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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
BÜCHER
„Es besteht eine beträcht- liche Diskrepanz zwischen dem Bild, das sich Eltern von ihren Kindern in bezug auf den Stand ihrer sexuel- len Entwicklung machen, und dem, was die Jugend- lichen fühlen (Erfahrungen aus der Sprechstunde des Arztes). Daher werden El- tern nicht um Rat gefragt.
Das ruft Konflikte und Un- sicherheit hervor, nicht nur bei der älteren Generation, bei Lehrern und Pädago- gen, sondern auch bei den Jugendlichen." Diese Aus- sage der Wiener Frau- enärztin A. Husslein kann die Rezensentin, die selbst Frauenärztin ist und über viele Jahre an Schulen so- genannten Aufklärungsun- terricht durchgeführt hat, nur bestätigen. Es ist tat- sächlich dringend nötig,
Roberto Bosi: Wo Italien am schönsten ist, Aus dem Italie- nischen von Christina Callori- Gehlsen, Verlag Herder, Frei- burg, 1984, 23,5x34 cm, 224 Seiten, 452 Farbbilder, 35 Kar- ten, 68 DM.
Der italienische Ethnologe und Archäologe hat 34 Reise- routen zusammengestellt, die unbekannte, aber auch wohl vertraute Landstriche er- schließen — sei es der als Ala- richs Grab bekannte Busento oder der Triestiner Karst, sei es das Florenz der Medici oder die Heimat des heiligen Franziskus. Dazu eine nicht alltägliche Bebilderung!
endlich einmal an Fakten zu erhärten, was wir in der Sprechstunde täglich erle- ben.
Frau Husslein hat 1238 Jungen und 1175 Mädchen in Österreich in verschie- densten Schulen befragt.
Die Fragenzusammenstel- lung hat sie unter anderem darauf aufgebaut, was sie bei Unterrichts- und Vor- tragsveranstaltungen an Erfahrungen unter Jugend- lichen zu diesem Thema gesammelt hat. Sie sagt selbst dazu: „Der Fragebo- gen ist also als der einer Frauenärztin zu bewerten, die die Erhebungen in ei- gener Regie durchführt, und ist als erweiterte Ana- mnese anzusehen, wie sie eben in der Ordination durchgeführt wird."
Der Fragebogen umfaßt 216 Fragen — der Fragen- katalog erstreckt sich vom religiösen Bekenntnis und der religiösen Überzeu- gung zur Frage nach der Menarche bzw. Pollution über Fragen nach Liebe und Zärtlichkeit, nach er- ster Koitus-Erfahrung, über Empfängnisverhü- tung, Schwangerschaft und Abtreibung bis zu den Problemen mit dem Eltern- haus und den Lehrern so- wie den Zukunftsvorstel- lungen über Ehe, Partner- schaft und Familiengrün- dung.
Was bei der Auswertung herausgekommen ist, stimmt sehr nachdenklich.
Die Ergebnisse sind eine unentbehrliche Grundlage für neue Konzeptionen in der Sexualpädagogik, die im Elternhaus wie in der Schule und in der ärzt- lichen Praxis endlich be- dacht werden sollte. So be- klagen wir nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich den ho- hen Prozentsatz jugendli- cher Mädchen, bei denen ein Schwangerschaftsab- bruch durchgeführt wird (nach Frau Husslein ent- fallen 10 Prozent der
Schwangerschaftsabbrü- che in Österreich auf Mäd- chen im Alter unter 18 Jah- ren). Fragen wir uns aber auch ernsthaft genug, wo- mit dieses zusammen- hängt?
Aus dem Buch von Frau Husslein geht klar hervor, wie ungerecht und unhalt- bar das vorwurfsvolle Ver- halten der Erwachsenen ist, die nur die „Demorali- sierung der jungen Gene- ration" beklagen und sich darauf beschränken zu be- haupten, daß dies ein oder zwei Generationen früher alles nicht möglich gewe- sen sei. Die Autorin: „Die Jugendlichen erklären übereinstimmend, daß Se- xualität dazu da sei, daß man sich gegenseitig Freu- de bereite, damit man sich näherkommt, damit man
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die Freundschaften festigt.
Sie messen der Fortpflan- zungsfunktion der Sexuali- tät zunächst keine Bedeu- tung zu, aber für ihre Freundschaften gelten sehr strenge Kriterien, die gleichzeitig wichtige Re- gulative sind. Am häufig- sten wird von den Jugend- lichen Liebe und Treue ge- nannt.
Die Liebe als Ausdruck der personalen Beziehung spielt bei den Jugendli- chen eine außerordentlich große Rolle. Neben der Liebe ist die Treue eine weitere, eminent wichtige Wertvorstellung der Ju- gendlichen. Die meisten von ihnen sind auch wäh- rend der bestehenden Be- ziehung sexuell treu, und sie achten und respektie- ren andere feste Partner- schaften. Partnermobilität bei bestehender fester Freundschaft ist nahezu ausgeschlossen. Promis- kuität ist für die Jugendli- chen ein ganz atypisches Verhalten und wird — wenn sie vorkommt — auch nega- tiv sanktioniert."
