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Industrielle Entwicklung in den neuen Bundesländern

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den neuen Bundesländern

Konferenz „Industriedialog Ost“ am 19. November 2015

den neuen Bundesländern

Konferenz „Industriedialog Ost“ am 19. November 2015

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Impressum

Herausgeber

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Öffentlichkeitsarbeit

11019 Berlin www.bmwi.de Text und Redaktion

Die Texte, Grafiken sowie Karten basieren teilweise auf dem Atlas der Industrialisierung der Neuen Bundesländer, erstellt durch das Hanseatic Institute for Entrepreneurship and Regional Development an der Universität Rostock HIE-RO, Rostock, 2014.

Gestaltung und Produktion PRpetuum GmbH, München Stand

November 2015 Druck

Silberdruck oHG, Niestetal Bildnachweis

Nataliya Hora – Fotolia (Titel), Andrey Armyagov – Fotolia (S. 3), zb – picture alliance (S. 5 oben), bpk/Weltbild GmbH (S. 5 unten), Ulrich Baumgarten – picture alliance (S. 6 oben), marog-pixcells – Fotolia (S. 6 unten, 7 oben), zb – picture alliance (S. 7 unten), alphaspirit – Fotolia (S. 9), industrieblick – Fotolia (S. 10), vege – Fotolia (S. 12)

Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Bundes ministeriums für Wirtschaft und Energie.

Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. Nicht zulässig ist die Verteilung auf Wahlveranstaltungen und an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben von Informationen oder Werbemitteln.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist mit dem audit berufundfamilie®

für seine familienfreundliche Personalpolitik ausgezeichnet worden. Das Zertifikat wird von der berufundfamilie gGmbH, einer Initiative der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, verliehen.

Diese und weitere Broschüren erhalten Sie bei:

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Referat Öffentlichkeitsarbeit

E-Mail: publikationen@bundesregierung.de www.bmwi.de

Zentraler Bestellservice:

Telefon: 030 182722721 Bestellfax: 030 18102722721

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Industrielle Entwicklung in den neuen Bundesländern

Konferenz „Industriedialog Ost“ am 19. November 2015

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Inhalt

1. Industrie als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung. . . .3

2. 25 Jahre industrielle Entwicklung in Ostdeutschland. . . .4

3. Lange industrielle Tradition . . . .5

4. Beeindruckende industrielle Aufbauleistung. . . .6

5. Ostdeutsche Industriestandorte im internationalen Wettbewerb. . . .7

6. Gute industrielle Basis – allerdings mit strukturellen Schwächen . . . .8

7. Ansätze zur Stärkung der industriellen Entwicklung . . . .9

7.1 Wachstumstreiber Innovation . . . .9

7.2 Herausforderung Fachkräftemangel. . . .10

7.3 Internationalisierung . . . .10

7.4 Netzwerke und Cluster ausbauen. . . .11

7.5 Chancen der Digitalisierung und Industrie 4.0. . . .11

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1. Industrie als Motor der wirtschaftlichen Entwicklung

International wird die Industrie wieder als eine wichtige Säule der Wirtschaft anerkannt. Viele sogenannte „Indus- trieländer“, die in den vergangenen Jahrzehnten große industrielle Kapazitäten an neue Wettbewerber, insbeson- dere aus den Schwellenländern, verloren haben, fördern nun die Reindustrialisierung ihrer Wirtschaft. Dies gilt zum Beispiel für die USA, deren Industrieanteil auf zuletzt nur noch 10 % an der gesamten Wirtschaftsleistung schrumpfte, wie auch für Großbritannien, das nach einer einseitigen Ausrichtung der Wirtschaft auf moderne Dienstleistungen des Banken- und Versicherungssektors nun eine Renais- sance der Industrie anstrebt.

Tatsächlich ist der industrielle Sektor unverändert ein starker Motor der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung:

Innovationsleistungen werden im Durchschnitt aller Volkswirtschaften zu 80 % in der Industrie erbracht.

Zwei Drittel der Exporte hängen mit der Industrie zusammen.

Ein Arbeitsplatz in der Industrie lässt ein bis zwei weitere Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich entstehen1. Die gute wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre in unserem Land ist auch damit begründet, dass es seinen im internationalen Vergleich hohen Industrieanteil von zuletzt rund 22 % halten konnte. Beim Aufbau Ost spielt die Industrie eine besonders wichtige Rolle. Die Angleichung der Wirtschaftskraft an die westdeutschen Länder kann nur mit Hilfe einer starken, modernen Industrie gelingen.

1 Atlas der Industrialisierung der Neuen Bundesländer, Hanseatic Institute for Entrepreneurship and Regional Development an der Universität Rostock HIE-RO, Rostock, 2014

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2. 25 Jahre industrielle Entwicklung in Ostdeutschland

Nach der Wiedervereinigung stand die ostdeutsche Industrie vor großen Herausforderungen. Nur wenige Produkte waren international konkurrenzfähig. Der Kapital stock war überal- tert und verschlissen, der Staats- und Verwaltungsapparat überdimensioniert, ein leistungsfähiger Mittelstand nicht mehr vorhanden. Zudem herrschte eine hohe verdeckte Arbeitslosigkeit. Eine seit Jahren vernachlässigte Infrastruk- tur behinderte die volkswirtschaftliche Entwicklung und verursachte in Verbindung mit dem über alterten Kapital- stock gravierende Umweltschäden. Mit dem Systemwechsel von der Plan- zur Marktwirtschaft waren der Verlust der Absatzmärkte in Osteuropa und die enorme Konkurrenz der westdeutschen und internationalen Industrie verbun- den.

