1
Analysis auf Mannigfaltigkeiten
1. Differenzierbare Mannigfaltigkeiten
1. Topologische R¨ aume (09.04.)
2. Topologische Mannigfaltigkeiten (14.04.) 3. Differenzierbare Strukturen (16.04.) 4. Tangentialvektoren (21.04.)
5. Untermannigfaltigkeiten (23.04.) 6. Vektorfelder (28.04. + 30.04.) 2. Vektorb¨ undel
1. Trivialisierungen (05.05.) 2. Schnitte (07.05.)
3. Algebra der B¨ undel (19.05.) 4. Exakte Sequenzen (21.05.) 3. Differentialformen
1. Alternierende Multilinearformen (26.05.) 2. Tensoren und Formen (28.05.)
3. Der Einfluss von Abbildungen (02.06.) 4. Die ¨ außere Ableitung (04.06.)
4. Orientierung und Integration
1. Orientierungen (09.06.) 2. Axiale Tensorfelder (11.06.) 3. Normalenb¨ undel (16.06.)
4. Mannigfaltigkeiten mit Rand (18.06.)
5. Der Satz von Stokes (23.06.)
5. Vektoranalysis
1. Riemannsche Metriken (25.06.) 2. Das Volumenelement (30.06.) 3. Der Sternoperator (02.07.)
4. Klassische Integralformeln (07.07.)
(Reservetermine: 09.07. / 14.07. / 16.07.)
1 Differenzierbare Mannigfaltigkeiten
1.1 Topologische R¨ aume
Definition
Eine Menge X heißt ein topologischer Raum, wenn es zu jedem Element x ∈ X ein nicht-leeres System U
xvon Teilmengen U ⊂ X mit x ∈ U (sogenannten
” Elementarumgebungen“) gibt, so dass gilt:
1. Sind U
1, U
2∈ U
x, so gibt es ein V ∈ U
xmit V ⊂ U
1∩ U
2. 2. Ist U ∈ U
xund y ∈ U , so gibt es ein V ∈ U
ymit V ⊂ U .
Eine Menge W ⊂ X heißt Umgebung von x ∈ X, falls es eine Elementarumge- bung U ∈ U
xmit U ⊂ W gibt. Die Elemente von X nennt man Punkte.
1.1.1. Satz
Die Umgebungen in einem topologischen Raum besitzen folgende Eigenschaften:
1. Jeder endliche Durchschnitt von Umgebungen eines Punktes x
0∈ X ist wieder eine Umgebung von x
0.
2. Ist V eine Umgebung von x
0und W eine Elementarumgebung von x
0mit W ⊂ V , so ist V auch Umgebung eines jeden Punktes y ∈ W .
Der Beweis ist trivial.
1.1.2. Beispiel
Ein metrischer Raum ist eine Menge X, zusammen mit einer Funktion d : X × X → R (der sogenannten
” Metrik“), so dass gilt:
1. d(x, y ) ≥ 0 f¨ ur alle x, y ∈ X, und d(x, y) = 0 ⇐⇒ x = y.
2. d(x, y ) = d(y, x) f¨ ur alle x, y ∈ X.
3. d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) f¨ ur alle x, y, z ∈ X (Dreiecksungleichung).
Ein Beispiel ist der Raum X = R
nmit der Metrik d(x, y) := ky − xk.
Ist X ein metrischer Raum, x
0∈ X und ε > 0, so nennt man U
ε(x
0) := {x ∈ X : d(x, x
0) < ε}
eine ε-Umgebung von x
0.
Setzt man U
x0:= {U
ε(x
0) : ε > 0}, so wird X damit zu einem topologischen Raum.
Definition
Sei X ein topologischer Raum. Eine Menge M ⊂ X heißt offen, falls es zu jedem Punkt x ∈ M eine Umgebung U von x mit U ⊂ M gibt. Eine Menge A ⊂ X heißt abgeschlossen, falls X \ A offen ist.
Das System aller offenen Mengen von X werde mit O
Xbezeichnet.
1.1.3. Satz
Die offenen Mengen in einem topologischen Raum X haben folgende Eigenschaf- ten:
1. X und ∅ sind offen.
2. Der Durchschnitt von endlich vielen offenen Mengen ist wieder offen.
3. Die Vereinigung von beliebig vielen offenen Mengen ist wieder offen.
Beweis: 1) Bei der leeren Menge ist nichts zu zeigen. Und da jeder Punkt von X eine Umgebung besitzt, ist X offen.
2) M
1, M
2seien offen. Ist x
0∈ M
1∩ M
2, so gibt es Umgebungen U
1= U
1(x
0) ⊂ M
1und U
2= U
2(x
0) ⊂ M
2. Dann ist U
1∩ U
2eine Umgebung von x
0, die in M
1∩ M
2enthalten ist. Also ist M
1∩ M
2offen.
3) Sei (M
ι)
ι∈Iein System offener Mengen. Ist x
0∈ M := S
ι∈I
M
ι, so liegt x
0in einer Menge M
ι0. Dann gibt es eine Umgebung U = U (x
0) ⊂ M
ι0. Weil U erst recht in M liegt, ist damit nachgewiesen, dass M offen ist.
Bemerkung: Man kann einen topologischen Raum auch als eine Menge X mit einem System O
Xvon offenen Mengen definieren. Eine Teilmenge M ⊂ X wird Umgebung von x
0genannt, falls es eine offene Menge U mit x
0∈ U ⊂ M gibt.
Der Umgebungsbegriff ist auf diese Weise festgelegt, nicht aber der Begriff der Elementarumgebung. Zum Beispiel k¨ onnen im R
nsowohl Kugeln als auch Quader benutzt werden.
Definition
Ein topologischer Raum X heißt ein Hausdorffraum, falls es zu je zwei ver- schiedenen Punkten von X disjunkte Umgebungen gibt.
Jeder metrische Raum ist ein Hausdorffraum.
1.1 Topologische R¨ aume 5
Die Hausdorff-Eigenschaft ist wichtig, wenn man mit Folgen arbeiten m¨ ochte. Wie
¨ ublich heißt ein Element x
0∈ X Grenzwert einer Folge von Punkten x
n, wenn es zu jeder Umgebung U = U(x
0) ein n
0gibt, so dass x
n∈ U f¨ ur alle n ≥ n
0gilt. In einem Hausdorffraum ist der Grenzwert (wenn er existiert) eindeutig bestimmt.
Definition
Eine Abbildung f : X → Y zwischen topologischen R¨ aumen heißt stetig in x
0∈ X, falls es zu jeder Umgebung V = V (f (x
0)) ⊂ Y eine Umgebung U = U (x
0) mit f(U ) ⊂ V gibt.
f heißt stetig auf X, falls f in jedem Punkt von X stetig ist. Ist f außerdem bijektiv und f
−1stetig, so spricht man von einem Hom¨ oomorphismus (oder einer topologischen Abbildung.
