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Archiv "Einsatz in Laos: Von Kokosnüssen und wilden Bananen" (24.06.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 25

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24. Juni 2011 A 1451 EINSATZ IN LAOS

Von Kokosnüssen und wilden Bananen

Nach fünf Jahren Entwicklungshilfe in Laos überwiegt bei einem deutschen Allgemeinarzt das Gefühl, etwas Positives bewirkt zu haben.

A

ngefangen hatte es mit Vorbe- reitungskursen bei Inwent – Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH in Bad Hon- nef. Entsandt als Arzt und Entwick- lungshelfer über CFI (Christliche Fachkräfte International, Stuttgart) und nach weiteren Projektvorberei- tungen in der Hauptstadt Vientiane ging es Ende März 2005 mit vollge- packtem Geländewagen auf eine zweitägige Fahrt in den Norden von Laos. Ziel war Luang Namtha un- weit der nördlichen Grenze von La- os zu China am Goldenen Dreieck.

Laos – Lao People’s Democratic Republic – ist eines der ärmsten Länder Südostasiens, 27 Prozent der Bevölkerung leben unter der na- tionalen Armutsgrenze.

Die Folgen der Ärzteflucht Schwerpunkt meiner Tätigkeit war die Weiterbildung von einheimi- schem Personal. Infolge der kom- munistischen Revolution 1975 war es zu einer Flucht von Intellektuel- len und Fachleuten nach Thailand und in den Westen gekommen.

Auch viele medizinische Fachkräf- te verließen damals den Binnenstaat in Südostasien. Fast die Hälfte der Ärzte vor Ort waren somit Arztas- sistenten mit einer nur dreijährigen Ausbildung. Selbst Ärzte hatten hier bis vor kurzem ihr Studium überwiegend ohne medizinische Lehrbücher bestreiten müssen.

Dank verschiedener ausländischer Unterstützung und Partnerschaften, wie zum Beispiel durch Prof. Dr.

med. Michael Runge, Universitäts- frauenklinik Freiburg, hat sich die akademische Aus- und Weiterbil- dung der Ärzte in den letzten Jahren deutlich verbessert. Allerdings muss weiterhin in den meisten peripheren Krankenhäusern die Versorgung mit dem bestehenden Personal ge - sichert werden.

Der Projektbeginn fiel genau in die Einweihungsphase des neuen Provinzkrankenhauses, was für mich optimal war – auf einmal gab es ganz neue, bislang unbekannte Hightechgeräte (Ultraschall, EKG, Beatmungsgerät, klinische Che- mie). Ich konnte meine einheimi- schen Kollegen also gleich in die neue Apparatemedizin einweisen.

Kaum hätte ich aber geahnt, dass ich mich in meiner klinischen Tä- tigkeit einmal mit Kokosnüssen und wilden Bananen beschäftigen wür- de. Und das kam so: Im Rahmen des transasiatischen Straßenbaus von China nach Thailand durch Nordlaos wurden Ende 2006 Mo- torradunfälle zur Hauptaufnahme- ursache im Provinzkrankenhaus.

Zeitweise mussten sogar Verunfall- te auf andere nichtchirurgische Sta- tionen verteilt werden.

Der Kokosnuss-Fallversuch Hauptrisiko war das Motorradfah- ren ohne Helm. Formal bestand Helmpflicht, wobei selbst die Poli- zei ohne Helm fuhr. Bei der Suche nach einem überzeugenden Argu-

ment für das Helmtragen entwickel- ten wir den „geschwindigkeitsadap- tierten Kokosnuss-Fallversuch“:

