• Keine Ergebnisse gefunden

Untersuchungen zur Verschiebung des Aufstandspunktes für angetriebene Reifen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Untersuchungen zur Verschiebung des Aufstandspunktes für angetriebene Reifen"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

GRUNDLAGEN

78

60 LANDTECHNIK 2/2005

Christian Brinkmann, Volkmar Schlotter und Bojan Ferhadbegovi´c, Hohenheim

Untersuchungen zur Verschiebung des

Aufstandspunktes für angetriebene Reifen

Z

um Fahrverhalten von Traktorreifen wurde in [1] der Einfluss von Seiten- kräften auf die Verschiebung der Angriffs- punkte der resultierenden Kräfte in der Rei- fen-Boden-Kontaktfläche am frei rollenden Reifen vorgestellt. In Weiterführung dieser Arbeit ist eine Betrachtung des Kraftan- griffspunktes in Reifenlängsrichtung erfor- derlich. Zur Erstellung eines realitätsnahen dynamischen Reifenlängsmodells ist es not- wendig, den Einfluss von Vertikal- und Längskräften, erzeugt durch Antriebs- oder Bremsmomente, näher zu betrachten. In die- sem Beitrag werden deshalb Untersuchun- gen und Ergebnisse hierzu vorgestellt. Be- trachtet wird der angetriebene/gebremste Traktorreifen auf asphaltierter Fahrbahn oh- ne Überlagerung von Seitenkräften.

Angriffspunkt der Aufstandskraft Die Kräfte und Momente an einem angetrie- benen oder gebremsten, nicht schräglaufen- den Rad sowie deren Angriffspunkte sind in Bild 1 dargestellt.

In der Reifen-Boden-Kontaktebene, die bei asphaltiertem Boden den Abstand rtvom Radmittelpunkt hat, kann der exakte An- griffspunkt der Aufstandskraft Fz (im Fol- genden als Aufstandspunkt bezeichnet) durch das Momentengleichgewicht um die y-Achse bestimmt werden. Es gilt allge- mein:

(1) Dabei entspricht Jyy dem Massenträgheits- moment des Reifens mit Felge.

Die Größe e wird gebräuchlich als „He- belarm der rollenden Reibung“ bezeichnet.

Plesser weist darauf hin, dass im Fall des an- getriebenen/gebremsten Rades der Abstand e der Radmitte zum Aufstandspunkt nicht al- lein vom Rollwiderstand abhängt [2]. Daher wird im Folgenden die von Barrelmeyer vor- geschlagene Definition „Hebelarm der Rad- last“ verwendet [3]. Mit zunehmendem An- triebsmoment vergrößert sich der Hebelarm der Radlast in Fahrtrichtung. Im Falle des ge- bremsten Rades kann es bei entsprechend großer Aufstandskraft Fzund großen Brems- momenten (My< 0) dazu kommen, dass der

Hebelarm der Radlast negativ wird, dass al- so der Kraftangriffspunkt bezogen auf die Fahrtrichtung hinter der Radachse liegt.

In Bild 2 ist der Hebelarm der Radlast in Abhängigkeit des Antriebsmoments Mtdar- gestellt. Ist Mt= 0, entspricht dies dem frei rollenden Rad und der Hebelarm e weist ei- ne Länge von ~ 9 mm auf. Dies charakteri- siert den Rollwiderstand des Reifens. Da sich die dargestellten Ergebnisse auf feste Fahrbahn (Asphalt) beziehen, liegt nur der innere Rollwiderstand (durch die Verfor- mung des Reifens) vor. Der äußere Rollwi- derstand (durch die Verformung des Bodens) ist für die dargestellten Versuchsbedingun- gen nicht relevant.

Um die Mehrkörper-Simulation bei der Entwicklung landwirtschaftli- cher Fahrzeuge mit vertretbarem Aufwand durchführen zu können, bedarf es einfacher, aber hinrei- chend genauer Teilmodelle. Das Reifenmodell ist bei der Gesamt- fahrzeugsimulation von entschei- dender Bedeutung. Eine genaue Kenntnis der auftretenden Kräfte und der Lage der Angriffspunkte ist unerlässlich für die Entwicklung eines realitätsnahen Modells. In diesem Beitrag soll die Längsver- schiebung des Angriffspunkts der Trieb- und Aufstandskraft für den angetriebenen Reifen auf asphal- tierter Fahrbahn sowie deren Aus- wirkung auf das Nabenmoment be- trachtet werden.

Dipl.-Ing. Christian Brinkmann und Dipl.-Ing. Bojan Ferhadbegovi´c sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl Grundlagen der Agrartechnik (Leiter:

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. H.D. Kutzbach), Institut für Agrartechnik der Universität Hohenheim, Garbenstr.

9, 70599 Stuttgart; e-mail: chbm@uni-hohenheim.de.

