Research Collection
Working Paper
Zur plastischen Berechnung von Stahlbeton
Author(s):
Marti, Peter Publication Date:
1980
Permanent Link:
https://doi.org/10.3929/ethz-a-000217710
Rights / License:
In Copyright - Non-Commercial Use Permitted
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ETH Library
von Stahlbeton
Peter Marti
Oktober 1980 Bericht Nr. 104
Birkhauser
Verlag
Basel ¦ BostonStuttgart
Institut für Baustatik und Konstruktion ETH ZürichCIP-KurztitelaufnahmederDeutschen Bibliothek
Marti,
Peter:Zur
plastischen Berechnung
vonStahlbeton/vonPeterMarti.
-Basel, Boston, Stuttgart: Birkhauser,
1980.(Bericht/Institut
fürBaustatikund KonstruktionETH-Zürich;
Nr.104)
ISBN 3-7643-1235-1
Nachdruck verboten.
Alle
Rechte,
insbesonderedas derÜbersetzung
in fremdeSprachen
und derReproduktion
aufphotostatischem Wege
oderdurchMikrofilm,
vorbehalten.©Birkhauser
Verlag Basel,
1980 ISBN 3-7643-1235-1von
Dr.sc.
techn.
Peter MartiInstitut
fürBaustatik und Konstruktion Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
Zürich
Oktober
1980Seit
zwanzig
Jahren sind wir am Institut für Baustatik und Konstruktionbestrebt,
Be¬rechnung
undBemessung
von Stahlbeton- undSpannbeton-Tragwerken
auf eine einheitliche theoretischeGrundlage
abzustützen. Unsereexperimentellen
und auch theoretischen For¬schungsarbeiten
habengezeigt,
dass die Plastizitätstheorie für dieBerechnung
des Grenz¬zustandes der statischen
Tragfähigkeit
beisorgfältiger Anwendung
sehr brauchbare Resul¬tate liefert.
Im
vorliegenden
als Promotionsarbeit verfassten Bericht hat Herr Marti eineSynthese
so¬wohl aus unseren
eigenen
als auch andereneinschlägigen Untersuchungen
gezogen. Zuerstpräsentiert
er dieGrundlagen
der Plastizitätstheorie imallgemeinen
und diespeziellen Fliessbedingungen
undFliessgesetze
für den Stahlbeton. Dannzeigt
er diekonsequente,
einheitliche
Anwendung
auf die verschiedenenTragelemente
wie Balken, Scheiben und Plat¬ten unter einfachen und kombinierten
Beanspruchungsfällen.
Mit dieser Arbeit hoffen
wir,
eine solideGrundlage
zurAusarbeitung
von einheitlichenaus der Plastizitätstheorie
begründeten Bemessungsverfahren geschaffen
zu haben.Zürich,
Oktober 1980 Prof. Dr. Bruno ThürlimannSeite
I. EINLEITUNG 1
1. Zur
Bemessung
vonTragwerken
12. Uebersicht 4
II. THEORETISCHE GRUNDLAGEN 6
3.
Allgemeines
63.1 Plastische
Verformung
63.2 Theorie des
plastischen
Potentials 83.3
Spezielle Fliessbedingungen
144.
Elastisch-plastisches
undstarr-plastisches
Verhalten 304.1
Elastisch-plastische Systeme
304.2
Starr-plastische Systeme
374.3
Verallgemeinerte
Grössen 395.
Traglastverfahren
465.1 Definitionen 46
5.2 Grenzwertsätze 47
5.3 Statische und kinematische Methode 49
5.4
Unstetige
Felder 525.5 Material mit nicht
zugeordnetem Fliessgesetz
61III. ANWENDUNGEN AUF STAHLBETON 64
6. Annahmen 64
B.1 Uebersicht 64
6.2 Beton 65
6.3
Bewehrung
und Verbund 737. Ebene und
achsialsymmetrische
Probleme 767.1
Fliessbedingung
im ebenenSpannungszustand
767.2 Ebener
Spannungszustand
und ebener Fliesszustand 837.3
Achsialsymmetrischer
Fliesszustand 938. Scheiben und aus Scheiben
zusammengesetzte
Bauteile 96B.1 Zur
Entwicklung
von Fachwerkmodellen 966.2
Träger
und Scheiben mitRechteckquerschnitt
100B.3 Aus Scheiben
zusammengesetzte
Bauteile 123B.4
Fugen
1279. Platten 132
9.1
Fliessbedingungen
für Plattenelemente 1329.2
Drillung
in Platten und Torsion vonTrägern
1479.3 Plattenränder und Plattenecken 154
9.4 Durchstanzen 162
IV. ZUSAMMENFASSUNG 167
SUMMARY 169
RESUME 170
LITERATURVERZEICHNIS 172
Nureine genaue Kenntnis der
Baustoffe
und ihres Zusammenwirkens in den einzelnenBaugliedern
bis zum Bruchbefähigt
denEisenbetoningenieur,
diegebräuchlichen Rechnungsarten
demEinzelfall richtig
anzu¬passen, und
auf eigene Verantwortung
schwie¬rige
Eisenbetonbauten zuentwerfen
und aus¬zuführen,
welche in allen Teilen die er¬forderliche
Sicherheitbieten,
ohne unwirt¬schaftlich
zu sein.EMIL MOERSCH (1920)
1. ZUR BEMESSUNG VON TRAGWERKEN
Die Gesamtheit der
Bauteile,
welche dieKraftübertragung
in Bauwerkengewährleisten,
dieTragwerke,
müssen bei angemessenem Aufwand an Mitteln ausreichendtragfähig ausgebildet
werden, damit in keinem Fall durch einVersagen
Schäden an Personen oderübermässige
Schäden an Sachen entstehen und
genügend
steif und dauerhaft, damit dievorgesehene
Nutzung
des Bauwerks nicht durchübergrosse Verformungen, Schwingungen
oder örtliche Schä¬den
beeinträchtigt
wird.Durch
geeignete
Massnahmen beimEntwurf,
bei derProjektierung
und bei derErstellung
vonTragwerken
versucht derIngenieur sicherzustellen,
dass diese Ziele erreicht werden. Stetsgeht
es darum, im Rahmen derZielsetzung
unterBerücksichtigung
aller bedeutsamen Be¬dingungen
verschiedeneLösungsmöglichkeiten
zuerkennen,
sie zu beurteilen und darauf aufbauend die dieTragwerke
bestimmenden Grössenfestzulegen.
