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Prognosen zur deutschen Abfallwirtschaft – wie sind die Trends bis 2040? –

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Herausforderungen | Pr

Prognosen zur deutschen Abfallwirtschaft

– wie sind die Trends bis 2040? –

Dirk Briese und Jens Gatena

1. Rechtliche Rahmenbedingungen ...34

2. Aktuelle Marktsituation ...35

3. Entwicklung der deutschen Abfallwirtschaft bis 2030 ...40

4. Ausblick bis 2040 ...43

5. Fazit und Schlussfolgerungen ...43 In dem Beitrag Prognosen zur deutschen Abfallwirtschaft – wie sind die Trends bis 2040?

wird dargestellt, wie sich die Abfallentsorgung und insbesondere die energetische Verwertung in Deutschland in den kommenden Jahren entwickeln wird.

Die Abfallwirtschaft in Deutschland ist wieder in Bewegung. Nachdem über Jahre die Preise für kommunale Restabfälle und gewerbliche Siedlungsabfälle gesunken waren und nur über den Umfang der Überkapazitäten diskutiert wurde, ist seit ca. vier Jahren ein gegenläufiger Trend mit hoher Anlagenauslastung und erst steigenden und dann kontinuierlich hohen Preisen erkennbar.

Neben steigenden Abfallmengen (u.a. durch ein gute konjunkturelle Entwicklung und steigende Importmengen) waren einzelne Anlagenschließungen (beispielsweise im Juni 2015 die MVA Stellinger Moor in Hamburg sowie die Müllpyrolyseanlage Bur- gau Ende 2015) sowie Umrüstungen von MBA für diese Entwicklung verantwortlich.

Diese inzwischen schonverhältnismäßig lang anhaltende positive Marktsituation für die Abfallverbrennungsanlagenbetreiber führt dazu, dass neben geplanten Moderni- sierungen und Erweiterungen von Anlagen auch einzelne neue Anlagen bzw. Linien geplant werden.

Der Beitrag basiert u.a. auf den Studien Waste-to-energy 2030 und Gewerbeabfallent- sorgung in Deutschland bis 2030, die das Marktforschungsinstitut trend:research Ende 2016 bzw. Ende 2017 erstellt hatte sowie im Frühjahr 2018 aktualisierten Daten. Neben Dokumentenrecherche wurden leitfadengestützte Experteninterviews mit Betreibern und Herstellern von Müllverbrennungsanlagen und sonstigen Behandlungs- und Verwertungsanlagen, Entsorgungsunternehmen und öffentlich-rechtliche Entsor- gungsträger sowie Experten von Verbänden aus Wissenschaft und Verwaltung bei der Erstellung der Studie durchgeführt. Für die Studien wurden schwerpunktmäßig die Teilmärkte Waste-to-energy, mechanisch-biologische Aufbereitung und Sortieranlagen sowie weitere Entsorgungswege für Siedlungs- und Gewerbeabfälle untersucht. Die Stu- dien stellen die verschiedenen Entsorgungsoptionen entlang der Wertschöpfungskette

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Herausforderungen | Pr strukturiert dar und wägen die Vorteile möglicher Kosteneinsparung durch die Erlöse aus Sekundärrohstoffen mit den möglichen Nachteilen zusätzlicher Kosten durch Anlageninvestitionen und -betrieb gegeneinander ab. Dabei werden insbesondere bei der Betrachtung des Gewerbeabfallmarktes die rechtlichen Rahmenbedingungen und deren zukünftige Umsetzung analysiert und bewertet. Daneben fließen die Ergebnisse weiterer Abfallwirtschaftsstudien mit ein.

1. Rechtliche Rahmenbedingungen

Der Abfallmarkt wird in erster Linie von den rechtlichen Rahmenbedingungen be- stimmt. Diese geben, im Wesentlichen durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz, die Rang- folge der Verwertungswege vor und regeln somit die zu nutzenden Entsorgungswege.

