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Archiv "Nachhaltigkeit: Das grüne Krankenhaus" (11.10.2013)

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E

s ist laut. So laut, dass man besser einen Gehörschutz trägt. Das Blockheizkraftwerk des Evangelischen Krankenhauses Hu- bertus in Berlin läuft auf Hochtou- ren. Hier, in einem Nebengebäude, abseits der Patientenversorgung produziert die Klinik ihre eigene Energie. Ein Erdgas-Motor treibt einen Generator an. Es entstehen Strom und Abwärme. Kraft-Wär- me-Kopplung – eine effiziente Me- thode, die das Krankenhaus schon früh für sich entdeckt hat.

Das Evangelische Krankenhaus Hubertus ist Vorreiter in Sachen Energiesparen. Bereits im Jahr 2001 hatte die Einrichtung ihren Energieverbrauch um 37 Prozent gesenkt und den CO2-Ausstoß um 2 600 Tonnen reduziert. Als erstes Krankenhaus in Deutschland über- haupt erhielt es damals das Siegel

„Energie sparendes Krankenhaus“

des Bundes für Umwelt und Natur- schutz Deutschland (BUND).

Ein Großteil der Einsparungen kommt allein durch moderne Anla-

gen zustande. Ein Beispiel: neue Pumpen für Warmwasser, die viel effizienter arbeiten als früher. Eine wichtige Rolle spielt das Block- heizkraftwerk. Mit ihm deckt das Krankenhaus zwei Drittel seines Stromverbrauchs. Die entstehende Wärme sichert im Jahresdurch- schnitt die Hälfte des Heizbedarfs.

„Wir haben unseren Energiever- brauch bis heute halbiert“, sagt Ge- schäftsführer Dr. med. Matthias Al- brecht, Geschäftsführer des Evan- gelischen Krankenhauses Hubertus.

Das 210-Betten-Haus hat Energie- kosten von etwa einer Million Euro im Jahr. Albrecht geht davon aus, dass die Ausgaben ohne die Maß- nahmen doppelt so hoch wären.

„Wenn wir im Bereich Energiespa- ren nicht frühzeitig aktiv geworden wären, dann hätten wir vielleicht schon geschlossen“, berichtet Al- brecht.

Krankenhäuser sind Energiefres- ser. Im Schnitt wendete ein Kran- kenhaus in Deutschland 2011 rund 6,5 Prozent der Sachkosten für

Wasser, Strom und Brennstoffe auf.

Die Anforderungen an die Klima- technik steigen, und es gibt immer mehr Großgeräte in der Medizin.

Die Energiepreise sind unterdessen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Spielraum für Investitio- nen – zum Beispiel für eine neue Heizung – haben die Krankenhäu- ser aber kaum.

Geld für Investitionen fehlt Das Evangelische Krankenhaus Hubertus ging daher schon vor vie- len Jahren den Weg des „Energie- Einspar-Contracting“. Das bedeu- tet: Die Investition für eine neue Anlage übernimmt nicht das Kran- kenhaus, sondern die Firma, die zum Beispiel die neue Heizung ein- baut. Das Krankenhaus muss also keinen Kredit aufnehmen. Es zahlt bei der Firma die investierte Sum- me nach und nach ab – und zwar mit den eingesparten Energiekos- ten. „Im besten Fall ist das eine Win-Win-Situation“, sagt Albrecht.

Das Krankenhaus geht kein finan- NACHHALTIGKEIT

Das grüne Krankenhaus

Die Energiekosten sind in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen. Für Krankenhäuser lohnt sich Umweltschutz also auch aus finanziellen Gründen. Hinter dem Begriff „Green Hospital“ verbirgt sich aber noch weit mehr als Energiesparen.

Foto: fotolia (2) [m]

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A 1898 Deutsches Ärzteblatt

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11. Oktober 2013 zielles Risiko ein. Trotzdem be-

kommt es eine neue Heizung, die es aus eigener Tasche nicht direkt vollständig bezahlen könnte.

Im Evangelischen Krankenhaus Hubertus bekam die Firma Hochtief Energy Management GmbH den Zuschlag. Die Ausschreibung lief über die Berliner Energieagentur.