In der 1990 gegründeten Treuhandanstalt – zeitweilig der

„größte Industriekonzern“ der Welt – wurden die Volks- eigenen Betriebe der DDR zusammengefasst. Ihr Auftrag war es, „die Strukturanpassung der Wirtschaft an die Erfor- dernisse des Marktes zu fördern, indem sie insbesondere auf die Entwicklung sanierungsfähiger Betriebe zu wett be- werbsfähigen Unternehmen und deren Privatisierung Einfluss nimmt“. Und sie sollte darauf hinwirken, „dass sich durch zweckmäßige Entflechtung von Unternehmens- strukturen marktfähige Unternehmen herausbilden und eine effiziente Wirtschaftsstruktur entsteht“.2

Die strukturellen Probleme der Betriebe und der fast voll- ständige Verlust ihrer preislichen Wettbewerbsfähigkeit durch die Währungsumstellung führten jedoch schnell zu einer Zuspitzung der gesamtwirtschaftlichen Lage in Ost- deutschland. Die Treuhandanstalt beschleunigte daher

das Privatisierungstempo, sodass bereits Ende 1994 der größte Teil der Privatisierungen abgeschlossen war. Rund drei Viertel der vorhandenen industriellen Kapazitäten mussten schließen. Ende 1992 wurden in den neuen Län- dern nur noch 3,5 % der deutschen Industrieproduktion erbracht. Die Zahl der Beschäftigten in der Industrie sank von mehr als 3 Mio. vor der Wende auf einen historischen Tiefpunkt von etwa 1 Mio. in den Jahren 1998/99.

Seitdem dominieren vor allem kleinere und mittelgroße Unternehmen, der Anteil an Großunternehmen ist signi- fikant niedriger als in den westdeutschen Ländern. Die Herausbildung von zusammenhängenden industriellen Strukturen und die strategische Bedeutung von Großunter- nehmen mit ihren weitreichenden Wirkungen auf Einkom- men, Innovationen, Marktmacht, Produk tivität und inter- nationale Einbindung wurden in der damaligen Zeit nur teilweise berücksichtigt. Die wirtschaftlichen Strukturen der neuen Länder sind davon bis heute geprägt.

In dieser Zeit wurde aber auch der Grundstock für eine neue industrielle Basis in Ostdeutschland gelegt. Unter- stützt durch eine umfangreiche Wirtschaftsförderung ent- standen zahlreiche wettbewerbsfähige kleine und mittlere Betriebe sowie einige größere Produktionsbetriebe, die allerdings meist „verlängerte Werkbänke“ westdeutscher oder ausländischer Konzerne geblieben sind. Die ostdeut- sche Industrie konnte sich gut entwickeln. Ihr Anteil hat sich bis auf 10,3 % der industriellen Gesamtleistung Deutschlands im Jahre 2014 erhöht.

Strukturelle Anpassungsmaßnahmen, Investitionen in die Infrastruktur und in die industriellen Strukturen sowie zunehmende Exporte seit Mitte der 90er Jahre zeigten Wir- kung: So nahm der Anteil der Industrie an der Bruttowert- schöpfung in den ostdeutschen Flächenländern, der 1995 nur noch bei 11,2 % lag, bis 2007 auf 19,3 % zu. Nach einem durch die Weltwirtschafts- und Finanzkrise bedingten Rück- gang auf 16,1 % in 2009 erholt sich der Anteil und liegt seit 2010 wieder über 17 %. Damit lagen die ostdeutschen Flächen- länder 2014 deutlich über dem Durchschnitt der EU (15 %).

In der Phase der Reindustrialisierung zwischen 1998 und 2008 ist die ostdeutsche Industrie durchschnittlich rund 5 % pro Jahr gewachsen. Sie war und ist bis heute der Motor des Aufbaus Ost und der Angleichung der Wirtschaftskraft zwischen Ost und West. Zusammen mit den industrienahen Dienstleistungen umfasst der Industrie-Dienstleistungs- Verbund heute sogar etwa 30 % der Wertschöpfung in Ost- deutschland.

Industrie-Dienstleistungs-Verbund

Unter Industrie versteht man nach deutscher Lesart das Verarbeitende Gewerbe. Hierzu zählen u. a. der Maschinen- und Anlagenbau, die Fahrzeugindustrie, die chemische und die Elektroindustrie, um nur einige der stärksten Industriebranchen in Deutschland zu er - wähnen. Die Stärke der deutschen Industrie beruht aber auch auf zahlreichen unternehmensnahen Dienstleis- tungen wie Logistik, F&E, Marketing, Design u. a. Sie zusammen bilden den wettbewerbsfähigen Industrie- Dienstleistungs-Verbund. Gemeinsam erstellt dieser Verbund ca. 35 %–45 % der Wertschöpfung in Deutsch- land.

2 § 2 Abs. 6 des Treuhandgesetzes

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3. Lange industrielle Tradition

Die ostdeutsche Industrie knüpft an eine lange und reiche Tradition an. Mitteldeutschland bildete seit Ende des 19. Jahrhunderts neben dem Ruhrgebiet eines der beiden wirtschaftlichen Kraftzentren des Deutschen Reiches, eine Wiege der deutschen Industrialisierung. Chemnitz galt als

„Manchester on Continent“. Dresden beheimatete eine bedeutende Kamera- und Zigarettenproduktion und Leip- zig war ein bedeutendes Zentrum der Buchproduktion und des Welthandels. Ein fruchtbares Zusammenspiel von Wirt- schaft, Wissenschaft und Kultur machte Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zum bevorzugten Ziel für Einwanderer.

