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Untersuchung der Schleimhautmorphologie im Dünn- und Dickdarm nach oraler Applikation von Saccharomyces boulardii und Bacillus cereus var. toyoi beim Schwein

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Academic year: 2022

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der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Untersuchung der Schleimhautmorphologie im Dünn- und Dickdarm nach oraler Applikation von Saccharomyces boulardii und Bacillus cereus var. toyoi

beim Schwein

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades eines

DOCTOR MEDICINAE VETERINARIAE durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von Berit Görke

aus Kiel

Hannover 2000

(2)

Univ.-Prof. Dr. J. Pohlenz

1. Gutachter: Priv.-Doz. Dr. E. Liebler-Tenorio 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. W. Meyer

Tag der mündlichen Prüfung: 29. Mai 2000

gefördert durch ein Stipendium des Landes Niedersachsen zur Förderung des wissenschaftli- chen und künstlerischen Nachwuchses (GradFöG)

(3)
(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

...

8

2. Literaturübersicht

...

9

2.1 Probiotika...9

2.1.1 Definition...9

2.1.2 Einsatz von Probiotika beim Menschen ...9

2.1.3 Probiotika in der Veterinärmedizin und Nutztierhaltung...11

2.1.3.1 Einsatz als Therapeutikum und Prophylaktikum...11

2.1.3.2 Einsatz als Leistungsförderer...13

2.1.4 Wirkungsmechanismen der Probiotika...14

2.1.4.1 Wirkung auf pathogene Mikroorganismen...15

2.1.4.2 Wirkung auf den Wirtsorganismus...18

2.1.5 Charakterisierung der verwendeten Mikroorganismen ...22

2.1.5.1 Saccharomyces boulardii...22

2.1.5.2 Bacillus cereus var. toyoi...23

2.2 Der Darmtrakt des Schweines ...24

2.2.1 Anatomie des Schweinedarmes ...24

2.2.2 Histologie des Schweinedarmes ...26

2.2.2.1 Aufbau der Darmwand ...26

2.2.2.2 Zelltypen des Schleimhautepithels ...28

2.2.3 Mikroorganismenflora des Schweinedarmes...29

2.3 Die intestinale Mukusschicht...31

2.3.1 Zusammensetzung des Mukus...31

2.3.2 Muzine...32

2.3.2.1 Definition...32

2.3.2.2 Proteinanteil...33

2.3.2.3 Kohlenhydratanteil...33

2.3.2.4 MUC-Gene ...34

2.3.2.5 Synthese der Muzine...36

3. Material und Methoden

...

38

3.1 Versuchstiere ...38

3.2 Fütterung und Haltung...39

3.3 Probengewinnung, -aufbereitung und -aufbewahrung ...40

3.4 Färbung der Paraplastschnitte...41

3.4.1 Hämatoxylin-Eosin(HE)-Färbung...41

3.4.2 Alzianblau(2.5)-Perjodsäure-Schiff-Färbung (AB(2.5)-PAS-Färbung)...42

3.4.3 High-Iron-Diamine-AB-Färbung (HID-AB-Färbung) ...43

3.5 Lektinhistochemie...43

3.5.1 Detektionsprinzip...43

3.5.2 Maackia amurensis-Agglutinin (MAA) ...44

3.5.3 Sambucus nigra-Agglutinin (SNA)...45

3.6 Immunhistochemischer Nachweis von Ki67-Antigen...45

3.7 Morphometrische Auswertung der histologischen Schnitte...46

(6)

3.7.1 Meßgerät...46

3.7.2 Zotten- und Kryptmessungen...46

3.7.2.1 Messung der Zottenlänge ...46

3.7.2.2 Messung der Zottenbreite...47

3.7.2.3 Kryptlängenmessung...47

3.7.3 Messung der Dicke der einzelnen Darmwandschichten ...48

3.7.4 Becherzellzählung ...48

3.7.4.1 Becherzellzählung im AB(2.5)-PAS-Präparat...48

3.7.4.2 Becherzellzählung im HID-AB-Präparat ...49

3.7.4.3 Becherzellzählung im SNA- und MAA-Präparat...50

3.7.5 Auszählung proliferierender Zellen...50

3.8 Lupenpräparation von Zotten...51

3.9 Herstellung der Präparate für die rasterelektronenmikroskopische Untersuchung51 3.10 Untersuchung der Muzine...52

3.10.1 Isolierung der Muzine...52

3.10.1.1 Vorversuche...52

3.10.1.2 Isolierung der Muzine aus dem Gewebe der Versuchstiere...54

3.10.2 Konzentrierung der Muzine...55

3.10.3 Auftrennung der Muzine ...55

3.10.3.1 Vorbereitung der Säulen...55

3.10.3.2 Kalibrierung der Säulen...56

3.10.3.3 Auftrennung der Proben...57

3.10.4 Photometrische Untersuchung der Proben...:...57

3.10.4.1 Photometrische Untersuchung des Proteingehaltes der Muzine ...57

3.10.4.2 Photometrische Untersuchung des Kohlenhydratgehaltes der Muzine...57

3.10.4.3 Kalibrierung der photometrischen Messungen...58

3.11 Statistische Auswertung ...58

4. Ergebnisse

...

59

4.1 Sektionsbefunde der Versuchstiere ...59

4.2 Ergebnisse der morphologischen Untersuchungen ...59

4.2.1 Schleimhautmorphologie...59

4.2.2 Zotten- und Kryptmessungen...63

4.2.2.1 Messung der Zottenlänge im histologischen Schnitt...63

4.2.2.2 Messungen an in toto präparierten Zotten...65

4.2.2.3 Messung der Zottenbreite...66

4.2.2.4 Messung der Krypttiefen in Dünn- und Dickdarm...70

4.2.3 Ermittlung der Dicke der einzelnen Darmwandschichten...72

4.2.4 Quantitative und qualitative Untersuchung der Becherzellen...77

4.2.4.1 Anzahl der Becherzellen...77

4.2.4.2 Anzahl der AB(2.5)-positiven/PAS-negativen Becherzellen...82

4.2.4.3 Anzahl der AB(2.5)-negativen/PAS-positiven Becherzellen...86

4.2.4.4 Kryptlänge bis zum ersten Auftreten HID-positiver Becherzellen ...90

4.2.4.5 Anzahl der HID-positiven Becherzellen ...91

4.2.4.6 Anzahl der HID-negativen/AB-positiven Becherzellen...92

4.2.4.7 Anzahl der SNA-positiven Becherzellen...96

4.2.4.8 Anzahl der MAA-positiven Becherzellen...100

4.2.5 Häufigkeit Ki67-positiver Zellen im Epithel des proximalen Colon ...104

(7)

4.2.6 Vergleich der Schleimhautabschnitte mit und ohne Peyersche Platte im Ileum ....104

4.3 Ergebnisse der Muzinanalyse ...110

4.3.1 Muzinisolierung...110

4.3.2 Muzine des Ileums...111

4.3.3 Muzine des Caecums ...112

5. Diskussion

...

116

6. Zusammenfassung

...

124

7. Summary

...

126

8. Literaturverzeichnis

...

128

9. Anhang

...

146

Abkürzungen

AB: Alzianblau

AB(2.5)-PAS: Alzianblau(2.5)-PAS

Abb.: Abbildung

Bac. cer. toyoi: Bacillus cereus var. toyoi

Fu: Fukose

g: Erdbeschleunigung

Gal: Galaktose

GalNAc: N-Azetyl-Galaktosamin

GlcNAc: N-Azetyl-Glukosamin

HE: Hämatoxylin-Eosin

HID: High-Iron-Diamine

HID-AB: High-Iron-Diamine-Alzianblau KBE: Koloniebildende Einheiten MAA: Maackia amurensis-Agglutinin Neu-NAc: N-Azetyl-Neuraminsäure PAS: Perjodsäure-Schiff-Reaktion

PP: Peyersche Platte

REM: Rasterelektronenmikroskop

S. boulardii: Saccharomyces boulardii

Tab.: Tabelle

SD: Standardabweichung

SNA: Sambucus nigra-Agglutinin

TCH: Thiokarbohydrazid

(8)

1. Einleitung

Bereits 1907 empfahl Metchnikoff zur Behandlung von Darmerkrankungen die Applikation von fermentierten Milchprodukten und wird daher von zahlreichen Autoren als Begründer des probiotischen Konzeptes angesehen (z.B. RAFFLE 1956; FULLER 1977; SCHEUERMANN 1993; PIRVULESCU et al. 1996). Empirisch wurden Milchsäurebakterien schon seit der An- tike gegen verschiedenste Krankheiten eingesetzt (FULLER 1992). Nach Einführung der An- tibiotika verschwanden die Probiotika bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts weitgehend aus der wissenschaftlichen Literatur. In der volkstümlichen Heilkunde blieb jedoch das Wissen um die Wirkung von Joghurt (RAFFLE 1956) oder Aufgüssen und Tees aus Heu oder Kuhdung gegen Durchfallerkrankungen bei Mensch und Tier erhalten (SCHMÖGER 1960). Als die anfängliche Euphorie durch das Auftreten zum Teil erheblicher gastrointestinaler Nebenwir- kungen beim oralen Einsatz von Antibiotika gedämpft wurde, bot sich der altbewährte Heu- keim Bacillus subtilis als apathogener Stabilisator einer angeschlagenen Darmflora an. In den 50er Jahren wurde das aus diesem Mikroorganismus entwickelte Präparat Bactisubtil in Frankreich erfolgreich eingesetzt (SCHMÖGER 1960). Seither erlebten die Probiotika ihre medizinische Renaissance zunächst in Europa. Seit den achtziger Jahren finden sich auch vermehrt Studien nordamerikanischer Forschungseinrichtungen zu diesem Thema (ELMER 1996).

Das Wissen über den Wirkungsmechanismus der Präparate ist dennoch lückenhaft. Insbeson- dere die Beeinflussung des Wirtsorganismus‘ durch das Probiotikum selbst, unabhängig von Krankheitserregern, ist nur in wenigen Studien berücksichtigt. In dieser Arbeit sollte daher am Modell des Schweines der Einfluß zweier verschiedener probiotischer Präparate auf die ge- sunde intestinale Mukosa als Kontaktort des Probiotikums mit dem Wirtsorganismus unter- sucht werden.

Insbesondere sollten folgende Fragen beantwortet werden:

1.) Können Probiotika die Morphologie der gesunden Darmmukosa beeinflussen?