Zunächst investierte Hochtief rund 500 000 Euro. Das Unternehmen übernahm auch die Wartung der neuen Anlagen. „Investiert wurde vor allem in Lüftung, Heizung und Kältetechnik. Da finden die größten Einsparungen statt“, sagt Dipl.-Ing.

Jens Kothe, SPIE Energy Solutions GmbH, vormals Hochtief. „Ein Kernstück der Maßnahmen ist eine effiziente Regelungstechnik.“ Hin- zu kamen später noch 250 000 Euro

für das Blockheizkraftwerk. Heute ist alles abbezahlt und die Anlagen gehören dem Evangelischen Kran- kenhaus Hubertus.

Anlagen sind oft veraltet Von dem Modell ist Albrecht über- zeugt. Es sei natürlich den Rahmen- bedingungen geschuldet: Für Inves- titionen ist kein Geld da. Wer mo- dernisieren will, hat kaum eine an- dere Möglichkeit. Jedes Kranken- haus müsse überlegen, ob es eigene Mittel zur Verfügung habe oder ob ein externer Vertragspartner infrage komme, sagt Ingenieur Kothe. „Wir sind natürlich nicht die barmherzi- gen Samariter, sondern wollen mit dem Contracting auch Geld verdie- nen.“ Der Vorteil für das Kranken- haus ist, dass der Contractor die

Energiekosteneinsparungen ver- traglich garantiert. Außerdem lie- fert er das Know-how für Planung, Umsetzung und Betrieb.

Energiesparen ist nicht nur gut für den Geldbeutel. Das Evangeli- sche Krankenhaus Hubertus kann auch mit dem positiven Image punkten. Das BUND-Siegel hängt gut sichtbar im Eingangsbereich des Krankenhauses. Auch auf der Homepage kann man sich über die Maßnahmen informieren. Doch Al- brecht ist realistisch: „Niemand kommt zu uns ins Krankenhaus, weil wir Energie sparen.“ Die Kos- tenersparnis stehe im Vordergrund.

Gleichwohl sei der Zuspruch groß – auch unter den Mitarbeitern.

Umweltschutz im Krankenhaus – das heißt nicht, dass man auf den Fluren jede zweite Lampe heraus- schraubt oder der Pausenraum der Mitarbeiter nicht mehr geheizt wird. Die größten Einsparungen werden schlicht durch neue Anla- gen und effiziente Technik reali- siert. „Viele Krankenhäuser sind aus den 1960er und 1970er Jahren.

Das heißt: Da steht zum Beispiel ein völlig überdimensionierter, in- effizienter Heizkessel“, sagt Prof.

Dipl.-Ing. Linus Hofrichter, stell- vertretender Vorsitzender der „Ar- chitekten für Krankenhausbau und Gesundheitswesen im Bund Deut- scher Architekten“. Durch eine Mo- dernisierung von Lüftungs- und Hei- zungsanlagen seien große Einspa- rungen möglich. „Da kann man viel mehr Geld einsparen, als wenn man jetzt aufwendig Fassaden dämmt“, erläutert Hofrichter. Energetisch seien zwar die Fassaden vieler Häu- ser nicht optimal. Aber man müsse abwägen. „Eine Klinkerfassade ist nachhaltig, weil sie hundert Jahre hält“, berichtet der Architekt. Wenn man die nun mit Mineralfaserplat- ten verkleide, sei das kaum sinn- voll. Grundsätzlich gebe es keine Standardlösungen. Man brauche ein energetisches Gesamtkonzept.

Ein sinnvolles Gesamtkonzept umfasst für Hofrichter nicht nur den Bereich Energiesparen. Es gehe um eine Vielzahl von Themen – zum Beispiel Abfall, umweltfreundliche Baumaterialien und die Verwen- dung von Lebensmitteln aus der Energiesparen ist für Krankenhäuser ein wichti-

ges Thema – auch wegen der steigenden Kosten.

Seit einiger Zeit hat sich der Begriff „Green Hospital“ etabliert. Er ist nicht scharf definiert. Im allgemeinen Verständnis geht er aber über das Energiesparen hinaus. Es geht um geringeren Ressourcenverbrauch, weniger Abfälle und um- weltfreundliche Baustoffe. Nachhaltigkeit wird nicht nur im ökologischen Sinn verstanden, son- dern bestimmt den Umgang mit Mitarbeitern, die eine wertvolle Ressource sind. Auch die Patienten sollen sich wohlfühlen. So schaffen Lichtkonzepte mit Tageslicht eine angenehme Atmosphäre.

