Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 110|
Heft 18|
3. Mai 2013 A 855Das Notfall- kontrazepti- vum Levonor- gestrel muss bisher von ei- nem Arzt ver- ordnet werden.
Unter Experten ist nach wie vor umstritten, ob der Wirkstoff Levon- orgestrel als Notfallkontrazeptivum künftig ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden sollte. Bei einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages sprachen sich am 24. April Apothekerverbände und Frauenberatungsstellen für eine Ent-
lassung der „Pille danach“ aus der Rezeptpflicht aus.
Dem Ausschuss lagen Anträge von SPD und Linken vor, die eine rezeptfreie Abgabe fordern. Bislang müssen sich Frauen, die nach unge- schütztem Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft verhindern wol- len, das Präparat von einem Arzt verschreiben lassen. Die aktuelle Diskussion bezieht sich nicht auf den Wirkstoff Ulipristal.
LEVONORGESTREL
Forderung nach Rezeptfreiheit umstritten
Prof. Dr. Daphne Hahn von pro familia erklärte, den Verein erreich- ten täglich Berichte über Hindernis- se, die Frauen beim Zugang zur
„Pille danach“ überwinden müss- ten. Durch den vorgeschriebenen Arztbesuch komme es zu zeitlichen Verzögerungen, vor allem an den Wochenenden und an Feiertagen.
Die Kassenärztliche Bun- desvereinigung (KBV) und der Berufsverband der Frau- enärzte (bvf) sprachen sich gegen eine Aufhebung der Rezeptpflicht aus. Aus Sicht der KBV verbessert sich die Versorgung damit nicht. „Wir haben in Deutschland eine flächendeckende fachärztli- che Versorgung“, sagte Dr. med.
Holger Grüning. Eine Notfallkon- trazeption müsse durch eine qualifi- zierte Beratung begleitet sein.
Auch Dr. med. Christian Albring vom bvf stellte die Notwendigkeit einer medizinischen Beratung in den Vordergrund. Es gebe eine Rei- he von Momenten, in denen die Pil- le danach nicht nötig sei, erklärte er.
„Diese Beratung können nur Ärzte
leisten.“ HK/kna
Betroffene von sexuellem Miss- brauch sollen durch eine neue Platt- form im Internet, die ab Juni frei - geschaltet wird, schneller Hilfe finden: Unter www.hilfeportal-miss brauch.de finden sie und ihre Ange- hörigen Informationen zu Bera- tungs-, Hilfs- und Versorgungsange- boten. Das Portal wird vom Unab- hängigen Beauftragten der Bundes- regierung zur Aufarbeitung des se- xuellen Kindesmissbrauchs entwi- ckelt und gepflegt.
Teil der Plattform ist eine Adress- datenbank, über die Hilfsangebote vor Ort schnell gefunden werden sol- len. Die Kassenärztliche Bundesver- einigung unterstützt den Aufbau und ruft ärztliche und Psychologische Psychotherapeuten, die über Erfah- SEXUELLER KINDESMISSBRAUCH
Qualifizierte Psychotherapeuten gesucht
rung in der Therapie von Betroffenen von sexuellem Missbrauch verfügen, dazu auf, sich in die Datenbank auf- nehmen zu lassen. Psychotherapeu- ten können ihre Daten über den Link www.datenerfassung.hilfeportalmiss brauch.de eintragen. Gewünscht sind Name, Adresse, Telefon, Mailadres- se, gegebenenfalls Webseite oder auch Sprachkompetenzen.
Das Portal ist ein Ergebnis der Beratungen des Runden Tisches
„Sexueller Kindesmissbrauch“ und ein wesentlicher Punkt der Rah- menempfehlung, die der GKV-Spit- zenverband, die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Bun- desärztekammer und die Bundes- psychotherapeutenkammer im Au- gust 2012 beschlossen haben. pb
Foto: KNA-Bild
RANDNOTIZ
Sabine Rieser
Dass es heutzutage mehr junge Frauen als junge Männer gibt, die Medizin studieren, und später dann vermutlich mehr Ärztinnen, ist ein heißes Thema. Manche Standesver- treter sorgen sich, dass bald weni- ger gearbeitet wird in Praxen und Kliniken, manche Standesvertrete- rinnen verbitten sich solche Unter- stellungen. Wer hat recht?
Keine Ahnung. Jahrelang schien gewiss, dass deutsche Akademike- rinnen immer häufiger auf Kinder verzichten. Viele sehr karriereorien- tierte Ärztinnen schienen denkbar.
Dem jüngsten Familienbericht zufol- ge ändert sich etwas: Mehr Akade- mikerinnen bekommen wieder Kin- der, die Rollenverteilungen zwischen Frauen und Männern verändern sich weiter. Vielleicht arbeiten in 20 Jah- ren junge Ärztinnen im Schnitt we - niger als alte Ärzte. Vielleicht küm- mern diese sich aber auch um En- kelkinder, alte Eltern oder sich selbst und treten beruflich kürzer.
Sicher ist nur, dass das Gesund- heitswesen großen Bedarf an enga- gierten Frauen und Männern hat. Die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz hat deshalb nach zehn Jahren
„Girls’ Day“ dieses Jahr stattdessen einen „Boys’ Day“ veranstaltet, in Zusammenarbeit mit dem Deut- schen Roten Kreuz. Praktische Übungen in Erster Hilfe und Ver- bandstechniken standen für die Jungs, so wie in den Jahren zuvor für die Mädchen, auf dem Pro- gramm.
Im Sinne der Gleichstellung wolle man nun die Jungen für das Medi- zinstudium begeistern, hieß es.
Manchen kleinen Unterschied gibt es aber: Die Jungs lud man ein, das
„pulsierende Innenleben“ einer Ret- tungsleitstelle kennenzulernen. Die Mädchen waren im Jahr zuvor in ei- ner gynäkologischen Praxis.