Auf metrischen R¨ aumen entspricht die Definition der Stetigkeit in einem Punkt dem ¨ ublichen ε-δ-Kriterium. Eine Abbildung f : X → Y zwischen beliebigen topo- logischen R¨ aumen ist genau dann stetig, wenn f¨ ur jede offene Menge V ⊂ Y auch f
−1(V ) offen in X ist.
Definition
Sei X ein topologischer Raum und x
0∈ X. Ein System U von Umgebungen von x
0heißt Umgebungsbasis von x
0, falls es zu jeder Umgebung U = U (x
0) eine Umgebung V ∈ U mit x
0∈ V ⊂ U gibt. Der Raum X erf¨ ullt das 1. Abz¨ ahlbar- keitsaxiom, falls jeder Punkt von X eine abz¨ ahlbare Umgebungsbasis besitzt.
Bemerkungen:
1. Jeder metrische Raum erf¨ ullt das 1. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom. Man w¨ ahle einfach die Umgebungen U
1/n(x
0) mit n ∈ N .
2. Erf¨ ullt X das 1. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom und ist Y ein beliebiger topologischer Raum, so ist f : X → Y genau dann in x
0∈ X stetig, wenn f¨ ur jede Folge (x
n) in X, die gegen x
0konvergiert, die Folge f(x
n) gegen f (x
0) konvergiert.
Beweis: 1) Sei f stetig in x
0und (x
n) eine Folge, die gegen x
0konvergiert.
Sei V eine Umgebung von f(x
0). Dann gibt es eine Umgebung U von x
0mit f(U ) ⊂ V . Ist n
0groß genug, so liegt x
nf¨ ur n ≥ n
0in U, also f(x
n) in V . Das zeigt, dass (f(x
n)) gegen f(x
0) konvergiert.
2) Nun sei das Kriterium erf¨ ullt, V eine Umgebung von f (x
0) und (U
n) eine
abz¨ ahlbare Umgebungsbasis von x
0. Wenn f in x
0nicht stetig ist, dann gibt
es in jedem Durchschnitt U
1∩ . . . ∩ U
nein x
nmit f (x
n) 6∈ U . Die Folge (x
n)
konvergiert gegen x
0, aber (f (x
n)) nicht gegen f(x
0). Das ist ein Widerspruch.
Ein topologischer Raum heißt kompakt, falls er ein Hausdorffraum ist und jede offene ¨ Uberdeckung von X eine endliche Teil¨ uberdeckung enth¨ alt.
1.1.4. Satz
Sei X ein kompakter Raum, der das 1. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt. Dann besitzt jede unendliche Folge in X eine konvergente Teilfolge.
Beweis: Sei (x
n) eine Folge in X. Dann gibt es einen Punkt x
0∈ X, so dass jede Umgebung von x
0unendlich viele Folgenglieder enth¨ alt. Sei (U
n) eine abz¨ ahlbare Umgebungsbasis von x
0. Dann kann man in jedem Durchschnitt U
1∩ . . . ∩ U
kein Element x
nkder Folge finden. Das liefert eine Teilfolge, die gegen x
0konvergiert.
1.1.5. Satz
Sei X ein beliebiger topologischer Raum, der das 1. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt.
Eine Teilmenge A ⊂ X ist genau dann abgeschlossen, wenn gilt: Ist (x
n) eine Folge in A, die gegen einen Punkt x
0∈ X konvergiert, so geh¨ ort x
0zu A.
Beweis: 1) Sei A abgeschlossen und (x
n) eine Folge in A, die gegen ein x
0∈ X konvergiert. Wenn x
0in der offenen Menge X \ A liegt, so gibt es eine Umgebung U = U (x
0) ⊂ X \ A. Andererseits m¨ ussen die Punkte x
nf¨ ur große n in U liegen.
Das ist ein Widerspruch.
2) A erf¨ ulle das Kriterium. Wir m¨ ussen zeigen, dass X \ A offen ist. Sei x
0∈ X \ A und (U
n) eine abz¨ ahlbare Umgebungsbasis von x
0. Wenn jede der Umgebungen U
neinen Punkt x
n∈ A enth¨ alt, dann gewinnt man eine Folge, die gegen x
0konvergiert.
Das bedeutet, dass x
0in A liegen muss. Widerspruch! Also liegt eine komplette Umgebung von x
0in X \ A.
Definition
Sei X ein topologischer Raum. Ein System B von offenen Teilmengen von X heißt Basis der Topologie von X, falls jede offene Menge in X Vereinigung von Elementen aus B ist. Der Raum X erf¨ ullt das 2. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom, falls er eine abz¨ ahlbare Basis besitzt.
Erf¨ ullt ein Raum das 2. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom, so erf¨ ullt er auch das erste. Die Um- kehrung gilt nicht.Selbst metrische R¨ aume brauchen das 2. Axiom nicht zu erf¨ ullen.
Sie tun dies aber, wenn sie eine abz¨ ahlbare dichte Teilmenge enthalten (M ist dicht in X, wenn M = X ist). Insbesondere erf¨ ullt der R
ndas 2. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom.
Definition
Ein Hausdorffraum X heißt lokal-kompakt, falls jeder Punkt von X eine kom-
pakte Umgebung besitzt.
1.1 Topologische R¨ aume 7
1.1.6. Satz
Der Hausdorffraum X sei lokal-kompakt und erf¨ ulle das zweite Abz¨ ahlbarkeitsaxi- om. Dann gilt:
1. X besitzt eine abz¨ ahlbare Basis B = (B
j)
j∈J, so daß alle Mengen B
jkompakt sind.
2. Es gibt eine Folge (A
k) von kompakten Teilmengen von X mit folgenden Eigenschaften:
(a) X = S
∞ k=1A
k. (b) A
k⊂ A
◦k+1.
Beweis: 1) Sei (B
i)
i∈Ieine abz¨ ahlbare Basis von X, und J := {i ∈ I : B
ikompakt }.
Wir m¨ ussen zeigen, daß (B
j)
j∈Jimmer noch eine Basis von X ist.
Sei S ⊂ X offen und x ∈ S. Dann gibt es eine offene Umgebung W = W (x) und eine kompakte Menge K mit W ⊂ K . Also ist W kompakt. Weiter ist W Vereinigung von gewissen Basis-Elementen B
i, i ∈ I
0. Weil dann B
i⊂ W kompakt ist, geh¨ oren alle i ∈ I
0zu J . Da S Vereinigung solcher W ’s ist, folgt die Behauptung.
2) Nach (1) gibt es eine abz¨ ahlbare Basis (U
n)
n∈Nvon X, so daß U
nkompakt f¨ ur jedes n ist. Wir setzen
A
1:= U
1.
Ist A
kkonstruiert und m
kdie kleinste Zahl ≥ k + 1, so daß A
k⊂ S
mkn=1
U
nist, so setzen wir
A
k+1:=
mk
[
n=1
U
n.
Die Mengen A
ksind dann kompakt und haben die gew¨ unschten Eigenschaften.