Um Forschung und Entwicklung zum Thema voranzutreiben, hat der Verein Deutscher Inge- nieure (VDI) den Ausschuss „Green Hospital“ ge- gründet, in dem Fachleute – unter anderem aus den Bereichen Architektur, Medizintechnik und Qualitätssicherung – Zunkunftslösungen erarbei- ten (http://blog.vdi.de/tag/green-hospital).

Eine weitere Initiative ist das „Hospital Engi- neering Labor“, eine vom Land Nordrhein-West- falen geförderte und von Fraunhofer-Instituten betriebene Simulationsumgebung. Technisch-or- ganisatorische Infrastrukturen werden realitäts- nah entwickelt (www.hospital-engineering.org).

GREEN HOSPITAL

Mit dem Block- heizkraftwerk er- zeugt das Ev. Kran- kenhaus Hubertus in Berlin den Groß- teil seines Stroms.

Geschäftsführer Matthias Albrecht freut sich über das gesparte Geld.

Foto: Georg J. Lopata

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Region. Eine tageslichtähnliche Be- leuchtung schaffe eine bessere At- mosphäre für die Patienten. Nach- haltigkeit – das bezieht der Archi- tekt auch auf die Arbeitsbedingun- gen für Mitarbeiter.

Umwelt, Qualität und Effizienz Einen umfassenden Begriff von Nachhaltigkeit hat man im Klini- kum St. Marien im oberpfälzischen Amberg. Die Einrichtung blickt auf eine über 160 Jahre alte Geschichte zurück. Dem Gebäudekomplex am Rande des beschaulichen Stadtzen- trums ist das nicht anzumerken – er wirkt hell und modern. Hohe Bau- kräne künden schon von weitem von einer größeren Baustelle, die sich auch im Klinikum durch eine entsprechende Geräuschkulisse be- merkbar macht. „Die Geschichte des Klinikums war immer geprägt von Bautätigkeiten. In den letzten vier Jahren wurde für etwa 15 Mil- lionen Euro neu gebaut. Dabei wur- de zum Beispiel auch die größte Photovoltaikanlage in der Ober- pfalz aufs Dach gesetzt“, berichtet Dr. med. Harald Hollnberger, Vor- standsassistent und Leiter Organi- sationsentwicklung im Klinikum.

Derzeit werde für mehr als 60 Mil- lionen Euro ein neuer Gebäude- komplex errichtet, der die über das gesamte Krankenhaus verteilte Chirurgie, die Intensivstation, wei- tere Funktionsräume und einen Hubschauberlandeplatz beheimaten werde.

Bauliche und infrastrukturelle Maßnahmen richten sich dabei in besonderem Maße am Gedanken der Nachhaltigkeit aus. So hat sich das Klinikum im Jahr 2011 dem

„Green+ Check“ unterzogen. Dabei handelt es sich um ein von Siemens Healthcare erarbeitetes Konzept für ein Zertifikat, das deutlich über das vom BUND vergebene Gütesiegel hinausgeht. Es beruht auf einer standardisierten Bewertungsmetho- dik, die die Aspekte Umwelt, Quali- tät und Effizienz gleichermaßen in die Nachhaltigkeitsbetrachtung mit einbezieht. Dabei werden die Kenn- zahlen des Hauses – etwa im Hin- blick auf Energieeffizienz, Gebäu - de infrastruktur, Kommunikation, Medizintechnik – bis hin zur Aus-

und Weiterbildung der Mitarbeiter mit Referenzwerten vergleichbarer Krankenhäuser und vorliegenden Benchmarks verglichen. Das Er- gebnis ist ein individueller Nach- haltigkeitsindex, der die Stärken und Schwächen eines Hauses offen- legt und gleichzeitig angibt, wo Verbesserungsmöglichkeiten liegen und welche sich schnell bezahlt ma- chen. Der Ansatz wurde inzwischen vom VDE (Verband der Elektro- technik, Elektronik, Informations- technik) zum Konzept des „Blue Hospital“ weiterentwickelt und in eine firmenunabhängige Anwen- dungsregel gebracht.