Vor dem Ersten Weltkrieg wurde in Sachsen und dem be - nachbarten Böhmen die höchste Pro-Kopf-Wertschöpfung in ganz Europa erzielt. Berlin stieg zu einer Industriemetro- pole auf und war Geburtsstätte vieler deutscher Konzerne.

Die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und die gravieren- den Startnachteile, wie das Fehlen von Rohstoffen und einer metallurgischen Basis mit entsprechenden industriellen Weiterverarbeitungsstufen belasteten den Wiederaufbau in der Sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR.

Diese Strukturschwächen waren Ergebnis der Teilung Deutschlands, die den historisch gewachsenen Wirtschafts- raum mit Westdeutschland zerriss. Die räumliche Struktur der Industriestandorte der DDR glich drei Streifen:

Die drei Nordbezirke Rostock, Schwerin und Neubranden- burg waren industriell geringer entwickelt. Weniger als 25 % aller Beschäftigten waren dort in der Industrie tätig.

Die weiter südlich angrenzenden Bezirke Magdeburg, Potsdam, Frankfurt/Oder und Berlin bildeten einen Mittelstreifen mit 25–32 % der Industriebeschäftigten.

Hier waren der Maschinenbau (Magdeburg), die Elektro- (Berlin) und Stahlindustrie (Eisenhüttenstadt) über- durchschnittlich vertreten.

Die acht südlichen Bezirke bildeten das industrielle Kernland der DDR mit einem Anteil der Industriebe- schäftigten zwischen 40 % (Leipzig) und 48 % (Suhl):

optische Industrie (Jena), Informationstechnik (Dresden/

Sömmerda), Textilindustrie (Chemnitz, Vogtland), Chemieindustrie (Bitterfeld, Buna, Leuna) und Auto- mobilindustrie (Zwickau, Eisenach).

Knapp 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung bietet sich heute ein wenig überraschendes Bild. Das Grund- muster der DDR-Industriestruktur ist noch immer sowohl regional (Nord/Mitte/Süd) wie sektoral erkennbar. Industrie- ansiedlungen, Neugründungen und Aufkäufe setzten auf historisch gewachsenen Strukturen auf. Vor allem der Süden Ostdeutschlands ist dabei Wachstumstreiber der industriel- len Entwicklung.

Für die Zukunft spricht vieles dafür, dass diejenigen ost- deutschen Industrieregionen auf lange Zeit am innovativs- ten bleiben werden, die über Jahrzehnte, teilweise über Jahrhunderte eine erfolgreiche Geschichte der Entwicklung industrieller Innovationskraft aufweisen können. Die techno- logischen Umbrüche, die ständige Weiterentwicklung der internationalen Arbeitsteilung und der immer engere Indus- trie-Dienstleistungs-Verbund bieten heutzutage allen ost- deutschen Regionen gute industrielle Perspektiven.

Glasbläserwerkstatt im Thüringer Wald

VEB Carl Zeiss Jena

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Porsche-Werk Leipzig 6

4. Beeindruckende industrielle Aufbau leistung

Ein Blick auf die Karte der regionalen Branchenschwerpunkte in Ostdeutschland zeigt ein vielfältiges Bild. Es ist Ausdruck des Erfolgs der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte; eine Aufbauleistung, die durch das Engagement, die Ideen und den Fleiß der Unternehmer und ihrer Beschäftigten sowie durch die Transformations- und Förderpolitik zustande kam.

Der Abstand zu den westlichen Ländern hat sich gerade in der Industrie deutlich verkürzt. Es hat sich wieder eine solide und wettbewerbsfähige industrielle Basis gebildet, nachdem aufgrund der Schwächen in der DDR und der besonderen Herausforderungen der Zeit nach der Wiedervereinigung die industrielle Produktion fast zum Erliegen gekommen war.

Die Voraussetzungen für einen dynamischen Industrialisierungs- prozess sind in Ostdeutschland günstig. Die Unternehmen profi- tieren von Rahmenbedingungen, wie an kaum einem anderen Stand - ort. Dazu zählen ein verläss liches Rechtssystem, offene Märkte und Handelsbeziehungen, qualifi zierte Arbeitskräfte und gute Uni versi tä- ten. Die ostdeutschen Industriebe- triebe zeichnen sich durch eine hohe Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität aus. Weitere Elemente einer erfolgreichen Industrialisie- rung sind unternehmerische Kom- petenzen und innovatives Verhalten, Teilnahme an Netzwerken, Koope- rationen und Wertschöpfungsket- ten sowie eine konsequente Er - schließung internationaler Märkte durch Exporte und Auslandspro- duktionen. Hier sind die Heraus- forderungen häufig noch groß.

Gleiches gilt für den sich abzeich- nenden Fach- und Führungskräf- temangel und die Intensivierung des weltweiten Wettbewerbs.

