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Der Schokoriegel als Rechenaufgabe

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RHEINISCHER MERKUR, 10. März 2005

MATHEMATIK Das Versuchsprogramm SINUS erprobt neue didaktische Ansätze. Komplexe Fragestellungen sollen die Schüler motivieren

Der Schokoriegel als Rechenaufgabe

MONIKA ETSPÜLER

„Früher wurde ein Schüler, der in Mathematik gut war, Buchhalter. Heute wird diese Wissenschaft zur Entwicklung von Modellen und zu deren besserem Verständnis benötigt“, skizziert Hartmut Köhler vom Landesinstitut für Erziehung und Unterricht in Stuttgart und Koordinator des SINUS-Programms für Baden- Württemberg, wie sich das Spektrum dieser Disziplin verändert hat. Das bisherige schulische Verständnis von Mathematik und Naturwissenschaften kann solchen Erfordernissen kaum standhalten, beruht es doch vor allem auf dem Erlernen von Fertigkeiten und weniger auf dem Verstehen von Prozessen. Das hat bereits 1997 die TIMS-Studie (Third International Mathematics and Science Study) gezeigt, bei der deutsche Schülerinnen und Schüler knapp mittelmäßig abgeschnitten haben.

Die Bund-Länder-Kommission für Bildungs- planung und Forschungsförderung (BLK) hat daraufhin eine Expertise in Auftrag gegeben, die unter anderem Probleme und Defizite des deutschen Mathematik- und Naturwissenschaftsunterrichts identifizierte. Im Schul- jahr 1998/99 startete dann das bundesweite BLK- Versuchsprogramm „Steigerung der Effizienz des ma- thematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“ (SI- NUS) mit einer Laufzeit von fünf Jahren.

Bis 2007 wird es als „SINUS-Transfer- Programm“ weitergeführt. Zur Disposition stehen nicht die mathematisch-naturwissenschaftlichen Inhalte des Unterrichts, sondern der Unterrichtsstil.

Die Effizienz steigern

Das Kürzel SINUS steht für „Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“.

Es handelt sich um ein von der Bund-Länder- Kommission finanziertes bundesweites Modellversuchs- programm. Am ersten Programm (1998 – 2003) waren bundesweit 180 Schulen in 15 Ländern beteiligt. Beim anschließenden „SINUS-Transfer-Programm“ (2003 – 2005) machen 749 Schulen aus 13 Ländern mit. Bis 2007 soll die Zahl der SINUS-Schulen mindestens ver- doppelt werden. Im August startete „SINUS-Transfer Grundschule“ mit einer Laufzeit von fünf Jahren, an dem sich 13 Länder beteiligen. (RM)

www.ipn.uni-kiel.de

Jüngstes Projekt ist „SINUS-Transfer Grund- schule“, das seit August 2004 fünf Jahre lang erprobt wird mit dem Ziel, schon kleinen Kindern ein mathema- tisch-naturwissenschaftliches Grundverständnis zu ver-

mitteln, das sie in ihrer aktuellen Lebenswelt anwenden und nutzen können.

Inzwischen zeigt SINUS Wirkung. „Von den Lehrkräften haben wir sehr positive Rückmeldungen bekommen. Insgesamt scheinen die Motivation und das Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften bei den Schülern gestiegen zu sein“, so die vorläufige Bi- lanz von Uta Meentzen vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (IPN) in Kiel. We- sentlich für das Gelingen des Programms ist die enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Schulen und innerhalb der schulischen Fachbereiche. Bernhard Nol- lenberger, Mathematiklehrer am Eduard-Spranger Gymnasium im schwäbischen Filderstadt, bestätigt:

„Der intensive Erfahrungsaustausch mit Kollegen hat ganz wesentlich zur Weiterentwicklung der Unter- richtsmethoden beigetragen.“

Im Mittelpunkt des Unterrichts steht das eigen- ständige Arbeiten der Schüler. Fehler machen ist nicht nur erlaubt, sondern als Ausgangspunkt für Lernprozes- se sogar gewollt, denn – sagt Köhler – „naturwissen- schaftliches Denken erfordert auch ständige Korrektu- ren. Nur so können neue Lösungswege gefunden wer- den“. Walter Hörsch, Direktor an der Realschule in Leinzell im Ostalbkreis, fordert deshalb: „Die Schüle- rinnen und Schüler müssen lernen, über das nachzuden- ken, was sie tun.“ Als Mathe-Lehrer weiß er nur zu gut, wie Aufgabenstellung und Unterrichtsgestaltung sich verändern, wenn eigenständiges Lernen gefragt ist.

Statt einen geometrischer Körper nach dem an- deren „abzuarbeiten“, müssen sich die Schüler komple- xen Aufgaben stellen. Das kann an der Realschule Lein- zell beispielsweise so aussehen: Die Schüler bekommen die Aufgabe, einen neuen Schokoriegel für die Firma

„Süßkost“ zu entwickeln. Dafür müssen sie Gewicht, Form und Volumen des süßen Stückchens bestimmen.

Außerdem soll die Verpackung werbewirksam gestaltet sein und eine solide Kostenberechnung den erhofften Gewinn sichern.

Am Stuttgarter Eduard-Spranger-Gymnasium erlernen die Schüler die Berechnung geometrischer Formen unter anderem mithilfe unterschiedlich geform- ter Verpackungen. Da es sich bei deren Inhalt durchweg um Sonderangebote handelt, werden wirtschaftliche Faktoren, wie der Zusammenhang zwischen Geld und Ware gleich noch in die Aufgabenstellung miteinbezo- gen.

Nicht ganz so anschaulich, aber ebenso interes- sant präsentiert sich SINUS in der gymnasialen Ober- stufe. Am Stiftsgymnasium in Sindelfingen wurden für die Schüler CAS-Rechner (Computer Algebra System) eingeführt, mit deren Hilfe technische oder bauliche Aufgabenstellungen mit höchster Genauigkeit gelöst werden können.

„Wir haben Klassen, die können mit diesen Anforderungen ganz hervorragend umgehen, andere fangen damit überhaupt nichts an“, stellt Eduard Nol- lenberger immer wieder fest. Sein persönlicher Ein- druck ist, dass gerade Mädchen durch SINUS an die Mathematik herangeführt werden. Fachkollege Walter Hörsch beobachtet, dass schwache Schüler eher Prob- leme mit den neuen Anforderungen haben.

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Doch der Erfolg lässt sich nicht in Zahlen mes- sen. Ein direkter Zusammenhang zwischen kreativem Lernen und besseren Zensuren wurde bislang nicht festgestellt. Die Schüler, um die es bei SINUS eigent- lich geht, empfinden das ähnlich. „Ich habe selbststän- dig Aufgaben gelöst und dabei viel Spaß gehabt,“ er- klärt ein Schüler des Eduard-Spranger-Gymnasiums.

„Aber ob ich in Mathe dadurch besser geworden bin, kann ich nicht sagen.“

Über neue Ansätze im Mathematik- und Naturwissen- schaftsunterricht informiert der Klett-Themendienst in Ausgabe 29:

www.klett-themendienst.de

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