Was bringt ein kommunales Krankenhaus mit 570 Betten und circa 1500 Mitarbeitern dazu, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit zu

befassen? „Nachhaltigkeit ist für uns schon immer eine langfristige Unternehmensstrategie gewesen.

Wir nehmen den Gesundheitsmarkt als kompetitiven Markt wahr und wollen uns damit dem Wettbewerb stellen“, erläutert Hollnberger.

Der Zertifizierungsprozess um- fasste mehrere Workshops und de- taillierte Einzelinterviews auf Basis eines festgelegten Kriterienkata- logs. Zudem mussten im Vorfeld sämtliche energetischen Daten an Siemens geliefert werden. „Bei der Bewertung des Erfüllungsgrades haben wir damals 65 Prozent vom

„Green+ Score“ erreicht und waren damit das beste Haus in Bayern“, erklärt Hollnberger stolz. Zum Ver- gleich: Der durchschnittliche Wert lag bei 33 Prozent.

Die Ergebnispräsentation des Green+ Check war gleichzeitig mit Projektvorschlägen und Empfeh- lungen für mögliche Optimierungs- maßnahmen verbunden. Nach Ab- lauf eines Jahres gab es zudem ein Review zum Stand der Umsetzung.

„Der Ansatz bei den Verbesserungs- maßnahmen ist vor allem, den Energieverbrauch zu senken, da die Energiekosten permanent steigen“, erläutert Joachim Lorenz, techni- scher Mitarbeiter am Klinikum.

„Wir haben auf ein neues Block- heizkraftwerk als Ersatz für eine 18 Jahre alte Anlage gesetzt und zu- sätzlich eine Absorptionskältema- schine installiert, die die Wärme, die das Blockheizkraftwerk als Ab- fallprodukt erzeugt, in Kälte umset- zen kann, um so etwa die Operati- onssäle zu klimatisieren. Der Wir- kungsgrad dieser Lösung liegt bei hohen 96 bis 98 Prozent.“

Langfristig Kosten einsparen Investiert wurde auch in energieef- fiziente Heizpumpen. Das verur- sacht zunächst zwar Mehrkosten, aber: „Wenn ich das hochrechne, habe ich in zehn Jahren wieder 30 Prozent der Kosten eingespart“, meint Lorenz. Ähnlich sei das bei Isolierungen der Fenster oder bei der Beleuchtungstechnik, die suk- zessive auf Energiesparlampen oder LED (Leuchtdioden) umgestellt wird. „Da die Lampen in vielen Be- reichen bis zu 24 Stunden am Tag Eingangsbereich

des Klinikums Amberg (oben).

Energiesparlampen und LED-Leuchten ersetzen sukzessive die herkömmlichen Lichtquellen. Unten:

Blick in die Hei- zungsanlagen

Fotos: Daniel Karmann/picture alliance

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A 1900 Deutsches Ärzteblatt

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11. Oktober 2013 brennen, lassen sich dadurch teil-

weise 60 bis 80 Prozent der Ener- giekosten sparen.“ Geplant ist zu- dem die Erneuerung des gesamten Leitsystems für die Heizungs-, Kli- ma- und Lüftungsanlagen, das noch intelligenter gesteuert werden soll.

Auch aus dem klinischen Be- reich gibt es etliche Beispiele: So wurde etwa unter dem Aspekt des Risikomanagements ein Barcode- Patientenarmband zur sicheren Identifizierung eingeführt. Vom Ak- tionsbündnis Saubere Hände hat das Klinikum in diesem Jahr die Goldmedaille für vorbildliche Hy- gienestandards erhalten. „Auch ein wichtiger Punkt für Nachhaltig- keit“, betont Hollnberger.