Dipl.-Ing. Volkmar Schlotter ist Mitarbeiter der Robert Bosch GmbH.

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. H.D. Kutzbach zum 65. Geburts- tag gewidmet

Schlüsselwörter

Reifen, Längskraft, Reifenmodell, Mehrkörpersimu- lation

Keywords

Tyre, longitudinal force, tyre model, multi-body simulation

Literatur

Literaturhinweise sind unter LT 05221 über Internet http://www.landwirtschaftsverlag.com/ landtech/lo- cal/fliteratur.htm abrufbar.

Bild 1: Wirkende Kräfte und Momente am Traktorreifen mit den zugehörigen Hebelarmen r und e

Fig. 1: Forces and torques for an agricultural tyre and their corresponding lever arms r and e

Bild 2: Hebelarm der Radlast e in Abhängigkeit vom Antriebsmoment Mtbei einem 520/70 R 34 Reifen und 0,8 bar Luftdruck

Fig. 2: Lever arm of the tyre load e depending on drive torque on a 520/70 R 34 tyre and 0.8 bar air pressure

(2)

Es wird vorgeschlagen, den inneren Roll- widerstand des Reifens für die drei Betriebs- zustände „gebremst“, „frei rollend“ und „an- getrieben“ als quasi-konstant anzunehmen.

Damit wird angenommen, dass der Rollwi- derstand für alle Betriebszustände gleich ist und der Hebelarm der Radlast in einen kon- stanten Anteil, verursacht durch den Rollwi- derstand, und einen variablen Anteil, verur- sacht durch die überlagerte Längskraft, auf- geteilt werden kann. Der variable Anteil bei angetriebenem/gebremstem Rad wird als die von Plesser untersuchte Reifenlängsver- schiebung fxbetrachtet. Damit wird impli- ziert, dass die Verschiebung des Kraftan- griffspunktes der Verformung der äußeren Kontur des Reifens entspricht. Unter Berücksichtigung der in Bild 2 dargestellten Ergebnisse sowie der bisher von den Autoren gesammelten Erkenntnisse scheint diese An- nahme in erster Näherung zulässig. Damit ergibt sich für das Momentengleichgewicht:

(2) Zur Veranschaulichung stellt Bild 3 qualita- tiv die Druckverteilung im Latsch in Längs- richtung für das frei rollende (schwarz) und das angetriebene Rad (weiß) dar. Ferner ist die resultierende Kraft Fzfür beide Fälle ein- gezeichnet. Dabei wird deutlich, dass der Gesamthebelarm, mit dem die Kraft Fzan- greift, um die Länge fxgrößer wird. An der hervorgehobenen Stollenkontur ist deutlich eine Verschiebung der Aufstandsfläche zu erkennen.

Mit diesem Ansatz ermöglicht die Mes- sung der Kräfte und Momente an einem Rad die Bestimmung einer Längsverformung und daher eine Zuordnung der Kraft-Weg- Relation. Damit wird eine Bestimmung lon- gitudinaler Dynamikparameter möglich.

Plesser schlägt folgenden Ansatz für das dy- namische Verhalten in Längsrichtung in Form eines nicht-linearen Federverhaltens

mit geschwindigkeitsabhängig degressiver Dämpfung vor:

(3) Während c1xdie Federsteifigkeit des Reifens beschreibt, beeinflusst c2x die Progression der Federkennlinie. Die Dämpfungskonstan- te d1x wird um einen geschwindigkeitsab- hängigen Anteil d2x erweitert. Eine detail- lierte Beschreibung des Modells wird in [4]

vorgestellt. Durch Einsetzen in Gleichung 2 ergibt sich:

(4) Für stationäre Betriebszustände (fx= konst) wird die geschwindigkeitsabhängige Dämp- fung gleich Null.

Untersuchungsmethoden

Mit der Hohenheimer Einzelradmessein- richtung, auf deren Basis bereits mehrere Forschungsarbeiten entstanden, können mit- tels einer 6-Komponenten-Messnabe die Trieb- oder Bremskraft Fx, Seitenkraft Fy

und Aufstandskraft Fz sowie das Sturzmo- ment Mx, Antriebs- oder Bremsmoment My

und das Rückstellmoment Mzbestimmt wer- den. Des Weiteren werden der Abstand zwi- schen Radmitte und Boden sowie die tatsächliche und theoretische Fahrgeschwin- digkeit aufgezeichnet. Bei regelbarer Rad- last kann das Messrad über einen Hydraulik- motor definiert angetrieben oder abgebremst werden [5].

Damit ist es möglich, die in Gleichung 4 auftretenden Größen messtechnisch zu er- fassen. Darüber hinaus bietet die Einzelrad- messeinrichtung die Möglichkeit, Längs- und Vertikalverhalten des Reifens unabhän- gig voneinander untersuchen zu können. Va- riiert werden können Reifeninnendruck, Radlast und Fahrgeschwindigkeit.