Der verantwortlicheInge¬
nieur versucht ferner vorausschauend bei der
Realisierung mögliche Abweichungen
vom Planzu
erkennen,
bereitetentsprechende
Kontrollen undgegebenenfalls notwendige
Korrektur-massnahmen vor und
sorgt
für derenDurchsetzung.
Mit zunehmender
Konkretisierung
vom ersten Entwurf bis zumendgültigen Projekt
nimmt die Freiheit bei dem immer sich wiederholenden Ablauf des Vorbereitens und Fällens von Ent¬scheiden
ständig
ab. Vor allem in den frühen Phasen derProjektierung geht
es darum zugewährleisten,
dass zumindest dieunabdingbaren Forderungen
erfüllt werdenkönnen,
die anTragwerke gestellt werden,
nämlichdiejenigen
nach der Sicherheit gegenVersagen.
Zu diesem Zweck braucht derIngenieur geeignete
Methoden.Zuerst muss sich der
Ingenieur
also um dieSicherstellung
derTragfähigkeit
bemühen. Er fällt die für dieBemessung
derTragwerke notwendigen
Entscheideaufgrund
einerGegen¬
überstellung
von Modellen fürEinwirkungen
einerseits und solchen für Widerstände anderer¬seits. Bei der Wahl dieser Modelle richtet er sich nach deren Zweck und nach dem im Rah¬
men der
Gesamtaufgabe
erforderlichen Mass anUebereinstimmung
mit der Wirklichkeit. Eine umfassendeVoraussage
des Verhaltens unter allen nur denkbarenEinwirkungen
über die ge¬samte Lebensdauer des
Tragwerks
istunmöglich
und kann nicht Ziel der Arbeit desInge¬
nieurs sein.
Die
Ingenieur
istbestrebt,
durchgeschickte Abgrenzung
undIdealisierung
derTragwerke
zu
Tragsystemen
seineProblemstellung
inmöglichst einfache,
aberaussagekräftige
Auf¬gaben
der Baustatik überzuführen. Damitverknüpft
erEinwirkungs-
und Widerstandsmodelle.Er
interpretiert
dieLösungen
dieserAufgaben,
indem er sie mit seinerErfahrung
und mitseinem Wissen über das in Fällen ähnlicher
Ausführung
und in Versuchen beobachteteTrag-
und Bruchverhalten inZusammenhang bringt. Aufgrund
dieserUeberlegungen
modifiziert ergegebenenfalls
seine ersten Annahmen und wiederholt dasVorgehen.
interessiert sich der
Ingenieur
für diehauptsächlichen Aspekte
davon. Ihmgenügen
mei¬stens Antworten auf
Teilfragen.
Für die numerischeLösung
im Einzelfall verwendet er sei¬nen Bedürfnissen
angepasste
Verfahren.Die
Lösung
basiert auf dreiGruppen
vonBeziehungen.
Die ersteGruppe
betrifft nur stati¬sche Grössen und umfasst die
Gleichgewichtsbedingungen
und die statischenRandbedingungen.
Die zweite
Gruppe
betrifft rein kinematische Grössen. Sie umfasst die kinematischen Be¬ziehungen
undRandbedingungen.
DieVerbindung
zwischen statischen und kinematischen Grös¬sen wird durch die dritte
Gruppe
vonBeziehungen hergestellt,
dieStoffgleichungen.
Die nur die statischen oder die kinematischen Grössen betreffenden
Beziehungen
sind all¬gemein gültig.
Unterschiedliche Annahmen über das Materialverhalten führendagegen
zu ver¬schiedenen
Stoffgleichungen. Hauptsächlich
dadurch unterscheiden sich verschiedene Theo¬rien. Weitere Unterschiede
ergeben
sich aus der Art und demUmfang
der bei der Ideali¬sierung
desTragwerks
zusätzlicheingeführten
oder allenfallsgelösten
bestehenden Bin¬dungen
und aus der Art derBehandlung
von sekundärenEffekten,
ihrerBerücksichtigung
oderVernachlässigung.
Für die
Bemessung
vonTragwerken
stützen sich dieIngenieure
bis heutevorwiegend
aufdie Theorie elastischer
Körper.
Meistens wird mit der Annahme vonIsotropie
und linearer Elastizität das denkbar einfachste elastische Verhaltenvorausgesetzt.
