor der ihm rasch ans Herz gewachsenen Gemeinde die Abschiedspredigt, da er am 29. Januar 1766 zum Stadtpfarrer nach Hermann- stadt berufen und am 5. Februar als solcher eingesetzt worden war. Mich. v. Hey- dendorff erwähnt in seinem Pro memoria zu der hier veröffentlichten Abhandlung (S. 158), Felmer habe, als ihm die Berufung nach Hermannstadt überbracht wurde, geantwortet: »Warum lassen Sie mich nicht bei meinen Büchern in Heitau! Ich hätte da der Nation mehr gedient!« Das W o r t ist bezeichnend für den stillen, fleißi- gen Gelehrten.

A m 28. März 1767 schon, noch nicht 47 Jahre alt, starb er an der Schwind- sucht.

Nicht unerwähnt darf bleiben, daß Felmer in der kurzen Zeit seines Hermann- städter Stadtpfarramtes das »Vollständig vermehrte Hermannstädter Gesangbuch«

(1766) herausgab, das letzte Gesangbuch der evangelischen Kirche Siebenbürgens, in dem der Halle'sche Geist des Pietismus nachwirkte. Zu Ende des Jahrhunderts hatte der Rationalismus sich auch hier durchgesetzt. —

Außer der hier veröffentlichten »Abhandlung von dem Ursprung der Sächsi- schen Nation« sind von Martin Felmer, so weit bisher bekannt, folgende wissen- schaftliche Arbeiten erhalten (abgesehen von seiner 1742 in Halle gedruckten Disser- tation »De efficacia S. Scripturae):

I. Im D r u c k e r s c h i e n e n und sowohl in der Brukenthalbibliothek in Hermann- stadt als in der Kronstädter Gymnasialbibliothek vorhanden:

1. Primae Lineae M. Principatus Transilvaniae Historiam Antiqui, Medii et Recentioris A e v i Exhibentes et Illustrantes . . . Cibinii 1780. Typis Petri Barth. -

2. Dasselbe Werk wurde 1803 mit kritischen Anmerkungen versehen von Carl Eder neu herausgegeben unter dem Titel: Primae lineae historiae Transilvaniae etc.

Accesserunt observationes criticae et pragmaticae cum X excursibus opera Josephi Caroli Eder. Cibinii et Claudiopoli. Martin Hochmeister.

Die Primae lineae Felmers sind lange Zeit an den höheren Schulen Siebenbürgens als Lehrbuch benützt worden und haben mit den Anmerkun- gen Eders zusammen den Grund gelegt zur siebenbürgisch-sächsischen Ge- schichtswissenschaft.

II. Im Manuskript vorhanden:

1. Historia Transylvaniae Universalis a Martino Felmer Gymnasii Cibiniensis Rectore Discipulis quibusdam privatis in Calamum dictata, eine Geschichte Siebenbürgens von den ältesten Zeiten bis auf die Zeit des Verfassers. Das Manuskript ist sowohl in der Brukenthalbibliothek — dort mit der dem Titel beigefügten Jahreszahl 1752, in einer Abschrift des Martin F a y aus dem Jahre 1779 — als auch, von unbekannter Hand in der Kronstädter Gymnasialbibliothek vorhanden. Es ist wohl eine Vorarbeit zu den später im Druck erschienenen Primae lineae. Ebenso:

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XXI

2. Ein von unbekannter Hand abgeschriebenes, in der Kronstädter Gymnasial-

bibliothek aufbewahrtes W e r k :

Martin Felmers V. D. M. Rectors des Gymnasii zu Hermannstadt in Siebenbürgen A n l e i t u n g z u r n ö t i g e n K ä n t n i s s d e s F ü r s t e n - t h u m s S i e b e n b ü r g e n .

Das Werk, nach einer Vorrede des Verfassers »geschrieben zu Hermann- stadt in Siebenbürgen im Jahr 1760«, behandelt in dem, allein erhaltenen, ersten Hauptabschnitt des ersten Teiles in zwei Büchern die Geschichte Siebenbürgens »vom Jahr der Welt 1657« bis zum Jahre 1538 n. Chr. G.

In einem zweiten Hauptabschnitt sollte nach dem vorausgeschickten »Ent- wurf des ersten Theils« die Geschichte Siebenbürgens bis zum Jahre 1760 fortgeführt werden. Der ganze »erste Theil« des Werkes, enthaltend die Geschichte des Landes war offenbar nur als eine Art Einleitung geplant zu der in den folgenden Teilen zu gebenden »Anleitung zur Kenntnis« des Landes selbst und seiner Bevölkerung.

Als Felmer die Vorrede zur »Abhandlung von dem Ursprung der Säch- sischen Nation« schrieb (1764), hoffte er, jenes größere Werk bald heraus- geben zu können '). Trotzdem ist es fraglich, ob er in der Ausarbeitung über den erhaltenen I. Hauptabschnitt des 1. Teiles hinausgekommen ist.

