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Leserbrief eines Sprachheillehrers (aus Bild der Wissenschaft, 02.2015)

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Eltern- und Lehrer-Kritik am Inklusionsunterricht

Eltern und Lehrer in Thüringen/Deutschland haben das hohe Tempo bei der Einführung des gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf kritisiert. "Die Integration ging sehr schnell, aber die Bedingungen dafür haben nicht Schritt gehalten", sagte der Vorsitzende des Thüringer Lehrerverbandes, Rolf Busch. In vielen Fällen würden Eltern nicht ausreichend über die Förderzentren informiert - und ihre Kinder regel- recht in den gemeinsamen Unterricht gedrängt.

"Gemeinsame Schule ja, aber nicht um jeden Preis. Es darf keine Verlierer geben."

Der Vorsitzende des Thüringer Lehrerverbandes, Wolfgang Busch,

über den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung.

Thüringen braucht laut Busch mindestens 600 speziell ausgebildete Pädagogen mehr, um behinderte Kinder beim Lernen angemessen zu fördern. Nur dann könne der Unterricht konsequent mit Doppelbesetzung erfolgen, das heißt mit zwei Lehrkräften pro Klasse. Der Landeselternsprecher für die Förderschulen, Stefan Nüßle, wies außerdem auf die geänderte Praxis beim Begutachten der Kinder hin. Die Folge sei, dass immer mehr Schülern ein pädagogischer - statt sonderpädagogischer - Förderbedarf bescheinigt werde. Viel weniger Eltern hätten folglich überhaupt die Möglichkeit, ihr Kind an einer Förderschule anzumelden.

"Der gemeinsame Unterricht wird den Eltern oft als Königsweg präsentiert, während die Förderzentren angeblich als nicht UN-konform in Verruf gebracht werden", sagte Nüßle.

Viele dieser Zentren seien erst in den vergangenen Jahren neu gebaut oder modernisiert worden. Mit kleinen Klassenräumen und Fahrstühlen seien sie oft besser für Unterricht mit behinderten Kindern geeignet als die regulären Schulen.

Hintergrund der gemeinsamen Stellungnahme des Thüringer Lehrerverbandes und des Eltern- sprecherverbandes ist der fünfte Jahrestag des Inkrafttretens der UN-Behindertenrechtskon- vention. Beide Verbände hatten bereits vor Jahren in einem gemeinsamen Papier gefordert, den Prozess der Inklusion zu verlangsamen und qualitativ besser auszugestalten. Bis auf einzelne Punkte seien diese Forderungen aber bis heute nicht erfüllt.

Kommentar eines Sozialpädagogen (26.03.2014):

Das ist nicht nur ein Problem Thüringens! Seit Jahren geht der Trend zur Gleichschaltung, damit keinesfalls nur der Verdacht einer Ungleichbehandlung von Minderheiten aufkommt!

Da blieb nicht aus, dass man behinderte Kinder so unterbringen sollte, dass sie nicht mehr als solche zu erkennen sind, oder ihre Eltern sich nicht mehr benachteiligt fühlen müssen, wenn sie erklären, dass ihr Kind eine Förderschule besucht! Das ist unverständlich und unsinnig!

Denn wir haben neuwertige Schulen mit hervorragendem Lehrkörper für lernschwache oder behinderte Kinder. Da kann richtig auf sie eingegangen werden und sie werden nicht über- fordert. Gehen sie aber in "normale" Klassen, dann entsteht Unruhe, sie werden überreizt und die Lehrer überlastet!

Es geht in der UN-Konvention darum, Menschen mit Behinderungen Zugang zum staatlichen Bildungssystem zu geben, nicht um eine hundertprozentige inklusive Beschulung. Zugang haben sie in Deutschland längst. Viele Eltern haben mit Förderschulen und deren Fachkräften, mit kompetenten Diagnosen und individuellen Förderplänen sehr gute Erfahrungen gemacht.

Man darf diese anerkannten und akzeptierten Angebote nicht übereilt über Bord werfen, bevor sie an den übrigen Schulen in vergleichbarer Qualität vorhanden sind. Und das wird eine genau so große Herausforderung, wie der Traum von einer gewaltfreien Gesellschaft.

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Leserbrief eines Sprachheillehrers (aus Bild der Wissenschaft, 02.2015)

Bis zu meiner Pensionierung war ich - mit Spezialausbildung - an einer Sprachheilschule tätig.

Vor allem Stotterer und Dysgrammatiker wurden uns von den Lehrern der Grund- und Haupt- schulen gemeldet: Aus Furcht vor Spott und Häme würden sich solche Schüler kaum am mündlichen Unterricht beteiligen. In der großen Pause würden sie sich abseits halten oder sich gar auf dem Klo verstecken.

An unserer Spezialschule mit normalem Lehrplan beträgt die Klassenstärke circa zwölf Schüler. Einen Mitschüler zu verspotten oder bei einem mündlichen Beitrag auch nur feixend anzuschauen, kommt so gut wie nie vor. Jeder kennt seine eigene Situation. So fangen etwa Stotterer schon nach kurzer Zeit an, sich aktiv am Unterricht zu beteiligen.

Das Vertrauen ins eigene Können und der Mut zum Sprechen können wachsen. Diesen Heilungsvorgang halte ich in Inklusionsklassen für unmöglich. Klassenkameraden können - aus Neid, Konkurrenz oder Bosheit - sehr grausam sein. Ermahnungen zur Rücksichtnahme nützen wenig. Eine „Alle-gleich"-Ideologie ersetzt keine Erfahrung mit der Realität.

Friedrich Vogel, per E-Mail

Leserbrief einer Mutter eines Schülers (aus Bild der Wissenschaft, 02.2015)

Wer garantiert, dass bei Inklusion von lernbehinderten Kindern dann die durchschnittlichen Schüler ausreichend gefördert werden? Ich kann schon die Eltern verstehen, die ein beein- trächtigtes Kind haben, sehe aber gleichzeitig die Gefahr für die anderen Schüler.

Meine Sorge als Mutter ist es, dass mein Sohn entweder auf einem niedrigen Schulniveau sitzen bleibt oder dass der Unterrichtsstoff ihn überfordert, weil der Lehrer sich vermehrt um die Schwächsten kümmern muss. Die Idee mit der Zusammenführung von Beeinträchtigten und Nichtbeeinträchtigten ist solidarisch und lobenswert, aber nicht mit dem heutigen System zu vereinbaren, solange an Bildung gespart wird, beispielsweise an Lehrern. Deshalb plädiere ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht für die Inklusion.

Sarah Becker, per E-Mail

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