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364 Humanitas Editorial

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Academic year: 2022

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Humanitas

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit Ende des vergangenen Jahres kommen immer mehr Asylsuchende nach Deutschland. Ab Mitte dieses Jahres stieg die Zahl in Sachsen und Deutschland stärker an als prognos- tiziert. Seitdem beschäftigen wir uns mit der offen zur Schau getragenen Ablehnung ausländischer Mitbürger.

Viele Fachleute sind sich einig, dass wir es mit einer modernen Völker- wanderung zu tun haben. Diese kommt nicht ganz unerwartet, den- noch haben die politisch Verantwort- lichen die Vorzeichen nicht wahrge- nommen. Durch mangelnde Bürger- beteiligung teilen sich diese beim Thema Asyl in Gegner und Befürwor-

ter. Grundsätzlich gilt: Asyl ist seit der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 ein Menschenrecht und in Deutschland im Grundgesetz veran- kert (Art. 16a GG)!

Die Herausforderungen unserer Zeit bezüglich einer humanitären Hilfe für Menschen aus Kriegs- und Krisenge- bieten sind jetzt nicht mehr nur auf dem Papier lesbar, nein, sie stehen im wahrsten Sinne des Wortes vor unserer Klinik- und Praxistür. Das macht manchen Mitbürgern Angst, macht einige unsicher und führt teil- weise zu gewollten oder ungewoll- ten Gegenreaktionen sowie zu einer Art Weglaufen vor dem Problem.

Völkerwanderungen gibt es seit alters her und waren bis in die Neu- zeit meist wirtschaftlichen Gründen geschuldet. Flucht und Vertreibung durch den 2. Weltkrieg haben ähnli- che Folgen gehabt. Zuletzt gab es bis

November 1989 eine große Zahl von Wirtschaftsflüchtlingen aus der DDR in die Bundesrepublik.

Aggression und Ablehnung von Asyl- suchenden entsteht immer aus Angst vor fremden Kulturen, ja bereits dem anderen Aussehen und der unbegründeten Sorge „etwas weggenommen zu bekommen“.

Migration wird nie problemlos ver- laufen. Auch die von Flucht und Ver- treibung betroffenen Deutschen haben dies nach dem Zweiten Welt- krieg selbst im eigenen Land zum Teil schmerzlich zu spüren bekom- men. Und es hat Jahrzehnte und Generationen gedauert, bis eine Integration stattgefunden hat.

Staatlich verordnet wird Integration nicht funktionieren. Und eine strikte Ausgrenzung von Asylgegnern schürt weitere Angst und damit Aggression.

Unser Problem ist, das wenige Auf- wiegler einen guten Nährboden in den Ängsten der Bevölkerung finden.

Aus diesem Grund entsteht eine Tei- lung in zwei immer extremer wer- dende Lager. Integration muss jedoch aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Dazu ist jeder aufgerufen.

Die Politik und die verantwortliche Administration laufen derzeit der Entwicklung scheinbar hinterher.

Dies wird am Beispiel der mangeln- den medizinischen Versorgung der Flüchtlinge in Sachsen besonders deutlich. Die hier ankommenden Flüchtlinge bedürfen nach den Stra- pazen der Flucht, den traumatischen Erlebnissen und den Kriegsverletzun- gen besonderer ärztlicher Versor- gung. Dabei handelt es sich nicht nur um junge Männer und Frauen, die tausende Kilometer zu Fuß zurück gelegt haben, nein, auch viele Kinder und ältere Menschen sind zu uns ge- kommen, um Schutz vor Verfolgung und Krieg zu suchen.

In den letzten Wochen haben wir erlebt, welch hohes Maß an Hilfsbe- reitschaft unter den sächsischen Ärz- ten herrscht. Neben der Tätigkeit in Klinik, Praxis und Gesundheitsamt haben sich mittlerweile über ganz Sachsen unzählig viele Ärzte aber auch Stundenten, Krankenschwes- tern, Hebammen und Angehörige anderer nichtärztlicher medizinischer Berufe völlig freiwillig bereitgefun-

den, im Ehrenamt die Akutversor- gung der Flüchtlinge zu überneh- men. Drei Berichte davon finden Sie in diesem Heft. Ihnen gebührt dafür unser besonderer Dank. Wir können an diesem Beispiel sehen, dass das Genfer Gelöbnis und die Deklaration von Helsinki sowie alle ärztlich ethi- schen Verpflichtungen nicht nur leere Hüllen sind.

Leider vermissen wir bis heute ein Konzept der verantwortlichen Stellen für die medizinische Versorgung.

Unser Sozialministerium, allen voran Frau Staatsministern Klepsch und Frau Staatssekretärin Fischer, bemü- hen sich nach Kräften. Ich habe aber zuweilen den Eindruck, auch sie ste- hen mit uns allein da. Ein funktionie- rendes Ehrenamt darf aber nicht dazu führen, dass die Politik glaubt, es gäbe keinen Handlungsbedarf.

Daher ist die Sächsische Landesärzte- kammer nicht nur dazu verpflichtet, die engagierten Kollegen nach bes- ten Kräften zu unterstützen, sondern auch bei Landesregierung und Innen- ministerium eine strukturierte, trans- parente und untereinander abge- stimmte Flüchtlingsversorgung anzu- mahnen.

Es geht dabei keinesfalls um eine Sonder- oder Luxusversorgung für Flüchtlinge, nein, es geht um huma- nitäre Hilfe. Die Menschen werden früher oder später auch in Ihrer Kli- nik oder in Ihrer Praxis mit ihren spe- zifischen Problemen vorsprechen.

Und jeder Mensch hat bei Krankheit das gleiche Recht auf eine medizini- sche Versorgung. Politik und Selbst- verwaltung müssen deshalb Lösun- gen finden, damit diese neuen Pati- enten in unser Gesundheitssystem mit Ärztebedarf, einem Mangel an Rettungskapazitäten, eingegliedert werden können. Ohne mittel- und langfristige Konzepte wird das Ver- sorgungssystem überfordert.

Ich rufe Sie deshalb zur Mitarbeit auf.

Verteilen wir die Last auf die breiten Schultern der sächsischen Ärzte- schaft und zeigen wir wieder einmal, dass wir zusammenstehen und die Herausforderungen der Zu kunft meistern können.

Erik Bodendieck Präsident

Editorial

364 Ärzteblatt Sachsen 9 / 2015

Erik Bodendieck © SLÄK

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