1.2 Topologische Mannigfaltigkeiten
Seien U = (U
i)
i∈Iund V = (V
j)
j∈Jzwei offene ¨ Uberdeckungen von X. V heißt eine Verfeinerung von U , falls es eine Abbildung τ : J → I gibt, so dass V
j⊂ U
τ(j)f¨ ur alle j ∈ J gilt.
Die ¨ Uberdeckung V = (V
j)
j∈Jheißt lokal-endlich, falls es zu jedem Punkt x
0∈ X eine Umgebung U = U (x
0) gibt, so dass V
j∩ U nur f¨ ur endlich viele Indizes j ∈ J nicht leer ist.
Definition
Ein topologischer Raum heißt parakompakt, falls er ein Hausdorffraum ist und jede offene ¨ Uberdeckung von X eine lokal-endliche Verfeinerung besitzt.
1.2.1. Satz
Sei X ein parakompakter topologischer Raum. Ist A ⊂ X eine abgeschlossene Teilmenge und x
0∈ X \ A, so gibt es eine offene Umgebung U = U (x
0) und eine offene Menge V mit A ⊂ V und U ∩ V = ∅ .
Beweis: Zu jedem Punkt x ∈ A gibt es eine offene Umgebung U
x= U
x(x) und eine offene Umgebung V
x= V
x(x
0) mit U
x∩V
x= ∅ . Dann gibt es eine lokal-endliche Verfeinerung (W
i)
i∈Ider ¨ Uberdeckung von X durch X \ A und die Mengen U
x. Sei V
0eine Umgebung von x
0, die nur endlich viele W
itrifft, etwa W
1, . . . , W
N. Zu jedem i ∈ {1, . . . , N } gibt es ein x
imit W
i⊂ V
xi. Dann setze man
U := [
Wi∩A6=∅
W
iund V := V
0∩ V
x1∩ . . . ∩ V
xN. Offensichtlich ist U ∩ V = ∅ .
Definition
Eine offene Menge V liegt relativ-kompakt in der offenen Menge U (in einem topologischen Raum X), falls V kompakt und in U enthalten ist. Man schreibt dann: V ⊂⊂ U .
1.2.2. Satz
Sei X ein lokal-kompakter topologischer Raum, der das 2. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt. Dann ist X parakompakt.
Zu jeder offenen ¨ Uberdeckung von X gibt es eine abz¨ ahlbare lokal-endliche Ver-
feinerung, die aus relativ-kompakten offenen Teilmengen von X besteht.
1.2 Topologische Mannigfaltigkeiten 9
Beweis: Sei (A
k) eine Folge von kompakten Teilmengen von X, so dass gilt:
1. X = S
∞ k=1A
k. 2. A
k⊂ A
◦k+1.
Sei (U
i) eine offene ¨ Uberdeckung von X. Die offenen Mengen W
i,k:= U
i∩ ( A
◦k+1\ A
k−2)
¨ uberdecken die kompakte Menge A
k\ A
◦k−1. Das erreicht man aber schon mit mit endlich vielen dieser Mengen, von denen jede in einem geeigneten U
iliegt. Außer- dem ¨ uberdecken die Mengen W
i:= U
i∩ A
◦3die kompakte Menge A
2, und auch von denen kann man endlich viele ausw¨ ahlen.
Nimmt man die ausgew¨ ahlten Mengen zusammen, so erh¨ alt man eine abz¨ ahlbare Uberdeckung von ¨ X, die eine Verfeinerung von (U
i) darstellt. Diese ¨ Uberdeckung ist lokal-endlich, denn nur endlich viele ¨ Uberdeckungselemente treffen A
◦k+1\ A
k−2. Weil W
i,kin der kompakten Menge A
k+1und W
iin A
3liegt, liegen alle ¨ Uberde- ckungselemente relativ-kompakt in X.
1.2.3. Lemma
Sei X ein parakompakter topologischer Raum. Ist K ⊂ X kompakt und U eine offene Umgebung von K , so gibt es eine offene Umgebung W von K, die relativ- kompakt in U liegt.
Beweis: Zu jedem x ∈ K gibt es eine offene Umgebung U
x= U
x(x) und eine offene Umgebung V
x= V
x(X \ U ) mit U
x∩ V
x= ∅ . Außerdem gibt es (weil X lokal-kompakt ist) eine offene Umgebung U
x0von x, so dass U
x0kompakt ist.
Sei W
x:= U
x∩ U
x0. Dann ist W
xeine offene Umgebung von x, W
xkompakt und W
x∩V
x= ∅ . Die kompakte Menge K wird von endlich vielen Mengen W
x1, . . . , W
xN¨ uberdeckt. Sei W := W
x1∪ . . . ∪ W
xN. Dann ist W eine offene Umgebung von K, W kompakt und W ∩ (V
x1∩ . . . ∩ V
xN) = ∅ , also W ⊂ U .
1.2.4. Satz
Sei X ein parakompakter topologischer Raum. Dann gibt es zu jeder offenen Uberdeckung ¨ U = (U
i)
i∈Ivon X eine lokal-endliche Verfeinerung V = (V
k)
k∈Kmit einer Verfeinerungsabbildung τ : K → I, so dass V
k(f¨ ur jedes k ∈ K ) relativ-kompakt in U
τ(k)liegt.
Beweis: Mit Hilfe des Lemmas kann man eine (beliebige) Verfeinerung W =
(W
j)
j∈Jmit einer Verfeinerungsabbildung σ : J → I finden, so dass W
jrelativ-
kompakt in U
σ(j)liegt. Dann sei V eine lokal-endliche Verfeinerung von W .
Definition
Ein topologischer Raum heißt (n-dimensional) lokal-euklidisch, falls es zu jedem Punkt x
0∈ X eine offene Umgebung U = U (x
0) ⊂ X und einen Hom¨ oomorphismus ϕ : U → B auf eine offene Menge B ⊂ R
ngibt. Die Abbil- dung ϕ bezeichnet man als lokale Karte oder lokales Koordinatensystem.
Ist pr
i: R
n→ R die Projektion auf die i-te Komponente, so nennt man die Funktionen x
i:= pr
i◦ ϕ : U → R lokale Koordinaten auf U .
Bemerkung: O.B.d.A. kann man annehmen, dass B eine Kugel mit dem Mittel- punkt x
0= ϕ(x
0) ist. Offensichtlich ist ein lokal-euklidischer Raum lokal-kompakt, vorausgesetzt, er ist ein Hausdorffraum.
1.2.5. Beispiele
A. Sei X := R ∪ { i }, wobei i = √
−1 die imagin¨ are Einheit bezeichnet. Man k¨ onnte auch irgend ein anderes Objekt benutzen, das nicht in R liegt. Eine Elementarumgebung um ein x
0∈ R soll einfach ein offenes Intervall der Gestalt (x
0− ε, x
0+ ε) sein. Eine Elementarumgebung von i sei eine Menge der Gestalt (−ε, 0)∪{ i }∪(0, ε). Das ergibt eine Topologie auf X. Dieser Raum ist kein Hausdorffraum, denn die Punkte 0 und i besitzen keine disjunkten Umgebungen. Der Raum ist aber 1-dimensional lokal-euklidisch.