Beispiel Medizintechnik: Für die im Haus vorhandenen 26 Ultra- schallgerätetypen verschiedener Her - steller habe man eine europaweite Ausschreibung durchgeführt, er- zählt Hollnberger. „Das war ein Riesenaufwand. Wir haben an- schließend abteilungsübergreifend mit einem Hersteller verhandelt.“

Ein Konzept in Richtung Verein- heitlichung und Standardisierung, das derzeit ähnlich auch im PC-Be- reich umgesetzt wird. „Das ist nicht immer einfach, denn es erfordert den Konsens zwischen den Chef- ärzten. Aber: Die medizinischen Versorgungsbereiche und die zuar- beitenden Bereiche haben durch das Projekt mehr Verständnis füreinan- der gewonnen“, erläutert Hollnber- ger. So nehme ein Arzt gewöhnlich nicht wahr, was ein CT oder Kern- spin an Energie oder Wasser zur Kühlung benötige.

Eine weitere europaweite Aus- schreibung, die das Klinikum der- zeit vorbereitet, betrifft die multi- mediale Langzeitarchivierung im Haus, bei der sämtliche Formate künftig in einem Archiv verwahrt werden sollen, egal ob Herzkathe- terfilm, Papier oder Ultraschallbild.

Ein Ziel ist auch hierbei, die vor- handene Hard- und Software zu konsolidieren und die Prozesse ge- nerell effizienter zu gestalten.

Zahlen sich die vielfältigen Maß- nahmen am Ende auch aus? „Das ist ein großer Aufwand und auch ei- ne große finanzielle Belastung für die Häuser. Leider wird diese Be- lastung nicht adäquat bewertet“, kritisiert Hollnberger. „Jeder meint zwar, Qualität im Gesundheitswe- sen brauchen wir – aber eine ange- messene Refinanzierung gibt es derzeit nicht. Daher müssen wir als Haus Schwerpunkte setzen. Wir würden gerne noch mehr in diesem Bereich leisten.“

Einige Bundesländer wie Rhein- land-Pfalz und Bayern sind inzwi- schen dabei, ihre Krankenhäuser beim Umstieg auf einen zukunftsfä-

higen energetischen und ökologi- schen Standard zu unterstützen.

Rheinland-Pfalz will ein Gütesiegel für nachhaltige Krankenhäuser ein- führen und errichtet derzeit am Standort Liebfrauenberg das erste Green-Hospital im Land. Dabei werden die stationäre und die fach- ärztliche ambulante Versorgung der Glantal-Klinik Meisenheim in ei- nem Neubau zusammengelegt. Die rheinland-pfälzische Landesregie- rung fördert den Neubau mit mehr als 27 Millionen Euro, weitere 13 Millionen Euro bringt die Klinik aus eigenen Mitteln auf.

Flächendeckend in Bayern In Bayern soll mit der „Green Hos- pital Initiative“ das Konzept des nachhaltigen Krankenhauses sogar flächendeckend verwirklicht wer- den. Die Initiative umfasst ein gan- zes Bündel von Fördermaßnahmen.

Sie startete im Jahr 2011 mit der Entscheidung, den Klinikneubau in Lichtenfels als Leuchtturmprojekt für Nachhaltigkeit auszubauen und hierfür acht Millionen Euro aus dem Programm „Aufbruch Bayern“

zur Verfügung zu stellen.

Darüber hinaus wird Ende 2013 erstmals die Auszeichnung Green Hospital vergeben, um die sich Krankenhäuser künftig jährlich be- werben können. Über das baye - rische CO2-Minderungsprogramm erhalten kommunale Krankenhäu- ser eine finanzielle Förderung für Beratungen zu energetischen Ein- sparpotenzialen. Bei allen Neubau- und Sanierungsmaßnahmen werde überdies der jeweils aktuelle ener- getische und bauliche Standard ge- fördert. Ziel sei es, die derzeit für Gebäude gültige Energieeinspar- verordnung 2009 um weitere 30 Prozent zu unterschreiten, teilte ein Sprecher des Ministeriums mit.

Anregungen gibt zusätzlich eine Best-Practice-Datenbank, in der er- folgreiche Beispiele der Initiative gesammelt werden (www.stmug.

bayern.de/gesundheit/krankenhaus/

green_hospital).