Dabei ist zu beachten, dass sich die Abfallströme in der Regel den kostengünstigsten Weg suchen und nur die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu führen, dass aufwen- digere, umweltverträglichere und teurere Entsorgungswege genutzt werden. Somit ist neben den Regelungen, die ein Gesetz vorgibt, auch die Kontrolle und praktische Umsetzung dieser Regelungen von entscheidender Bedeutung.

Tabelle 1: Übersicht über die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland

Gesetz Inhalt

1. Kreislaufwirtschaftsgesetz – Zentrales Bundesgesetz des deutschen Abfallrechts (KrWG, 2012) – Festlegung Hierarchie der Verwertungswege

– Novellierung im Jahr 2015: Sammlung von Wertstoffen und Bioabfällen in getrennten Behältern (Umsetzung noch nicht vollständig erfolgt) 2. Deponieverordnung – Keine Entsorgung von Siedlungsabfällen durch Deponierung

(DepV, 2009) ohne vorherige Behandlung (z.B. energetische Verwertung) – Schließung aller Deponien, die nicht die Anforderungen erfüllen 3. Gewerbeabfallverordnung – Industrielle und kommerzielle Unternehmen sind verpflichtet

(GewAbfV, 2017) gewerblichen Abfall getrennt zu sammeln und qualitativ hochwertiges Recycling zu gewährleisten (soweit technisch möglich und wirtschaftlich

zumutbar)

– Nicht getrennt gesammelte Abfälle müssen an Anlagen zur Aufbereitung gegeben werden

– Die Abfallströme und Verwertungswege sind detailliert zu dokumentieren – Die Novellierung der Gewerbeabfallverordnung trat am 1. August 2017 in Kraft

4. Bioabfallverordnung – Regelt die umweltgerechte Verwertung getrennt gesammelter, (BioAbfV, 2012) biologisch abbaubarer Abfälle (Bioabfall)

5. 17. Bundesimmissionsschutz- – Regelt Errichtung, Zustand und Betrieb von Verbrennungsanlagen verordnung – Mono-Verbrennung hat die strengsten Emissionsgrenzwerte (17. BImSchV, 2013)

– Mitverbrennung ist aufgeteilt in Anlagen, die bis zu 25 % der Wärme- leistung aus mitverbrannten Materialien erzielen (höhere Grenzwerte) und Anlagen mit mehr als 25 % (niedrigere Grenzwerte)

– Zementwerke werden von den niedrigeren Grenzwerten ausgeschlossen 6. Verpackungsgesetz – Das Verpackungsgesetz (VerpackG) wird am 1. Januar 2019 in Kraft treten

(VerpackG, ab 2019) und die bis dahin geltende Verpackungsverordnung ablösen – Zentrale Änderungen: Schaffung einer zentralen Stelle zur Stärkung der Transparenz in der Lizenzierung und Unterstützung der Vollzugs- behörden bei der Bekämpfung der Unterlizenzierung.

– Ziel: Verpackungsentsorgung, die auf nachhaltiger und wettbewerbs- neutraler Basis erfolgt, Erhöhung der Quoten für das werkstoffliche Recycling und Verschärfung der Pflichten/Definitionen.

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Herausforderungen | Pr

Aus Sicht der befragten Marktakteure sind die Gewerbeabfallverordnung und das in 2019 in Kraft tretende Verpackungsgesetz von hoher Bedeutung für die Entwicklung der Abfallwirtschaft. Insbesondere bei der Gewerbeabfallverordnung wird entscheidend sein, wie die Verordnung umgesetzt wird. Hier sind aus Sicht der befragten Marktteil- nehmer neben den Abfallanlagenbetreibern auch die Gewerbebetriebe gefordert, die eine umfassendere und genauere Trennung ihrer Abfälle umsetzen müssen.

2. Aktuelle Marktsituation

Für die Preissteigerungen bei der energetischen Abfallwertung ab 2014 waren das stei- genden Abfallaufkommen im Inland (aufgrund einer guten Konjunktur), die größeren Importmengen und die Schließung von Verwertungskapazitäten die wesentlichen Ursachen.