Bisher weitweniger
verbreitet ist dieAnwendung
der Plastizitätstheorie. Immerhin werden in zunehmendem Masselastisch-plastische
undstarr-plastische
Modelle verwendet. Fürspezielle
Problemeschliesslich,
bei denen dieZeitabhängigkeit
des Materialverhaltens vonBedeutung ist,
werden viskoelastische undviskoplastische
Modelle benutzt.Angesichts
der raschenEntwicklung
elektronischer Rechenmaschinen und der damit verbun¬denen, enorm
gesteigerten Anwendungsmöglichkeiten
erscheint eswahrscheinlich,
dass in naher Zukunft vermehrt nichtlinear elastische undelastisch-plastische
Modelle verwendet werden. Damit wirdgegenüber
linear elastischen Modellen eine realistischereBeurteilung
des
Tragverhaltens ermöglicht,
und es dürften sich in manchen Fällen ins Gewicht fallendeEinsparungen
erzielen lassen. Trotz der leichterenVerfügbarkeit
dieser Hilfsmittel bleibt zubedenken,
dass sie nur für einen - bisher sehr zeitraubenden - Teil der Arbeit desIngenieurs
wertvolle Dienste leisten. SinnvolleEinsatzmöglichkeiten ergeben
sichvor allem in den mittleren Phasen der
Projektierung,
alsergänzende
Kontrollen und alsGrundlage
für die definitiveFixierung
der im Entwurf und in den frühen Phasen der Pro¬jektierung
bereits innerhalb bestimmter Schrankenfestgelegten Bemessungsgrössen.
Für dieanfänglichen,
hinsichtlich derSicherstellung
derTragfähigkeit
äusserstwichtigen
Entscheide stützt sich derIngenieur zweckmässigerweise vorwiegend
auf einfache Ab¬schätzungen,
indem er versucht, sein Problem im Sinne einerEingabelung
von mehrerenSeiten unter der Annahme unterschiedlicher
Voraussetzungen
in den Griff zu bekommen. Da¬für und für eine
vernünftige Interpretation
derErgebnisse umfangreicher Berechnungen
kann eine vermehrte
Orientierung
an der Plastizitätstheorie äusserst nützlich sein.Die Plastizitätstheorie befasst sich mit dem Phänomen des
Fliessens,
einer charakteristi¬schen
Eigenschaft
vieler Materialien. Auf derGrundlage
vonwenigen,
einheitlichen Prin¬zipien gestattet
sie dieBerechnung
vonTraglasten
vonSystemen
und damit die Beurtei¬lung
des Widerstandes vonTragwerken,
bzw. der Gefahr ihresVersagens.
Einfache undleistungsfähige
Verfahren stehen zurVerfügung,
welche dem Denken und den Bedürfnissen des durch theoretisches Wissen undpraktische Erfahrung gleichermassen geschulten Inge¬
nieurs nahe
liegen.
Der wesentliche Unterschiedgegenüber Berechnungen
an elastischenSystemen liegt
in der Erkenntnis, dass beiEinbezug
des Fliessens für eine bestimmte Be¬lastungsintensität
ausser demeinzigen,
elastischverträglichen Spannungszustand
weitereFür Probleme des
Erdbaus,
etwaFragen
nach der Standsicherheit von Stützmauern undBöschungen
oder solche nach derTragfähigkeit
vonFundamenten,
wurden seit zweihundert Jahren vonBauingenieuren
Methoden entwickelt und verwendet, derenvollständige
theoreti¬sche
Begründung
erst mit derFormulierung
der Grenzwertsätze der Plastizitätstheorie vor runddreissig
Jahrenermöglicht
wurde. Eine ähnlicheEntwicklung
ist im Stahlbetonbau festzustellen. Seit rundachtzig
Jahren wird der Widerstand von schub- und torsionsbean-spruchten Trägern
mit Hilfe von Fachwerkmodellen untersucht. Etwasjünger
ist die Fliess-gelenklinientheorie,
die zurBeurteilung
derTragfähigkeit
von Plattenangewendet
wird.In
jüngster
Zeit wurden dieursprünglichen Fachwerkmodellvorstellungen
unterZugrunde¬
legung
der Plastizitätstheorie weiterentwickelt undverallgemeinert.
Ebenso wurde dieFliessgelenklinientheorie
theoretischuntermauert, ergänzt
undsystematisch
zu einer Plastizitätstheorie derStahlbetonplatten
erweitert. Trotz diesenEntwicklungen
wird derBemessung
im Stahlbetonbau erst vereinzelt eineinheitliches,
auf der Plastizitätstheorie basierendesVorgehen zugrunde gelegt.
Seltengeht
dieAnwendung
der Plastizitätstheorie über den heute üblichenTragfähigkeitsnachweis
fürStabtragwerke hinaus,
bei dem die meist mit einer elastischenBerechnung
ermitteltenBeanspruchungen
den Bruchwiderständengegenübergestellt
werden, die sich ausBetrachtungen
amStabquerschnitt ergeben.
Mit einer meist
verhältnismässig
fein verteiltenBewehrung
des Betons mitStahlstäben,
welche mit diesem in Verbundstehen,
wird im Stahlbetonbau eingünstiges
Zusammenwirken zweier Materialienangestrebt,
die sich einzeln recht unterschiedlich verhalten. Auf¬grund
der einfachenFeststellung,
dass Beton schon untergeringen Zugbeanspruchungen reisst,
wird seit den erstenAnwendungen versucht,
durch einegeschickte Bemessung
dieAusbildung
vonTragsystemen
zuermöglichen,
in denen der Beton im wesentlichen nur Druck- und dieBewehrung vorwiegend Zugkräfte
zuübertragen
hat. DieErfahrung zeigt,
dass vordem Bruch eine
derartige Kräfteumlagerung
tatsächlicheintritt,
soferngewisse Regeln
beachtet werden, diehauptsächlich
dieVerteilung
und dieVerankerung
derBewehrung
be¬treffen. Diese
Feststellung
trifft vor allem aufverhältnismässig
schwachbewehrte,
d.h.duktile Bauteile zu. Ihr Bruchwiderstand wird
weitgehend
durch das Fliessen derBewehrung
bestimmt. Bisher blieb dieAnwendung
der Plastizitätstheorievorwiegend
auf solche Fälle beschränkt.Gegen
eine umfassendereAnwendung
werdenhauptsächlich
Einwände hinsichtlich des Verhaltens des Betonsvorgebracht.