B. Sei X := R × (0, 1). Eine Elementarumgebung eines Punktes (x
0, t
0) ∈ X sei eine Menge der Gestalt {(x
0, t) ∈ X : |t − t
0| < ε}. Damit wird X zu einem topologischen Raum, der 1-dimensional lokal-euklidisch und ein Haus- dorffraum ist. Er ist dann auch lokal-kompakt und erf¨ ullt das erste Abz¨ ahl- barkeitsaxiom, aber nicht das zweite.
R¨ aume wie die eben betrachteten sind aber nicht die, um die es hier gehen soll.
Definition
Eine (n-dimensionale) topologische Mannigfaltigkeit ist ein (n- dimensional) lokal-euklidischer Hausdorffraum, der das zweite Abz¨ ahlbarkeitsaxi- om erf¨ ullt.
1.2.6. Beispiele
A. Jede offene Menge im R
nist eine n-dimensionale topologische Mannigfaltig- keit.
B. Sei M ⊂ R
neine offene Menge, f : M → R eine stetige Funktion und
X := {(x, y ) ∈ M × R : y = f(x)} der Graph von f . Wir versehen X
mit der vom R
n+1induzierten Relativtopologie. Die wird folgendermaßen
definiert: Ist (x
0, y
0) ∈ X und U b eine Umgebung von (x
0, y
0), so ist U :=
1.2 Topologische Mannigfaltigkeiten 11
U b ∩ X eine Umgebung von (x
0, y
0) in X. Da der R
n+1ein Hausdorffraum ist,
¨ ubertr¨ agt sich das auf den Unterraum. Auch das zweite Abz¨ ahlbarkeitsaxiom ist offensichtlich erf¨ ullt. Und X ist lokal-euklidisch: Ist U ⊂ M offen, so ist U e := (U × R ) ∩ X eine offene Teilmenge von X, und ϕ : U e → U mit ϕ(x, y) := x ein Hom¨ oomorphismus mit ϕ
−1(x) = (x, f(x)).
C. Durch
S
n:= {x ∈ R
n+1: kxk = 1}
wird die n-Sph¨ are definiert. Als Unterraum des R
n+1ist sie ein Hausdorffraum und erf¨ ullt das zweite Abz¨ ahlbarkeitsaxiom. Sie ist sogar kompakt. F¨ ur i = 1, . . . , n + 1 sei
U
i+:= {x = (x
1, . . . , x
n+1) ∈ S
n: x
i> 0}
und U
i−:= {x = (x
1, . . . , x
n+1) ∈ S
n: x
i< 0}.
Jeder Punkt auf der Sph¨ are liegt in einer der Mengen U
i+oder U
i−. Sei B :=
B
1(0) die Einheitskugel im R
nund ϕ
±i: U
i±→ B definiert durch ϕ
±i(x
1, . . . , x
n+1) := (x
1, . . . , x b
i, . . . , x
n+1).
Die Umkehrabbildung wird durch ϕ
±i −1(u
1, . . . , u
n) := (u
1, . . . , u
i−1, ± p
1 − kuk
2, u
i, . . . , u
n)
gegeben.Damit ist klar, dass die n-Sph¨ are lokal-euklidisch ist, als eine n- dimensionale topologische Mannigfaltigkeit.
D. Wir kommen nun zu einem etwas komplizierteren Beispiel. Es sei RP
ndie Menge aller 1-dimensionalen linearen Unterr¨ aume des R
n+1. Ist x = (x
0, . . . , x
n) ein Punkt aus R
n+1\ {0}, so werde der von x erzeugte Raum mit [x] bezeichnet. So gewinnt man eine Abbildung π : C
n+1\ {0} → RP
n, deren Fasern die Geraden durch den Nullpunkt sind, aus denen der Null- punkt herausgenommen wurde. Man nennt RP
nden n-dimensionalen (reell- )projektiven Raum. Der Punkt [x] wird auch mit dem Symbol (x
0: . . . : x
n) bezeichnet. Diese Bezeichnung ist nicht eindeutig, denn f¨ ur λ ∈ R \ {0}
ist
(λx
0: . . . : λx
n) = (x
0: . . . : x
n)).
Die Zahlen x
0, . . . , x
nnennt man die homogenen Koordinaten von (x
0: . . . : x
n).
F¨ ur i = 0, . . . , n sei U
i:= {(x
0: . . . : x
n) ∈ RP
n: x
i6= 0}. Jeder Punkt des RP
nliegt in einer der Mengen U
i. Nun definiert man die Abbildung ϕ
i: U
i→ R
ndurch
ϕ
i(x
0: . . . : x
n) := x
0x
i, . . . , c x
ix
i, . . . , x
nx
i.
Sie ist offensichtlich wohldefiniert, und sie ist bijektiv, mit ϕ
−1i(u
1, . . . , u
n) = (u
1: . . . : u
i: 1 : u
i+1: . . . : u
n).
Die Bilder von ε-Umgebungen unter ϕ
−1ikann man als Elementarumgebungen einer Topologie auf dem RP
nbenutzen. Dadurch werden die Abbildungen ϕ
izu Hom¨ oomorphismen, RP
nist lokal-euklidisch. Außerdem ist der projektive Raum ein Hausdorffraum: Gegeben seien zwei Punkte x = (x
0: . . . : x
n) und y = (y
0: . . . : y
n) mit x 6= y. Liegen beide Punkte in der gleichen Menge U
i, so ist klar, dass sie disjunkte Umgebungen besitzen (weil das ja im R
ngilt). Liegen die Punkte nicht in der gleichen Umgebung, so muss x
iy
i= 0 f¨ ur i = 0, . . . , n gelten. O.B.d.A. sei x = (1 : x
1: . . . : x
s: 0 : . . . : 0) und y = (0 : . . . : 0 : y
s+1: . . . : y
n−1: 1). Dann sind
V
1:= {(1 : w
1: . . . : w
n) : |w
n| < 1}
und V
2:= {(w
0: . . . : w
n−1: 1) : |w
0| < 1}
disjunkte offene Umgebungen von x bzw. y.
Ist [w] ∈ V
1und w
n= 0, so liegt [w] nicht in V
2.
Ist dagegen w
n6= 0, so ist [w] = (1/w
n: w
1/w
n: . . . : w
n−1/w
n: 1) und
|1/w
n| = 1/|w
n| > 1, also [w] 6∈ V
2.
Wir wollen nun sehen, dass π stetig ist. Offensichtlich ist f¨ ur jedes i die Abbildung α
i:= ϕ
i◦ π : π
−1(U
i) → C
nstetig. Ist W ⊂ RP
noffen, so sind auch alle Mengen W
i:= ϕ
i(W ∩ U
i) ⊂ R
noffen, und dann ist auch
π
−1(W ) = [
i
π
−1(W ∩ U
i) = [
i
π
−1ϕ
−1i(W
i) = [
i
α
−1i(W
i) offen im R
n+1. Also ist π stetig.
