Insektensterben
Dr. Klaus Handke
Was können wir dagegen tun?
Gliederung
• Einführung
• Grundlagen
– Biologie
– Lebensräume – Erfassung
• Der Rückgang heimischer Insekten
– Studien – Ursachen
• Maßnahmen
Aktuell ist das Insektensterben ein großes Thema in den Medien…
Einführung
Was sind Insekten?
• „eingeschnittenes“ Tier (insectum, lat.: eingeschnitten)
• Insekten bilden die artenreichste Klasse im Tierreich
• Knapp 1 Million bekannte Arten – das sind 60 % aller Tiere
• Sehr unterschiedliche Körpergröße:
0,15 mm (Zwergwespe) – 33 cm (Stabheuschrecke)
• Merkmale:
– Gliederung des Körpers in Kopf, Brust, Hinterleib – Chitinpanzer
– 3 Beinpaare – Facettenaugen
Grundlagen
Unvollkommene Verwandlung (Beispiel:
Heuschrecke) Vollkommene Verwandlung (Beispiel:
Schmetterling)
Entwicklungszyklus
Grundlagen
Insektengruppe Artenzahl weltweit
Artenzahl Deutschland
Käfer 350.000 7.000
Schmetterlinge / Falter 160.000 3.700
Wanzen 40.000 1.000
Zikaden 40.000 620
Heuschrecken 26.000 86
Bienen 20.000 550
Libellen 6.000 80
… Zum Vergleich
Vögel 10.600 260
(Brutvögel)
Säugetiere 5.400 98
Artenzahlen
Grundlagen
Grundlagen
Häufigkeit von Insekten (Ex./m²) – Ergebnisse aus Eklektorfängen in Bremer Feuchtgebieten 1992/93 (Handke & Menke 1996)
Grundlagen
Tiergruppe
Anzahl Probeflächen
Grünland 10
Streuwiese 1
Brache 1
Spinnen 3596 1868 3536
Zweiflügler 2563 1420 912
Hautflügler 269 152 80
Käfer 1357 1344 1502
Wanzen 40 8 742
Zikaden 72 432 168
Alle Tiere 7897 5224 6940
Zum Vergleich:
In einer Wiese im Solling wurden 1971 4411 Insekten/m² gefangen (Ellenberg et al. 1986)
Grundlagen
Was brauchen Insekten ?
Nahrung
Niststätten
Versteckmöglichkeiten
Überwinterungsplätze
Vernetzung / Austausch
Kleinklima Zwischenwirte
Niststätten von Wildbienen
Grundlagen
Unter den Insekten gibt es
• Ubiquisten (z.B. Schaben, Heuschrecken)
• Spezialisten (z.B. bei Faltern, Käfern, Wanzen, Zikaden) Beispiel: An der Eiche leben über 1000 Insektenarten!!
Grundlagen
Spezialisten: Ameisenbläuling (Maculinea nausithous)
Grundlagen
Wo findet man besonders viele Insekten?
Grundlagen
Wo leben fast keine Insekten?
Grundlagen
Der Rückgang heimischer Insekten
Wie gefährdet sind Insekten?
Beispiel: bedrohte Bienenarten
39 Arten ausgestorben
33 Arten vom Aussterben bedroht
78 Arten stark gefährdet 85 Arten gefährdet
34 Arten gefährdet (Ausmaß unbekannt) 24 Arten extrem selten
Quelle: Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, Bundesamt für Naturschutz/FAZ 8.4.2018
Zeitraum: 1950 - 2003 Tiergruppe: Tagfalter
Ergebnisse: insgesamt 90 Arten 82 bodenständig
16
48 18
Entwicklung bis 2003
Verschwunden Rückgang
Stabil / Zunahme
Tagfalterfauna Schleswig Holsteins
KOLLIGS (2003)Ursachen für den Rückgang / Verlust:
• Lebensraumzerstörung
• Isolation
• Verbuschung
• Nährstoffeintrag
Der Rückgang heimischer Insekten
Das Verschwinden der Schmetterlinge
REICHHOLF (2017)Der Rückgang heimischer Insekten
Abnahme der Häufigkeit nachtaktiver Schmetterlinge seit 1980 in Südostbayern (aus REICHHOLF 2017)
Ergebnisse: Abnahme der Häufigkeit nachtaktiver
Schmetterlinge im Offenland (Ortsrand) um 80%
Häufigkeit Durchschnittliche Anflugmenge pro Nacht in den Monaten Juni, Juli, August
Zeitraum: 1989 – 2016 (27 Jahre) Tiergruppe: Fluginsekten
Lebensraum: Heiden, mageres Grünland und Dünen
(60 Standorte in Schutzgebieten in NRW und Brandenb.)