Quelle: Germany Trade and Invest 2015

Regionale Branchenschwerpunkte in Ostdeutschland

Chemie und Werkstofftechnik

• Chemie, Raffinerien, Kunststoffe

• Glas, Keramik, Porzellan, Armaturen

• Holz, Papier

Elektronik, Elektrotechnologie und Optik Energie, Erneuerbare Energien und Umwelt

• Windenergietechnik

• Energie, Ver-/Entsorgung

• Solar, Solarparks

• Umwelt, Recycling Ernährungswirtschaft IuK Informations- und Kommunikationstechnologien

• IT, Software

Lebenswissenschaften und Pharmazie

• Medizin, Gesundheit, Pharma

• Biotechnologie Logistik

• Logistik, KEP, GVZ Maschinenbau Nanotechnologie

Stahlproduktion und Metallverarbeitung Transport und Verkehrstechnologie

• Automobil/Fahrzeugbau

• Bahntechnik

• Luftfahrttechnik

• Maritime Wirtschaft Chemie und Werkstofftechnik

• Chemie, Raffinerien, Kunststoffe

• Glas, Keramik, Porzellan, Armaturen

• Holz, Papier

Elektronik, Elektrotechnologie und Optik Energie, Erneuerbare Energien und Umwelt

• Windenergietechnik

• Energie, Ver-/Entsorgung

• Solar, Solarparks

• Umwelt, Recycling Ernährungswirtschaft IuK Informations- und Kommunikationstechnologien

• IT, Software

Lebenswissenschaften und Pharmazie

• Medizin, Gesundheit, Pharma

• Biotechnologie Logistik

• Logistik, KEP, GVZ Maschinenbau Nanotechnologie

Stahlproduktion und Metallverarbeitung Transport und Verkehrstechnologie

• Automobil/Fahrzeugbau

• Bahntechnik

• Luftfahrttechnik

• Maritime Wirtschaft Berlin

Berlin

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5. Ostdeutsche Industriestandorte im internationalen Wettbewerb

Seit der Wiedervereinigung kann die Entwicklung der ost- deutschen Industrie nicht mehr nur an nationalen Maß- stäben gemessen werden. Die ostdeutsche Industrie ist heute Teil der vernetzten Weltwirtschaft. Sie muss sich daher an internationalen Standards und Wettbewerbsbedingungen messen lassen.

Die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes drückt sich unter anderem in einer steigenden Exportquote aus. Sie hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

Bei Firmen mit mehr als 50 Beschäftigten liegt sie heute bei ca. 37 %. Bislang konzentrieren sich die ostdeutschen Aus- fuhren auf nahe Auslandsmärkte in West- und Osteuropa – Märkte, die bereits weitgehend erschlossen und hart um - kämpft sind. Exportstrategisch scheint es erforderlich, sich verstärkt auch auf wachstumsstarke außereuropäische Märkte zu konzentrieren. Diese liegen heute vor allem in Asien und auf dem gesamten amerikanischen Kontinent.

Gleiches gilt für weitergehende Internationalisierungsschritte, sei es durch Aufbau eigener Vertriebszentralen oder durch Produktion vor Ort. Auslandsinvestitionen und Exportstärke stehen in einer vernetzten Weltwirtschaft in enger Beziehung.

Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handels- kammertages (DIHK) waren 24 % der ostdeutschen Industrie- unternehmen im Jahr 2012 auf Auslandsmärkten präsent.

Der Anteil hat damit gegenüber den Vorjahren weiter zuge- nommen. In den alten Ländern lag diese Quote bei 49 %.

Alles in allem verfügt die ostdeutsche Wirtschaft mit ihrer geografischen Zentrallage in Europa über gute Standortbe- dingungen. Doch: Die Voraussetzungen und insbesondere die Fähigkeiten der Unternehmen, von internationalen Wachstumsmärkten zu profitieren, müssen vielfach noch stärker entwickelt werden.

Die Forschungslandschaft mit zahlreichen Instituten und Hochschulen macht den Standort attraktiv für technologie- und wissensbasierte Erzeugnisse. Gut entwickelt ist vor allem

die öffentliche Forschungslandschaft in den neuen Ländern.

Hier werden rund 23 der Forschungsanstrengungen erbracht. Doch auf Unternehmensseite ist trotz der Unter- stützung durch die öffentliche Hand die private Forschungs- tätigkeit vergleichsweise gering geblieben. Die finanziellen Aufwendungen der ostdeutschen Wirtschaft liegen nur bei 7,9 % der Forschungsaufwendungen der deutschen Wirtschaft insgesamt, im Verarbeitenden Gewerbe sind es nur knapp 6 %. Ein Grund dafür ist die kleinteilige Unternehmensstruk- tur. Gleichwohl haben sich auch in den neuen Ländern zahl- reiche innovative Unternehmen entwickelt, die heute als sogenannte Hidden Champions einen entscheidenden Beitrag zur industriellen Wettbewerbskraft leisten.

Eine besondere Stärke der ostdeutschen Wirtschaft liegt im hohen Ausbildungsniveau ihrer Fachkräfte, deren Leistungs- bereitschaft und Motivation. Die technologischen Entwick- lungen und damit die Anforderungen an die Qualifikationen nehmen immer stärker und schneller zu. Bedingt durch demografische Faktoren (Bevölkerungsrückgang, Alterung und Wanderungsbewegungen) könnten sich auf regionaler Ebene in Zukunft Fragen zur Sicherung der Verfügbarkeit von Fach- und Führungskräften stellen.