Da π die kompakte Sph¨ are stetig und surjektiv auf den projektiven Raum
abbildet, erweist sich auch dieser als kompakt. Dann ist insbesondere klar,
dass das 2. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt und RP
neine topologische Mannig-
faltigkeit ist.
1.3 Differenzierbare Strukturen 13
1.3 Differenzierbare Strukturen
Sei X eine topologische Mannigfaltigkeit, also ein lokal-euklidischer Hausdorffraum, der das zweite Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt. Insbesondere ist X dann lokal-kompakt und parakompakt.
Definition
Zwei Karten ϕ : U → R
nund ψ : V → R
nheißen C
k-vertr¨ aglich, wenn U ∩ V = ∅ ist oder die Abbildung
ϕ ◦ ψ
−1: ψ(U ∩ V ) → ϕ(U ∩ V )
ein C
k-Diffeomorphismus (also eine umkehrbare differenzierbare Abbildung mit ebenfalls differenzierbarer Umkehrabbildung) ist.
Die Abbildungen ϕ ◦ ψ
−1und ψ ◦ ϕ
−1nennt man Koordinatentransforma- tionen.
Definition
Ein System von Karten ϕ
ι: U
ι→ R
n(mit ι ∈ I) heißt ein C
k-Atlas f¨ ur X, falls gilt:
1. [
ι∈I
U
ι= X.
2. Alle Karten ϕ
ιsind untereinander C
k-vertr¨ aglich.
Eine C
k-Mannigfaltigkeit ist eine topologische Mannigfaltigkeit, versehen mit einem C
k-Atlas.
Ist k = ∞, so sprechen wir kurz von
” differenzierbarer Vertr¨ aglichkeit
” ,
” diffe- renzierbaren Atlanten“ und
” differenzierbaren Mannigfaltigkeiten“.
Bemerkung: K¨ unftig sprechen wir nur ¨ uber differenzierbare Mannigfaltigkeiten (also eigentlich C
∞-Mannigfaltigkeiten).
Zwei differenzierbare Atlanten f¨ ur X heißen differenzierbar vertr¨ aglich, falls jede Karte aus dem einen Atlas mit jder Karte aus dem anderen Atlas differenzierbar vertr¨ aglich ist. In diesem Falle ist die Vereinigung der beiden Atlanten wieder ein differenzierbarer Atlas. Vereinigt man alle vertr¨ aglichen Atlanten, so erh¨ alt man einen
” maximalen Atlas“. Unter einer differenzierbaren Struktur auf X ver-
steht man die Festlegung eines (maximalen) differenzierbaren Atlasses.
1.3.1. Beispiele
A. Sei X = S
ndie n-Sph¨ are, versehen mit den Karten ϕ
±i: U
i±→ B
1(0). Dann ist
ϕ
±i◦ ϕ
±j(u
1, . . . , u
n) =
=
(u
1, . . . , u
n) falls i = j, (u
1, . . . , u b
i, . . . , u
j−1, p
1 − kuk
2, u
j, . . . , u
n) falls i 6= j.
Da die Kartenwechsel differenzierbar sind, ist S
neine differenzierbare Man- nigfaltigkeit.
B. Sei X = RP
n, versehen mit den Karten ϕ
i: U
i→ R
n. Dann ist ϕ
i◦ ϕ
−1j(u
1, . . . , u
n) = u
1u
i+1, . . . , u d
i+1u
i+1, . . . , u
ju
i+1, 1 u
i+1, u
j+1u
i+1, . . . , u
nu
i+1(f¨ ur i < j), und das ist eine differenzierbare Abbildung auf
ϕ
j(U
i∩ U
j) = {(u
1, . . . , u
n) ∈ R
n: u
i+16= 0} (f¨ ur i < j).
Also ist auch RP
neine differenzierbare Mannigfaltigkeit.
1.3.2. Satz
Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit und U = (U
i)
i∈Ieine offene ¨ Uberdeckung von X. Ist 0 < r < R, so gibt es eine lokal-endliche Verfeinerung V = (V
j)
j∈Jvon U , so dass gilt:
1. Zu jedem j ∈ J gibt es ein Koordinatensystem (W
j, ϕ
j) f¨ ur X mit V
j⊂ W
jund ϕ
j(V
j) = B
R(0).
2. Die Mengen ϕ
−1j(B
r(0)) ¨ uberdecken X.
Beweis: Es gibt eine Folge von kompakten Mengen K
ν, die X aussch¨ opft.
Wir setzen M
1:= K
1und M
ν:= K
ν\ K
◦ν−1f¨ ur ν ≥ 2. Dann ist (M
ν) eine abz¨ ahlbare ¨ Uberdeckung von X durch kompakte Mengen.
Sei M = M
νf¨ ur ein festes ν. Zu jedem x ∈ M gibt es einen Index i = i(x) ∈ I und eine offene Umgebung W = W (x) ⊂ U
i∩ ( K
◦ν+1\ K
ν−2). Dabei kann W so klein gew¨ ahlt werden, dass es ein Koordinatensystem ϕ : W → B
R(0) ⊂ R
ngibt.
Sei V
0:= ϕ
−1(B
r(0)). Endlich viele solcher Umgebungen ¨ uberdecken M . F¨ uhren
wir das Verfahren f¨ ur alle M
νdurch, so erhalten wir eine abz¨ ahlbare Verfeinerung
V von U . Nach Konstruktion ist V lokal-endlich.
1.3 Differenzierbare Strukturen 15
Definition
Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit und M ⊂ X eine offene Teilmenge. Eine Funktion f : M → R heißt differenzierbar, falls f ◦ϕ
−1ι: ϕ
ι(M ∩ U
ι) → R f¨ ur jede Karte (U
ι, ϕ
ι) eine C
∞-Funktion ist.
Die Menge aller differenzierbaren Funktionen auf M sei mit C
∞(M) bezeichnet.
Ist f ∈ C
∞(M ), so nennt man die Menge
Tr(f ) := {x ∈ M : f(x) 6= 0}
den Tr¨ ager von f . Mit C
c∞(M ) bezeichnen wir die Menge aller Funktionen f ∈ C
∞(M ) mit kompaktem Tr¨ ager.
1.3.3. Satz vom Hut
Sei a ∈ R
n, 0 < r < R. Dann gibt es eine C
∞-Funktion f : R
n→ R , so dass gilt:
f (x) ≡ 1 auf B
r(a) und f(x) ≡ 0 auf R
n\ B
R(a), sowie 0 ≤ f(x) ≤ 1 ¨ uberall sonst.
Beweis: Durch
g(t) :=
exp(−1/x
2) f¨ ur x > 0 0 f¨ ur x ≤ 0
wird eine C
∞-Funktion auf R definiert, die genau f¨ ur x > 0 Werte > 0 annimmt.