Die hohe Auslastung der Anlagen besteht seitdem kontinuierlich, sodass es bei Anlagenstillständen, z.B. aufgrund von Revisionen, zu lokalen Engpässen bei der Entsorgung kommt, die von den Marktteilnehmern teilweise als dramatisch bewertet werden. Insbesondere in Süddeutschland wurde die Lage im Sommer 2018 als kri- tisch beschrieben, da neben dem hohen Aufkommen die Trockenheit dazu geführt hat, das auch die Abfälle sehr trocken waren und somit der Heizwert höher war als im Durchschnitt. Zudem führten das gute Wetter mit den hohen Temperaturen dazu, dass die Anlagen ihre Abwässer nur eingeschränkt in die Flüsse leiten konnten, um die Wassertemperatur nicht weiter zu erhöhen, so wurde auch die Verwertungskapazitäten einiger Anlagen eingeschränkt.

Die Verwertung der Restabfälle und weiterer (aufbereiteter) Siedlungs- und Ge- werbeabfälle findet in Deutschland in unterschiedlichen Verwertungsanlagen statt.

Neben den Abfallverbrennungsanlagen konkurrieren auch Ersatzbrennstoffkraft- werke, mechanisch-biologische Aufbereitungsanlagen (MBA) und Sortieranlagen sowie Anlagen zur Mitverbrennung von (aufbereiteten) Siedlungs- und Gewerbeabfällen um die Inputstoffe. Die Anlagen sind dabei über ganz Deutschland verteilt, wobei im Osten eher MBA und Ersatzbrennstoffkraftwerke dominieren, während im Süden, insbesondere in Bayern, überwiegend Abfallverbrennungsanlagen für die Verwertung genutzt werden. Zu beachten bei den Entsorgungswegen ist, dass die stoffliche Verwer- tung grundsätzlich Vorrang vor der energetischen Verwertung hat und somit Abfälle, die stofflich verwertet werden können, grundsätzlich dem Recycling zuzuführen sind und die energetische Verwertung nur für die Abfallgemische genutzt werden darf, bei denen ein sinnvolles Recycling nicht möglich ist.

Bei der thermischen Entsorgung war in den vergangenen Jahren ein Trend weg von der thermischen Beseitigung und hin zur energetischen Verwertung zu beobachten. Der wesentliche Grund für diese Entwicklung war, dass immer mehr Abfallverbrennungs- anlagen das R1-Kriterium erfüllt haben und somit den Verwerterstatus erlangt haben.

Dies führte dazu, dass die Entsorgung in diesen Anlagen als energetische Verwertung gilt. Inzwischen erfüllen alle deutschen Abfallverbrennungsanlagen das R1-Kriterium.

Zudem ist in den letzten Jahren eine leichte Steigerung des Anteils der thermischen Verwertung im Vergleich zur stofflichen Verwertung zu erkennen. Diese Entwicklung

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Herausforderungen | Pr ist u.a. auf die reduzierten Kapazitäten bei den MBA zurückzuführen, die dafür sorgt, dass ein höherer Anteil der Abfälle in die Verbrennung geht. Auch das Inkrafttreten der Gewerbeabfallverordnung, die die Trennung und stoffliche Verwertung von ge- werblichen Abfällen stärken sollte, hat bisher kaum zu Verschiebung der Stoffströme von der energetischen zur stofflichen Verwertung geführt. Die Anlagen zur Verwertung von gemischten Abfällen zeigt die folgende Karte in der Übersicht.

MVA MBA

EBS-Kraftwerke Kohlekraftwerke Zementwerke

Anlagearten

Bild 1: Abfallverwertungsanlagen in Deutschland

Da alle Anlagen den Verwerterstatus haben und das R1-Kriterium erfüllen, gilt die Entsorgung jeweils als thermische Verwertung und ist somit höherwertig als die Beseitigung. Eine rechtliche Regelung, welche die Energieeffizienz der Anlagen berücksichtigt, gibt es nicht.

