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„  Wir Forscher bestimmen selbst die Art des Publizierens und die Kriterien für die Bewertung wissenschaftlicher Arbeit.

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M E I N U N G

© 2019 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 18 (2019) Nr. 4 3

D

ie Veröffentlichung und Archivierung naturwissen- schaftlicher Ergebnisse – ein wesentlicher Bestandteil der weltweiten Forschungsaktivitäten – erfolgt vorzugs- weise in wissenschaftlichen Journalen. Ein Beispiel dafür ist die Schriftenreihe der Nationalen Akademie der Wissen- schaften Leopoldina, die „Nova Acta Leopoldina“. Seit diese Zeitschrift 1670 etabliert wurde, nahm die Entwicklung des Publikationswesens einen Verlauf, der die wissenschaft- liche Gemeinschaft vor große Herausforderungen stellt.

Derek de Solla Price geht in seinem 1963 erschienenen Buch

„Little Science, Big Science“ von einer Verdopplung der Fachpublikationen in einer Zeitspanne von etwa 15 Jah- ren aus. Jetzt geschieht diese Verdopplung alle zwei Jahre.

Diese Flut von Veröffentlichungen, die auch auf die zu- nehmende Zahl aktiver Wissenschaftler zurückzuführen ist, war immer schwerer zu überblicken, und das Suchen von Referenzen zu einem bestimmten Thema kos tete viel Zeit. Heute stehen elektronische Datenbanken, in denen alle Veröffentlichungen gespeichert sind, für die digitale Suche und Auswertung zur Verfügung.

Dieser schnelle Zugriff auf wissenschaftliche Daten hat Konsequenzen für die Bewertung der einzelnen Wissenschaftler, deren bibliometrische Daten nun auf Knopfdruck erhältlich sind, beispielsweise die Zahl der Veröffentlichungen und

ihrer Zitierungen, in man- chen Fällen noch mit dem

„Impact-Faktor“ des jewei- ligen Journals multipliziert, sowie der nach J. E. Hirsch benannte Index. Genau hierin liegt ein Problem:

Die bibliometrischen Da-

ten von Bewerbern spielen bei Einstellungen eine oft entscheidende Rolle. In den Forschungsverwaltungen ist bekannt, dass es nun eine Möglichkeit gibt, Wissenschaft- ler numerisch zu bewerten und Forschungsbudgets, Dritt- mittel oder sogar das Gehalt an bibliometrische Daten zu koppeln. Doch ist die wissenschaftliche Qualität eines Forschers wirklich durch seine bibliometrischen Daten erschöpfend zu bewerten? Niemand, der sich mit dieser Frage ernsthaft beschäftigt, wird dem zustimmen. Lesens- wert ist in diesem Zusammenhang ein Beitrag von Rein- hard Werner, der schrieb: „Wenn wir glauben, dass wir nach lächerlichen Kriterien bewertet werden, werden wir uns anpassen und uns in lächerlicher Weise verhalten.“1)

Mitglieder von Berufungskommissionen sollten sich daher immer bewusst sein, dass es für eine Zitierung ganz

unterschiedliche Gründe geben kann und eine solche nur selten eine explizite Würdigung einer früheren Arbeit be- inhaltet. Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollten sicher sein können, dass die Qualität ihrer For- schung im Mittelpunkt steht und bibliometrische Daten bei der Beurteilung ihrer Leistung nur eine untergeord- nete Rolle spielen.

Einige Zeitschriften machen bereits Schritte in die richtige Richtung: So wird darüber diskutiert, wie man der Überbewertung bibliometrischer Daten zum Nach- teil vieler junger Wissenschaftler entgegenwirken kann.

Einzelne Zeitschriften haben begonnen, die Kommentare der Gutachter zu Manuskripten mit zu veröffentlichen, was es Dritten erleichtert, sich ein schnelles erstes Bild von der Arbeit zu machen.

Noch weiter gehen Zeit- schriften, die zu einer Dis- kussion veröffentlichter Artikel einladen, wobei die Diskussionsbeiträge – unter Einhaltung gewisser Grundregeln – an die Pu- blikation gehängt werden.

Erst die elektronische Speicherung und Abrufbarkeit macht solche Optionen praktikabel. Sollte sich diese Art des Publizierens durchsetzen, wird sie es erleichtern, Ar- beiten zu bewerten und einzuordnen.

Die Leopoldina ist gerade dabei, auf diese Form der Veröffentlichungen umzustellen. Das neue Organ wird

„Nova Acta Leopoldina – live“ heißen und ist für diszi- plinübergreifende Übersichtsartikel gedacht. Das Format würde sich aber auch für Fachzeitschriften eignen. Wir, die Gemeinschaft der Forscher, sind sowohl die Erzeuger als auch die Kunden für unsere Produkte, wir bestimmen selbst die Art des Publizierens und letztlich durch unser eigenes Verhalten auch die Kriterien für die Bewertung wissenschaftlicher Arbeit.

Die unter der Rubrik „Meinung“ veröffentlichten Texte geben nicht in jedem Fall die Meinung der DPG wieder.

Lebendige Publikationen

Die Nova Acta Leopoldina will mit „living documents“ neue Wege des Publizie- rens beschreiten und Diskussionsbeiträge und Gutachten veröffentlichen.

Gerd Leuchs

Meine Meinung

Prof. Dr. Gerd Leuchs, Max- Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen, ist bei NAL- live als Editor zuständig für die Klasse I: Mathematik, Natur- und Technikwissenschaften.

1) vgl. Nature 517, 245 (2015)

„  Wir Forscher bestimmen selbst

die Art des Publizierens und

die Kriterien für die Bewertung

wissenschaftlicher Arbeit.

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