Zur Ermittlung des inneren Rollwider- stands e wurden zunächst Messungen mit frei rollendem Rad durchgeführt. Dazu wird das Messrad vom Antrieb entkoppelt. Zur weiteren Parameteridentifikation wurden quasi-stationäre Messungen durchgeführt, die Veränderung des Schlupfes erfolgt dabei durch Vorgabe einer langen Beschleuni-

gungszeit tB = 20 s, welche die Zeitspanne vom blockierten Rad bis zum mit Endge- schwindigkeit drehenden Rad beziffert.

Nach Gleichung 3 ist die longitudinale Ver- formungsgeschwindigkeit bei diesen Mes- sungen sehr gering, so dass der Dämpfungs- anteil mit der ohnehin sehr geringen Reifen- dämpfung vernachlässigt wird. Auch der Momentenanteil durch die Massenträgheit kann bei langsamer Schlupfveränderung vernachlässigt werden. Die beiden Fede- rungsparameter cx1 und cx2 sind damit die einzigen Unbekannten in Gleichung 4, alle übrigen Größen werden messtechnisch er- fasst. Mit Hilfe des Ansatzes in Gleichung 3 lassen sich die beiden Parameter durch An- passen an die gemessene Kurve bestimmen.

Bild 4 zeigt die approximierte Kurve (ge- punktet, dunkel) über der gemessenen (hell).

Es wurden jeweils drei Versuche für eine Einstellung durchgeführt, die entsprechend gemittelt wurden. Für den gemessenen Rei- fen der Größe 520/70 R34 ergibt sich unter den in Bild 4 angegebenen Bedingungen:

• e = 0,0085 m

• c1x= 274 kN/m

• c2x= 0,96

Es zeigt sich ein Anstieg der berechneten Verschiebung bei oben genannten Bedin- gungen. Eine Linearisierung scheint vor al- lem im Bereich kleiner Verformungen und Längskräfte sinnvoll, ohne dass die mit dem nichtlinearen Modell verbesserte Detaillie- rung die Simulationsergebnisse wesentlich beeinflusst.

Ausblick

Erste Vergleiche mit einem entsprechenden Reifenlängsmodell liefern viel versprechen- de Ergebnisse und werden in einem weiteren Beitrag näher erläutert. Um die getroffene Annahme, die geometrische Längsverschie- bung fx mit der Verlagerung des Kraftan- griffspunktes gleich zu setzen, genauer zu überprüfen, sind weitere Untersuchungen zum Einfluss der Beschleunigungszeit, der Radlast, des Luftdrucks und der Fahrge- schwindigkeit geplant. Des Weiteren soll mit einer Reduzierung der Beschleunigungszei- ten die Möglichkeit der Bestimmung der Dämpfungsparameter überprüft werden.

60 LANDTECHNIK 2/2005

79

Bild 3: Bild eines unter Längskraft deformierten Traktorreifens mit qualitativ dargestellter Druckverteilung. Die schwarze Kontur zeigt das frei rollende Rad.

Fig. 3: Picture of a tractor tyre deformed by longitudinal force with qualitatively displayed pressure distribution. The black contour denotes the free rolling wheel.

Bild 4: Längskraft FXin Abhängigkeit der Längsver- formung (Reifen: 520/70 R34, Fz=20kN, pi= 0,8 bar, v=2km/h, tB=20s, Asphalt) Fig. 4: Lateral displacement Fxas a function of the slip angle for different tyre loads (Tyre: 520/70 R34, pi= 0.8 bar, v=5km/h, asphalt)

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In case of the braked wheel with sufficient big tyre load F z and high braking torques (M y &lt; 0) the amount of the lever arm of tyre load can become nega- tive, which means

4–8: καί μοι δοκεῖ τὸ τὴν νόησιν ἔχον εἶναι ὁ ἀὴρ καλούμενος ὑπὸ τῶν ἀνθρώπων, καὶ ὑπὸ τούτου πάντας καὶ κυβερνᾶσθαι καὶ πάντων κρα τεῖν· αὐτὸ γάρ μοι τοῦτο

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und

In einer Studie haben internationale Wissenschaftler unter der Lei- tung von Professorin Almut Arneth vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische

Es wird ge- zeigt, dass der negative Verlauf zum Ende der Analyseperiode durch einen relativ stärkeren Anstieg der Kapitaleinkommen gegenüber den Arbeitseinkommen erklärt

Wenn in Aufschwungzeiten erst bei einer Stabilisierung der Ge- winnsituation der Unternehmen neue Arbeitskräfte eingestellt werden und so die Ar- beitseinkommen auf aggregierter

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und