Ausser dem Hinweis auf seine beschränkte Verfor¬mungsfähigkeit
und auf die zumBeispiel
imeinachsigen
Druckversuch mit zunehmendem Stauchen zu beobachtendeEntfestigung
wird namentlich dieFrage gestellt,
ob der im Rah¬men der Plastizitätstheorie mit dem
Fliessgesetz ausgedrückte Zusammenhang
zwischen stati¬schen und kinematischen Grössen das tatsächliche Verhalten angemessen beschreibe. Selbst¬
verständlich sind solche Einwände im Hinblick auf die
praktische Anwendung
nicht leicht¬fertig
aus demWeg
zu räumen. Nuraufgrund
einersorgfältigen Interpretation
von Ver¬suchsresultaten kann über ihre
Berechtigung
entschieden werden. Glücklicherweisezeigt
es sich aber immer deutlicher, dass die einfachen Methoden der Plastizitätstheorie unter
Beachtung gewisser
Vorsichtsmassnahmen vonIngenieuren
mitErfolg
zurLösung
einer sehr vielgrösseren
Klasse von Problemenherangezogen
werden können, als bisher in derRegel
angenommen wurde. Diegegenwärtige Entwicklung
im Stahlbetonbau hat zusätzlich eine be¬fruchtende
Wirkung
für dieBemessung
vonTragwerken
aus Stahl oderHolz,
wie auch für dieBehandlung
verwandter Probleme desErd-,
Fels- und Mauerwerkbaus.Nach einer
knappen Darstellung
der theoretischenGrundlagen
in Teil II wird in Teil IIIdie Theorie
starr-plastischer Körper
auf Bauteile aus Stahlbetonangewendet.
Beiläufig ergeben
sich in Teil IIeinige Präzisierungen
undErgänzungen
bekannterErgeb¬
nisse der Plastizitätstheorie. Namentlich wird
diskutiert,
unter welchenVoraussetzungen
sich einebeliebige Fliessbedingung
fürisotropes
Material im ebenen Fliesszustand auf eineBedingung
vomTyp
der Mohrschen Hüllkurve zurückführen lässt. Ferner wird eine ein¬fache Form des Beweises dafür
angegeben,
dass die Theorie desplastischen
Potentialsauch für die
Darstellung
inverallgemeinerten
Lasten undVerschiebungen
anwendbarist,
wenn sie für alle Elemente des betrachteten
Körpers
alsrichtig vorausgesetzt
wird.Schliesslich werden der
Begriff
derVerträglichkeit
für räumlichunstetige
Felder undkompressible isotrope
Materialienverallgemeinert
und dieBeziehungen
erörtert, welche zwischen demSpannungsfeld
undUnstetigkeiten
desVerschiebungsfeldes
undumgekehrt
be¬stehen.
Im Unterschied zu den meisten bekannten
plastizitätstheoretischen Arbeiten,
die sich mit Stahlbeton befassen,geht
dievorliegende
Arbeit in Teil IIIkonsequent
von der Beschrei¬bung
des Verhaltens des Betons aus. Esgelingt
damit, bekannteErgebnisse
in verschiede¬ner Hinsicht zu
ergänzen
und zuverallgemeinern.
Eszeigt sich,
dass die Plastizitäts¬theorie nicht nur zur
Berechnung
derTraglast
vonverhältnismässig
schwach bewehrten Bau¬teilen
angewendet
werden kann, die im Versuch ein sog. "unterarmiertes" Verhalten auf¬weisen, also ein
ausgeprägtes
Fliessen derBewehrung
vor demVersagen
des Betons.Erfolg¬
reiche
Anwendungsmöglichkeiten ergeben
sich auch für die in der Praxis oft kaum zu um¬gehenden
"überarmierten" Fälle, bei denen der Widerstand des Betons vonausschlaggebender Bedeutung
ist.Die
Frage
nach einermöglichst
einfachen, aber trotzdem ausreichendallgemeinen
und aus¬sagekräftigen Fliessbedingung
für Beton wirdeingehend
erörtert. Die Annahmen über das Verhalten derBewehrung
und über den Verbund zwischen Beton undBewehrung folgen
dem üb¬lichen
Vorgehen.
Probleme des ebenen
Spannungszustandes
sowie Probleme ebener undachsialsymmetrischer
Fliesszustände in Elementen aus Stahlbeton werdenallgemein
diskutiert. Die zur Beschrei¬bung
derSpannungs-
undVerformungszustände nötigen Beziehungen
werden entwickelt. DieWirkung
einer fliessendenBewehrung
wird als statischeRandbedingung
an den Rändern der betrachteten -gegebenenfalls geeignet
unterteilten -Betonkörper eingeführt.
Die Wir¬kung
einer nichtfliessendenBewehrung
wird als Kraftfeld im Innern des Betons erfasst.Die erhaltenen
Beziehungen
werden zunächst aufscheibenartige
und aus Scheiben zusammen¬gesetzte
Bauteileangewendet.
DasSchwergewicht liegt
bei derEntwicklung vollständiger Lösungen
und vonLösungen
nach der statischen Methode. Für diepraktische Bemessung
vonaus einzelnen Scheiben
zusammengesetzten Trägern
unter kombinierterBeanspruchung
wirdeine einfache Methode
angegeben.