Und sie schreibt weiterhin:
„Typisch für die Jugendse- xualität ist ihre Orientie- rung auf die Ehe und Fami- lie. Die vorgezogene Se- xualität ist also nicht ge-
Für die Jugend zählen nur noch Liebe und Treue
Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, können Sie sich auf Tatsachen stützen, brauchen nicht mehr von der Annahme ausgehen, daß es sich um eine „Ausnah- me" handelt, wenn Sie ein 14- oder 15jähri- ges Mädchen über Kontrazeption beraten.
Sie können sich dann sicher besser in die Problemstellungen und Konflikte junger Menschen in diesem Alter hineindenken.
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 41 vom 10. Oktober 1984 (109) 3005
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gen die Ehe, sie ist auf die Ehe gerichtet." 95 Prozent der Jugendlichen wollen später auch heiraten und Familien gründen. Be- zeichnend und typisch für Jugendsexualität ist somit neben der Ehe und Famili- enbezogenheit ihre Lie- besorientiertheit, ihr Fest- hatten an der Freundschaft und ihre Forderung zur Treue.
Diese sehr konzentrierten und überzeugten Aussa- gen werden durch die vor- liegende Arbeit eindrück- lich dokumentiert, so daß man endlich einmal Unter- lagen in der Hand hat, aus denen man heraus sagen kann, die Vorwürfe gegen die heutige Jugend sind so, wie sie in der Öffent- lichkeit oft gemacht wer- den, nicht haltbar. Daraus ist zu Recht der Schluß zu ziehen, daß in der heutigen Sexualpädagogik (wenn sie überhaupt durchge- führt wird; das ist nicht nur in Österreich schwierig, sondern auch in Deutsch- land) entscheidende Dinge fehlen — vor allem der ver- haltensrelevante Bereich der Sexualität. Wir kennen das ja auch; da werden
biologische Fakten und Tatsachen vermittelt, aber die echte Auseinanderset- zung bei den wirklichen Sexualproblemen kommt zu kurz. Der hierfür ge- prägte Ausdruck einer „fla- chen Aufklärung" bringt dies deutlich zum Aus- druck. In diesem Zusam- menhang ist es interes- sant, daß bei der Frage,
werdie Aufklärung vorneh- men soll, zwar primär die Eltern genannt werden, daß dann aber etwa 40 Pro- zent der Jugendlichen an- geben, daß sie gerne von einem Arzt aufgeklärt wer- den möchten. Demge- genüber treten Lehrer und andere Personen deutlich in den Hintergrund. Hier wird also von den Jugend- lichen sehr deutlich defi- niert, was sie von Ärzten erwarten. Wir Ärzte sollten uns dieser Aufgabe nicht entziehen!
Dr. med. Ingeborg Retzlaff Adelina Husslein: Vorehe- liche Beziehungen, Studie zum Sexualverhalten der Vier- zehn- bis Achtzehnjährigen in Osterreich, Verlag Herder, Wien, 1983, 202 Seiten, 8 Ab- bildungen, 55 Tabellen, karto- niert, 29,80 DM
Sozialpolitik Gesundheitspolitik
Paul Sporken: Begleitung in schwierigen Lebenssi- tuationen, Ein Leitfaden für Helfer, Verlag Herder, Freiburg/Basel/Wien, 1984, 192 Seiten, Paperback, 19,80 DM
Die Helfer-Literatur nimmt zu. Auch der niederländi- sche Moraltheologe und Medizin-Ethiker P. Spor- ken legt hier einen solchen
„Leitfaden" vor. Er behan- delt neben „grundsätzli- chen" ethischen Proble- men vor allem den Um- gang der „Helfer" mit ih- ren Kranken bei Proble- men wie Schmerz und Schmerzbekämpfung, An- nahme des Alters, Glau- bensfragen und Sinnfin- dung.
Eine Reihe dieser nütz- lichen pastoralen Rat- schläge verdient sicherlich Beachtung; andererseits stellt sich allerdings die Frage, ob man solche exi- stentiellen Grundfragen des Daseins ganz ohne philosophische Reflexion
der betreffenden Themen abhandeln kann. Die wirk- liche Befähigung zum Hel- fen setzt wohl die eigene Auseinandersetzung mit diesen Themen voraus, nur dann, so scheint, kann Be- gleitung glücken.
H. Piechowiak, München
Christa Merfert-Diete, Roswitha Soltau (Hrsg.):
Frauen und Sucht. Die all- tägliche Verstrickung in Abhängigkeit, CO r0 ro- Sachbuch Nr. 7837, Ro- wohlt Taschenbuch Ver- lag, Reinbek bei Hamburg, 1984, 253 Seiten, karto- niert, 9,80 DM
Durch Initiative und mit Unterstützung der Deut- schen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e. V., Hamm, entstand dieses Ta- schenbuch.
Ärztinnen, Psychologinnen und Pädagoginnen unter- suchen das Phänomen, warum gerade bei Frauen die Abhängigkeit von Suchtmitteln in den letzten Jahren so sprunghaft an- gestiegen ist. Betroffene, Abhängige und Ehemalige kommen zu Wort. WZ BÜCHER
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
3006 (110) Heft 41 vom 10. Oktober 1984 81. Jahrgang Ausgabe A