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ie Bronzezeit gehört zweifellos zu einer der interessantesten Epo- chen der europäischen Vor- geschichte: eine Zeit nach- haltiger Veränderungen und Neuerungen. Anhand zahl- reicher Funde datiert man die Bronzezeit in Europa von et- wa 2400 bis 600 v. Chr. Sie ist eine der wichtigsten Perioden des europäischen kulturellen Zusammenwachsens. Besu- cher der Kunst-und Ausstel- lungshalle in Bonn haben bis zum 22. August Gelegenheit, sich ein Bild von den For- schungsergebnissen und be- deutenden Funden dieses fast 2 000 Jahre umfassenden Zeitraumes zu machen.Unter der Schirm- herrschaft des Euro- parats, dessen Ziel es unter anderem ist, das gemeinsame kulturpolitische Erbe Europas ins Bewußtsein zu rücken, sind in Bonn ein- zigartige Schätze der Bronze- zeit zu sehen. Für diese Wan-
derausstellung trug man rund 250 kostbare Leihgaben aus 70 Museen aus 23 europäi- schen Ländern zusammen.
Bronze war in Ägypten bereits um 3000 v. Chr. be- kannt. Es dauerte verhältnismäßig lange, bis sich die Bronzemetallurgie von Südosteuropa über Mit- tel- bis nach Nordwesteuropa ausbreitete. In der Ausstel- lung lassen sich die Schritte auf dem Weg der Metallver- arbeitung mit dem Werkstoff Bronze nachvollziehen. Aus diesem begehrten Material wurden Waffen, Rüstungen, Räder, Gebrauchswaren, Kult-
gegenstände und Schmuck her- gestellt. Es sind aber nicht nur Arbeiten aus Bronze, son- dern auch aus Gold, Silber, Ton, Elfenbein und Bernstein zu bewundern.
Die ausgewählten Exponate „berich- ten“ in fünf Kapiteln über „Abenteurer, Kunsthandwerker und Rei- sende“, „Die Helden und ihr Lebensstil“, „Die Helden – Leben und Tod“, „Die Götter- welt der Bronzezeit“ und „Die Geburt Europas“. Das letzte Kapitel widmet sich insbeson- dere der Entstehung der grie- chischen Linearschrift. Höhe- punkte der Ausstellung sind
der berühmte Sonnenwagen von Trundholm, ein Zeugnis für den hohen Stand der Bron- zeverarbeitung in Nordeuropa sowie die erstmals gemeinsam ausgestellten vier Goldhüte (Goldkegel) aus Frankreich und Deutschland.
Die hervorragend
„inszenierte“ Aus- stellung läßt jedes Exponat zur Gel- tung kommen. Der Vergleich der Fundstücke verschiede- ner Regionen verdeutlicht, daß die Bronzezeit eine Kul- turepoche war, die weite Tei- le Europas umfaßte und die trotz regionaler Unterschie- de wesentliche Gemeinsam- keiten aufweist. Es gelingt hier auf eindrucksvolle Wei- se, die Europäer auf ihre ge- meinsamen Wurzeln und Werte aufmerksam zu ma- chen. Begleitet von Texten aus Homers Epen „Ilias“ und
„Odyssee“, kann der Besu- cher in die Bronzezeit eintau- chen, sich in die mystischen Vorstellungen der damaligen Völker vertiefen.
Der ausgezeichnete Aus- stellungskatalog gibt ein um- fassendes Bild über die Bron- zezeit in Europa und doku- mentiert den neuesten For- schungsstand. Für den Arzt dürfte darin das kurze Kapi- tel „Der Mensch der Bronze- zeit“ besonders interessant sein. Mit den modernen Un- tersuchungsmethoden und Techniken der Paläopatholo- gie konnten die Lebensbedin- gungen und Krankheiten des bronzezeitlichen Menschen relativ genau rekonstruiert werden. Medizinhistorisch von Bedeutung ist auch der beschriebene Nachweis ver- schiedener bronzezeitlicher Methoden der Schädeltrepa- nation sowie ihrer „Erfolge“.
Dr. med. Stephanie Krannich
A-1847 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 27, 9. Juli 1999 (51)
V A R I A FEUILLETON
Die Ausstellung „Götter und Helden der Bronzezeit – Europa im Zeitalter des Odys- seus“ ist dienstags und mittwochs von 10 bis 21 Uhr und donnerstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr zu besichtigen. Ein interessantes Rahmenprogramm, bestehend aus wissenschaftli- chen Vorträgen, Vorführungen und Mitmach-Aktionen für jung und alt, begleitet wiederum die Ausstellung. Termine und Informationen: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesre- publik Deutschland, Museumsmeile Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113 Bonn, Tel
02 28/91 71-2 00, Internet: www.kah-bonn.de SK
Götter und Helden der Bronzezeit
Eine der wichtigsten Perioden des europäischen Zusammenwachsens
Foto: Nationalmuseet, Kopenhagen
Sonnenwagen, Trundholm, Hojby, Holbak, Dänemark, 14. Jahrhundert v. Chr., Bronze und Gold, Länge: 59,6 cm