Das Problem derTragfähigkeit
vonFugen
wird diskutiert.Dann wird der Widerstand von Plattenelementen
untersucht,
die durch kombiniert wirkendeBiegemomente
und Membrankräftebeansprucht
werden.Entsprechende Fliessbedingungen
wer¬den entwickelt. Aus der
Untersuchung
derBeanspruchung
vonStahlbetonplatten
durch reineDrillung ergeben
sich neueErgebnisse
fürTräger
mitRechteckquerschnitt
unter Torsions¬beanspruchung.
Fernerermöglichen
dieseUeberlegungen
dieKlärung einiger Aspekte
derTragwirkung
bei Plattenrändern und Plattenecken. Schliesslich wird das Problem des achsial-symmetrischen
Durchstanzens von Platten nach der statischen und nach der kinematischen Methode untersucht.Zweck werden die theoretischen
Grundlagen
für die besondereAnwendung
auf Stahlbeton an¬gepasst
undverhältnismässig eingehend dargestellt.
Aus den darauf aufbauenden Ueber¬legungen ergeben
sich zum Teilneuartige Folgerungen
für die konstruktiveAusbildung.
Hauptsächlich
wird aber eineNeubeurteilung
vielerRegeln möglich, die-gute
Konstrukteure schon bisher beachteten, sei esaufgrund
ihrerErfahrung
oder ihrer Intuition.Schliesslich sei noch vermerkt, dass an verschiedenen Stellen, an denen dies besonders
angezeigt schien,
zurErgänzung
undAbrundung geschichtliche
Hinweisegegeben
werden.Eine
zusammenhängende Darstellung
der im Rahmen derProblemstellung
relevanten Entwick¬lungsschritte liegt
indessen ausserhalb derZielsetzung
dieser Arbeit.... Der
Ingenieur
muss sich darum nach ein¬facheren Gleichungs8ystemen umsehen,
welche nurdiejenigen Eigenschaften darstellen,
diefür
seinjeweiliges
Problem wesentlich sind. Jedes solchesGleichungssystem definiert
einen ge¬wissen
Idealstoff,
und es muss der Einsicht desIngenieurs
überlassenbleiben,
welchen Ideal¬stoff
ev am besten derLösung
seinerAufgabe zugrunde legt.
WILLIAM PRAGER (1955)
3. ALLGEMEINES
3.1 Plastische
Verformung
In diesem Abschnitt werden übliche Modelle
erörtert,
die für dieBeschreibung
des mecha¬nischen Verhaltens von Materialien
allgemein
verwendet werden. Dafür ist eszweckmässig,
vom
einachsigen Spannungszustand auszugehen,
z.B. von derBeschreibung
des in einfachenZugversuchen
an Stäben beobachteten Verhaltens. In Bild 3.1 sindtypische,
durch Zusammen¬fassung
undIdealisierung
solcherBeobachtungen
gewonneneSpannungs-Dehnungs-Diagramme dargestellt.
O-,, ff,
fff- t i n
0/
/ /
lc ^'\ 'h "j
E
€
(al (b) (c)
Bild 3.1
:Spannungs-Dehnungs-Diagramme
Die mit Bild 3.1
(a)
charakterisierte elastischeVerformung
ist durch eineeineindeutige Beziehung
zwischenSpannungen
undDehnungen gekennzeichnet.
Nach derEntlastung
ver¬bleiben keine
Verformungen,
und es treten somit keineEnergieverluste
auf.Mit Bild 3.1 (b) wird die
plastische Verformung
charakterisiert. Diedargestellte Span¬
nungs-Dehnungs-Beziehung
ist nicht umkehrbar. NachEntlastung
aus Bbeziehungsweise
Aergeben
sich die durch die Abszissen der Punkte Cbeziehungsweise
D bestimmten bleiben¬den
Verformungen.
ImGegensatz
zur elastischenVerformung
wird mit derEntlastung
nurein Teil der für den
Deformationsprozess eingesetzten Energie zurückgewonnen.
Der Restwird
dissipiert,
in Wärmeübergeführt.
Bild 3.1
[c)
charakterisiert einelastisch-plastisches
Material mitVerfestigung. Entlang
OA ist das Verhalten linear elastisch. Es wird beschrieben durch den Elastizitätsmodul E = tanot. Nach Ueberschreiten der initialenFliessgrenze
o.beginnt
die mit dem Ver-.festigungsmodul
E = tanß beschriebene, lineareVerfestigung.
Nach einer rein elastischenauf Druck. Dabei wird die Gerade DE als
parallel
zu AB angenommen.Vereinfachungen
er¬geben
sich in zwei Fällen: Verschwindet dieVerfestigung,
ß ¦+ 0, sospricht
man von einem idealplastischen
Verhalten. Lässt man andererseits denElastizitätsmodul
E unendlich grosswerden,
a ¦*tt/2,
so vollzieht man denUebergang
zumstarr-plastischen
Verhalten.Für ein Raumelement eines
beliebigen Körpers
ist derSpannungs-'
undVerformungszustand
durch die
Komponenten
a.. desSpannungstensors
und dieKomponenten
e.. desVerzerrungs¬
tensors
gegeben.
DieseKomponenten
vonsymmetrischen
Tensoren können alsKomponenten
von Vektoren 0 und£
in einem sechsdimensionalen euklidischen Raumaufgefasst
werden. Die mit demVerzerrungsinkrement
de..verbundene,
auf die Raumeinheitbezogene,
elementare De¬formationsarbeit ist
gegeben
durch dasSkalarprodukt
dA = —o-de— » a.. de. = a «de + ... + t
-dy
+ ... . (3.1)ij ij x x xy 'xy l '
Die anhand von Bild 3.1
tc)
beschriebeneAufteilung
in elastische undplastische
Ver¬formungsanteile
wird mit derBeziehung
£ij
"eij
+eij (3-2>
verallgemeinert.
