I 298/2008 STA 29. April 2009 STA C
Interpellation
0699 Marti Anliker, Bern (SP-JUSO)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 20.11.2008
Finanzquellen für politische Parteien
Ende Oktober 2008 ist publik geworden, dass grosszügige Geldströme zu den bürgerlichen Parteien fliessen. Die sprudelnden Quellen sind in der Wirtschaft, insbesondere bei den Grossbanken, angesiedelt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Absender des Geldes nicht aus altruistischer Motivation heraus so handeln, sondern mit solcher Parteienfinanzierung soll das Abstimmungsverhalten von bürgerlichen ParlamentarierInnen in bestimmten politischen Geschäften beeinflusst werden.
Es stellt sich nun die Frage, ob solche Machenschaften sich nicht auch auf der kantonalen Politebene abspielen. Auch hier weigern sich die bürgerlichen Parteien konsequent, ihre Finanzen offen zu legen. Zum letzten Mal wurde uns das demonstriert, als im Juni die Motion „Transparenz bei den Parteifinanzen, Abstimmungs- und Wahlkampagnen“ knapp abgelehnt worden ist.
So haben wir leider auch im Kanton Bern keine Gesetzesgrundlage, welche für Transparenz und klare Regeln in dieser Sache sorgt.
Aber es muss mindestens sicher gestellt sein, dass aus Unternehmungen, welche sich im Besitz des Kantons befinden, keine Gelder Richtung Parteien fliessen.
Ich bitte deshalb den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:
1. Ist der Regierungsrat auch der Auffassung, dass Parteienfinanzierung durch Unternehmungen, welche dem Kanton gehören tabu sein muss?
2. Gibt es bezüglich Spendentätigkeit (an Parteien und andere Organisationen) dieser Unternehmen einheitliche Weisungen des Regierungsrates?
3. Kann der Regierungsrat garantieren, dass keine Spendengelder dieser Unternehmungen an die politischen Parteien und andere Organisationen (Verbände) fliessen?
Antwort des Regierungsrates Zu Frage 1
Auf eidgenössischer und kantonaler Ebene gab es verschiedentlich Bestrebungen zur Schaffung von mehr Transparenz bezüglich Fremdfinanzierung der Parteien. Diese Bestrebungen waren nicht erfolgreich. In diesem Zusammenhang wurden auch generelle Verbote von Spenden von Unternehmen oder Verbote von Spenden bestimmter Unternehmen thematisiert. Auf Bundesebene ist namentlich eine neuere parlamentarische Initiative zu erwähnen, welche insbesondere Spenden von Unternehmungen mit Mehrheitsbeteiligung von Bund, Kantonen oder Gemeinden an eidgenössischen
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Abstimmungskampagnen unterbinden wollte (Parlamentarische Initiative Rechsteiner [03.434] betr. öffentlicher Gelder in Abstimmungskampagnen). Der Initiative wurde keine Folge gegeben. Auf kantonaler Ebene wurde letztmals in der Junisession 2008 eine Motion zum Thema „Transparenz bei den Parteifinanzen, Abstimmungs- und Wahlkampagnen“ abgelehnt (Motion Masshardt, M 321/2007, Tagblatt 2008, S. 502 ff.).
Auch wenn keine allgemeinen Transparenzverpflichtungen hinsichtlich der Parteien- finanzierung bestehen, so ist doch darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich alle Träger öffentlicher Aufgaben – auch die Anstalten oder Institutionen des öffentlichen und privaten Rechts, die der Kanton errichtet hat oder an denen er beteiligt ist – die Grundrechte zu beachten haben. Im Hinblick auf die Teilnahme an politischen Auseinandersetzungen unterliegen sie daher bestimmten Einschränkungen. In der juristischen Lehre wird die Auffassung vertreten, dass Zuwendungen von öffentlichen Unternehmen an Parteien unzulässig sind.
Der Regierungsrat teilt die Ansicht der Interpellantin, dass Unternehmungen, an denen der Kanton Bern mehrheitlich oder mit starker Minderheit beteiligt ist, keine Parteifinanzierung leisten dürfen. Er erinnert in diesem Zusammenhang auch daran, dass er die erwähnte Motion Masshardt unterstützt hat.
Zu Frage 2
Der Regierungsrat hat gegenüber den Anstalten oder Institutionen des öffentlichen und privaten Rechts, die der Kanton errichtet hat oder an denen er beteiligt ist, eine Aufsichts- funktion (Art. 95 Abs. 3 KV). Diese Aufsichtsfunktion besteht nur im Rahmen der jeweiligen gesetzlichen Grundlagen und soweit öffentliche Aufgaben erfüllt werden. Die erwähnten gesetzlichen Grundlagen sehen die Erteilung von rechtlich verbindlichen Weisungen über die Unterstützung von Parteien und Organisationen nicht ausdrücklich vor. Bisher bestand für den Regierungsrat auch kein konkreter Anlass, entsprechende Rechtsgrundlagen zu schaffen oder den Erlass solcher Weisungen zu prüfen, zumal die Träger öffentlicher Auf- gaben verpflichtet sind, die Grundrechte zu beachten.
Es wäre ohnehin schwierig, im Rahmen einer generell-abstrakten Regelung alle Fallkonstellationen betreffend Art der betroffenen Institutionen, der Finanzierung (direkte Parteienfinanzierung, Abstimmungskämpfe) oder Empfänger (Parteien, Verbände, Branchen- oder Berufsorganisationen) zu erfassen und voneinander abzugrenzen. Nicht zuletzt wäre die Kontrolle der Einhaltung derartiger regierungsrätlicher Weisungen mit erheblichem Aufwand verbunden, da keine gesetzlichen Transparenzverpflichtungen auf Bundes- oder Kantonsebene bestehen.
Sollte ein konkreter Anlass dies erfordern, so kann der Regierungsrat über die Ausübung der Eigentümerrechte bzw. der Eigentümerstrategie oder über die Ausübung seiner Aktionärsrechte Einfluss auf die betreffenden Institutionen nehmen (vgl. dazu auch den Bericht über das Beteiligungscontrolling im Kanton Bern, Bericht des Regierungsrates vom 24. Oktober 2007 an den Grossen Rat, Ziff. 6. S, 15 ff.).
Zu Frage 3
Wie bereits dargelegt, bestehen weder auf kantonaler Ebene noch auf der Ebene des Bundes Transparenzbestimmungen oder entsprechende Kontrolleinrichtungen. Auf Grund dieser Ausgangslage kann der Regierungsrat keine Garantien im Sinne der Interpellantin abgeben.
Es ist Sache der zuständigen Organe der erwähnten Unternehmungen über Umfang und Zweck der für die Öffentlichkeitsarbeit verwendeten Mittel zu entscheiden. Sie haben mit Bezug auf politische Fragestellungen die notwendige Sensibilität walten zu lassen und müssen wissen, dass sie aufgrund ihrer besonderen Stellung hinsichtlich der Einflussnahme auf Parteien und Organisationen sowie der Teilnahme an politischen Auseinandersetzungen Beschränkungen unterliegen. Der Regierungsrat hat keinen Anlass dazu, anzunehmen, dass es gegenwärtig an diesem Bewusstsein fehlen würde.
An den Grossen Rat