Arbeit an der Offshore-Konverterplattform SylWin alpha auf der Werft von Nordic Yards in Rostock-Warnemünde

Berlin

Potsdam Schwerin

Magdeburg

Erfurt

Dresden

Hidden Champions aus Ostdeutschland

Quelle: Weissman, 2013; Autor: C. Schürmann

Kleine und mittlere Unternehmen unter den Top 3 weltweit bzw.

Marktführer in Europa in folgenden Branchen:

Automobilzulieferer, Fahrzeugbau Chemische Industrie, Pharma, Kosmetik

Elektroindustrie

Energie-, Wasserversorgung, Entsorgung

Glas- und Keramikgewerbe, Kunststoffverarbeitung Holz-, Papierindustrie IT, Datenverarbeitung, Software Konsumgüter, Nahrung, Genuss, Tabak

Maschinen- und Anlagenbau, sonstige Geräteherstellung Medizintechnik Metallverarbeitung Sonstige Industriezweige Kleine und mittlere Unternehmen unter den Top 3 weltweit bzw.

Marktführer in Europa in folgenden Branchen:

Automobilzulieferer, Fahrzeugbau Chemische Industrie, Pharma, Kosmetik

Elektroindustrie

Energie-, Wasserversorgung, Entsorgung

Glas- und Keramikgewerbe, Kunststoffverarbeitung Holz-, Papierindustrie IT, Datenverarbeitung, Software Konsumgüter, Nahrung, Genuss, Tabak

Maschinen- und Anlagenbau, sonstige Geräteherstellung Medizintechnik Metallverarbeitung Sonstige Industriezweige

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6. Gute industrielle Basis – allerdings mit strukturellen Schwächen

Im Vergleich zur westdeutschen ist die ostdeutsche Indus- trie bis heute noch relativ klein und kapitalschwach. Die Arbeitsproduktivität liegt im Durchschnitt aller ostdeutschen Flächenländer und Sektoren bei 71 % des Westwertes. Die Gründe für diese Rückstände Ostdeutschlands sind viel- fältig:

Der Industrialisierungsgrad, d. h. der Anteil der Industrie an der gesamten Wertschöpfung und Beschäftigung, ist mit Ausnahme von Thüringen in den neuen Ländern signifikant niedriger als in den alten Ländern.

Im Osten dominieren Klein- und Mittelunternehmen, die im Hinblick auf Produktivität, Einkommensniveau ihrer Beschäftigten und auf Innovations- und Exportin- tensität hinter den Großunternehmen in Westdeutsch- land zurückbleiben.

Die geografische Struktur und Bevölkerungsdichte führen dazu, dass die vielen Kleinstädte in den neuen Ländern und bevölkerungsarme ländliche Regionen nicht sonder- lich attraktive Standorte für hochproduktive Großbetriebe in Zukunftsfeldern sind. Das Fehlen großer Unterneh- men ist zudem ein zentraler Grund für im Vergleich zum Westen geringere kommunale Steuereinnahmen.

Die Kleinteiligkeit der ostdeutschen Unterneh- mensstruktur – Erbe der Transformationsphase nach der Wiedervereinigung und speziell der Privatisierungspolitik der Treuhandanstalt – stellt dabei eine besondere Herausforderung dar.

Der ostdeutsche Industriesektor ist durch kleine und wenige mittelgroße Betriebe geprägt. Große Unternehmen und Konzernzentralen aber fehlen bis heute nahezu vollständig – kein einziges DAX-Unternehmen hat seinen Sitz in den neuen Ländern. Dabei sind es die Unternehmens zen tralen mit ihren wertschöpfungsintensiven Unterneh- menseinheiten, von denen wichtige Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen ausgehen. Dieses Phänomen zählt zu den grund- legenden strukturellen Problemen der ostdeut- schen Industrie, mit Auswirkungen auf viele Bereiche.

Die Reindustrialisierung Ostdeutschlands zeigt damit ein vielschichtiges Bild: Beeindruckende Aufholerfolge mit wachsenden regionalen Schwerpunkten an vielen, besonders häufig an traditionellen Standorten auf der einen Seite und zugleich strukturelle Schwächen auf der anderen Seite liegen teilweise dicht nebeneinander. Vor allem fehlen dem industriellen Mittelstand Ost- deutschlands weitgehend die regiona len Wirt- schaftskreisläufe, die andere Regionen in Deutschland und Europa auszeichnen und deren industrielle Stärke ausmachen. Auch die Einbin- dung in globale Wertschöpfungsketten und Ver- netzungen sind noch nicht ausreichend.

Verteilung börsennotierter Unternehmen

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7. Ansätze zur Stärkung der industriellen Entwicklung

Im Mittelpunkt einer breit angelegten Industriepolitik für die neuen Länder müssen vor allem Antworten auf die be - sonderen Strukturschwächen der ostdeutschen Industrie stehen: Die aus der Kleinteiligkeit der Industriestruktur resultierenden Probleme beim Zugang zu Kapital und Per- sonal, bei der Erschließung von Märkten, der Entwicklung neuer Produkte und Verfahren sowie einer erfolgreichen Integration in die arbeitsteilige und vernetzte Weltwirtschaft.

Zusätzlich zu einer breit angelegten branchen- und tech no- logieübergreifenden Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen ist dabei ein vielfältiges Instrumentarium (die sogenannte Förderkulisse: Mittelstandsförderung, Innovationsförderung, Solidarpakt II, EU-Strukturfonds) entwickelt worden. Ziel ist u. a. der Aufbau eines unterneh- merischen Kapitalstocks durch Investitionszuschüsse und Kredite sowie die Stärkung der Innovationskraft und der Inter nationalisierung der Unternehmen hinsichtlich Ex port und Auslandsproduktion.