Mit der »Anleitung zu der nötigen Kenntnis des Fürstentums Sieben- bürgens« identisch ist offenbar die in Sch erwähnte »Geschichte des Für- stentums Siebenbürgen« J).

Das Werk verdient wohl eine genauere Prüfung durch einen Historiker.

3. Erwähnt wurde schon oben ( S . V I ) die »Kurtzgefaßte Historische Nachricht von der Wallachischen Völkerschaft etc.«

Die Arbeit ist nur in einer Abschrift Mich. v. Heydendorffs im Anhang zu seiner Abschrift der »Abhandlung vom Ursprung der Sächsischen Nation«

in der Kronstädter Gymnasialbibliothek und in einer dem Originalmanuskript dieser Abhandlung beigebundenen Abschrift von unbekannter Hand in der Brukenthalbibliothek vorhanden.

4. Friedrich Müller führt in der »Allgem. Deutschen Bibliogr.« Bd. 6, 6 i 6 f . an eine »Abhandlung von dem Ursprung der verschiedenen Völkerschaften in Siebenbürgen«.

Sowohl diese als die eben dort erwähnte Arbeit

5. »Adversaria ad historiam Transsylvaniae« sind nach Müllems Angabe hand- schriftlich mit dem Nachlaß Eders in das ungarische Nationalmuseum in Budapest gekommen und konnten von dem Herausgeber nicht eingesehen werden.

Beachtenswert sind die von Felmers eigener Hand herrührenden, in der Bruken- thalbibliothek aufbewahrten »Collectanea ad Historiam Patriae«, Abschriften von Urkunden und allerlei Notizen für den Unterricht, beginnend mit dem Jahre 1749.

Eine von Felmer (S.9 dieses Werkes) angekündigte Abhandlung »Transilvania sub ducibus et Woywodis fide Annalium etc.« ist nicht erhalten.

') Vgl. S. 2, ferner S. 5.

J) Vgl. Fußnote 3 zu S. 5.

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XXII

Von den Primae lineae besitzt die Kronstädter Gymnasialbibliothek auch eine deutsche Übersetzung von Friedrich Hiemesch aus dem Jahre 1823

Eine gründliche Würdigung der Lebensarbeit Martin Felmers steht noch aus.

Vielleicht gibt vorliegende Veröffentlichung mit dazu Veranlassung, daß bald eine entsprechend ausgerüstete wissenschaftliche Kraft an diese Aufgabe herantritt.

Für freundliche Unterstützung bei meiner Arbeit bin ich Dank schuldig zunächst Herrn Universitäts-Professor Lutz Mackensen-Riga, auf dessen An- regung die Herausgabe in den »Quellen zur deutschen Volkskunde« geschehn konnte, und dem Verlag der »Quellen«, der sie in entgegenkommendster Weise er- möglicht hat. Ferner dem Kustos des Baron Brukenthal-Museums, Herrn Professor Rudolf Spek, und dem Leiter der Manuskriptensammlung der Brukenthalbibliothek, meinem verehrten Freund Dr. G. A. Schuller, beide in Hermannstadt, nicht minder Herrn Gymnasialprofessor Norbert Salmen, dem Bibliothekar des Kronstädter Gymnasiums, der mir nicht nur die Benützung der in Kronstadt erhaltenen Ab- schriften der Werke Felmers gestattete, sondern auch die Einsichtnahme in den in seinem Besitz befindlichen Stammbaum der Familie Felmer. Ebenso muß ich danken der Leitung der Schäßburger Gymnasialbibliothek für Überlassung der Handschrift Sch zu länger dauernder Benützung und den hochehrwürdigen Pfarr- ämtern in Hermannstadt und Heitau für Unterstützung in den Nachforschungen nach verschiedenen Matrikeleintragungen.

Zu dem beigegebenen Wort- (Namen-) und Sachverzeichnis ist zu bemerken, daß es wesentlich nach volkskundlichen Gesichtspunkten angelegt wurde und daher bei weitem nicht alle Namen enthält, die im Text oder gar in den Anmer- kungen der Abhandlung vorkommen.

Ein Verzeichnis der umfangreichen von Martin Felmer benützten Literatur konnte ich zu meinem großen Bedauern nicht beischließen. Die dazu erforderlichen Nachforschungen nach den vielfach heute überhaupt nicht mehr bekannten Werken, namentlich nach den nie veröffentlichten Manuskripten, hätte so viel Zeit und Geld erfordert, daß die Herausgabe dieses Buches dadurch weit hinausgeschoben, wenn nicht gar überhaupt unmöglich gemacht worden wäre.

Die Ausfüllung dieser Lücke ist vielleicht später noch möglich. Dadurch erst würde die Belesenheit und der Fleiß Martin Felmers in das rechte Licht gerückt und damit zugleich ein literargeschichtliches Dokument von nicht geringem Wert geschaffen werden.

Schirkanyen, Weihnachten 1933.

D E R H E R A U S G E B E R

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