Lichtenfels ist der erste Kran- kenhausneubau seit mehr als zehn Jahren in Bayern. Das alte, 1973 in Betrieb genommene Krankenhaus wies erheblichen Sanierungsbedarf Das Konzept des „Blue Hospital“ zielt darauf

ab, Energieeffizienz und den sparsamen Umgang mit Ressourcen mit Qualitätsmanagement-Modu- len zu verbinden, um die Wirtschaftlichkeit und die Patientenversorgung nachhaltig zu optimie- ren. Dabei soll das Krankenhaus ganzheitlich be- trachtet werden, das heißt, es werden gleicher- maßen ökologische, ökonomische und qualitati- ve/soziale Aspekte berücksichtigt. Das Konzept hat eine Expertengruppe der VDE-Initiative Mikro- Medizin erarbeitet und inzwischen wurde hierzu

auch eine Anwendungsregel als normative Grund- lage veröffentlicht.

Die Anwendungsregel „Prozesse zur Daten- erfassung sowie Bewertung und Zertifizie- rung der Nachhaltigkeit im Krankenhaus“ de- finiert die Prozesse der für die Ermittlung der Nachhaltigkeit im Krankenhaus erforderlichen Da- tenerfassung sowie die Bewertung der Daten, und sie legt die Regeln für die Auditierung des Krankenhauses fest. Info: www.vde.com/de/fg/

dgbmt/arbeitsgebiete/projekte/blue_hospital

BLUE HOSPITAL

Mit dem „Green+ Check“ hat das Klinikum Amberg einen aufwendigen Zertifizierungspro- zess absolviert – und zwar sehr er- folgreich, wie Dr.

Harald Hollnberger (links) und Joachim Lorenz berichten.

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auf, und Berechnungen hatten er- geben, dass ein Neubau gerade einmal zehn Prozent teurer als die Sanierung des Altbaus ausfallen würde. Circa 105 Millionen Euro soll das neue Haus, mit dessen Fer- tigstellung Ende 2017 zu rechnen ist, jetzt kosten. „69 Millionen Euro Fördermittel erhalten wir vom Freistaat. Wir selbst müssen rund 30 Millionen Euro Eigenmit- tel aufbringen“ berichtet Michael Jung, Geschäftsführer des Helmut- G.-Walther-Klinikums Lichtenfels GmbH.

Die Zukunft: Lichtenfels Ein Neubau bot zugleich die Chan- ce, ein Krankenhaus von Grund auf so auszustatten, dass die neuesten Erkenntnisse hinsichtlich Energieef- fizienz und Ökologie berücksichtigt werden. So soll das Krankenhaus durch Solar-, Geothermie- und Pho- tovoltaikanlagen sowie eine Holz- hackschnitzelheizung zwölf Prozent seines Strom- und 26 Prozent seines Heizbedarfs selbst erzeugen können.

Energieeffizienz ist Jung zufolge aber nur ein Baustein: „Es sind meh- rere Säulen, auf denen wir stehen:

Einmal wollen wir so wenig Energie verbrauchen wie möglich und mög- lichst viel regenerative Energie ein- setzen. Gleichzeitig wollen wir den CO2-Ausstoß so weit wie möglich vermeiden. Schließlich geht es dar - um, die Prozess- und Betriebsabläu- fe im Krankenhaus auch anhand der Gebäudestruktur so zu optimieren, dass die Mitarbeiter in ihrer Arbeit unterstützt werden und der Patient seinen Aufenthalt als angenehm empfindet.“

Zentraler Ansatz ist dabei die Perspektive des Patienten und sein Weg durchs Haus. Das Ergebnis ist eine klare Gebäudestruktur: „Wir haben die Patientenaufnahme als Anlaufmittelpunkt im Erdgeschoss.

Von der zentralen Wartezone aus wird der Patient in die Untersu- chungs- und Behandlungsräume

abgeholt“, erläutert Jung. Das Erd- geschoss ist zugleich die Zone, in der sich viel Verkehr von außen ab- spielt, etwa in der Cafeteria. Im ers- ten Stock hingegen befindet sich die Untersuchungs- und Eingriffs- ebene von OP über Kreißsaal, En- doskopie, Herzkatheter und Inten- sivstation etc., während die beiden Etagen darüber den Patientenauf- enthalten vorbehalten sind.