Um konkreter auf die Problemlagen speziell kleiner und mittlerer Unternehmen in strukturschwachen Regionen einzugehen, geht es insbesondere um die Förderung und Unterstützung überbetrieblicher Zusammenarbeit durch Vernetzungen und Kooperationen. Denn der Markt verlangt häufig komplette Lösungen und Angebote, die ein kleines Unternehmen nicht allein abdecken kann. Im Fokus stehen hier deshalb: Kooperationen auf der Produktionsebene, Ko - operationen mit technologischen Spezialisten und wissen-

schaftlichen Einrichtungen, Nutzung von spezifischen Kom- petenzen und Technologien und branchenübergreifende Vernetzung zur Nutzung von Ideen vor Ort (Cluster) sowie Kooperationen im Marketing und im Zulieferbereich (Ver- triebskooperationen). Diese Elemente schließen ausdrück- lich auch die Vernetzung von Leistungen entlang der sog.

Wert schöpfungsketten ein. Hierauf legt die Förderpolitik auch künftig ein starkes Gewicht.

Neben der Förderung und Unterstützung überbetrieblicher Zusammenarbeit kommt es insbesondere auch auf die Qua - lität des Managements und der Führungskräfte zur Bewäl- tigung der strategischen Herausforderungen an. Hier geht es um unternehmerische Antworten auf die schnellen technologischen Entwicklungen und Verschiebungen der Wachstumsmärkte in aufstrebende Industrie- und Schwel- lenländer.

7.1 Wachstumstreiber Innovation

Entscheidende Faktoren für wettbewerbsfähige Unterneh- men und dauerhafte Arbeitsplätze in Ostdeutschland sind eine effiziente Forschungsinfrastruktur und eine leistungs- fähige Forschung und Entwicklung (FuE) in den Unterneh- men. Die Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft Anfang der neunziger Jahre ging mit einem erheblichen Verlust an unternehmensinternen FuE-Strukturen einher.

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10 7. ANSÄTZE ZUR STÄRKUNG DER INDUSTRIELLEN ENTWICKLUNG

Der Anteil der FuE-Aufwendungen der Wirtschaft am Brut- toinlandsprodukt ist in Ostdeutschland deutlich kleiner als in Westdeutschland (Ostdeutschland: 1,02 %, Westdeutsch- land: 2,1 % in 2012). Eine ostdeutsche Besonderheit sind die gemeinnützigen externen Industrieforschungseinrichtun- gen (dort als Forschungs-GmbH bezeichnet), die in vielen Fällen aus den Forschungsabteilungen der ehemaligen Kom - binate hervorgegangen sind. Die im Transformationsprozess der ostdeutschen Wirtschaft entstandenen privaten ge mein- nützigen externen Industrieforschungseinrichtungen sind deshalb eine tragende Säule der ostdeutschen Industriefor- schung. Sie transferieren ihre FuE-Ergebnisse in Unterneh- men, insbesondere in KMU, sind Initiatoren und Moderato- ren von regionalen und überregionalen Netzwerken und Mittler zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Unter- nehmen. Durch ihr marktorientiertes Wirken reduzieren sie die strukturellen Standortnachteile der ostdeutschen Wirtschaft und stärken deren Wettbewerbsfähigkeit. Denn wie bereits dargelegt, ist ein struktureller Wettbewerbsnach- teil für die ostdeutsche Wirtschaft und insbesondere für die Industrieforschung das weitgehende Fehlen von forschungs- intensiven Großunternehmen.

Die Bundesregierung unterstützt den Aufbau einer leistungs- fähigen FuE in der Wirtschaft der neuen Länder seit Mitte der 1990er Jahre mit einem abgestimmten Bündel von Maßnahmen. Diese zielten und zielen auf die Herstellung und Steigerung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit ostdeutscher Unternehmen sowie auf die Stärkung eines innovativen Mittelstandes.

Es gilt, die entstandene leistungsfähige Struktur zu erhalten und weiterzuentwickeln. Der Bund fördert die ostdeutschen Länder – zusätzlich zu den für Gesamtdeutschland bestehen- den Fördermaßnahmen – auch in den nächsten Jahren ge - zielt mit spezifischen Programmen, wie INNO-KOM-Ost und Unternehmen Region.

7.2 Herausforderung Fachkräftemangel

Heute sieht sich der Standort Ostdeutschland vor zwei große neue Herausforderungen gestellt: dem Übergang zur Wis- sens gesellschaft und der Bewältigung der Auswirkungen des bereits nach der Wiedervereinigung eingetretenen tief- greifenden demografischen Wandels.

Gegenwärtig wandeln sich die weltweit führenden Techno- logie- und Industrieregionen, und damit auch der Osten Deutschlands, zu Wissensgesellschaften. Die Produktion, Akkumulation und Verteilung von Wissen werden zum Motor wirtschaftlicher Entwicklung und gesellschaftlichen Fortschritts. Fach- und Führungskräfte sichern Innovations- fähigkeit und Wachstum der deutschen Volkswirtschaft.