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Herausforderungen | Pr

Gemessen am Gesamtabfallaufkommen in Deutschland ist die Menge der Siedlungsab- fälle vergleichsweise gering. Zudem ist die Abgrenzung von gewerblichen Abfällen und Neben-, bzw. Koppelprodukten statistisch schwierig. Für den Waste-to-energy-Markt sind in erster Linie der Restabfall und der gemischt gesammelte Gewerbeabfall von Bedeutung, da diese Fraktionen häufig energetisch verwertet werden. Einzelne, separat gesammelte Fraktionen (z.B. Glas, Papier, spezielle Abfälle aus der Produktion) werden in der Regel bereits separat mit spezifischen Verfahren wieder- oder weiterverwertet.

In 2016 betrug das Aufkommen von Abfällen – welche für die Entsorgung in Waste-to- energy-Anlagen relevant sind – etwa 32,1 Millionen Tonnen. Dieses Abfallaufkommen setzt sich zusammen aus Hausmüll und hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen, Sperr- müll, Gewerbeabfällen und Leichtverpackungen sowie Klärschlamm. Diese Abfälle werden nicht ausschließlich in Waste-to-energy-Anlagen eingesetzt, sondern über unterschiedliche Wege entsorgt.

Tabelle 2: Entsorgungswege für Siedlungs- und Gewerbeabfälle 2016

Deponierung Recycling Abfall- Ersatzbrennstoff- Summe verbrennungs- kraftwerke/

anlagen Mitverbrennung

Mio. Tonnen Hausmüll und hausmüll-

ähnlicher Gewerbeabfall 0,9 0,1 11,9 2,0 14,9

Sperrmüll 0,0 0,1 1,2 0,1 1,4

Gewerbeabfall 0,7 0,9 4,8 2,2 8,6

Leichtverpackungen 0,0 3,7 0,1 1,6 5,4

Klärschlamm 0,0 0,7 0,2 0,9 1,8

Summe 1,6 5,5 18,2 6,8 32,1

Quelle: Statistische Bundesamt, eigene Zusammenstellung und Darstellung

Die Tabelle zeigt jeweils den zentralen Verwertungs- bzw. Beseitigungsschritt. Diese Abfälle werden zu Teil vor diesem Schritt bereits sortiert bzw. aufbereitet. Dies gilt insbesondere für die deponierten Mengen, die zuvor in MBA oder ähnlichen aufbe- reitet und sortiert wurden, sodass die Mengen zur Deponierung die Sortierreste aus diesen Anlagen sind.

Durch die Novelle der Gewerbeabfallverordnung soll die Menge der Gewerbeabfälle, die in die energetische Verwertung gehen, reduziert werden. Die neuen Anforderun- gen an die Sammlung und Sortierung sollen den Anteil der energetischen Verwertung verringern, indem die Mengen gemischter Gewerbeabfälle, die häufig energetisch verwertet werden, reduziert werden. Von den Veränderungen sind in der Theorie bis zu 3 Millionen Tonnen gewerbliche Abfälle pro Jahr betroffen. In der Praxis ist diese Umstellung aber schwierig umzusetzen, da die einfach zu sortierenden Stoffe (wie beispielsweise Papier, Glas) bei einem Großteil der Gewerbebetriebe bereits seit langem sortiert und separat entsorgt werden, sodass der verbleibende gemischte Rest kaum bzw.

nur mit sehr hohem Aufwand getrennt gesammelt werden kann. Erste aktuelle Daten, die nach dem in Kraft treten der Gewerbeabfallverordnung erhoben wurden, zeigen auch, dass sich die Verwertungswege nicht in dem angestrebten Maße verändert haben.

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Herausforderungen | Pr Wie groß die Menge ist, die mittel- oder langfristig in der Praxis einen anderen Ver- wertungsweg nutzt, ist noch nicht sicher abzusehen. Hier ist auch zu berücksichtigen, welche alternativen Entsorgungsmöglichkeiten sich ergeben und wie konsequent die Umsetzung und Kontrolle der neuen Verwertungsanforderungen erfolgt. Es ist aber zu erwarten, dass die angestrebten Quoten der Gewerbeabfallverordnung nicht erreicht werden können.