2.) Hat der Einsatz von Probiotika Auswirkungen auf die intestinale Mukusschicht?

Zur Verwendung kamen eine in der Humanmedizin eingesetzte Hefe und ein ausschließlich in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung eingesetzter Sporenbildner. Das Schwein bietet als Versuchstier in diesem Projekt den Vorteil eines Verdauungssytems, das dem des Menschen ähnelt, so daß sich diese Tierart als Modelltier anbietet.

(9)

2. Literaturübersicht 2.1 Probiotika

2.1.1 Definition

Der Name Probiotikum wurde erstmalig von LILLEY und STILWELL (1965) verwendet, die diesen dem Begriff Antibiotikum gegenüber stellten und damit eine Substanz des Ciliaten Colpidium campylum bezeichneten, die das Wachstum eines anderen Protozoen stimulierte.

Heute besitzt diese Bezeichnung eine veränderte Bedeutung.

Am gebräuchlichsten ist die Definitionvon FULLER (1989). Danach ist ein Probiotikum „ein lebender mikrobieller Futterzusatz, der eine vorteilhafte Wirkung auf das Wirtstier hat, indem er das intestinale mikrobielle Gleichgewicht verbessert“. Der Autor betont, daß das Wort

„Substanz“ bewußt vermieden wurde, um die Bedeutung der Lebensfähigkeit der probioti- schen Keime hervorzuheben.

Alternativ zu „Probiotikum“ ist insbesondere in humanmedizinischen Publikationen die Be- zeichnung Biotherapeutikum gebräuchlich. Der offizielle Terminus der Europäischen Ge- meinschaft ist „ecological health control product“ (EHCP), während die Food and Drug Ad- ministration der USA Herstellern die Bezeichnung „direct-fed microbial (DFM)“ vorschreibt (STAVRIC u. KORNEGAY 1995).

Abzugrenzen von den Probiotika sind Präbiotika (auch: Prebiotika, in Anlehnung an die eng- lische Schreibweise) und Symbiotika. Ein Präbiotikum ist eine Substanz, deren Verabrei- chung bestimmte erwünschte Mikroorganismengruppen zu Lasten pathogener Keime fördern soll. So führt zum Beispiel die Verabreichung von Fruktose-Oligosacchariden zu einer Erhö- hung der Zahl der Bifidobakterien im Colon (GIBSON u. MCCARTNEY 1998).

Symbiotika setzen sich aus einem Mikroorganismenstamm und einem von ihm verwertbaren Substrat zusammen und stellen somit eine Kombination aus Präbiotikum und Probiotikum dar.

2.1.2 Einsatz von Probiotika beim Menschen

Nachdem der empirische Einsatz mikrobieller Mischkulturen in traditionellen Hausmitteln bereits auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken konnte, kamen in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts die ersten Monopräparate aus definierten Stämmen auf den Arzneimit- telmarkt (SCHMÖGER 1960). Die Hauptindikation war damals wie heute der unterstützende

(10)

Einsatz bei der Behandlung von Diarrhöen verschiedener Ursache. Besondere Bedeutung er- langt hat die antidiarrhöische probiotische Therapie bei Kleinkindern sowie bei Erwachsenen nach Antibiotikaeinsatz (sog. Antibiotika-assoziierte Diarrhöe) oder Fernreisen (sog. Reisedi- arrhöe; KIRCHHELLE et al. 1996). Im klinischen placebokontrollierten Versuch wissen- schaftlich nachgewiesen wurde in diesen Einsatzgebieten die Wirksamkeit verschiedener Lactobacillus-Spezies, Bifidobakterien und Streptokokkazeen, sowie der Hefe Saccharomy- ces (S.) boulardii (Tab. 1).

Mikroorganismenspezies Indikation

Antibiotika-assoziierte Diarrhöe Reisediarrhöe

akute Diarrhöe bei Kleinkindern S. boulardii

Diarrhöe in Zusammenhang mit AIDS

Antibiotika-assoziierte Diarrhöe Lactobacillus casei GG

akute Diarrhöe bei Kleinkindern Lactobacillus acidophilus und Lactobacillus casei Antibiotika-assoziierte Diarrhöe

Bifidobacterium longum Antibiotika-assoziierte Diarrhöe

Bifidobacterium longum und Lactobacillus acidophilus Antibiotika-assoziierte Diarrhöe Bifidobacterium bifidum und Streptococcus thermophilus akute Diarrhöe bei Kleinkindern Enterococcus faecium SF 68 akute Diarrhöe bei Erwachsenen Tab. 1: Als Probiotika eingesetzte Mikroorganismen mit in placebokontrollierten Studien erwiesener Wirksamkeit in den angegebenen Indikationen (ELMER et al. 1996, gekürzt).

Desweiteren wurde durch S. boulardii eine Symptommilderung bei Patienten mit Morbus Crohn erreicht. In einer Doppelblindstudie während einer Krankheitsphase ohne akuten Schub zeigten die zusätzlich zur Basistherapie mit dem Probiotikum behandelten Patienten signifi- kant weniger Residualbeschwerden als diejenigen, die zusätzlich zur Grundmedikation ein Placebo erhalten hatten (PLEIN u. HOTZ 1992). Auch im zugehörigen Tiermodell erwies sich eine probiotische Behandlung als wirksam. Die Verabreichung von Lactobacillus reuteri an IL-10 defiziente Mäuse führte zu einer Verminderung der pathologisch-histologischen Veränderungen im Darm bei der sich bei diesen Tieren stets spontan entwickelnden Colitis (MADSEN et al.1999).

(11)

2.1.3 Probiotika in der Veterinärmedizin und Nutztierhaltung 2.1.3.1 Einsatz als Therapeutikum und Prophylaktikum

Bei Hunden und Katzen erfolgt der Probiotikaeinsatz in vergleichbaren Indikationen und mit denselben Präparaten wie beim Menschen. Zunehmend wird von Seiten der Hersteller in jüngster Zeit die prophylaktische Applikation von Pro- und Präbiotika durch den Halter pro- pagiert.

Die gebräuchlichsten Keime in probiotischen Produkten für den Nutztierbereich sind ver- schiedene Lactobacillus-, Streptococcus- und Bacillus-Arten, sowie der Schimmelpilz Asper- gillus oryzae und von den Hefen Torulopsis und Saccharomyces cerevisiae (Tab. 2). Diese Präparate werden zum einen als Prophylaktikum, zum anderen in der Hoffnung auf Lei- stungssteigerung verwendet.

Bakterien

Bacillus coagulans lentus

licheniformis pumilus subtilis

Bacteroides amylophilus capillosus ruminocola suis

Bifidobacterium adolescentis animalis bifidum infantis longum thermophilus

Lactobacillus acidophilus brevis bulgaricus casei cellobiosus curvatus delbruekii fermentum lactis plantarum reuteri Leuconostoc

mesenteroides Pediococcus acidilacticii cerevisiae pentosaceus

Propionibacterium freudenreichii shermanii

Streptococcus faecium intermedius lactis

thermophilus

Pilze

Aspergillus Saccharomyces niger cerevisiae oryzae

Tab. 2: Übersicht über die bei Nutztieren eingesetzten Probiotika (nach ROLLE 1993)

(12)

Die Idee des prophylaktischen Einsatzes von Mikroorganismen stammt aus der Geflügelpro- duktion. Nachdem mit zunehmender Automatisierung des Brutprozesses eine immer vollstän- digere Trennung der Altersstufen erreicht worden ist, können die Küken nicht mehr über den Kot der Adulten deren Darmflora erwerben. Die Folge ist eine geringere Widerstandsfähigkeit gegen die Besiedelung mit pathogenen Keimen (sog. Kolonisationsresistenz). NURMI und RANTALA (1973) wiesen nach, daß nach Verabreichung von Darminhalt erwachsener Tiere an Broilerküken bei 70 bis 80 % der Versuchsgruppe die Applikation von Salmonella infantis zu keiner Besiedelung mit dem pathogenen Keim führte, während die Kontrollgruppe zu 100 % in zumindest einer Lokalisation des Magendarmtraktes kolonisiert wurde. Auf der Grundlage dieser Beobachtung entstand das Konzept der kompetitiven Exklusion (CE), das auf der Verabreichung einer Mischung verschiedener Bakterienstämme an Junggeflügel zur Verhinderung der Besiedelung mit pathogenen Keimen, insbesondere Salmonellen und Campylobacter, beruht. Dieses Verfahren besitzt auch gegenwärtig noch Bedeutung als eine mögliche Maßnahme zur Reduktion der nach wie vor sehr hohen Salmonellenprävalenz in Geflügelschlachtkörpern (BLANKENSHIP et al. 1993). Aus dem Kot adulter Tiere gewonne- ne undefinierte Mischkulturen erwiesen sich als effektivste Initiatoren einer stabilen protekti- ven Intestinalflora (BARROW 1992).

Es sind auch einzelne Laktobazillen mit inhibierender Wirkung auf Enterobakteriazeen im Geflügel bekannt. So reduzierten ein Lactobacillus salivarius- und ein Lactobacillus del- brueckii delbrueckii-Stamm jeweils die Anheftung von Salmonella typhimurium an caecalen Mukus (CRAVEN u. WILLIAMS 1997). Desweiteren wurde in gnotobiotischen Küken die Vermehrung von Escherichia coli im Kropf durch die Applikation von Laktobazillen verrin- gert (FULLER 1977). Supplementierung mit S. boulardii führte zu einer geringeren Koloni- sierungshäufigkeit des Caecums durch Salmonella typhimurium, nicht aber durch Campy- lobacter jejuni (LINE et al. 1997; 1998).

Auch beim Schwein werden probiotische Einzelpräparate als Prophylaktika eingesetzt. Von Bedeutung sind bei dieser Tierart ebenfalls Milchsäurebakterien (FOX 1988) sowie Sporen- bildner (IBEN u. LEIBETSEDER 1989).

Auf den Verlauf der experimentell induzierten Colienterotoxämie hatten Lactobacillus- oder Streptococccus faecium-Präparate jedoch keinen Einfluß. Eine Gruppe von Absetzferkeln, die zwei Tage nach probiotischer Supplementierung mit dem Escherichia coli-Stamm O141 K85 infiziert worden war, zeigte dieselbe Mortalität wie die Kontrollgruppe, die vorab keine Pro-

(13)

biotika erhalten hatte. Auch bezüglich klinischer Symptome und Erregerausscheidung unter- schieden sich die Gruppen nicht (DE CUPERE et al. 1992).