Als elastisch bezeichnet mandiejenigen
Anteile e.. desVerzerrungszu¬
standes e.., welche sich bei der
Entlastung zurückbilden,
und alsplastisch
die ver¬bleibenden Anteile e'T.. Damit kann der Ausdruck
(3.1)
als SummedÄ
- o..de-.
?0lJ dEP. (3.3)
des Zuwachses a.. de., der elastischen
Verzerrungsenergie
und der elementarenDissipa¬
tionsarbeit a..
deP. dargestellt
werden.Bei grossen
Verzerrungen
können sich mit derAufteilung (3.2) gewisse Schwierigkeiten ergeben,
die mit dem Auftreten dessogenannten Bauschingereffektes zusammenhängen.
Sowäre z.B. für Punkt F in Bild 3.1
(c)
diegedachte,
rein elastischeEntlastung
FGH zubetrachten,
nicht die wirkliche FGI. Die bei derEntlastung
aus F wieder frei werdende elastischeVerzerrungsenergie
wird durch das Dreieck FJHdargestellt.
DieEntlastung
ent¬lang
Gl kann alsplastisches
"Rückwärtsfliessen" bezeichnetwerden,
bei dem der dem In¬halt des Dreiecks GHI
entsprechende,
bei dervorhergehenden Belastung
OABFdissipierte Energiebetrag
in mechanischeEnergie
zurückverwandelt wird. DieForderung,
wonach der Zuwachs o.. de.. derDissipationsarbeit
nichtnegativ
seinsollte,
wird bei diesem Vor¬gang verletzt. Wird diese
Forderung aufrechterhalten,
wofür ZIEGLER (1970 a)thermodyna-
mischeUeberlegungen anführte,
so ist dieGültigkeit
desDiagramms
Bild 3.1(c)
auf den Bereich links von der Parallelen zu OA durch den Punkt I einzuschränken. Unter der imfolgenden
immervorausgesetzten
Annahme kleiner Deformationen entfallen solche Probleme.In der
Regel
wird das nichtelastische Materialverhalten nicht allein durchplastische,
d.h.zeitunabhängige
Effekte bestimmt. Vielfach sind viskose Effekte vonBedeutung.
Das Materialverhalten wird dann imallgemeinen
durchStoffgleichungen
fCaij' hiy 5ij eij' 'ij- hi T<t]
" ° [3-4)beschrieben,
welche dieSpannungen
undVerzerrungen
samt ihren zeitlichenAbleitungen ö.
., e.. sowie dieTemperatur
T und die Zeit t miteinanderverknüpfen.
Es sei nur neben-ij iJ
bei
erwähnt,
dass die in denTensorgleichungen (3.4)
auftretendenMaterialparameter
selbst Tensoren bilden. Nur so können die für
beliebige
Koordinatentransformationen ge¬forderten
Invarianzeigenschaften
derStoffgleichungen
erhalten bleiben. Fürisotropes
Im Rahmen der
vorliegenden
Arbeit wird dieBehandlung
viskoser Effekte ausdrücklich aus¬geschlossen.
In derFolge
ist also nur noch von elastischem undplastischem
Verhalten die Rede. Abschliessend sei nochbemerkt,
dass die hierdargestellte
kontinuumsmechanischeBetrachtungsweise
eine reinphänomenologische
ist. Es wird insbesondere nicht untersucht, worauf die bleibendenVerformungen
zurückzuführen sind.3.2 Theorie des
plastischen
PotentialsIm
folgenden
wird die als Theorie desplastischen
Potentials bekannteVerknüpfung
vonFliessbedingung
undFliessgesetz dargestellt.
Diese Theorie wurde von R. v. MISES(192B)
erstmalspostuliert
und von PRAGER(1955) verallgemeinert.
Wie dieursprüngliche
v. Mises- scheFassung
bleibt diefolgende Darstellung
zunächst auf denSpannungszustand
a.. und denVerzerrungszustand
e.. an einem Raumelement beschränkt. DiePragersche Verallgemeine¬
rung wird in Abschnitt 4.3 erörtert.
Gemäss Abschnitt 3.1 können
beliebige Spannungszustände
a. . durch Vektoren abeziehungs¬
weise ihre
Endpunkte
in einem sechsdimensionalen euklidischen Raumdargestellt
werden.Von einem bestimmten betrachteten
Spannungszustand ausgehend
könnengewisse
andere ohneplastische Verformung,
d.h. rein elastisch erreicht werden. Diese werden alsaplastische Spannungszustände
bezeichnet. Die Gesamtheit deraplastischen Spannungszustände
bildetden
aplastischen
Bereich. Die Grenzfläche desaplastischen
Bereichs ist dieFliessfläche.
Diese ist eine fünfdimensionale
Hyperfläche
imSpannungsraum,
von derpostuliert wird,
dass sie konvex sei. Somitliegt
dieVerbindungsstrecke
derBildpunkte
zweierbeliebiger aplastischer Spannungszustände
imaplastischen
Bereich. Die Fliessfläche sei durch dieGleichung
*(o1
.] = 0(3.5)
bestimmt,
diesogenannte Fliessbedingung.
Das Vorzeichen der alsstetig
differenzierbarvorausgesetzten
Funktion $ sei sofestgelegt,
dass imaplastischen
Bereichnegative
Werte angenommenwerden,
wie dies in Bild 3.2(a) angedeutet
ist.Bei einem ideal
plastischen
Material ist deraplastische
Bereich vomVerformungsprozess unabhängig.