3. Entwicklung der deutschen Abfallwirtschaft bis 2030

Die Marktprognose, bei der die Entwicklung von Abfallaufkommen und Verwer- tungskapazitäten bis 2030 dargestellt werden, bestätigt, dass sich Abfallmengen und Verwertungswege nur geringfügig verändern. Der Vergleich des Abfallaufkommens mit den Verwertungskapazitäten zeigt, dass in den kommenden Jahren weiterhin mit einer hohen Auslastung und ggf. regionalen Verwertungsengpässen zu rechnen ist.

Das Abfallaufkommen zur thermischen Verbrennung wird sich vergleichsweise we- nig verändern, da sich die wichtigsten Einflussparameter (Bevölkerungsentwicklung, Aufkommen pro Kopf) nur wenig verändern.

0 5 10 15 20 25

2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Abfallaufkommen

Millionen Tonnen

Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbeabfall Gewerbeabfall

Klärschlamm

Sperrmüll

Ersatzbrennstoffe aus MBA Leichtverpackungen Sortierreste aus MBA

Bild 2: Entwicklung des Abfallaufkommens zur Verbrennung in Deutschland bis 2030 Es ist ein marginaler Rückgang des Aufkommens zu erkennen, da Maßnahmen zur Abfallvermeidung und Wiederverwertung langsam greifen. Das Wirtschaftswachstum steht diesem Trend aber entgegen, so dass die Veränderungen gering bleiben.

Für die Entsorgung der untersuchten Abfallfraktionen sind neben den energetischen Verwertungsanlagen auch die mechanisch-biologischen Verwertungskapazitäten von Bedeutung, da diese für viele der Fraktionen einen alternativen Verwertungsweg darstellen.

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Herausforderungen | Pr

Bei der Verteilung der Abfälle auf die unterschiedlichen Verwertungswege ist in den kommenden Jahren mit einem weiteren Rückgang der Abfälle, die in mechanisch- biologischen Anlagen eingesetzt werden, zu rechnen, da die Kapazitäten dieser Anla- gen leicht zurückgehen. Zudem ist aufgrund der weiteren Einführung der Biotonne mit geringeren biogenen Anteilen im Abfall zu rechnen, so dass die Auslastung der biogenen Stufe weiter zurückgeht.

0 5 10 15 20 25 30

2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 WtE-Kapazitäten

Millionen Tonnen

Abfallverbrennungsanlagen

Mitverbrennung Zementwerke Ersatzbrennstoffkraftwerke Mitverbrennung Kohlekraftwerke

Bild 3: Entwicklung der Waste-to-energy-Kapazitäten bis 2030

0 1 2 3 4 5 6

2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 MBA-Kapazitäten

Millionen Tonnen

MBA-Kapazitäten

Bild 4: Entwicklung der MBA-Kapazitäten bis 2030

Aufgrund der beschriebenen Faktoren sinkt die Waste-to-energy-Kapazität leicht.

Insbesondere die Kapazität der Mitverbrennung in Kohlekraftwerken geht zurück, da hier energiewirtschaftliche Veränderungen, die zu einer geringeren Volllaststundenzahl und einer teilweise Stilllegung der Kohlekraftwerke führen, hinzukommen.

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Herausforderungen | Pr Das Aufkommen von Abfällen zur Verbrennung steht somit leicht sinkenden und älter werdenden Kapazitäten gegenüber, bei denen in steigendem Umfang (Ersatz-) Investitionen erforderlich werden.

Somit wird die Auslastung, die heute schon als sehr hoch einzustufen ist, in den kom- menden Jahren weiter steigen und es wird – zumindest regional – zu Entsorgungseng- pässen kommen. Zudem steigt das Risiko von ungeplanten Stillständen bei den älteren Anlagen, was zu zusätzlichen Engpässen führen kann. Darüber hinaus ist derzeit mit einer Reduktion der Kapazitäten zu rechnen, da es Pläne gibt, die Kapazitäten der Mitverbrennung in Kohlekraftwerken teilweise zu reduzieren. Bei einem schnelleren Ausstieg aus der Kohleverstromung, wie er aktuell in der Kohlekommission verhandelt wird, könnten auch die Mitverbrennungskapazitäten noch schneller reduziert werden.