Bei Regenbogenforellen senkte die Verabreichung von Pseudomonas fluorescens die durch eine anschließende Exposition gegenüber Vibrio anguillarum verursachten Verluste (GRAM et al. 1999).

2.1.3.2 Einsatz als Leistungsförderer

Neben der Verhinderung von Krankheiten werden Probiotika bei Nutztieren von Seiten der Hersteller vor allem zur Erhöhung der Produktivität propagiert. Da die Zulassung antibioti- scher Leistungsförderer für die Tierernährung vom Gesetzgeber immer weiter eingeschränkt wird, wird probiotischen Supplementen auch von Seiten der Landwirte zunehmend Interesse entgegengebracht. Untersuchungen über den Einsatz von Probiotika zur Leistungssteigerung liegen von verschiedenen Tierarten vor.

Geflügel

Bei Masthähnchen führte die Applikation einer Mischung aus Lactobacillus acidophilus, Lactobacillus casei, Bifidobacterium bifidum, Aspergillus oryzae und Torulopsis zu höheren Tageszunahmen, erhöhter Stickstoffretention und einem niedrigeren Serumcholesterolspiegel (MOHAN et al. 1996). Bei Legehennen wurde durch das gleiche Präparat eine erhöhte Eipro- duktion, höhere Schalendicke und niedrigere Dotter- und Serumcholesterolkonzentration er- reicht (MOHAN et al. 1995). Saccharomyces cerevisiae wird bei Broilern eine protektive Wirkung gegen die durch Aflatoxinkontamination des Futters verursachte Leberschädigung zugeschrieben (STANLEY et al.1993).

Schwein

Beim Schwein wurde nach Applikation von Bacillus cereus var. caron bei Läufern eine signi- fikant erhöhte Stickstoffretention und eine tendenziell höhere tägliche Zunahme erreicht (SCHEUERMANN 1993). Saccharomyces cerevisiae-Zugabe führte in derselben Altersgrup- pe zu einer vermehrten täglichen Futteraufnahme, die erhöhte Tageszunahme war aber auch hier nicht signifikant (MATHEW et al. 1998). Durch die Verabreichung einer Mischung aus Lactobacillus acidophilus und Lactobacillus fermentum wurden keine Veränderungen bezüg- lich Futteraufnahme und Tageszunahme beobachtet (NOUSIAINEN u. SUOMI 1991).

POLLMANN et al. (1980) fanden nach Lactobacillus acidophilus-Applikation sogar tenden- ziell erniedrigte tägliche Zunahmen.

(14)

Desweiteren wurden die postprandialen porto-arteriellen Konzentrationsdifferenzen von Glu- kose, Galaktose, L-Laktat und Amin-Stickstoff durch die Applikation von Bacillus cereus oder eines Gemisches der Lactobacillus-Arten acidophilus, fermentum und brevis nicht ver- ändert. Der Erdkeim Sporobacillus P44 bewirkte jedoch eine signifikante Erhöhung der Amin-Stickstoff-Absorption (RYCHEN u. SIMOES NUNES 1995).

Milchkühe

Bei Milchkühen sind nach der Supplementierung mit Saccharomyces cerevisiae sowohl eine Zunahme als auch eine Abnahme der Milchleistung beschrieben worden. Hierbei schwankten die Angaben zwischen 6 % Abnahme und 17 % Zunahme (WILLIAMS et al. 1990;

NEWBOLD 1995). Der Abbau von Zellulose war bei mit Saccharomyces cerevisiae supple- mentierten Rindern langsamer als bei den Kontrolltieren (HARRISON et al. 1988).

Schafe und Ziegen

Bei Schafen und Ziegen wurde die Abbaurate rohfaserreicher Futtermittel, die in einem Ny- lonbeutel im Pansen inkubiert wurden, nach Zufütterung zweier verschiedener Saccharomy- ces cerevisiae-Präparate untersucht. Während ein Stamm die Abbaubarkeit des Futtermittels erhöhte, hatte der andere keinen Einfluß. Der pH-Wert und die Konzentration flüchtiger Fett- säuren im Pansen blieben bei beiden unverändert (FLACHOWSKY et al. 1992).

2.1.4 Wirkungsmechanismen der Probiotika

Trotz der inzwischen weit verbreiteten Anwendung von Probiotika ist die theoretische Basis der erzielten Effekte nur unvollständig bekannt. Versuche in vitro und in vivo zur Aufklärung der zugrundeliegenden Wirkungsmechanismen lieferten Hinweise auf ein multifaktorielles Geschehen (Abb. 1):

(15)

a) Konkurrenz um Nährstoffe b) Konkurrenz um Bindungsstellen c) Agglutination von Keimen

d) Veränderung des intestinalen Milieus e) Antimikrobielle Substanzen

f) Neutralisation von Toxinen

a) Förderung des unspezifischen Immunsystems b) Verstärkung der spezifischen Immunantwort c) Beeinflussung der Schleimhautpermeabilität

d) Beeinflussung von zellulären Transportmechanismen e) Anabole Wirkung auf den Gesamtstoffwechsel

f) Förderung der Schleimhautdifferenzierung

Abb. 1: Hypothesen zu Wirkungsmechanismen und Angriffspunkten probiotischer Mikroorganismen

2.1.4.1 Wirkung auf pathogene Mikroorganismen a) Konkurrenz um Nährstoffe

Zum einen gibt es Anzeichen für eine Konkurrenzsituation zwischen der autochthonen Darm- flora und den mit der Nahrung in dieses Ökosystem gelangenden Mikroorganismen. Dafür sprechen die Ergebnisse der Arbeit von COLLINS und CARTER (1978). In dieser Studie an Mäusen wurde ein Zusammenhang zwischen der mikrobiellen Besiedelung und der letalen Dosis von Salmonella enteritidis festgestellt. Während für konventionell gehaltene Mäuse 106 koloniebildende Einheiten (KBE) tödlich waren, starben 100 % der keimfreien Tiere bereits nach der Verabreichung von 101 KBE.

Das unter natürlichen Bedingungen begrenzte Angebot leicht metabolisierbarer Kohlenhy- drate scheint hierbei einen limitierenden Faktor darzustellen, der die an das intestinale Milieu angepaßte darmständige Flora stabilisiert und neu hinzukommende Keime inhibiert. So zeig- ten WILSON und PERINI (1988) in vitro, daß sich Clostridium difficile in muriner Fäkalflora

Probiotika Pathogene

Mikroorganismen

Wirtsorganismus

(16)

im continous-flow-System nur halten und vermehren kann, wenn zusätzlich Glukose, N- Azetyl-Glukosamin oder Sialinsäure zugesetzt werden.

HUNGATE (1984) vermutet, daß das intestinale Ökosystem destabilisiert werde, wenn es im Dickdarm zu einem plötzlichen Überangebot an leicht verwertbaren Kohlenhydraten kommt, da die autochthone Flora vorwiegend den energetisch effektiveren aber auch langsameren Abbau von Nährstoffen zu flüchtigen Fettsäuren betreibe und dadurch in dieser Überflußsi- tuation gegenüber der transienten gärungsaktiveren Flora benachteiligt sei. Die Folge sei eine Überwucherung bis die erneute Nährstoffverknappung zur Reetablierung der angestammten Flora führe.

b) Konkurrenz um Bindungsstellen

Bei einigen Mikroorganismen ist die Anheftung an definierte Oligosaccharidketten der Gly- kokalix der Enterozyten mit Hilfe spezifischer Fimbrien zur Entwicklung ihrer pathogenen Wirkung essentiell. DAVIDSON u. HIRSH (1976) beobachteten, daß Ferkel, die einen apa- thogenen K88-positiven Escherichia coli-Stamm erhalten hatten, nach Infektion mit einem toxinbildenden Stamm mit demselben Antigen nicht erkrankten.

Möglicherweise bewirkt schon die rein sterische Behinderung der Anlagerung durch einen dichten Besatz der Schleimhautoberfläche mit apathogenen Mikroorganismen als Schutzfilm eine Reduktion der Keimanheftung (MURALIDHARA et al. 1973).

Desweiteren beobachtete SAVAGE bereits 1969, daß bei Mäusen und Ratten nach Penizillin- behandlung eine von der Drüsenschleimhaut des Magens ausgehende Besiedelung auch der sonst von Laktobazillen besetzten kutanen Schleimhaut mit Hefen der Gattung Torulopsis erfolgt. Nach Absetzen des Antibiotikums verdrängten die Laktobazillen die Hefen nach we- nigen Tagen wieder.

c) Agglutination von Keimen

Eine bisher nur an der Zellwand von S. boulardii beobachtete Fähigkeit ist die Agglutination eines enteropathogenen Escherichia coli- sowie eines Salmonella typhimurium-Stammes (GEDEK u. AMSELGRUBER 1990). Da die Anheftung durch Vorinkubation der Escheri- chia coli-Keime mit Mannose stark abgeschwächt wurde, vermuten die Autoren einen man- nosehaltigen Rezeptor an der Hefezelle.

(17)

d) Veränderung des intestinalen Milieus

Von verschiedenen Arbeitsgruppen wurden Hinweise auf eine gegenseitige Beeinflussung der Mikroorganismen durch ihre Metabolite gefunden.

So wurden verschiedene grampositive und –negative Bakterienstämme gleichermaßen durch freie Gallensäuren inhibiert, die im Darmkanal durch mikrobielle Hydrolyse aus den in der Leber an Taurin oder Glyzin konjugierten Gallensäuren entstehen (FLOCH et al. 1972).

Der Zusatz von Laktat, dem Endprodukt der Milchsäuregärung durch Laktobazillen, zum Futter von Schweinen führte zu einer Senkung der Zahl von Escherichia coli-Keimen im Kot (BURNETT u. HANNA 1963) und der Gesamtkeimzahl im Darmtrakt (WHITE et al. 1969).

Im Caecum von Mäusen wurde von BYRNE und DANKERT (1979) eine negative Korrelati- on zwischen der Konzentration flüchtiger Fettsäuren, die durch mikrobielle Fermentation von Kohlenhydraten entstehen, und dem Gehalt an Enterobakteriazeen festgestellt. KOOPMAN et al. (1979) fanden bei einem vergleichbaren Versuchsansatz zwischen Propionsäurekonzentra- tion und Kolonisationsresistenz gegenüber Escherichia coli einen deutlichen Zusammenhang.