Methode: Malaise Fallen
Ergebnisse: mehr als 75 % Verlust an Biomasse bei Fluginsekten Hauptursachen: Vermutlich Landwirtschaft
(Düngung, enge Fruchtfolge, häufige Mahd, Insektizide… )
Plos one – Studie
HALLMANN et al. (2017)(More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas)
Der Rückgang heimischer Insekten
Der Rückgang heimischer Insekten
Ursachen
• Verlust von Lebensräumen
• Intensivierung und Änderung der Landnutzung
• Nutzungsaufgabe / Verbuschung
• Verlust von Kleinstrukturen
• Nährstoffeintrag (Eutrophierung)
• Entwässerung
• Fehlende Ausbreitungsmöglichkeit /Isolation
• Pflanzenschutzmittel (Neonicotinoide)
Das Verschwinden der Schmetterlinge
REICHHOLF (2017)Der Rückgang heimischer Insekten
Ursachen: Starke Zunahme des Düngemitteleinsatzes
Stickstoffbelastung der Böden (Aus FLEISCHATLAS 2018)
Stickstoffüberschüsse in kg/ha landwirtschaftlich genutzter Fläche (aus REICHHOLF 2017)
Der Rückgang heimischer Insekten Ursachen
Strukturwandel im Grünland (Nach LEUSCHNER et al. 2014)
Zeitraum: 2012
Tiergruppe: Heuschrecken Lebensraum: Feuchtwiesen Methode: Fangquadrate
Folgerungen:
• Ein Großteil der Heuschrecken wird durch die Mahd vernichtet
Quantitative Untersuchung am Steinhuder Meer
SCHMIDT (2012)/ BRANDT (2017)
Der Rückgang heimischer Insekten
Maßnahmen
Erhalt von Insektenlebensräumen
Durch Schutzmaßnahmen:
o Weg- und Grabenränder einseitig mähen / erst ab Aug./Sep.
mähen
o Säume an Hecken, Gewässern und Waldrändern fördern o Förderung von blütenreichen Wiesen und Weiden
o Brachen fördern und tolerieren
o Bei der Mahd kleine Bereiche aussparen
o Wegränder neu einsäen oder bepflanzen (Saatgut
einheimischer Pflanzen)
Förderung von Insektenlebensräumen auf dem Golfplatz Achim
Maßnahmen
Förderung von Insektenlebensräumen auf dem Golfplatz Achim
Maßnahmen
Widderchen Sandrasen mit Bläuling
Förderung von Insektenlebensräumen in der Agrarlandschaft Maßnahmen
Positive Beispiele aus der Gemeinde Ganderkesee:
Sandgrube Schlutter Berg
Teich mit Wasserdost in Hengsterholz
Förderung von Insektenlebensräumen in Gewerbegebieten
Maßnahmen
Ziel: Insekten fördern durch ein Schutzprogramm
Gefördert werden sollen alle Insekten, nicht nur (Honig)bienen Bündelung von Akteuren (z.B. Runder Tisch): Jäger, Landwirte, Gewerbe, Imker, Stadtgrün, Umweltverbände, Kleingartenvereine, Gartenbaubetriebe
Zeitrahmen: mind. 10 Jahre
Aufklären: Broschüren, Vorträge, Führungen
Beraten: Hinweise auf fachkundige Berater, Anbieter von heimischem Saatgut
Extensivere Pflege von Flächen: Wegränder, Grünstreifen, Rasenflächen Neuanlage und Neuansaat von Flächen
Einige Hinweise zur Umsetzung
•
Der Rückgang der Insekten ist seit Jahrzehnten belegt (auch bei Pflanzen und Vögeln)
•
Es sind nicht nur Agrarflächen, sondern auch Schutzgebiete betroffen
•
Es gibt kein systematisches Monitoring und wenig Experten
Viele
Aussagen beschränken sich auf bestimmte Gebiete oder Insektengruppen
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Parallel: Gravierende Veränderungen in der Landschaft (Intensivierung der Landnutzung, Eutrophierung, Verbuschung, Verlust an
Strukturvielfalt…)
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