Dann ist h(t) := g (1 +t)g(1− t) genau auf dem Intervall (−1, 1) positiv und ¨ uberall sonst = 0.
Die Funktion
ϕ(t) := Z
t−1
h(τ ) dτ . Z
1−1
h(τ ) dτ
ist wieder eine C
∞-Funktion, die nur Werte zwischen 0 und 1 annimmt. F¨ ur t ≤ −1 ist ϕ(t) ≡ 0 und f¨ ur t ≥ 1 ist ϕ(t) ≡ 1. Schließlich setzen wir
f (x) := ϕ
R + r − 2kx − ak R − r
.
Diese Funktion nimmt auch nur Werte zwischen 0 und 1 an. F¨ ur kx − ak ≥ R ist f (x) ≡ 0, und f¨ ur kx − ak ≤ r ist f (x) ≡ 1.
Definition
Eine Teilung der Eins auf X ist eine Familie (f
ι)
ι∈Ivon differenzierbare Funk-
tionen auf X, so dass gilt:
1. f
ι≥ 0 ¨ uberall.
2. Das System der Tr¨ ager Tr(f
ι) ist lokal-endlich.
3. P
ι∈I
f
ι= 1.
1.3.4. Satz
Zu jeder offenen ¨ Uberdeckung U = (U
ι)
ι∈Ivon X gibt es eine Teilung der Eins (f
ι)
ι∈Imit Tr(f
ι) ⊂ U
ι.
Beweis: Sei V = (V
λ)
λ∈Leine lokal-endliche Verfeinerung von U , so dass es lokale Koordinaten ϕ
λ: V
λ→ B
R(0) gibt und f¨ ur ein r mit 0 < r < R auch noch die Mengen V
λ0:= ϕ
−1λ(B
r(0)) ¨ uberdecken.
Sei f : R
n→ R eine C
∞-Funktion, so dass ¨ uberall 0 ≤ f(x) ≤ 1 ist, sowie f(x) ≡ 1 auf B
r(0) und f(x) ≡ 0 auf R
n\ B
R(0). Dann setzen wir
g
λ(x) :=
f ◦ ϕ
λ(x) f¨ ur x ∈ V
λ, 0 sonst.
Sei τ : L → I eine Verfeinerungsabbildung, also V
λ⊂ U
τ(λ). Dann ist W = (W
ι)
ι∈Imit W
ι:= S
λ∈τ−1(ι)
V
λeine offene Verfeinerung von U mit W
ι⊂ U
ι. Außerdem ist W lokal-endlich, denn zu jedem x ∈ X gibt es eine Umgebung P = P (x) und eine endliche Teilmenge L
0⊂ L, so dass P ∩ V
λ6= ∅ nur f¨ ur λ ∈ L
0gilt. Aber dann ist P ∩ W
ι6= ∅ h¨ ochstens f¨ ur ι = τ (λ), λ ∈ L
0, und das sind auch nur endlich viele.
Sei e g
ι:= P
λ∈τ−1(ι)
g
λ. Diese Summe ist ¨ uberall endlich. Deshalb ist e g
ιdifferen- zierbar, und außerdem ist Tr( e g
ι) ⊂ W
ι. Da jeder Punkt x ∈ X in einer Menge V
λ0enthalten ist, gibt es zu x mindestens ein ι mit e g
ι(x) > 0. Also ist g := P
ι
e g
ιeine
¨
uberall positive differenzierbare Funktion. Schließlich setzen wir f
ι:= e g
ιg .
Offensichtlich besitzen die f
ιalle gew¨ unschten Eigenschaften.
1.3.5. Folgerung
Sei U ⊂ X offen und V ⊂⊂ U ebenfalls offen. Dann gibt es eine differenzierbare Funktion f auf X mit f |
V= 0 und f |
(X\U)= 1.
Beweis: Sei (f
1, f
2) eine Teilung der Eins zur ¨ Uberdeckung (U, X \ V ). Dann ist
Tr(f
1) ⊂ U , Tr(f
2) ⊂ X \ V und f
1+ f
2= 1. Wir nehmen f
2als Funktion f .
1.3 Differenzierbare Strukturen 17
Definition
Es seien X und Y zwei differenzierbare Mannigfaltigkeiten. Eine stetige Abbil- dung Φ : X → Y heißt eine differenzierbare Abbildung, falls gilt: F¨ ur jede offene Menge V ⊂ Y und jede differenzierbare Funktion g : V → R ist auch g ◦ Φ : Φ
−1(V ) → R eine differenzierbare Funktion.
1.3.6. Satz
Eine stetige Abbildung Φ : X → Y ist genau dann differenzierbar, wenn f¨ ur jede Karte (U, ϕ) von X und jede Karte (V, ψ) von Y mit Φ(U ) ∩ V 6= ∅ gilt:
ψ ◦ Φ ◦ ϕ
−1: ϕ(U ∩ Φ
−1(V )) → ψ(V ) ist eine differenzierbare Abbildung.
Beweis: 1) Sei Φ eine differenzierbare Abbildung, ψ = (y
1, . . . , y
m). Da die y
µdifferenzierbare Funktionen auf V sind, ist y
µ◦ Φ differenzierbar auf Φ
−1(V ), also y
µ◦ Φ ◦ ϕ
−1differenzierbar auf ϕ(U ∩ Φ
−1(V ).
2) Nun sei das Kriterium erf¨ ullt. Ist g eine differenzierbare Funktion auf Y , so ist g ◦ ψ
−1differenzierbar, also auch
(g ◦ Φ) ◦ ϕ
−1= (g ◦ ψ
−1) ◦ (ψ ◦ Φ ◦ ϕ
−1).
Das bedeutet, dass auch g ◦ Φ eine differenzierbare Funktion ist.
Ist Φ : X → Y ein Hom¨ oomorphismus und sind Φ und Φ
−1differenzierbare Abbil- dungen, so nennt man Φ einen Diffeomorphismus.
1.3.7. Beispiele
A. Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit, X e ein Hausdorff- Raum und π : X e → X eine stetige Abbildung. Man nennt π lokal-topologisch, falls es zu jedem Punkt p
0∈ X e eine offene Umgebung U von p
0in X e und eine offene Umgebung V von x
0= π(p
0) in X gibt, so daß π|
U: U → V ein Hom¨ oomorphismus (also eine
” topologische“ Abbildung) ist.
Man kann nun X e so mit einer differenzierbaren Struktur versehen, daß π zu einer differenzierbaren Abbildung wird. Ist n¨ amlich π : U → V topologisch und ϕ : V → B ⊂ R
neine Karte, so kann man ψ := ϕ ◦ π als Karte f¨ ur X e nehmen. Sind ψ
1= ϕ
1◦ π : U
1→ R
nund ψ
2= ϕ
2◦ π : U
2→ R
nzwei Karten mit U
1∩ U
26= ∅ , so gilt f¨ ur x ∈ ϕ
2◦ π(U
1∩ U
2)
ψ
1◦ ψ
2−1= (ϕ
1◦ π|
U1) ◦ (ϕ
2◦ π|
U2)
−1= ϕ
1◦ π|
U1◦ (π|
U2)
−1◦ ϕ
−12= ϕ
1◦ ϕ
−12.