Ebenso wurde bei der Untersuchung der Wirkung von hitzeinaktiviertem murinen Coloninhalt auf das Wachstum von Salmonella enteritidis in vitro eine Inhibition bei ansteigenden Kon- zentrationen von Acetat und Butyrat gefunden. Durch Erhöhung des Laktat- oder Pyruvatge- haltes wurde die Hemmung teilweise aufgehoben (BOHNHOFF et al. 1964a; b).

e) Produktion antimikrobieller Substanzen

Es ist bekannt, daß einige Lactobacillus-Stämme Wasserstoffperoxid (PRICE u. LEE 1969) oder antibiotisch gegen ein breites Erregerspektrum wirksame Substanzen (OXFORD 1944;

VINCENT et al. 1959; REDDY u. SHAHANI 1971; HAMDAN u. MICOLAJCIK 1973) bil- den.

Von MATTICK und HIRSCH (1944) wurde bei Streptokokken ein gegen andere Streptokok- ken, bestimmte Clostridien, Bazillen und Laktobazillen wirksamer Stoff gefunden. Die inhi- bitorische Wirkung dieser Metabolite auf pathogene Keime wurde jedoch noch nicht in vivo nachgewiesen.

Zunächst vermutete man auch das Hauptwirkprinzip der Hefe S. boulardii in der Abgabe an- tibiotisch gegen gramnegative Keime wirksamer Stoffe (GEDEK 1975). Insbesondere das aus anderen Hefestämmen isolierte Malucidin wurde in diesem Zusammenhang erwähnt (GEDEK 1987). Der direkte Nachweis eines von S. boulardii im Darm in ausreichender Konzentration

(18)

produzierten und auch in diesem Milieu wirksamen Antibiotikums ist jedoch noch nicht ge- lungen (FRIEDLAND u. SEIFERT 1990).

f) Neutralisation von Toxinen

BRANDAO et al. (1998) beobachteten die spezifische Bindung der Untereinheit B des Cho- leratoxins an der Oberfläche von S. boulardii. Dies werteten die Autoren als Hinweis auf die Existenz eines Toxinrezeptors, der in vivo das Toxin abfangen könnte, bevor es sich an die Enterozyten anlagert. CZERUCKA et al. (1994) entdeckten zusätzlich im Medium von Kultu- ren dieser Hefe ein Protein, das den sekretagogischen Effekt von Choleratoxin, thermolabilem Escherichia coli-Toxin und Forskolin auf eine Zellkultur verringerte.

Ebenso senkte Vorinkubation mit S. boulardii die Menge des Toxin A von Clostridium diffi- cile, die sich an isolierte Membranfragmente aus dem Bürstensaum des Ileums von Ratten heftete. In vivo wurde durch diese Hefe die durch das Toxin A verursachte Hypersekretion in Ileum und Caecum vermindert. Auch der Anstieg der parazellulären Durchlässigkeit des Ile- ums war bei den probiotisch behandelten Tieren geringer. Im Caecum wurde jedoch bezüg- lich der Permeabilität kein Unterschied zwischen behandelten und Kontrolltieren gefunden (POTHOULAKIS et al. 1993; IZADNIA et al. 1998). Mit einer aus S. boulardii extrahierten Serinprotease allein ließ sich das Toxin A ebenfalls antagonisieren (CASTAGLIUOLO et al.

1996).

Dieses Enzym neutralisierte in der Zellkultur auch das Toxin B von Clostridium difficile (CASTAGLIUOLO et al. 1999).

2.1.4.2 Wirkung auf den Wirtsorganismus

a) Förderung des unspezifischen Immunsystems

An Mäusen wurde die Stärkung des unspezifischen Immunsystems nach oraler Gabe von Lactobacllus casei oder Lactobacillus bulgaricus beobachtet. Dies zeigte sich in einer erhöh- ten phagozytotischen Aktivität von Peritonealmakrophagen in vitro ab dem zweiten Tag nach Applikationsbeginn. In vivo wurde sowohl nach intraperitonealer als auch nach oraler Appli- kation des Probiotikums bei den behandelten Tieren eine raschere Clearance des Blutes von injizierten Kohlepartikeln festgestellt (PERDIGON et al. 1986).

S. boulardii steigerte in vitro die Phagozytoseaktivität neutrophiler Granulozyten im Chemi- lumineszenztest. Abgetötete Zellen von S. boulardii zeigten in diesem Kriterium einen noch

(19)

stärkeren Effekt als lebende (PETZOLDT u. MÜLLER 1986). Die phagozytosefördernde Wirkung von Hefezellen soll durch das Polysaccharid β-1,6-Glukan, einem Bestandteil der Hefezellwand, vermittelt werden (RIGGI u. DI LUZIO 1961). Dieses Glukose-Polymer be- sitzt außerdem einen koloniestimulierenden Effekt auf Granulozyten und Makrophagen (BURGALETA u. GOLDE 1977). Möglicherweise liegt dieser Mechanismus auch dem An- stieg der Leukozytenzahl beim Menschen nach oraler Einnahme von lebenden S. boulardii zugrunde, der von MACHADO CAETANO et al. (1986) beobachtet wurde. Die Autoren be- richten außerdem von einer Erhöhung der Erythrozytenzahl sowie einem Anstieg der Kon- zentration von Komplementkomponenten im Blut.

b) Verstärkung der spezifischen Immunantwort

Auf das spezifische Immunsystem scheinen bestimmte, aber nicht alle Laktobazillen ebenfalls einen stimulierenden Einfluß zu haben. Bei einem Versuch an Mäusen, die oral mit Cholera- toxin immunisiert wurden, wurde danach signifikant mehr spezifisches IgA in Serum und Kot gemessen, wenn die Mäuse zusätzlich zu den traditionellen Joghurtbakterien Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus mit Lactobacillus acidophilus, Bifidobacterium bifidum und Bifidobacterium infantis supplementiert wurden, als wenn nur die Joghurtbildner oder nur Magermilchpulver gegeben wurden. Der Gehalt an spezifischem IgG unterschied sich jedoch nicht zwischen den Gruppen (TEJADA-SIMON et al. 1998).

BUTS et al. (1990) fanden bei Ratten nach oraler Applikation von S. boulardii einen erhöhten Gehalt an sekretorischem IgA im Darmlumen und an sekretorischer Komponente im Darme- pithel. In einer Studie mit gesunden Freiwilligen wurde nach dreiwöchiger Behandlung mit S.

boulardii eine verstärkte Expression des IL2-Rezeptors auf peripheren CD4+- Blutlymphozyten festgestellt. Diese Beobachtung wurde von den Autoren als Zeichen für eine Aktivierung dieser Lymphozytensubpopulation gewertet (JAHN et al. 1995)

.

c) Beeinflussung der Schleimhautpermeabilität

In Ussing-Kammer-Versuchen wurde eine Veränderung der Durchlässigkeit des Darmepithels nach Probiotikaeinsatz gemessen. Hierbei zeigte das Jejunalepithel von Schweinen, die mit S.

boulardii oder Bacillus cereus var. toyoi (Bac. cer. toyoi) supplementiert worden waren, im Test mit Mannit eine signifikant geringere parazelluläre Durchlässigkeit verglichen mit unbe- handelten Kontrolltieren. Desgleichen fiel der Anstieg des Kurzschlußstromes nach Zugabe

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des Sekretagogons Theophyllin auf der serosalen Seite des Gewebes bei behandelten Tieren signifikant geringer aus (WINCKLER et al. 1998).

d) Beeinflussung von zellulären Transportmechanismen

Bezüglich des transzellulären Nährstofftransportes gibt es Hinweise auf eine stimulierende Wirkung der Probiotika. In Versuchen mit Vesikeln aus isolierten Bürstensaummembranen aus dem Jejunum von Schweinen, die mit S. boulardii oder Bac. cer. toyoi gefüttert worden waren, wurde bei beiden Gruppen eine signifikant höhere Aufnahme von Glukose, bei der Hefe zusätzlich auch von Alanin, pro Zeiteinheit im Vergleich zur Kontrollgruppe gemessen (BREVES et al.1997).

e) Anabole Wirkung auf den Gesamtstoffwechsel

Einen Erklärungsansatz für die Förderung der Mastleistung durch probiotische Mikroorga- nismen bieten Untersuchungen über die Wirkung verschiedener Leistungsförderer auf Wachstumsparameter bei Ratten. SCHOLE et al. (1994) stellten fest, daß die Applikation von Bac. cer. toyoi in gleicher Weise wie die von Leistungsförderern wie Carbadox, Flavomycin oder Kupfersulfat bei Ratten die Effekte eines Anabolikums auf den Glutathionstatus der Le- ber hatten. Die Autoren führen die Wirkung des Probiotikums auf die Abgabe bakterieneige- ner, für die Sporulation notwendiger anaboler Substanzen zurück.

f) Förderung der Schleimhautdifferenzierung

In einer Untersuchung an gesunden Freiwilligen zeigte sich nach dreiwöchiger Einnahme von S. boulardii eine höhere Aktivität der Bürstensaumenzyme Laktase, α-Glukosidase und alka- lische Phosphatase im Duodenalepithel der Versuchspersonen (JAHN et al. 1995). Eine ähnli- che Wirkung des Probiotikums auf Saccharase-, Laktase- und Maltaseaktivität wurde bei Mensch und Ratte auch im proximalen Jejunum nachgewiesen (BUTS et al. 1986).

Bezüglich der Schleimhautmorphologie zeigten sich nach Applikation von S. boulardii am Übergang zwischen Duodenum und Jejunum beim Menschen bzw. an verschiedenen Lokali- sationen des Jejunums bei der Ratte keine Veränderungen in Zottenlänge und Krypttiefe.

Auch das Gewicht der isolierten Dünndarmschleimhaut war bei der Ratte nicht signifikant beeinflußt (BUTS et al. 1986). Beim Menschen wurde jedoch nach Behandlung mit S. bou- lardii eine tendenzielle Vergrößerung der Schleimhautoberfläche im distalen Duodenum be-

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dingt durch verlängerte Zotten bei gleichbleibender Krypttiefe beobachtet. Diese Ergebnisse waren allerdings nicht signifikant (JAHN et al. 1995).