Um die Situation zu entschärfen, ist somit ein Ersatzanlagen- bzw. Neubau oder die Erweiterung von Anlagen erforderlich. Gleichzeitig sind die Rahmenbedingun- gen für Investitionen in neue Anlagen oder Erweiterungen weiterhin schwierig.

Neben der Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung der Im- und Ex- portmengen ist ein geeigneter Standort für eine neue Anlage oder eine Erweite- rung nur schwer zu finden. Für den wirtschaftlichen Betrieb ist eine (zusätzliche, neue) Wärmesenke (Fernwärmenetz oder industrieller Abnehmer) erforderlich.

Diese Standortbedingungen sind schwierig zu realisieren. Ein weiteres Hemmnis, welches den Bau neuer Abfallverbrennungsanlagen in Deutschland bremst, ist die Anlagenbauerseite. Die Anzahl von qualifizierten Anbietern in Deutschland ist zu- rückgegangen, da in den vergangenen Jahren kaum Projekte realisiert wurden und somit das Know-how weitgehend abgewandert ist.

Zudem haben sich einige finanzstarke Akteure, die in der Vergangenheit in neue Kapa- zitäten investiert haben (z.B. einige große Energieversorger), aus dem Markt zurück- gezogen. Damit sich die Investitionen in neue Anlagen rechnen, muss die Auslastung langfristig gesichert sein.

Trotz dieser Neubauhemmnisse sind derzeit einige neue Abfallverbrennungsanlagen bzw. Ersatzbrennstoffkraftwerke geplant. Die erwarteten Entwicklungen bei Aufkom- men und Kapazitäten zeigen, dass sich die hohe Auslastung auch in den kommenden Jahren (bis mindestens 2022) kaum verändert und in Verbindung mit dem dadurch mittelfristig stabil hohen Preisniveau sowie den teilweise deutlichen Engpässen steigt die Bereitschaft wieder, zu investieren. Engpässe bei Anlagenbauern und Planern füh- ren dabei manchmal zu einem Art Windhundrennen, was ein klarer Markttreiber ist.

Derzeit werden etwa fünf bis acht Projekte im Markt diskutiert: In den vergangenen Monaten wurden u.a. Projekte (neue Linie und / oder Erweiterungen) in Hamburg, Wiesbaden, Würzburg, Geiselbullach, Premnitz, Ludwigshafen und Offenbach bekannt.

Diese aktuellen Überlegungen zu Ausbau- und Erweiterungsprojekten in fast allen Marktregionen deuten darauf hin, dass das Streben nach Wachstum die unternehme- rische Vorsicht der letzten Jahre teilweise verdrängt und ein erneuter Schweinezyklus droht.

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Herausforderungen | Pr

4. Ausblick bis 2040

Die langfristige Entwicklung der Entsorgungswirtschaft über den Zeithorizont von 2030 hinaus ist nur schwer zu prognostizieren. Nichtsdestotrotz ist dieser Zeitraum für die Investitionsentscheidungen in neue Verbrennungsanlagen heute bereits von hoher Bedeutung, da die Anlagen über einen langen Zeitraum ausgelastet werden müssen, um eine langfristige Wirtschaftlichkeit zu realisieren.

Als wesentliche langfristige Trends, die sich heute schon erkennen lassen, sind die Bestrebungen zur weiteren Stärkung des Recyclings und zum Aufbau einer Kreislauf- wirtschaft zu erkennen. Die Bestrebungen setzen hier zunehmend bei den Produkten an, da die Sortierung, Trennung und Aufbereitung in vielen Fällen an ihre Grenzen stößt und erkennbar wird, dass hier nur noch geringe Optimierungspotentiale bestehen.

Gleichzeitig werden die Bestrebungen einer Zero Waste-Economy nicht realisiert werden, da weiterhin Abfälle und Schadstoffe entstehen werden, die aufkonzentriert und entsorgt werden müssen, damit diese sich nicht ohne Behandlung in der Umwelt verteilen. Somit werden Abfallbehandlungsanlagen (stoffliche und energetische) auch langfristig ihren Platz in der Entsorgungswirtschaft behalten. Die benötigten Kapazi- täten der energetischen Verwertung könnten dabei insgesamt leicht sinken, wenn es gelingt, insbesondere das Produktdesign so zu verändern, dass die Abfallmengen sinken.