Kurz: Die Mitarbeiter einer Firma sind ihr wertvollstes Kapital. Die rentabelste Investition ist langfristig die Investi-

tion in Köpfe. Bildungsökonomische Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Verbesserung des Humankapitals (d. h. menschlichen Wissens) bis zu 60 % zum gesamtwirt- schaftlichen Wachstum beiträgt.

Demografischer Wandel bedeutet für Ostdeutschland: Das Erwerbstätigenpotenzial wird merklich kleiner und älter werden. Nach Prognosen der Bundesregierung wird die Zahl der Erwerbspersonen in den neuen Ländern bis zum Jahr 2025 um etwa 20 % sinken. Bevölkerungsrückgang und Wandel zur Wissensgesellschaft bedeuten in der Konsequenz:

Der Standort Ostdeutschland benötigt mehr und besser qualifizierte „Manpower“. Eine Schlüsselrolle wird dabei auch die Aus- und Weiterbildung einnehmen.

7.3 Internationalisierung

Deutschland zählt unbestritten zu den weltoffensten Gesell- schaften. Und es hat von dieser Weltoffenheit stark profitiert.

Obwohl international nur ein mittelgroßes Land, ist Deutschland heute

führende Exportnation nach der Volksrepublik China und den USA,

bedeutendes Empfängerland internationaler Direktin- vestitionen (FDI),

attraktiver Standort für ausländische Firmen und Arbeitsmigranten,

geschätzter Partner im weltweiten Kultur- und Wissen- schaftsaustausch und

wichtiger Teil der internationalen Informationsgesellschaft.

Techniker im Maschinenbau kontrolliert Maße einer Gasturbine

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Ostdeutschland ist deshalb die weitere Intensivierung der internationalen Einbindung der ostdeutschen Wirtschaft.

Die Internationalisierungsstrategie der Bundesregierung bezieht sich dabei sowohl auf eine Unterstützung des Ex portes – insbesondere für KMU – als auch auf die inter- nationale Vermarktung des Investitionsstandortes Ost- deutschland.

Die Erschließung internationaler Märkte und die Steigerung des Exportes bieten den ostdeutschen Unternehmen ein erhebliches Wachstumspotenzial sowie eine geringere Ab - hängigkeit vom Binnenmarkt und der Binnenkonjunktur.

Wesentliche Elemente der Internationalisierungsstrategie des Bundes sind die Programme zur Markterschließung für KMU. Darin werden für deutsche Unternehmen Markt- informationsveranstaltungen, Markterkundungs- und Geschäftsanbahnungsreisen sowie für ausländische Unter- nehmen Einkäufer- und Multiplikatorenreisen nach Deutschland durchgeführt. Daneben unterstützt die bun- deseigene Gesellschaft Germany Trade & Invest (GTAI) die Internationalisierung der ostdeutschen Wirtschaft, insbe- sondere durch das Standortmarketing und Investorenwer- bemaßnahmen.

7.4 Netzwerke und Cluster ausbauen

Durch Kooperationen, Netzwerke und Cluster kann den Nachteilen der Kleinteiligkeit der ostdeutschen Wirtschaft entgegengewirkt werden. Als Prototyp eines sehr erfolg- reichen regionalen Clusters (Unternehmensballung) wird ge meinhin das Silicon Valley, eine Konzentration interna- tional erfolgreicher Hightech-Unternehmen in Kalifornien, angesehen.

Zwar ist heute weitgehend unstrittig, dass sich derartige Erfolgsgeschichten aufgrund ihrer Wechselwirkung mit lokalen Spezifika andernorts nicht ohne weiteres wieder- holen lassen. Gleichwohl wird es für sinnvoll erachtet, die Wahrscheinlichkeit für die Ausbildung funktionierender Cluster durch verschiedene regionalpolitische Maßnahmen gezielt zu erhöhen. Letztere betreffen typischerweise sowohl eine Aufwertung der infrastrukturellen Gegebenheiten (z. B. Forschungsinfrastruktur, Inkubatoreinrichtungen) als auch das lokale Angebot an unterstützenden Dienstleistun- gen (z. B. Gründungsberatung, Beratung zu Förderangeboten).

Dazu gehört auch die Förderung der Zusammenarbeit von Akteuren aus unterschiedlichen Bereichen mit dem Ziel der Netzwerkbildung.

In Ostdeutschland besitzen regionalpolitische Maßnahmen, die auf dem Clusteransatz basieren, ein hohes Potenzial, zumal die wirtschaftlichen Aktivitäten in den neuen Ländern klare, historisch gewachsene regionale Schwerpunkte

unternehmen ist im Großraum Berlin gegeben. Hier kon- zentrieren sich vor allem Unternehmen aus den Bereichen Medienwirtschaft, Maschinenbau und Biotechnologie.

Auch im südlichen Mitteldeutschland (Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen) existieren zahlreiche Cluster, u. a. in der chemischen Industrie, der Mikro- und Nanoelektronik, der Bahntechnik, der Medizintechnik und im Automobil- bau. In Mecklenburg-Vorpommern, Teilen des nördlichen Sachsen-Anhalts sowie Brandenburgs ist die Unterneh- mensdichte hingegen geringer und auf weniger Standorte konzentriert.

Die Förderung von Clustern durch regionalpolitische Maß- nahmen ist bislang auf mehreren Ebenen erfolgt. Stellver- tretend für zahlreiche weitere Bundesinitiativen sei hier nur auf den 2007 ins Leben gerufenen Spitzenclusterwettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung verwie- sen, der eine Förderung von Clustern über einen Zeitraum von fünf Jahren mit bis zu 40 Mio. Euro jährlich vorsah.