Das zeigt, daß die Karten differenzierbar miteinander vertr¨ aglich sind. Man beachte allerdings, daß X e nicht automatisch parakompakt ist.
Ist f eine differenzierbare Funktion auf X und ψ = ϕ ◦ π eine Karte f¨ ur X, so e ist auch (f ◦ π) ◦ ψ
−1= f ◦ ϕ
−1differenzierbar. Also ist π eine differenzierbare Abbildung.
B. Sind X und Y zwei differenzierbare Mannigfaltigkeiten (mit den Dimensionen n und m), so ist X × Y ein topologischer Raum. Ist (x
0, y
0) ∈ X × Y und sind U = U (x
0) ⊂ X und V = V (y
0) ⊂ Y offene Umgebungen, so kann man U ×V als Elementarumgebung von (x
0, y
0) benutzen. Mit der so eingef¨ uhrten To- pologie ist X × Y ein Hausdorrfraum, der das 2. Abz¨ ahlbarkeitsaxiom erf¨ ullt.
Offensichtlich ist X × Y eine (n + m)-dimensionale topologische Mannig- faltigkeit. Und X × Y kann leicht zu einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit gemacht werden. Ist (U, ϕ) eine Karte f¨ ur X und (V, ψ) eine Karte f¨ ur Y , so ist (U ×V, ϕ×ψ) eine Karte f¨ ur X×Y (mit (ϕ×ψ )(x, y) := (ϕ(x), ψ(y)) ∈ R
n+m).
Die differenzierbare Vertr¨ aglichkeit solcher Karten rechnet man leicht nach.
Die kanonischen Projektionen pr
1: X × Y → X und pr
2: X × Y → Y sind differenzierbare Abbildungen.
Bemerkung: Eine R -Algebra ist ein R -Vektorraum A mit einer zus¨ atzlichen assoziativen Multiplikation, so dass die Distributivgesetze gelten und r(f · g) = (rf ) · g = f · (rg) f¨ ur r ∈ R und f, g ∈ A ist.
Ist U ⊂ X offen, so ist C
∞(U ) eine kommutative R -Algebra.
Sei X eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und (x
1, . . . , x
n) = ϕ : U → R
neine Karte f¨ ur X in x
0∈ X. Ist f eine differenzierbare Funktion in der N¨ ahe von x
0, so definiert man die partiellen Ableitungen von f in x
0bez¨ uglich ϕ durch
∂f
∂x
i(x
0) := D
i(f ◦ ϕ
−1)(ϕ(x
0)), f¨ ur i = 1, . . . , n.
Dabei sei D
ig(x
0) := lim
t→0
1
t g(x
0+ te
i) − g(x
0)
die gew¨ ohnliche i-te partielle Ab- leitung einer Funktion g im R
n.
Ist (y
1, . . . , y
n) = ψ eine weitere Karte, so ist laut Kettenregel
∂f
∂y
j(x
0) = D
j(f ◦ ψ
−1)(ψ(x
0))
=
n
X
i=1
D
i(f ◦ ϕ
−1)(ϕ(x
0)) · D
j(pr
i◦ ϕ ◦ ψ
−1)(ψ(x
0))
=
n
X
i=1
∂f
∂x
i(x
0) · J
ϕ◦ψ−1ij
(ψ(x
0)),
wobei mit J
ϕ◦ψ−1die Jacobi-Matrix bezeichnet wird.
1.4 Tangentialvektoren 19
1.4 Tangentialvektoren
Sei X eine n-dimensionale differenzierbare Mannigfaltigkeit.
Definition
Eine Derivation auf X in p ist eine R -lineare Abbildung D : C
∞(X) → R , so dass gilt:
D(f · g) = D(f ) · g(p) + f (p) · D(g).
Bemerkung: Da D(1) = D(1 · 1) = D(1) · 1 + 1 · D(1) = 2D(1) ist, folgt D(1) = 0.
Wegen der Linearit¨ at ist dann D(c) = D(c·1) = c·D(1) = c·0 = 0 f¨ ur jede konstante Funktion c.
1.4.1. Lemma
Sei f ∈ C
∞(X), U = U (p) ⊂ X eine offene Umgebung und f|
U= 0. Dann ist D(f ) = 0 f¨ ur jede Derivation D in p.
Beweis: Sei V = V (p) ⊂⊂ U eine offene Umgebung. Zu der offenen ¨ Uberdeckung {X \ V , U } von X gibt es eine passende Teilung der Eins {ϕ, ψ}. Es ist ϕ|
V= 0 und ϕ|
X\U= 1 − ψ|
X\U= 1, also
ϕ · f =
1 · f = f in X \ U, ϕ · 0 = 0 = f in U.
Damit ist
D(f ) = D(ϕ · f) = ϕ(p) · D(f ) + D(ϕ) · f(p) = 0 und alles gezeigt.
Die Werte D(f) einer Derivation in a auf den Funktionen f ∈ C
∞(X) h¨ angen also nur vom Verhalten von f in der N¨ ahe des Punktes a ab, und zwar vom Keim von f in a.
1.4.2. Beispiel
Ist (U, ϕ) eine Karte f¨ ur X und a ∈ U , so kann man die Tangentialvektoren D
ν(oder ∂/∂x
ν) in a definieren durch
D
ν(f ) = ∂
∂x
ν(f) := D
ν(f ◦ ϕ
−1)(ϕ(a)), f¨ ur ν = 1, . . . , n.
Diese partiellen Ableitungen h¨ angen nat¨ urlich von der Karte ϕ ab. F¨ ur die lokalen Koordinaten x
µ= pr
µ◦ ϕ gilt dann:
D
ν(x
µ) = δ
νµ, f¨ ur ν, µ = 1, . . . , n.
Die Derivationen in a bilden einen Vektorraum T
a(X), den wir den Tangential- raum von X in a nennen.
1.4.3. Lemma
Sei f eine C
∞-Funktion auf einer Umgebung U des Nullpunktes im R
nmit f(0) = 0. Dann gibt es C
∞-Funktionen g
νauf U , so dass gilt:
f (x) =
n
X
ν=1
g
ν(x) · x
ν, mit g
ν(0) = ∂f
∂x
ν(0) f¨ ur ν = 1, . . . , n.
Beweis: Sei g
ν(x) :=
Z
1 0∂f
∂x
ν(tx) dt, f¨ ur ν = 1, . . . , n und x nahe 0.
Nun sei ein x festgehalten und g(t) := f(tx). Dann ist f (x) = g(1) − g(0) =
Z
1 0g
0(t) dt
= Z
10 n
X
ν=1
∂f
∂x
ν(tx)x
νdt =
n
X
ν=1
g
ν(x) · x
ν.