Die Fliessfläche ist durch eine feste Funktion $ bestimmt. Bei einem Material mitVerfestigung
variierendagegen
imallgemeinen
sowohl dieLage
desaplastischen
Be¬reichs im
Spannungsraum
als auch seine Form undAusdehnung.
Mindestens zuBeginn
des Ver¬formungsprozesses
enthält deraplastische
Bereichjedoch
auch in diesem Fall den span¬nungslosen
Zustand o = 0, d.h. denUrsprung
0 desKoordinatensystems
in Bild 3.2(a).
Die
folgenden Darlegungen
beschränken sich zunächst auf das idealplastische
Verhalten.Auf das Verhalten
plastischer
Materialien mitVerfestigung
wird am Ende dieses Abschnit¬tes
hingewiesen.
Während für alle
aplastischen Spannungszustände
innerhalb der Fliessfläche keineplasti¬
schen
Verformungen auftreten,
können sich fürSpannungspunkte
auf der Fliessflächeplastische Verzerrungsinkremente
de7.ergeben.
Für denSpannungspunkt
P in Bild 3.2(a)
iJ
führen alle
Spannungsinkremente
do.., welche in der zur Fliessfläche 4=0tangentialen Hyperebene
Eliegen,
nicht zu einer elastischenEntlastung.
Solche sog, neutraleSpan¬
nungsinkremente
erfüllen dieGleichung
3$
3°ij
d$ = 4?—
doi.
=grad
$»da = 0 .(3.6)
(a)
dj>=0
dA
=konst.
(b)
3>=o
d A=
konst.
Bild 3.2
:Fliessbedingung und zugeordnetes Fliessgesetz
Verlangt
man nun, dass neutraleSpannungsinkremente
da., an denzugehörigen plastischen Verzerrungsinkrementen de?.
keine Arbeitleisten,
d.h., dasSkalarprodukt
der Vektorenp J
da und der verschwindet, *
da. .
de?.
=da-deM
= 0so
folgt
aus demVergleich
mit(3.6)
dasFliessgesetz
(3.7)
deU
J5*
'Za..
[für $(0^)
=0]
,(3.8)
wobei X einen skalaren Faktor bezeichnet.
Spannungs-
undVerzerrungszustände,
welche dasFliessgesetz
(3.8) und dieBedingung
öeh
- 0[für
$(a..) <0]
(3.9)erfüllen,
werden alsverträglich
bezeichnet.Die
Forderung
(3.7) nachOrthogonalität
derplastischen Verzerrungsinkremente bezüglich
der Fliessfläche tritt als zweites Postulat zur
Forderung
der Konvexität desaplastischen
Bereichs hinzu. Ueber dieAngemessenheit
der beiden Postulate muss von Fall zu Fall auf¬grund
vonExperimenten
entschieden werden.Mit dem
Fliessgesetz
(3.8) lässt sich die Fliessfläche $ = 0 als Potentialfläche für dieplastischen Verzerrungsinkremente
deuten. DieBedingung (3.8)
wird deshalb auch als dasder
Fliessbedingung zugeordnete Fliessgesetz
bezeichnet.Die beim
plastischen
Fliessendissipierte
elementareDissipationsarbeit
ist nach (3.3)und
(3.B)
durchdÄ
= X-a..|^—
(3.10)gegeben.
Für die konvexe, denUrsprung
0 enthaltende Fliessfläche ist der Ausdruck 3$°U äoTJ
nicht
negativ.
Der skalare Faktor X ist daher mit dA ebenfalls nichtnegativ,
X^
0.KOITER (1953) erweiterte die Theorie des
plastischen
Potentials auf denFall,
in dem die Fliessfläche durch mehrere Funktionen 0, beschrieben wird. Für denaplastischen
Bereichnehmen alle 0, nicht
positive
Werte an. Für den Fall des Fliessens verschwindet minde¬stens eine Funktion $,k(a. .) aber keine nimmt
positive
Werte an.lJ
Mit Bild 3.2 (b) wird dieser Fall veranschaulicht. Die Grenzfläche des
aplastischen
Be¬reichs ist aus mehreren Teilstücken
zusammengesetzt.
Die einzelnen Teilstücke werden durchreguläre
Punktegebildet,
wie z.B. P.. In derUmgebung
von P. ist die Fliessflächeglatt,
d.h. diepartiellen Ableitungen
¦*3$ sindeindeutig gegeben
und verschwinden nichtdaij
alle
gleichzeitig.
Durch den Schnitt verschiedener Teilstücke entstehenSingularitäten
wie Kanten und Ecken. In der
Umgebung
solcherStellen,
z.B. beiP~,
ist die Fliessfläche nichtglatt.
Um dasFliessgesetz
(3.8) für solche Situationen zuverallgemeinern,
ver¬langt
man z.B. für P_, dass der Vektor desplastischen Verzerrungsinkrementes de_p
in denWinkelraum
zeigt,
der durch die nach aussengerichteten
Normalen auf die inP?
sichschneidenden Teilstücke
gebildet
wird. Für denallgemeinen
Fall lautet dieVerallgemei¬
nerung von
(3.8) entsprechend
3«,
dep.
