Medizingeschichte
288 Ärzteblatt Sachsen 6/2001
Seit 1999 trägt das Institut für Pharmako- logie und Toxikologie der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig den Na- men „Rudolf-Boehm-Institut für Phar- makologie und Toxikologie“ und damit den Namen eines der Väter der Pharma- kologie als eigenständige experimentelle Wissenschaft und Begründers einer eige- nen Pharmakologenschule, der von 1884 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1921 das Leipziger Institut leitete.
Rudolf Albert Martin Boehm, geboren in Nördlingen als ältester Sohn des könig- lich-bayerischen Bezirksarztes und Kreis- physikus Dr. Martin Boehm, studierte nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in München und Würzburg Medizin. Nach Staatsexamen und Pro- motion sowie einer Assistenzzeit an der Psychiatrischen Klinik in Würzburg erwarb er beim Forschungsaufenthalt am Leipziger Physiologischen Institut und als Assistent am Würzburger Physiologi- schen Institut beste Kenntnisse der Phy- siologie, so dass er sich 1871 für dieses Fach habilitieren konnte.
1872 wurde der junge Privatdozent als Professor für Pharmakologie, Diätetik und Geschichte der Medizin an die Uni- versität Dorpat berufen, die zum Russi- schen Reich gehörte, sich eines ausge- zeichneten Rufes erfreute und an der bis 1891 die Vorlesungen in deutscher Sprache gehalten wurden. Hier hatte erstmals Rudolf Buchheim (1820 - 1879) ein ex- perimentell-pharmakologisches Laborato- rium eingerichtet, das zum ersten pharma- kologischen Universitätsinstitut der Welt wurde. Buchheims Schüler und Nachfol-
ger Oswald Schmiedeberg (1838 - 1921) war 1872 an die Universität Straßburg be- rufen worden, und Boehm trat nun in Dorpat, der Wiege der experimentellen Pharmakologie, dessen Nachfolge an. Dor- pat war aber auch ein Sprungbrett für Berufungen ins Deutsche Reich, und Boehm ging 1881 an die Marburger Uni- versität. Als das Dresdner Ministerium Boehm wesentlich bessere finanzielle Bedingungen und Arbeitsmöglichkeiten als in Marburg zusagte, folgte er 1884 dem Ruf nach Leipzig. In Leipzig hatte Justus Radius seit 1848 den Lehrstuhl für Hygiene und Pharmakologie innege- habt, aber eine Materia medica im her- kömmlichen Sinne gelesen und sich vor allem für Pharmakognostik, aber nicht für experimentelle Untersuchungen interes- siert. Unter Boehm wurde nun in Leipzig die experimentelle Pharmakologie etab- liert. Ganz nach seinen Plänen errichtete man zwischen 1886 und 1888 das damals größte und zweckmäßigste pharmakolo- gische Institut Deutschlands, an dem Boehm bis 1921 auf zahlreichen Gebie- ten der Pharmakologie und Toxikologie experimentierte. So untersuchte er die Wirkungen von Nerven-, Herz- und Muskelgiften und beschäftigte sich mit dem Kohlenhydratstoffwechsel. Besonde- re Anerkennung erlangte er durch seine Forschungen zum Kurare, die Vorausset- zung und Anstoß für die ersten klinischen Versuche mit Kurare durch Boehms frühe- ren Mitarbeiter Arthur Läwen (1876 – 1958) waren.
Boehms fachliche Kompetenz und seine Persönlichkeit zogen zahlreiche Dokto- randen, Mitarbeiter und Gäste aus dem In- und Ausland in das Leipziger In- stitut, so dass aus diesem – neben dem Straßburger Institut unter Schmiedeberg – zweiten Zentrum experimentell-phar- makologischen Forschens in Deutschland wiederum eine große Zahl bedeutender Pharmakologen hervorging.
Prof. Dr. med. Ingrid Kästner Karl-Sudhoff-Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften Medizinische Fakultät der Universität Leipzig
Rudolf Boehm 1844 – 1926
Ärzteblatt Sachsen
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