Eine mögliche Erklärung für die trophische Wirkung von S. boulardii bieten die in der Hefe- zelle in beachtlicher Menge enthaltenen Polyamine. Dabei handelt es sich um kleine aliphati- sche Verbindungen mit mindestens zwei Aminogruppen. Sie sind in allen Körperzellen nach- weisbar und spielen eine wichtige Rolle bei Zellwachstum und Proliferation. Besondere Be- deutung haben das aus der Dekarboxilierung von Ornithin hervorgehende Putrescin, das dar- aus gebildete Spermidin und das aus Spermidin synthetisierte Spermin (PEGG u. MCCANN 1982).

Ihre intrazelluläre Konzentration ist reguliert und abhängig von der Zellproliferation. Polya- mine sind in zahlreichen Nahrungsmitteln enthalten und werden von der Darmflora gebildet.

Sie können aber auch intrazellulär vom Wirtsorganismus selbst synthetisiert werden (BLACHIER 1997). Im Darm nimmt luminal der Gehalt an Polyaminen nach aboral ab, ob- wohl die Aktivität an der Polyaminsynthese beteiligter Enzyme in dieser Richtung zunimmt.

Dies führen OSBORNE u. SEIDEL (1990) auf einen enterohepatischen Kreislauf dieser Sub- stanzen zurück.

Besondere Bedeutung kommt Polyaminen bei der Adaptation des Darmes an veränderte Stoffwechselsituationen zu (LUK u. YANG 1988). So ist die Synthese von Polyaminen es- sentiell für die mit der Laktation verbundene Proliferation der Darmschleimhaut (YANG et al.

1984). BUTS et al. (1993) beobachteten nach Zufütterung des Polyamins Spermin an neuge- borene Ratten, daß die Schleimhaut eine größere Masse als bei Kontrolltieren besaß und daß das Enzymmuster des Bürstensaumes früher dem adulter Tiere entsprach. Auf der anderen Seite führte die Ernährung mit einer polyaminarmen Diät zu einem signifikant niedrigeren Darmgewicht und DNA-Gehalt in der Darmschleimhaut (LÖSER et al. 1999).

Desweiteren sind Polyamine an der Zellerneuerung und der Regeneration nach Schädigung der Schleimhaut beteiligt (LUK u. BAYLIN 1983). Ihre Wirkung beruht zum einen auf der Stabilisierung von t-RNA und DNA, zum anderen sind sie Mediatoren von Hormonen und Wachstumsfaktoren (BARDOCZ et al. 1995). Außerdem fanden STEIN et al. (1999) in einer Darmzellkultur nach Zugabe von Putrescin eine erhöhte transzelluläre Transportrate für Ala- nin und 3-oxy-methyl-Glukose. Bei Studien an Membranvesikeln wurde desweiteren die ma- ximale Glukoseresorption nur in Anwesenheit von Polyaminen erreicht (JOHNSON et al.

1995).

(22)

Bei den Studien von BUTS et al. (1994) an Ratten hatte die Applikation von Polyaminen al- leine in der in 100 mg lyophilisierter Hefen enthaltenen Konzentration dieselben Auswirkun- gen auf die Aktivität der Bürstensaumenzyme Saccharase und Maltase wie die Verabreichung der gesamten Hefekultur. Die Autoren vermuten, daß die in der Hefe enthaltenen Polyamine Spermin und Spermidin für die trophische Wirkung des Probiotikums auf die Darmschleim- haut verantwortlich sind. Die Freisetzung der Substanzen erfolgt nach ihrer Meinung eher über den Abbau der Hefezellen durch die Darmflora als durch Sekretion, da weniger als 3 % der verabreichten Hefen lebend im Kot gefunden werden. In vitro fanden STEIN et al. (1999) mit der Colonsimulationstechnik jedoch nur einen Anstieg der Polyamine, wenn lebende He- fezellen eingesetzt wurden. Daher gehen diese Autoren von der Produktion und Sekretion von Polyaminen durch S. boulardii im Darm aus.

2.1.5 Charakterisierung der verwendeten Mikroorganismen 2.1.5.1 Saccharomyces boulardii

Eine besondere Rolle unter den Probiotika kommt der Hefe Saccharomyces boulardii (S.

boulardii, Synonym: Saccharomyces cerevisiae Hansen CBS 5926) zu, da ihre Eigenschaften und Fähigkeiten sehr detailliert untersucht worden sind und dabei einige möglicherweise spe- ziesspezifische Wirkungsmechanismen entdeckt worden sind (Tab. 3).

Probiotische Eigenschaften von Saccharomyces boulardii

Wirkung auf Mikroorganismen Agglutination von Escherichia coli und Salmonellen Spezifische Bindung von Choleratoxin

Clostridium difficile-Toxine A- und B-spaltende Protease Wirkung auf den Wirtsorganismus Koloniestimulierende Wirkung auf Granulozyten und

Makrophagen

Aktivierung neutrophiler Granulozyten Erhöhung von sekretorischem IgA im Darm

Steigerung der Aktivität von Bürstensaumenzymen Beeinflussung der intestinalen Permeabilität

Tab. 3: Übersicht über die besonderen probiotischen Eigenschaften der Hefe S. boulardii

Dieser Saccharomyces-Stamm ist nach dem französischen Mykologen Boulard benannt, der ihn in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts aus Indochina mit nach Europa brachte, nachdem

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er beobachtet hatte, daß mit dieser Hefe bewachsene Lychee-Schalen von der einheimischen Bevölkerung als Mittel gegen Durchfall verwendet wurden (RIECKHOF 1998). Ob es sich wirklich um eine eigene Hefeart handelt, ist umstritten. Aufgrund von Restriktionsfragment- längenpolymorphismus nach Behandlung der DNA mit verschiedenen Enzymen lassen sich keine genomischen Unterschiede zwischen S. boulardii und S. cerevisiae, der Bäcker- oder Bierhefe, nachweisen. Deshalb wird S. boulardii als asporogener Stamm von S. cerevisiae betrachtet (MCCOULLOUGH et al. 1998). Insbesondere auf Seiten der Hersteller von S.

boulardii-Präparaten wird jedoch auf der taxonomischen Eigenständigkeit dieser Isolate insi- stiert, die neben der fehlenden Sporenbildung noch mit dem Unvermögen, Galaktose als Kohlenhydratquelle zu verwenden, begründet wird (MCFARLAND 1996).

Im allgemeinen gilt S. boulardii genauso wie S. cerevisiae als apathogen. Es gibt jedoch Fall- berichte über das Auftreten von Hefe-Fungämien nach Behandlung immunsupprimierter Pa- tienten mit S. boulardii (BASSETTI et al. 1998), sowie über die Besiedelung des Darmes mit Saccharomyces spp. nach Applikation von S. boulardii (MILNER et al. 1997).

Der Vorteil einer Hefe als Probiotikum gegenüber einem Bakterium liegt in ihrer Resistenz gegen eventuell gleichzeitig eingesetzte Antibiotika. Diese Eigenschaft ist besonders für den Einsatz als Prophylaktikum zur Vermeidung der sogenannten Antibiotika-assoziierten Diar- rhöe essentiell.

2.1.5.2 Bacillus cereus var. toyoi

Wie alle Bacillus-Arten ist auch Bacillus cereus ein grampositiver aerober Sporenbildner.

Einige Stämme sind beweglich (HAHN u. VOGT 1994). Die bekanntesten Vertreter dieser Art führen zu Lebensmittelvergiftungen. Ursache ist die Bildung von Enterotoxinen (FEHLHABER u. JANETSCHKE 1992). Desweiteren sind auch durch Bacillus cereus verur- sachte Infektionskrankheiten in Form von Meningitis und Pleuritis beim Menschen und Ma- stitis beim Rind beschrieben worden (BISPING u. AMTSBERG 1988). Als Probiotikum fin- den apathogene Stämme Verwendung, die kein Toxin bilden.

Die Bildung von Sporen ist in mehrfacher Hinsicht vorteilhaft: Zum einen überstehen die Keime dadurch die Magenpassage besser als Mikroorganismen, die ausschließlich vegetative Stadien ausbilden, zum anderen ist die Lagerung der Präparate in diesem widerstandsfähigen Dauerstadium unproblematischer als die Aufbewahrung in vegetativen Stadien. Auch die Pelletierung unter Erhitzung auf eine Temperatur um 60 °C ist dadurch möglich.

(24)

Der Einsatz der Subspezies toyoi beschränkt sich zumindest in Europa auf den Bereich der Tierernährung. Studien an Absetzferkeln zur Leistungssteigerung durch diese Mikroorganis- men zeichneten kein einheitliches Bild bezüglich der Wirksamkeit des Präparates. In einer Studie von ROTH und KIRCHGESSNER (1988a) wurden weder bezüglich Futterverwertung noch bei den täglichen Zunahmen signifikante Unterschiede zwischen Aufzuchtferkeln, die mit Bac. cer. toyoi supplementiert wurden, und Kontrolltieren gefunden. IBEN und LEIBETSEDER (1989) konnten jedoch in diesen Kriterien auch keine Verschlechterung der Leistung im Vergleich zu mit Virginiamycin oder zu mit Virginiamycin und dem Probiotikum behandelten Tieren feststellen. Eine unbehandelte Kontrollgruppe fehlte in dieser Studie. In einer Untersuchung von TOSSENBERGER et al. (1994) führte Bac. cer. toyoi bei gleichzei- tiger Verabreichung im Ferkelaufzucht- und Sauenfutter zu signifikant höheren Ferkelge- wichten im Alter von drei und fünf Wochen.

IBEN und LEIBETSEDER (1989) beobachteten nach Supplementierung von Ferkeln mit Bac. cer. toyoi eine Verringerung der Durchfallhäufigkeit auf die Hälfte. Dies werteten sie als Anzeichen für eine protektive Wirkung des Probiotikums gegen darmpathogene Erreger.

GEDEK et al. (1993) hingegen ermittelten nach Applikation von Bac. cer. toyoi bei Ferkeln zwar niedrigere Escherichia coli-Konzentrationen in Duodenum und Jejunum, in den distale- ren Abschnitten des Darmes waren diese jedoch erhöht.

Bei Mastkälbern (ROTH u. KIRCHGESSNER 1988b) und Masthähnchen (JADAMUS et al.