= X.-r-^-
.(3.11)
ij k 3a.
j
Dabei bezeichnen die X, nicht
negative Faktoren,und
die Summation ist überdiejenigen
Funktionen *. zu erstrecken, welche im betrachteten
Spannungspunkt
a.. verschwinden.Mit der Geraden P_
Pg
enthält die in Bild 3.2 (b)dargestellte
Fliessfläche ausser stark konvexen Teilstücken auch ein schwach konvexes. DieForderung
nach Konvexität desaplasti¬
schen Bereichs wird in der schwachen Form
interpretiert,
dass die Fliessfläche keine kon¬kaven Stellen aufweise. Ausser den durch P, und P_ charakterisierten Fällen einer stark konvexen und
glatten
bzw. nichtglatten
Grenzfläche desaplastischen
Bereichs ist mit P.noch eine dritte Art von Punkten auf der Fliessfläche zu unterscheiden. Für alle drei Fälle
überprüft
man leicht, dass die elementareDissipationsarbeit
eineeindeutige
Funk¬tion des
plastischen Verzerrungsinkrementes ist,
d.h. esgilt
dÄ
=ai, de?.
=dÄtde?.)
. (3.12)Ferner bewirkt eine
Streckung
vonde?.
mit dempositiven
Faktor t eineVergrösserung
von dA um denselben Faktor:dÄ(t«dep.)
= t-o..dep.
=t«dÄ(dep.)
.(3.13)
ij ij U U
Mit
(3.13)
kann dA alshomogene
Funktion vom Grade eins in denplastischen Verzerrungs¬
inkrementen betrachtet werden. Bekanntlich heisst eine Funktion f(r)
homogen
vom Grade n,wenn der Definitionsbereich von f mit
jedem
Vektor r/ 0_
auch den Strahl t#r enthält undf(t'r)
= t*f(r) ist,
für alle Punkte im Definitionsbereich von f undbeliebige positive
t.Nach dem Satz von Euler über
homogene
Funktionen f vom Grade n istr'grad[f(r)]
=n-f(r)
,(3.14)
d.h. für
dÄ,
n =1, de?,
und a. .gilt
mit(3.12)
3[dA(d
P )]dep
—U— =dA(dep
_ ) = adcp
,(3.15)
1J
3(de?.)
1J 1J ajworaus
3[dÄ(de?.)]
aii =
T2— (3-16)
1J
3(dep
)folgt.
Wie sich bei denAnwendungen
im dritten Teil dieser Arbeitzeigt,
ist dasErgeb¬
nis
(3.16)
besonders nützlich imZusammenhang
mit derVerwendung
vonverallgemeinerten Grössen,
wie sie in Abschnitt 4.3eingeführt
werden. Beachtet man, dassgemäss (3.12)
die elementareDissipationsarbeit
dA durch dasSkalarprodukt
zweier Vektoren£
undd£
ge¬geben ist,
so ist anhand von Bild 3.2(a)
eine einfachegeometrische Interpretation mög¬
lich: Alle
Spannungszustände,
welche den durchde_
=X-grad
* charakterisierten Verzer¬rungszustand
hervorrufenkönnen,
sind durch Punkte auf derHyperebene
Egegeben,
deren Abstand ON vomUrsprung
bis auf einen unwesentlichen Faktor dAbeträgt.
DieHyperebenen
Ewerden Stützebenen
genannt.
Die Einhüllende aller Stützebenen bildet die konvexe Fliess¬fläche.
Schliesslich stellt man anhand von
Figur
3.2(a)
nochfolgenden
Sachverhalt fest. Für einvorgegebenes de?.,
den damitverträglichen Spannungszustand
a.. und einenbeliebigen anderen,
nichtverträglichen Spannungszustand
o*. .folgt
wegen Konvexität der Fliess¬fläche die
Beziehung
o*.
de?.
< a. .de?.
,(3.17)
ij ij - ij ij
das
Prinzip
der maximalenDissipationsarbeit,
das auf v. MISES(1928) zurückgeht. Anstatt,
wie dies hier
geschehen ist,
Konvexität der Fliessfläche undOrthogonalität
derplasti¬
schen
Verzerrungsinkremente
zu ihr zupostulieren
und daraus auf dieBedingung (3.17)
zuschliessen,
könnte man auchumgekehrt vorgehen.
Setzt man dasPrinzip (3.17)
alsrichtig
voraus, so sind die beiden
genannten Eigenschaften
nicht zusätzlichePostulate,
sondernergeben
sich alsFolgerungen.
Verschiedentlich wurde
versucht,
die Theorie desplastischen
Potentialsphysikalisch
zubegründen.
Hier seilediglich
auf neuere Arbeiten von ZIEGLER(1972,
1974) zu der von ihm Thermomechanikgenannten Verbindung
von Kontinuumsmechanik undThermodynamik hinge¬
wiesen. Er
zeigte,
dass eine von ihm(1970
b,1974) begründete Orthogonalitätsbedingung
im Fall des
plastischen
Kontinuums auf die Theorie desplastischen
Potentials führt. DieOrthogonalitätsbedingung
beruht auf derForderung,
dass die beidendissipativen,
d.h.einer
Entropieproduktion entsprechenden Teilprozesse
einer reinen Deformation bzw. eines reinen Wärmeflusses durch dieDissipationsfunktion völlig
bestimmt sind. Diesbedeutet,
dassgyroskopische
Anteile an dendissipativen Spannungen
bzw. Kräftenausgeschlossen
werden.Für den Sonderfall einer reinen
plastischen
Deformation führt dieZieglersche Orthogona¬
litätsbedingung
auf dieBeziehung (3.16).
DieDissipationsfunktion dA(de?.)
= a..de?.
>0 wächst linear in dende?..
DieDissipationsflachen
dA ¦ konst. im Raum derplastischen Verzerrungsinkremente deP.
sind ähnlich undliegen bezüglich
demUrsprung
0 ähnlich. Mit(3.16)
erhält man als Bild allerDissipationsflachen
eineeinzige
Fliessfläche imSpan¬
nungsraum mit der
Gleichung (3.5).
WieZIEGLER, NÄNNI
und WEHRLI(1973) zeigten,.sind
die Fliessfläche und die