Überall in Laos stehen Kokos- nusspalmen. Niemand würde auf die Idee kommen, sich da kopfüber hinunterzustürzen. Ein Aufprall mit der moderaten, innerorts erlaubten Geschwindigkeit von 40 Stunden- kilometern entspricht aber ziemlich exakt dem freien Fall aus sechs Me- tern Höhe. Eine Kokosnuss mit ih- rer dicken Schale übersteht den Sturz meist unversehrt. Wird diese aber geschält und von einer sechs Meter langen Bambusstange fallen gelassen, zerschellt das weiche In- nere in viele Stücke. In mehreren Verkehrssicherheitsaktionen im Kran - kenhaus und auch in den beiden größten weiterführenden Schulen der Provinz haben wir diesen Versuch (Sturz der Kokosnuss mit und ohne Schale) vorgeführt – die meisten Zuschauer haben die Bedeutung der Helmpflicht begriffen. Bereits nach dem ersten Verkehrssicherheits tag begann die Polizei, Helmkontrollen einzuführen. In der Folge gin gen die Unfälle schlagartig zurück.

Die Weiterbildung von einheimi- schem Personal bildete den Mittel- punkt der Tätigkeit von Günther Slesak in dem südost - asiatischen Staat.

Das Foto entstand bei einem Geburts- hilfekurs.

Fotos: Günther Slesak

S T A T U S

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A 1452 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 25

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24. Juni 2011 Entgegen unseren Befürchtungen

zeigte sich, dass es sich bei den ver- breiteten Fiebererkrankungen nicht um Malaria handelte. Dank einer neuen Kooperation mit dem Zen- tralkrankenhaus und dem dazuge- hörigen Forschungslabor entpupp- ten sich die Fälle überwiegend als Rickettsiosen, Dengue, Japanische Enzephalitis, Typhus und andere seltenere Infektionskrankheiten. Als Kliniker lernt man ein verlässliches Labor doch sehr zu schätzen.

Ende 2009 kam es zu einem Clus- ter an Patienten mit Ileus infolge von wilden Bananen. Ungläubig schaute ich mir die Operationspräparate des laotischen Chirurgen an: ein harter gelber Klumpen mit kleinen dunklen Kernen – für die einheimischen Kol-

legen ein altbekanntes Phänomen.

Dr. med. Volker Schöffl, Klinikum Bamberg, hatte dazu 2004 erstmals eine Fallstudie mit vier Patienten pu- bliziert. Wie kommt es dazu?

Bananen auf leeren Magen Mittels Patienten- und Ärztebefra- gungen kristallisierte sich Folgen- des heraus: Werden wilde Bananen auf leeren Magen ohne weitere Nahrung oder Flüssigkeit verzehrt, können die darin enthaltenen klei- nen Kerne unter dem Einfluss der Magensäure zu harten Konglome- raten (Phytobezoar) verklumpen und dann zu einem operations- pflichtigen Ileus führen. Betroffen sind vor allem junge Männer aus den armen Minderheitsgruppen in ländlichen Gebieten, die typischer- weise vor der Reisernte kaum noch Essen bei ihrer Feldarbeit dabeiha- ben und dann unter anderem auf wilde Bananen zurückgreifen.

Fehl- und Mangelernährung sind ein häufig übersehenes Problem in Laos. Geradezu tragisch ist es vor diesem Hintergrund, dass westli- ches Marketing für Babynahrung bei vielen jungen Eltern seine Wir- kung nicht verfehlt. „Breast is best“

– dieser eingängige Slogan zur Muttermilchwerbung kann aber nicht oft genug betont werden, selbst bei HIV-positiven Müttern. Gesund- heitsaufklärung und Krankheitsprä- vention gewinnen unter diesen Umständen neue Bedeutung.

2010 ging das Projekt zu Ende, und für uns als Familie stand die Einschulung unserer ältesten Toch- ter an. Erfreulicherweise wird die kontinuierliche Weiter- und Fortbil- dung der laotischen Kollegen aber fortgeführt. Die medizinische Ent- wicklungszusammenarbeit als Kli- niker war für mich eine äußerst lehrreiche und spannende Erfah- rung. Der längerfristige Einsatz hat in verschiedenster Hinsicht über- proportional mehr erbracht; an ei- gener Einsicht, Erfahrung, positi- ven Veränderungen und medizini- scher Qualitätssicherung. Ich kann es nur bestens weiterempfehlen.