1999) wurden durch Bac. cer. toyoi signifikant höhere tägliche Zunahmen und ein niedrigerer Futteraufwand als in der Kontrollgruppe erreicht.

2.2 Der Darmtrakt des Schweines

2.2.1 Anatomie des Schweinedarmes

Der Darmkanal des Schweines besteht aus dem beim ausgewachsenen Tier 16 bis 21 m lan- gen Dünndarm und dem 3,5 bis 6 m langen Dickdarm.

Das 70 bis 95 cm lange Duodenum windet sich in einem nach kranial offenen Haken um die vordere Gekrösewurzel. Ungefähr 2 bis 5 cm hinter dem Pylorus mündet der Ductus chole- dochus und 12 bis 20 cm weiter aboral der Ausführungsgang des Pankreas in diesen Darmab- schnitt.

(25)

Das Jejunum als längster Darmabschnitt weist eine Länge von 14 bis 19 m auf und füllt mit seinen Schlingen einen großen Teil der rechten Bauchhöhle aus. Sein Ende und damit der Beginn des 0,7 bis 1 m langen Ileums ist durch die Insertion der Plica ileocaecalis definiert.

Das Ileum mündet an der Grenze zwischen Caecum und Colon in den Dickdarm. An diesem Übergang befindet sich als tierartliche Besonderheit beim Schwein eine 2 bis 3 cm lange Pa- pille und eine Verdoppelung der Ringmuskelschicht, die als Sphincter ilei bezeichnet wird.

Abb. 2: Schematische Darstellung der einzelnen Abschnitte des Schweinedarmes

Das Caecum ist 30 bis 40 cm lang und faßt ein Volumen von 1,5 bis 2,2 l. Typisch für den Blinddarm des Schweines sind drei Reihen von Bandstreifen, die die gesamte Darmwand in nicht verstreichbare Falten legen. Auch das Colon weist tierartliche Besonderheiten auf. Die Pars ascendens wickelt sich in zentripetalen Spiralen um ihr Gekröse und bildet dabei einen stumpfen Kegel, an dessen Spitze sie in einer scharfen Biegung in zentrifugale Windungen übergeht. Diese verschwinden nach ein bis zwei Runden im Inneren des Konvolutes. In den Ileum

Caecum Rectum

Jejunum Duodenum Magen

Colon

(26)

äußeren Wicklungen sind zwei Bandstreifen ausgebildet, die sich in den Innenwindungen allmählich verlieren.

Im Anschluß an den Colonkegel bilden Colon transversum und Colon descendens einen nach kaudal offenen Bogen um die vordere Gekrösewurzel. Den letzten Abschnitt des Darmkanales stellt das Rectum dar, das beim Schwein eine deutliche Ampulle besitzt (SCHUMMER u.

WILKENS 1987, Abb. 2).

2.2.2 Histologie des Schweinedarmes 2.2.2.1 Aufbau der Darmwand

Der Grundaufbau der Darmwand ist in allen Abschnitten identisch: Die äußerste Schicht bil- det die Serosa, die durch die bindegewebige Subserosa von der Muskulatur getrennt wird. Die folgende Tunica muscularis ist auf gesamter Darmlänge zweischichtig mit einer inneren Zir- kulär- und äußeren Längsmuskelschicht. Die Schleimhaut (Mukosa) kleidet als innerste Schicht das Darmlumen aus (Abb. 3).

Im einzelnen setzt sich die Schleimhaut aus der einschichtigen Lamina epithelialis, der bin- degewebigen Lamina propria und der Lamina muscularis mucosae zusammen. Durch Schleimhauteinfaltungen, die Darmdrüsen oder Krypten genannt werden, wird in allen Darmabschnitten eine hochgradige Oberflächenvergrößerung erreicht. Zusätzlich sind im Be- reich des Dünndarmes Ausstülpungen der Lamina propria als Zotten zu finden. In ihrem bin- degewebigen Kern befinden sich neben einzelnen aus der Lamina muscularis mucosae abge- spaltenen glatten Muskelfasern ein Kapillarnetz und ein zentrales Lymphgefäß (LEONHARDT 1990). Die Form der Zotten ist auch beim gesunden Schwein je nach Lokali- sation unterschiedlich. MOUWEN (1971) beschreibt sie im Duodenum als mittellang und dick mit abgerundeter Spitze, im Jejunum als lang und dünn mit abgerundeter Spitze und im Ileum als kurz, dünn und oben spitzzulaufend.

Die Zottenlänge ist außer von der Darmlokalisation auch von Nahrung und Alter der Tiere abhängig (PLUSKE et al. 1997). Bei Saugferkeln wurden im Jejunum Zottenlängen zwischen 700 und 1000 µm gemessen (DUNSFORD et al. 1989). Das Absetzen von der Muttermilch führt beim Schwein in allen Dünndarmabschnitten zu einer Verkürzung der Zotten auf die Hälfte der ursprünglichen Länge sowie zu einer Verlängerung der Krypten, auch wenn bereits während der Säugeperiode festes Futter aufgenommen wurde (HAMPSON 1986a). Nach et- wa zwölf Tagen der Adaptation steigt die Zottenlänge wieder an. Ist Sojabohnenprotein im

(27)

Starterfutter enthalten, so werden zudem vermehrt fusionierte und deformierte Zotten beob- achtet. Hydrolysiertes Casein als Proteinquelle bewirkt mildere Veränderungen als natives Casein. Auf der Grundlage dieser Beobachtung wurde vermutet, daß eine Überempfindlich- keitsreaktion gegen Futtermittelantigene ursächlich ist (HAMPSON 1986b; DUNSFORD et al. 1989; MAKINDE et al. 1997). Eine weitere Hypothese ist, daß durch die Modifikation der Darmflora und ihrer Metabolite eine Entzündungsreaktion hervorgerufen wird (KENWORTHY 1976). Beim Absetzferkel wurde Zottenatrophie und Kryptproliferation ex- perimentell durch einen Anteil von 20 % roher Gartenbohnen in der Ration erzeugt (KIK et al. 1990).

Dünndarm Dickdarm Abb. 3: Schematische Darstellung der Darmwandschichten

Lamina epithelialis

Lamina propria

Tela submucosa

Tunica muscularis (Stratum circulare)

Tunica muscularis (Stratum longitudinale) Tunica serosa

Lamina muscularis mucosae

Zotte

Krypte Krypte

Becherzellen

(28)

In der Submukosa sind als Differenzierungsmerkmal der einzelnen Dünndarmabschnitte im gesamten Duodenum und den ersten Metern des Jejunums die mukoiden Brunnerschen Drü- sen ausgebildet. Ebenfalls in dieser Schicht finden sich im gesamten Darmtrakt verstreut An- sammlungen von Lymphfollikeln (Peyersche Platten). Typisch für das Ileum ist eine 1,15 bis 3,20 m lange, kontinuierliche Peyersche Platte (SCHUMMER u. WILKENS 1987). Die Schleimhaut über diesen lymphatischen Einrichtungen ist zum einen durch das Auftreten von M-Zellen (s.u.) gekennzeichnet, zum anderen durch weniger Becherzellen und kurze, unre- gelmäßig geformte Zotten (MOUWEN 1971).

2.2.2.2 Zelltypen des Schleimhautepithels

In Höhe der 4. bis 6. Zellschicht vom Kryptgrund gerechnet wurden bei der Maus im Dünn- darm pro Krypte etwa sechs undifferenzierte Stammzellen gefunden (PRITCHARD u.

WATSON 1996), die lichtmikroskopisch nur undeutlich anhand der, verglichen mit Entero- zyten, größeren Kern-Zytoplasmarelation zu erkennen sind (PODOLSKY 1993). Aus diesen gehen alle im folgenden genannten Zelltypen hervor (PABST 1987), die sich teilweise schon in der Übersichtsfärbung mit Hämatoxylin und Eosin (HE) unterscheiden lassen. Enterozyten und Becherzellen sind die häufigsten Zellen in der Lamina epithelialis der Darmschleimhaut.

Die Enterozyten werden wegen ihres im HE-gefärbten Schnitt homogen hellrosafarbenen Mikrovillibesatzes am luminalen Zellpol auch Saumzellen genannt. An der Oberfläche der Mikrovilli befindet sich die Glykokalix, ein dichter und verzweigter Besatz aus Glykoprotei- nen und Glykolipiden, die im Dünndarm auch Disaccharidasen und Peptidasen zur Verdauung des luminal an dieser vergrößerten Oberfläche vorbeifließenden Chymus enthält. Lichtmikro- skopisch auffällig ist der ovale, basophile, das basale Drittel bis Viertel der Zelle einnehmen- de und in Längsrichtung liegende Zellkern, durch den der Enterozyt von einer entleerten Be- cherzelle unterschieden werden kann. Bei dieser ist der Zellkern in der Regel quer im basalen Fünftel bis Sechstel der Zelle zu finden.

Eine reife gefüllte Becherzelle ist leicht an ihrer namensgebenden Form mit schmaler Basis und breitem Kelch mit einer im HE-gefärbten Schnitt weißen, aus mehreren Granula beste- henden Muzinkugel zu erkennen. Die noch nicht vollständig ausdifferenzierte Becherzelle im unteren Kryptdrittel besitzt jedoch eine genau umgekehrte, nämlich pyramidenförmige Form mit breiter Basis und schmalem, nur wenige kleine Muzingranula enthaltendem luminalen Pol. Sie wird als Oligomukuszelle bezeichnet. Der Kern füllt bei beiden parallel zur Basal-

(29)

membran liegend das untere Drittel der Zelle aus (RADWAN et al. 1990; WILLE u.

WINKLER 1999).

Das Vorkommen von Becherzellen variiert in Abhängigkeit von der untersuchten Lokalisati- on. Generell nimmt die Zahl der Becherzellen pro Längeneinheit der Krypte nach aboral deutlich zu. Im Zottenepithel sowie über Peyerschen Platten sind sie jedoch seltener als im Kryptepithel außerhalb von lymphatischen Einrichtungen. In der Becherzellzahl steht das Schwein zwischen den Herbivoren, die weniger Becherzellen besitzen, und den Carnivoren, die es in diesem Punkt übertreffen (MICHEL 1989).