1.4.4. Satz
Die partiellen Ableitungen D
1, . . . , D
nbilden eine Basis des Tangentialraumes T
a(X). Insbesondere ist dim(T
a(X)) = n.
Beweis: Sei ϕ eine Karte mit ϕ(a) = 0. Ist D ∈ T
a(X) und f ∈ C
∞(X), so ist f ◦ ϕ
−1(x) = f ◦ ϕ
−1(0) +
n
X
ν=1
g
ν(x) · x
ν, mit g
ν(0) = ∂f /∂x
ν(0) f¨ ur ν = 1, . . . , n. Sei h
ν:= g
ν◦ ϕ. Dann ist
f (x) = f (a) +
n
X
ν=1
h
ν(x) · x
ν,
wobei jetzt die lokalen Koordinaten mit x
νbezeichnet werden und h
ν(a) = D
ν(f) ist. Dann folgt:
D(f ) =
n
X
ν=1
D
ν(f ) · D(x
ν).
Weil das f¨ ur jedes f gilt, ist D = P
ν
c
νD
ν, mit c
ν:= D(x
ν). Das zeigt, dass die
partiellen Ableitungen D
νein Erzeugendensystem des Tangentialraums bilden.
1.4 Tangentialvektoren 21
Ist umgekehrt D = P
ν
c
νD
ν= 0, so ist 0 = D(x
µ) = P
ν
c
νD
ν(x
µ) = c
µf¨ ur µ = 1, . . . , n.
1.4.5. Beispiel
Sei B ⊂ R
noffen, a ∈ B. Dann sei θ
a: R
n→ T
a(B) definiert durch θ
av(f) := D
vf (a) = Df(a)(v) =
n
X
ν=1
v
ν∂f
∂x
ν(a).
Dies ist eine lineare Abbildung. Ist θ
av = 0, so ist 0 = θ
av(x
µ) = v
µf¨ ur alle µ.
Das bedeutet, daß θ
ainjektiv, aus Dimensionsgr¨ unden also sogar bijektiv ist.
So kann man den Tangentialraum von B in a mit dem R
nidentifizieren.
Es gibt noch zwei andere, ¨ aquivalente Beschreibungen von Tangentialvektoren:
1) ¨ Aquivalenzklassen von Kurven als Tangentialvektoren:
Betrachtet werden differenzierbare Kurven α : (−ε, ε) → X mit α(0) = a. Zwei solche Kurven α und β heißen ¨ aquivalent (in a), falls gilt:
(f ◦ α)
0(0) = (f ◦ β)
0(0) f¨ ur alle differenzierbaren Funktionen f.
Eine ¨ Aquivalenzklasse [α] von Kurven definiert eine Derivation D durch D(f) := (f ◦ α)
0(0).
Ist umgekehrt D eine Derivation in a und ϕ eine Karte in a mit zugeh¨ origen lokalen Koordinaten x
1, . . . , x
n, so kann man α : (−ε, ε) → X wie folgt definieren:
α(t) := ϕ
−1ϕ(a) + t(D(x
1), . . . , D(x
n)) .
Dann ist
(f ◦ α)
0(0) =
n
X
ν=1
∂(f ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(ϕ(a)) · D(x
ν)
=
n
X
ν=1
D(x
ν)D
ν(f) = D(f ).
2) ¨ Aquivalenzklassen von Vektoren mit Transformationsverhalten:
Betrachtet werden Paare (v, ϕ), wobei v ∈ R
nund ϕ eine Karte in a ist. Zwei Paare (v, ϕ) und (w, ψ) heißen ¨ aquivalent, falls gilt:
v
>= J
ϕ◦ψ−1(ψ (a)) · w
>.
Es ist klar, dass das eine ¨ Aquivalenzrelation ist. Die Vektorraum-Struktur des R
n¨ ubertr¨ agt sich auf die Menge der ¨ Aquivalenzklassen [v, ϕ].
Ist ein Paar (v, ϕ) mit v = (v
1, . . . , v
n) gegeben, so kann man eine Derivation D in a definieren durch D := P
ν
v
νD
ν. Ist (w, ψ) ¨ aquivalent zu (v, ϕ), so ist
n
X
ν=1
v
ν∂ (f ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(ϕ(a)) =
n
X
ν=1
X
nµ=1
∂(ϕ ◦ ψ
−1)
ν∂y
µ(ψ(a))w
µ∂(f ◦ ϕ
−1)
∂x
ν(ϕ(a))
=
n
X
µ=1
w
µ∂ (f ◦ ψ
−1)
∂y
µ(ψ (a)).
Also ist die Definition von D unabh¨ angig vom Repr¨ asentanten.
Ist eine Derivation D gegeben, so setzt man v := (D(x
1), . . . , D(x
n)). Dieser Vek- tor h¨ angt von den gew¨ ahlten Koordinaten ab. Wechselt man die Koordinaten, so transformiert sich der Vektor wie oben.
Definition
Ist Φ : X → Y eine differenzierbare Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten und a ∈ X, so wird die Tangentialabbildung Φ
∗,a: T
a(X) → T
Φ(a)(Y ) definiert durch
Φ
∗,aD(g) := D(g ◦ Φ).
Offensichtlich ist Φ
∗,alinear, und es gilt:
1. (id
X)
∗,a= id
Ta(X).
2. Ist Ψ : Y → Z differenzierbar, so ist (Ψ ◦ Φ)
∗,a= Ψ
∗,Φ(a)◦ Φ
∗,a.
1.4.6. Satz
Ist (U, ϕ) eine Karte f¨ ur X und (V, ψ) eine Karte f¨ ur Y , so wird Φ
∗,abez¨ uglich der von den Karten induzierten Basen durch die Matrix J
ψ◦Φ◦ϕ−1(ϕ(a)) beschrieben.
Beweis: Sei D
ν(f ) = ∂ (f ◦ ϕ
−1)/∂x
ν(ϕ(a)) und D e
µ(g) = ∂(g ◦ ψ
−1)/∂y
µ(ψ(a)).
Dann ist Φ
∗,aD
ν= P
mµ=1
a
νµD e
µ, mit
a
νµ= (Φ
∗,aD
ν)(y
µ) = D
ν(y
µ◦ Φ) = D
ν(y
µ◦ ψ ◦ Φ ◦ ϕ
−1)(0).
Man kann nun viele S¨ atze aus dem R
nauf Mannigfaltigkeiten ¨ ubertragen. Dazu definieren wir noch:
rg
a(Φ) := rg(Φ
∗,a).
1.4 Tangentialvektoren 23
Der Rang ist unabh¨ angig von den Koordinaten.
Wenn klar ist, um welchen Punkt es geht, lassen wir den auch weg: Φ
∗= Φ
∗,a. Ist ein Tangentialvektor als ¨ Aquivalenzklasse [α] (von Kurven) gegeben, so ist
Φ
∗([α]) = [Φ ◦ α].
Der Tangentialvektor [α] kann auch in der Form α(0) := [α] =
•α
∗∂
∂t =
n
X
ν=1