5. Fazit und Schlussfolgerungen

Nachdem bis vor etwa drei bis vier Jahren der Trend in Richtung eines Rückgangs des kommunalen Restabfallaufkommens ging, ist aktuell eine konstante bis leichte Zunahme des Abfallaufkommens zu verzeichnen. Getrieben wird diese Entwicklung insbesondere durch die gute konjunkturelle Entwicklung und das gute Konsumklima.

Aufgrund der guten konjunkturellen Lage und der steigenden Produktion in Deutsch- land ist, bei weiterhin positiver wirtschaftlicher Entwicklung, von einem weiteren (leichten) Anstieg des Gewerbeabfallaufkommens auszugehen. Seit 2014 war der Waste-to-energy-Markt durch Preiserhöhungen für neue Verträge gekennzeichnet, maßgeblich aufgrund der seither sehr hohen Auslastung der verfügbaren Abfallver- brennungskapazitäten. Die Preise haben sich in den vergangenen beiden Jahren auf diesem hohen Niveau stabilisiert.

Zukünftig kann davon ausgegangen werden, dass die Mitverbrennung in Kohlekraft- werken an Bedeutung verlieren wird. Gründe hierfür sind die sukzessive Stilllegung der Kohlekraftwerke und die sinkenden Volllaststunden. Zudem ist davon auszugehen, dass ein Teil der Erweiterungs- und Neubauplanungen von Abfallverbrennungsanlagen und Ersatzbrennstoffkraftwerken realisiert wird, sodass die Gesamtkapazitäten der energetischen Verwertung auf einem nahezu konstanten Niveau bleiben.

Die Importmengen aus UK werden auch zukünftig eine wichtige Rolle spielen, da größere Mengen über langfristige Verträge gesichert sind. Die Entwicklung der Im- portmengen ist aber mit einer starken Unsicherheit verbunden, da diese unter anderem von den politischen Entwicklungen in UK (Brexit) abhängig ist.

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Herausforderungen | Pr Ein zusätzliches Thema stellen für Betreiber von Abfallverbrennungsanlagen in den nächsten Jahren die steigenden Anforderungen bei der Stromerzeugung in Abfallver- brennungsanlagen und Ersatzbrennstoffkraftwerken dar. Die Anpassung der Fahrweise an den Strombedarf wird eine der Herausforderungen für die Betreiber sein.

Insgesamt ist für die Waste-to-energy-Anlagen in den kommenden Jahren mit einer weiterhin hohen Auslastung und einem hohen Preisniveau zu rechnen, da die ener- getischen Verwertungskapazitäten knapp bleiben und es nur in begrenztem Umfang gelingt, das Recycling zu stärken, sodass auch weiterhin ausreichende Mengen für die energetischen Verwertungsanlagen zur Verfügung stehen.

Ansprechpartner

Dirk Briese

trend:research GmbH Parkstraße 123

28209 Bremen, Deutschland +49 0421 43730-0

dirk.briese@trendresearch.de

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar

Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, Peter Quicker, Alexander Gosten (Hrsg.):

Energie aus Abfall, Band 16

ISBN 978-3-944310-45-9 Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH

Copyright: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Stephanie Thiel Alle Rechte vorbehalten

Verlag: Thomé-Kozmiensky Verlag GmbH • Neuruppin 2019

Redaktion und Lektorat: Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Dr.-Ing. Olaf Holm

Erfassung und Layout: Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc., Ginette Teske, Sarah Pietsch, Claudia Naumann-Deppe, Janin Burbott-Seidel, Roland Richter, Cordula Müller, Gabi Spiegel

Druck: Universal Medien GmbH, München

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk- sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig.

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Abbildung

Tabelle 1:   Übersicht über die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland
Tabelle 2:   Entsorgungswege für Siedlungs- und Gewerbeabfälle 2016

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