Einen weiteren Zelltyp im Epithel der Darmschleimhaut stellen die M-Zellen dar. Das „M“

ist je nach Autor die Abkürzung für membranös, da aufgrund der Einstülpung des Zytoplas- mas durch zahlreiche Lymphozyten häufig nur die Zytoplasmamembran erkennbar ist, oder mikrovesikulär, nach den elektronenmikroskopisch sichtbaren Vesikeln an der Basis des spärlichen Bürstensaumes. Sie sind über lymphatischen Einrichtungen zu finden und dienen der Aufnahme und Durchschleusung luminaler Antigene zu den Zellen des spezifischen Im- munsystems (GEBERT et al. 1994). Im Paraplastschnitt lassen M-Zellen sich nicht sicher von Enterozyten unterscheiden (WOLF u. BYE 1984).

Insbesondere in den Krypten des Dünndarmes, in geringerer Häufigkeit im gesamten Darm- kanal, kommen desweiteren endokrine Zellen vor. Erkennbar sind sie an ihrem runden Kern, dem breitflächigen Kontakt mit der Basalmembran und den häufig basalgelegenen Granula.

Ein Kontakt zum Lumen ist nicht bei allen Zellen erkennbar (LEONHARDT 1990).

Die lysozymsezernierenden Paneth-Zellen sind beim Schwein nicht sicher nachgewiesen (LIEBICH 1993).

2.2.3 Mikroorganismenflora des Schweinedarmes

Im Gegensatz zum Menschen ist beim Schwein der gesamte Magendarmtrakt physiologi- scherweise mikrobiell besiedelt. Die Gesamtkeimzahl liegt im Magen und im Dünndarm bei etwa 107 KBE/Gramm (g) Ingesta und im Dickdarm bei etwa 109 KBE/g Ingesta (SCHULZE u. BATHKE 1977).

Die Hauptflora besteht aus Laktobazillen, Bifidobakterien, Fusobakterien, Eubakterien und Bakteroidazeen und übertrifft die Keimzahlen der Begleitflora aus Escherichia coli und Enterokokken in allen Darmabschnitten um das 10- bis 100fache (GEDEK et al.1992). Als

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Nebenflora in noch um zwei weitere Zehnerpotenzen geringerer Größenordnung treten Clostridien, Staphylokokken, Pseudomonaden und Pilze auf (GEDEK 1986).

Im Magen und proximalen Jejunum dominieren Laktobazillen mit 106 bis 109 KBE/g Inge- sta, wobei ihre Zahl jedoch bei längerem Hungern stark abnimmt. Während im Magen über- wiegend homofermentative, d.h. ausschließlich zu Milchsäure vergärende, Stämme gefunden werden, lassen sich im Dünndarm auch heterofermentative isolieren (VAN DER HEYDE u.

HENDRICKX 1964). Laktobazillen sind in den aboralen Dünndarmabschnitten verglichen mit den proximalen seltener, erreichen jedoch im Caecum ihre maximale Populationsdichte.

Im Ileum werden Laktobazillen und Streptokokken in etwa gleicher Menge gefunden (KOVACS et al. 1972).

Bakteroidazeen konnten von HILL et al. (1970) erst nach dem Absetzen isoliert werden. Sie sind im Ileum bereits nachweisbar und zeigen ihr stärkstes Vorkommen im Dickdarm. Dies wird von GEDEK et al.(1993) auf die Verwertung von Schleim als Energiequelle zurückge- führt. Auch SAVAGE (1977) sieht in der kontinuierlichen Versorgung der Darmflora mit Muzinen aus den im Dickdarm besonders häufigen Becherzellen einen Grund für die Stabili- tät dieses Ökosystems.

Coliforme Keime sind in den proximalen Abschnitten des Darmkanales nur in sehr geringer Anzahl (102 KBE/g Ingesta) nachweisbar. Ihre Zahl steigt im hinteren Dünndarm kontinuier- lich an und erreicht im Dickdarm ihr Maximum von 108 bis 109 KBE/g Ingesta, das bis zum Rectum konstant bleibt (DECUYPERE u. VAN DER HEYDE 1972). Bei konventioneller Stallhaltung ist ihre Dichte generell um ein bis zwei Zehnerpotenzen höher als bei Einzelauf- stallung unter Laborbedingungen (KOVACS et al. 1972). Die Autoren sehen als Ursache eine vermehrte Aufnahme dieser Keime aufgrund des niedrigeren Hygienestatus‘ und eine Desta- bilisierung des intestinalen Gleichgewichtes durch die geringere Kontrolle der Umweltbedin- gungen in der Gruppenhaltung im Stall.

Enterokokken lassen sich ähnlich wie die coliformen Keime nur in geringer Zahl in den pro- ximalen Anteilen des Magendarmtraktes isolieren und werden ebenfalls nach aboral häufiger.

Ihre maximale Dichte beträgt jedoch nur ein Hundertstel derjenigen der Coliformen.

Der Nachweis von Clostridien ist beim Saugferkel regelmäßig am Ende des Dünndarmes und im gesamten Dickdarm (VAN DER HEYDE u. HENDRICKX 1964) in einer Dichte von 103 bis 108 KBE/g Ingesta möglich. Beim Absetzferkel werden sie jedoch nur gelegentlich im

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Jejunum (DECUYPERE u. VAN DER HEYDE 1972) gefunden. Bei Mastschweinen sind Clostridien häufig bei Fütterung tierischen Proteins nachweisbar (AMTSBERG 1984).

Hefen wurden erst nach dem Absetzen regelmäßig gefunden. SMITH und JONES (1963) wiesen sie in allen Abschnitten des Verdauungskanales aboral des Magens nach.

KENWORTHY und CRABB (1963) fanden ebenfalls in allen Darmlokalisationen, am häu- figsten jedoch in Ileum und Caecum Hefen, die sie als Torulopsis glabrata und Candida slofii identifizierten.

2.3 Die intestinale Mukusschicht

2.3.1 Zusammensetzung des Mukus

Die Schleimhaut (Lamina mucosa) trägt ihren Namen aufgrund des von ihr sezernierten Schleimes (lat.: mucus). Dieser dient zum einen dem Schutz des Epithels vor mechanischen und chemischen Noxen, zum anderen ist er aber auch Bestandteil des unspezifischen und durch das enthaltene IgA auch des spezifischen Abwehrsystems (NEUTRA u. FORSTNER 1987).

Auf der Schleimhaut des Magendarmtraktes lassen sich zwei Schichten von Mukus unter- scheiden: Zum einen der adhärente Mukus, auch als membranassoziiert bezeichnet, der nach seiner Sekretion aus den Becherzellen der Schleimhaut anhaftet und durch Interaktion mit membranständigen Muzinen fest mit dem Epithel verbunden wird, zum anderen der lösliche Mukus, der aus dem adhärenten nach dessen bakterieller Degradation hervorgeht und sich mit dem Chymus vermischt (ALLEN u. CARROLL 1985; CARLSTEDT et al. 1995; GENDLER u. SPICER 1995; Abb. 4).

Im Magendarmtrakt besteht der Mukus bei einem Wassergehalt von mindestens 95 % zu etwa 1 % aus Salzen und anderen dialysierbaren Substanzen, zu 0,5 bis 1 % aus freien Proteinen und zu etwa demselben Prozentsatz aus Muzinen. Die Muzine sind im wesentlichen für die physikalischen Eigenschaften des Schleimes verantwortlich (CREETH 1978). Daher soll im folgenden näher auf sie eingegangen werden.

(32)

Abb. 4: Schematische Darstellung der intestinalen Mukusschichten

2.3.2 Muzine 2.3.2.1 Definition

Muzine weisen das Grundbauprinzip eines mit Kohlenhydratketten besetzten Kernproteins auf. Dies wird als Flaschenbürstenaufbau bezeichnet (Abb. 5). Die Muzine unterscheiden sich von den Proteoglykanen durch das Fehlen von Uronsäuren. VAN KLINKEN et al. (1995) definieren Muzine daher als Glykoproteine, die in einer oder mehreren Regionen einen hohen Anteil der Aminosäuren Prolin, Threonin und Serin von mindestens 20 % am Gesamtami- nosäuregehalt aufweisen (sog. PTS-Region) und bei denen Threonin und Serin in diesen Ab- schnitten stark O-glykosiliert sind, so daß bezogen auf das Gesamtmolekulargewicht der Kohlenhydratanteil 40 bis 80 % beträgt.

Membranassoziierter Mukus Löslicher Mukus

Membrangebundene Muzine

Epithelzelle Becherzelle

Sezernierte Muzine

(33)

naked core stark glykosilierte Mittelregion naked core

Abb. 5: Schematische Darstellung eines Muzinmoleküls (mod. n. GUM 1995)

2.3.2.2 Proteinanteil

Am Kernprotein werden die beiden nur schwach und überwiegend N-glykosilierten, „naked cores“ genannten Enden und das größere Mittelstück unterschieden, das neben einem starken Besatz mit Kohlenhydratketten, die fast ausschließlich O-glykosidisch mit Threonin und Serin verbunden sind, durch sogenannte „tandem repeats“ charakterisiert ist (GUM et al. 1989;

GUM et al. 1990). Dabei handelt es sich um zwanzig- bis hundertfache Wiederholungen von Aminosäuresequenzen, die eine Länge von acht bis 169 Molekülen besitzen, unmittelbar hin- tereinander (STROUS u. DEKKER 1992; GENDLER u. SPICER 1995). Zwischen Mittel- stück und Enden liegt jeweils eine Region mit zahlreichen Cysteinresten, von denen 90 % an Disulfidbrücken beteiligt sind (MANTLE et al. 1990). Möglicherweise dienen sie der Ausbil- dung einer Konformation des Muzinmoleküls, die für die Bildung von Muzinaggregaten not- wendig ist (BANSIL et al. 1995; SHEEHAN et al. 1995).

2.3.2.3 Kohlenhydratanteil

Die O-glykosidisch gebundenen Kohlenhydratseitenketten im stark glykosilierten Mittelstück des Muzinproteins bestehen aus fünf verschiedenen Kohlenhydraten:

N-glykosidisch gebundene Kohlenhydratkette

O-glykosidisch gebundene Kohlenhydratkette

Disulfidbrücke Kernprotein

(34)

- Galaktose (Gal)

- N-Azetyl-Galaktosamin (GalNAc) - N-Azetyl-Glukosamin (GlcNAc) - Fukose (Fu)

- N-Azetyl-Neuraminsäure (NeuNAc, häufig nur als Sialinsäure bezeichnet).