Neben den erwähnten Bundesmaßnahmen existieren in den neuen Ländern auch diverse clusterbezogene Landes- politiken.

Wenngleich die Clusterförderung in Ostdeutschland zweifel- los erste Erfolge verzeichnet, erreicht der Unternehmens- bestand vielerorts noch nicht die für die Ausbildung eines funktionierenden Clusters erforderliche kritische Masse.

Auch in bereits existierenden Netzwerken besteht vielfach noch Handlungsbedarf in Hinblick auf den Transfer von Ergebnissen aus der Forschung in die wirtschaftliche Praxis sowie bei der Berücksichtigung und Integration von regions- externem Wissen. Um diese Defizite abzubauen, bedarf es eines verstärkten Ausbaus von Gründungsinitiativen, ins- besondere an Hochschulen und Forschungseinrichtungen, sowie einer weiteren Intensivierung von Kooperations- und Netzwerkaktivitäten, auch mit überregionalen Partnern.

Schließlich ist aus zwei Gründen in der Zukunft ein stärker koordiniertes Vorgehen insbesondere zwischen den an - gren zenden Ländern erforderlich:

Erstens erstrecken sich die funktionalen Bereiche einzelner Cluster vielfach über die Landesgrenzen und zweitens erschweren unterschiedliche wirtschaftspolitische Ausrich- tungen, und Schwerpunktsetzungen vielfach ein länder- übergreifendes Handeln. Die genannten Punkte lassen erahnen, dass Clusterförderung auch für die Zukunft ein dynamisches Politikfeld Ostdeutschlands bleiben wird.

7.5 Chancen der Digitalisierung und Industrie 4.0

In der industriellen Fertigung spielen die Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung von Komponenten eine im mer wichtigere Rolle. Es ist davon auszugehen, dass sie auch künftig entscheidende industrielle Innovations treiber

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12 7. ANSÄTZE ZUR STÄRKUNG DER INDUSTRIELLEN ENTWICKLUNG

sein werden. Seit geraumer Zeit steht der Begriff Industrie 4.0 für die zunehmende Verzahnung der industriellen Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstech- nik (IKT). Die Basis von Industrie 4.0 ist dabei die „intelli- gente Fabrik“: In ihr interagieren vernetzte Einheiten wie Produktionsroboter, Transportbehälter oder Fahrzeuge über digitale Schnittstellen eigenständig miteinander. So vereinigen sich die Vorteile der Massenproduktion mit den Ansprüchen der Einzelfertigung.

Für den Standort Ostdeutschland liegen in der Digitalisie- rung der industriellen Fertigung große Chancen für die Wertschöpfung und damit für wirtschaftliche Entwicklung insgesamt. Voraussetzung ist, dass es der ostdeutschen Industrie gelingt, die mit der Digitalisierung verbundenen Chancen und Entwicklungspotenziale zu nutzen und zu gestalten. Wissenschaftliche Untersuchungen und Erfah- rungen aus Unternehmen und Netzwerken deuten aller- dings darauf hin, dass die Digitalisierung bzw. Umsetzung von Industrie 4.0 in der ostdeutschen Industrie derzeit noch am Anfang steht und folglich von einer flächende- ckenden Verbreitung weit entfernt ist.

Die Voraussetzungen für die ostdeutsche Industrie, den

„digitalen Wandel“ zu gestalten, sind grundsätzlich gut: sie verfügt über Erfahrungen in der Umsetzung kundenspezi- fischer Lösungen, ist oftmals auf Einzel- und Kleinserien- fertigung ausgerichtet und zeichnet sich durch ein hohes Maß an Flexibilität aus. Darüber hinaus weisen in den neuen Ländern die Standorte Berlin und Dresden („Silicon Saxony“) besonderes IKT-Potenzial auf, von denen Impulse

für die weitere Digitalisierung der Industrie ausgehen kön- nen. Während sich Berlin zu einem Zentrum der IT-Soft- warebranche mit einer hochinnovativen Start-up-Szene entwickelt, ist der Großraum Dresden ein weltweit aner- kannter Produktions- und Entwicklungsstandort der Halb- leiterindustrie.

Um die Potenziale der Digitalisierung der Industrie zu er - schließen, wurde die Plattform Industrie 4.0 gemeinsam von Wirtschaft, Wissenschaft, Gewerkschaften und Politik neu gegründet. Anspruch der Plattform ist es, Lösungsmög- lichkeiten für Anwendungen in der Industrie 4.0 zu ent- wickeln, Handlungsempfehlungen zu erarbeiten und Industrie 4.0 greifbarer zu machen, insbesondere für den Mittelstand. Auf dem IT-Gipfel im November 2015 werden rund 250 Anwendungsbeispiele für die erfolgreiche Um - setzung von Industrie 4.0 in Unternehmen präsentiert.

Darüber hinaus werden mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe für die Chancen und Herausforde- rungen der Digitalisierung und Vernetzung durch die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie initiierte Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“ sensibilisiert und praxisnah informiert.

Digitalisierung zum Anfassen werden die zunächst fünf

„Mittelstand 4.0 – Kompetenzzentren“ und ein Zentrum für das Handwerk bieten. Unternehmen werden hier konkrete Anschauungs- und Erprobungsmöglichkeiten von Industrie 4.0-Anwendungen haben.

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