Und jedem Motorrad- und Rad- fahrer, auch in Deutschland, bleibt noch zu sagen: „Be smart like a coconut, wear a helmet!“ ■

Dr. med. Günther Slesak, Tropenklinik Paul- Lechler-Krankenhaus Tübingen

@

Der Kokosnuss-Fallversuch im Video:

www.aerzteblatt.de/111451

Änderung der Arztgruppen und Bedarfsplanungsrichtlinie

Welche Arztgruppen bedarfsplanungsrechtlich zu einer bereits geplanten Arztgruppe zählen, bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung nach § 101 Sozialgesetz- buch (SGB) V. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Streitig war die Zuordnung eines Facharztes für Plastische Chirurgie zur Arztgruppe der Chirurgen im Sinne des Bedarfsplanungsrechtes. Ein Medizinisches Versorgungszentrum hatte beantragt, ihm die Anstellung eines Facharztes für Plastische Chirurgie zu genehmigen. Der Zulas- sungsausschuss lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Genehmigung die Sperrung des Planungsbereichs für die Gruppe der Chirurgen entgegenstehe.

Anträge auf Genehmigungen sind abzulehnen, wenn bei Antragstel- lung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Das ist vorliegend der Fall, denn zum Zeitpunkt der Antragstellung war der Planungsbereich infolge des Beschlusses des Landesausschus- ses bereits für die bedarfsplanungsrechtliche Arztgruppe der Chirurgen gesperrt. Arztgruppe im Sinne des Bedarfsplanungsrechtes muss nicht notwendig mit dem Fach- beziehungsweise Teilgebiet im Sinne des lan- desrechtlich geregelten Weiterbildungsrechts identisch sein. Abweichun- gen sind möglich und sogar geboten, wenn mit dem bedarfsplanungs-

rechtlichen Begriff der Arztgruppe im Hinblick auf bestimmte Arztgrup- pen kein bundeseinheitlich verwendeter Begriff des Fachgebiets korres- pondiert.

Der G-BA war im Zusammenhang mit der Konkretisierung dieser Arzt - gruppe auch nicht verpflichtet, die Verhältniszahlen anzupassen. Zwar bestimmt § 101 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 SGB V, dass der G-BA ver- pflichtet ist, die Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies wegen der „Änderungen der fachlichen Ordnung der Arztgruppen“ erforderlich ist. Hierunter fallen insbesondere Änderun - gen des Weiterbildungsrechts, mit dem neue Arztgruppen eingeführt oder bestehende in ihrem Versorgungsauftrag wesentlich verändert werden. Dies ist allerdings nicht der Fall, wenn die geänderte Zusammensetzung der Arztgruppe (nahezu) ohne Auswirkung auf den Versorgungsgrad ist, weil die neu einbezogene Untergruppe zahlenmäßig sehr klein ist und/oder ein begrenztes Leistungsspektrum innerhalb der vertragsärztlichen Ver- sorgung aufweist. Dies trifft auf die planungsrechtliche Gruppe der Chir - urgen und die hier einbezogene Untergruppe der plastischen Chirurgen zu. Schutzwürdiges Vertrauen ist auch nicht betroffen. Zulassungsbewer - ber müssen unter dem Regime der Bedarfsplanung stets damit rechnen, dass in bestimmten Bereichen bislang noch bestehende Zulassungsmög - lichkeiten aufgrund neuerer Entwicklungen wegfallen. (Bundessozialge- richt, Urteil vom 9. Februar 2011, Az.: B 6 KA 1/10 R) RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

„Breast is best“ – viele Säuglinge leiden unter der verbreiteten Fehl- und Mangeler- nährung. Westliches Marketing für Babynah- rung ist daher fehl am Platz. Günther Slesak klärt auf.

S T A T U S

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