Fukose und Sialinsäure sind nur terminal zu finden. Die Sialinsäure tritt in intestinalen Muzi- nen in drei Bindungsarten auf, als sialyl-α-2,3-Galaktose, als sialyl-α-2,6-Galaktose und sel- ten an ein weiteres Sialinsäuremolekül α-2,8 gebunden.

Durch Sulfatierung an verschiedenen Hydroxylgruppen erhalten die meisten Muzinmoleküle eine negative Ladung (NEUTRA u. FORSTNER 1987).

Die Verknüpfung der Zucker zeigt bei den O-glykosidisch gebundenen Ketten eine große Diversität. Dennoch lassen sich stets drei Regionen abgrenzen:

Zunächst die Kernregion, in der über GalNAc und die Hydroxylgruppe von Serin oder Threonin die Verbindung zum Protein erfolgt und die β-glykosidisch über ein bis zwei weite- re Zucker mit der Hauptregion („backbone region“) verbunden ist, in der sich Gal und GlcNAc β-1,3 oder β-1,4 gebunden abwechseln, und schließlich die periphere Region mit Monosacchariden in α-glykosidischer Bindung. Verzweigungen können an GalNAc der Kern- region und an Gal der Hauptregion vorkommen (CARLSTEDT et al. 1985).

Die N-glykosidisch gebundenen Kohlenhydratketten sind weit weniger zahlreich und finden sich fast ausschließlich an den Enden des Kernproteins und in der cysteinreichen Verbin- dungszone. Die Monosaccharide, aus denen diese Ketten bestehen, entsprechen denen der O- glykosidisch gebundenen Ketten, wobei zusätzlich stets auch Mannose enthalten ist.

2.3.2.4 MUC-Gene

In der Literatur wird die Bezeichnug MUC mit den Indices 1 bis 8 parallel sowohl für die Kernproteine verschiedener Muzinmoleküle als auch für die zugehörigen Gene verwendet. Im folgenden wird durch den Zusatz Gen oder Muzin die jeweils angesprochene Struktur ange- geben werden.

Nachdem die ersten für Kernproteine von Muzinen codierenden Gene, MUC-Gene genannt, gefunden worden waren, konnte deren Expression in den verschiedenen Geweben genauer untersucht werden. Von den humanen MUC-Genen sind bisher neun bezüglich ihrer chromo-

(35)

somalen Position und ihrer Expression charakterisiert (HENRICHS 1998; VAN KLINKEN 1995). Untereinander zeigen sie nur sehr geringe Sequenzhomologien. Sie sind jedoch zwi- schen den Arten hoch konserviert (CHAMBERS et al. 1994).

Die Expression der MUC-Gene unterscheidet sich je nach Gewebe (Tab. 4). Im Dünndarm des erwachsenen Menschen wurde überwiegend die m-RNA von MUC2 und MUC3 nachge- wiesen, während diejenige des MUC1-, MUC4- und MUC5B-Gens in geringerer Menge vor- kommt. Duodenum, Jejunum und Ileum unterscheiden sich bezüglich der Expression der Mu- zin-Gene nicht. Im Colon wird überwiegend das MUC2-Gen exprimiert (TYTGAT el al.

1994). Die m-RNA des MUC3-Gens ist deutlich seltener als im Dünndarm, während die übri- gen MUC-Gene in vergleichbarem Umfang exprimiert werden (VAN KLINKEN 1997).

MUC1 MUC2 MUC3 MUC4 MUC5A/C MUC5B

Bronchus + + - + ++ -

Magen + + + + ++ -

Cervix + + - + + +

Dünndarm + ++ ++ + - +

Dickdarm + ++ + + - -

Tab. 4: Vorkommen verschiedener Muzintypen in unterschiedlichen Geweben (AUDIE et al.

1993; CHAMBERS 1994; VAN KLINKEN 1997)

Da MUC3-Muzin in großem Umfang in Enterozyten, also in nicht sezernierenden Zellen, nachgewiesen werden kann, es nur an einem Ende stark glykosiliert ist und als Monomer vor- liegt, handelt es sich hierbei wahrscheinlich um ein membranständiges Muzin (BAECKSTRÖM et al. 1994; CHANG et al. 1994). Das MUC2-Muzin wird hingegen über- wiegend in Becherzellen gebildet. Das MUC1-Muzin ist membranständig und besitzt eine aus 31 Aminosäuren bestehende Transmembrandomäne (GENDLER u. SPICER 1995).

Die MUC1-mRNA läßt sich in allen tiefen Kryptepithelzellen nachweisen, das Signal nimmt jedoch nach luminal stark ab (CHAMBERS et al. 1994). Umgekehrt ist MUC3-mRNA nur in den oberflächennahen Epithelzellen in größerem Umfang nachzuweisen (CHANG et al. 1994;

GUM 1995). Die Expression der MUC-Gene scheint sich demnach mit der Ausreifung der Epithelzellen zu verändern.

(36)

2.3.2.5 Synthese der Muzine

Die Synthese der Muzine beginnt mit der Transkription der MUC-Gene im Zellkern und der anschließenden Translation der m-RNA im zytoplasmatischen Teil des rauhen Endoplasmati- schen Reticulums (rER). Die fertige Aminosäurekette wird vermittelt durch ein N-terminales Signal in das Lumen des rER transloziert. Bei membranständigen Muzinen wirkt der hydro- phobe, später die Transmembrandomäne darstellende Teil der Kette dabei als Stoppsignal.

Während der Translokation erfolgt die N-Glykosilierung durch en-bloc Übertragung einer stark mannosehaltigen Kohlenhydratkette. Die dadurch entstehende Konformationsänderung ist möglicherweise die Voraussetzung für die Bildung der intra- und intermolekularen Disul- fidbrücken (DEKKER u. STROUS 1990). Im rER wird das Molekül durch ein Bindungspro- tein gehalten, das bei der Oligomerisierung zu Di- und Trimeren abgespalten wird (MUNRO u. PELHAM 1987). Es folgt der vesikuläre Transport zum Golgiapparat. Dort werden zum einen die N-glykosidisch gebundenen Ketten umgebaut, indem einige Mannosemoleküle so- wie die gesamte Glukose entfernt und dafür NeuNAc und weitere Gal und GalNAc-Moleküle hinzugefügt werden. Zum anderen erfolgt die stufenweise O-Glykosilierung durch mit Uridin- diphosphat verknüpfte Kohlenhydrate aus dem Zytoplasma bzw. Cytidinmonophosphat- Sialinsäure aus dem Kern. Dieser Prozeß wird durch verschiedene spezifische Glykosyltrans- ferasen vermittelt. Die Glykosilierung beginnt möglicherweise bereits im rER. NeuNAc und Sulfat werden als letztes hinzugefügt. Abfolge und Häufigkeit der verschiedenen Zucker in den Kohlenhydratketten sind außer von der Verfügbarkeit der aktivierten Monosaccharide vor allem vom Vorkommen der entsprechenden Glykosyltransferasen abhängig. Das Zusammen- treffen von Enzym und Substrat an einem bestimmten Zeitpunkt der Glykosilierung ist zufäl- lig und trägt wesentlich zu der Variabilität in den Kohlenhydratketten bei (NEUTRA u.

FORSTNER 1987). Im trans-Kompartiment des Golgi-Apparates werden die Muzine in den Becherzellen zu elektronendichten Granula konzentriert (RAMBOURG et al. 1987; Abb. 6).

Die Sekretion einzelner Muzingranula erfolgt kontinuierlich. Desweiteren sind eine Reihe von Stimulatoren bekannt, die zu einer abgestuften Steigerung der Muzinfreisetzung führen, wo- bei je nach Tierart, Lokalisation und untersuchtem System unterschiedliche Signalstoffe wirk- sam sind. Nachgewiesen wurde an Becherzellen des Darmes die Wirksamkeit von Phospholi- pase C-Aktivatoren (z.B. muscarinerge Substanzen, Neurotensin), Adenylatzyklaseaktivato- ren (Choleratoxin, Prostaglandin E1 und E2), Senföl, Elastase, Chymotrypsin und Sauer- stoffradikalen (FORSTNER 1995).

(37)

apikale Plasmamembran

Transportvesikel

Golgi-Apparat

Transportvesikel Polyribosomen im rER

Zellkern

basale Plasmamembran Darmlumen

Abb. 6: Schematische Darstellung der einzelnen Stationen der Muzinsynthese (ALBERTS et al. 1989 )

(38)

3. Material und Methoden 3.1 Versuchstiere

Die Untersuchungen wurden an klinisch gesunden Hybridschweinen durchgeführt. Die Tiere wurden nach dem Absetzen erworben. Die Tiere des ersten Versuchsdurchganges (Tier-Nr.

1-8) stammten aus dem Lehr- und Forschungsgut der Tierärztlichen Hochschule Hannover in Ruthe, diejenigen des zweiten (Tier-Nr. 9-23) aus der Bundesforschungsanstalt für Landwirt- schaft (FAL) in Braunschweig (Tab. 5)

1. Versuchsdurchgang

Gruppe Tier-Nr. Sektions-Nr.

Kontrolle 1 2329/97

2 2331/97

3 2333/97

4 2335/97

S. boulardii 5 2330/97

6 2332/97

7 2334/97

8 2336/97

2. Versuchsdurchgang

Gruppe Tier-Nr. Sektions-Nr. Geschlecht Absetzgewicht Gewicht bei Tötung

Kontrolle 9 2399/98 M 8,70 kg 31,5 kg

10 2400/98 M 7,86 kg 28,2 kg

11 2401/98 M 7,26 kg 31,0 kg

12 2407/98 W 9,50 kg 33,0 kg

13 2408/98 W 7,58 kg 26,0 kg

S. boulardii 14 2402/98 W 9,04 kg 32,0 kg

15 2403/98 W 8,32 kg 31,5 kg

16 2404/98 M 8,68 kg 32,0 kg

17 2405/98 M 11,74 kg 28,5 kg

18 2406/98 M 8,28 kg 25,0 kg

Bac. cer. toyoi 19 2409/98 M 8,94 kg 40,0 kg

20 2410/98 W 8,06 kg 35,0 kg

21 2411/98 M 7,38 kg 32,5 kg

22 2412/98 W 7,42 kg 31,0 kg

23 2413/98 W 8,10 kg 32,5 kg

M= männlich, W= weiblich

Tab. 5: Übersicht über die Tiere des ersten und zweiten Versuchsdurchganges

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