Die Patientenbetten werden sämtlich mit einem eigenen Moni- tor für Funktionen wie Telefonie- ren, Internetzugang oder Essensbe- stellung ausgestattet. Vom Bett aus sollen Heizung, Sonnenschutz und Beleuchtung regulierbar sein. Die Krankenzimmer werden ohne Heiz- körper im Niedrigenergiestandard entstehen. Zur Isolierung nach au- ßen gibt es eine 3-fach-Verglasung der Fenster mit Solarzellen als Son- nenschutz. Für die Fußbodenhei- zung in den Patientenzimmern wird Geothermie genutzt. Eine Beton- kernaktivierung in den Wänden sorgt im Sommer für Kühlung, im Winter trägt sie zur Erwärmung bei.

Ein besonders spannendes Detail ist laut Jung das Lichtkonzept, das

in Zusammenarbeit mit einem gro- ßen Lichtlabor in Innsbruck umge- setzt wird: „Wir werden im gesam- ten Haus nur mit LED arbeiten. In den Krankenzimmern gibt es außer- dem die Besonderheit, dass dort verschiedenfarbiges Licht einge- setzt wird, sprich: Wir werden ei- nen Tagesablauf mit Kunstlicht ab- bilden. Tagsüber, wenn mehr die Blautöne im Licht überwiegen, brennen sehr helle LED. Gegen Abend geht das automatisch und unmerklich in ein leicht orangefar- benes Licht über. Dieses Licht be- ruhigt und zeigt an, dass sich der Körper auf die nächtliche Ruhepha- se umstellen muss.“

Im Hinblick auf ein umweltbe- wusstes Abfallmanagement wird im nächsten Jahr im alten Haus damit begonnen, die häufigsten Ver-

brauchsartikel – wie Schläuche, Handschuhe, Kanülen – zu erfassen und zu analysieren. Geprüft werden beispielsweise Transportwege, Roh - stoffe, Herstellungsprozesse und Re - cyclebarkeit der Artikel. Die daraus erstellte Hitliste wird daraufhin überprüft, ob es Alternativprodukte dazu gibt. „Je nach Wirtschaftlich- keit werden wir versuchen, auf möglichst umweltfreundliche Arti- kel umzustellen“, erläutert Jung.

Für Lichtenfels wird zudem ein Gold-Zertifikat nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ange- strebt. Dabei sei Lichtenfels auch für die DGNB ein Pilotprojekt, meint Jung. Denn bisher seien die Kriterien für Bürogebäude und noch nicht für Krankenhäuser ange- wendet worden. „Wir sind jetzt das erste komplette Krankenhaus, das nach den strengen DGNB-Kriterien bauen will.“

Nachhaltigkeit – eine Floskel?

Der Begriff Nachhaltigkeit lässt sich auf nahezu alle Bereiche aus- dehnen. Manchmal erscheint er deshalb wenig greifbar und sogar beliebig. Das liegt möglicherweise auch daran, dass nicht jeder, der Nachhaltigkeit in das Leitbild sei- nes Krankenhauses aufgenommen hat, sich auch entsprechend verhält.

Für Architekt Linus Hofrichter ist Nachhaltigkeit konkret. „Die Nachhaltigkeit fängt für mich nicht bei Energieeffizienz oder Green Hospital an.“ Man müsse viel frü- her ansetzen. Es gehe darum, Flä- che sinnvoll zu bebauen und lang- fristig zu nutzen. „Nachhaltigkeit bedeutet für mich, dass Politik und Gesellschaft überlegen: Wie viele Krankenhäuser brauchen wir ei- gentlich, wie viele Standorte, wie viele Gebäude?“, erläutert Hofrich- ter. Die begrenzten Gelder der Län- der für Investitionen in die Kran- kenhäuser würden nicht immer ziel- gerichtet eingesetzt. „Mir wäre es lieber, wir würden mit Sachver- stand und Maß neue Krankenhäuser bauen oder bestehende modernisie- ren“, so Hofrichter. Nicht die Men- ge zähle, sondern die Qualität.

Nachhaltigkeit bedeutet für mich, dass Politik und

Gesellschaft überlegen: Wie viele Krankenhäuser brauchen

wir eigentlich?

Linus Hofrichter, Architekt

Dr. med. Birgit Hibbeler, Heike E. Krüger-Brand

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