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GanztagsschuleBerufsbildungsbericht GewerkschaftlicheBildungspolitik3/4-2003

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A 8610

Stellungnahmen–Analysen–Informationen

Gewerkschaftliche Bildungspolitik

3/4-2003

Ganztagsschule

Berufsbildungsbericht

(2)

„Ganztagsschulen können bessere zeitliche Bedingungen für eine individuelle Förderung schaffen und so leichter Lernbedingungen für unterschiedliche Begabungen und Lernvoraus- setzungen ermöglichen.“ Diesen Anspruch aus dem Forum Bildung gilt es nun umzusetzen.

Bildung, Betreuung und Erziehung sind nicht länger ein Nebenfach, sondern avancieren zum Hauptfach der Zukunftsthemen. Umfragen zeigen, dass sich rund 56% der Bevölkerung für ein flächendeckendes Angebot von Ganztags- schulen aussprechen.

Ganztagsangebote und Ganztagsschulen kön- nen ein entscheidender Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein. Damit entsprechen sie den Anforderungen an eine moderne Familienpolitik.

Aus bildungspolitischer Sicht tragen Ganztags- angebote zur Chancengleichheit bei und bieten mehr Möglichkeiten einer individuellen Förde- rung. Unterstützt werden können besondere Begabungen. Sozialisations- und Lerndefizite können kompensiert werden. Neue Formen des Lernens insbesondere des selbstgesteuerten Lernens und des handlungsorientierten Unter- richts können ebenso eingeübt werden. Der Erwerb zusätzlicher Qualifikationen ist möglich.

Ganztagsschulen erleichtern integrative Maß- nahmen.

Auf der internationalen Landkarte der Ganztags- schulen ist Deutschland weitgehend ein weißer Fleck. Im Jahr 2001 waren von 40.000 staat- lichen Schulen lediglich 1.654 Ganztagsschulen.

Das entspricht einer Quote von 5,4%. Berlin liegt

mit 32 Prozent an der Spitze, während Bayern und Sachsen die Schlusslichter bilden. Dies muss sich ändern.

Rückblick

Die Idee, Schüler an allgemein bildenden Schulen ganztägig zu betreuen, ist keineswegs neu. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden Schüler auf höheren Schulen in fast ganz Europa und in den USA von morgens bis nachmittags unterrich- tet. In Deutschland dominiert dagegen seit über 100 Jahren die Halbtagsschule.

Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I sind noch am besten versorgt. Im Schuljahr 98/99 besuchten etwa 15% von ihnen eine Ganztagsschule – 10 Jahre zuvor waren es nur

Inhalt Inhalt

Inhalt

Schulen ganztags öffnen Ingrid Sehrbrock

2

Situation der Ganztagsschulentwicklung in den Bundesländern

Ulrich Rother

15

Modellversuch „Selbstständige Schule“ in NRW Manfred Diekenbrock

20

Modellvorhaben „Selbstständige Schule“

erhält Unterstützung von Gewerkschaften

24

Gemeinsame Erklärung von

BDA und DGB zu Ganztagsangeboten

5

Ganztagsschulen: Schulen, in die wir gerne gehen Gemeinsame Erklärung von Bundeselternrat,

BundesschülerInnenvertretung sowie Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

6

Rund um die Ganztagsschule: Infos und Links Hans Ulrich Nordhaus / Michael Jäger

11

Ausbau von schulischen und außerschulischen Ganztagsangeboten

Dr. Gertrud Hovestadt

9

Schulen ganztags öffnen

Ingrid Sehrbrock

(3)

Impressum

Gewerkschaftliche Bildungspolitik 3/4-2003 Herausgeber:

Deutscher Gewerkschaftsbund, Bundesvorstand, Abteilung Bildung

Henriette-Herz-Platz 2, D-10178 Berlin Postfach 110372, D-10833 Berlin

(Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten) Verantwortlich für den Inhalt:

Ingrid Sehrbrock Redaktion:

Joachim Koch-Bantz Büro:

Tel. (0 30) 2 40 60-288, Fax (0 30) 2 40 60-410 e-mail: Joachim.Koch-Bantz@Bundesvorstand.dgb.de Kommentare und namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung des Herausgebers und der Redaktion entsprechen.

Nachdruck und Vervielfältigungen von Beiträgen mit Quellenangaben gestattet.

Gestaltung:

Konzept+Design Annette Joswig, Gelsenkirchen Druck:

toennes satz und druck gmbh, Erkrath Foto-Nachweis:

Titel und Seiten 9, 24, 28, 29 Produktionsschulen e.V.

8%. In Bremen stieg der Anteil der ganztägig betreuten Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit von 4% auf 30%; in NRW von 13% auf 24%, auch in Brandenburg, wo 20% der Schülerinnen und Schüler ganztägig unterrichtet werden, besteht ein nennenswertes Angebot.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lagen in Westdeutschland die Ausgaben je Schüler an den überwiegend als Ganztags- schulen betriebenen Gesamtschulen im Jahr 1997 bei 5.200,-- Euro und damit um 12% über den Pro-Kopf-Ausgaben an den Hauptschulen.

Um Ganztagsbetreuung bundesweit in der gesamten Sekundarstufe I einzuführen, sind zusätzliche Mittel in Höhe von rund 3 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich. In der Vergangenheit ist jedoch in der Bildungspolitik regelmäßig der

Rotstift angesetzt worden, mit dem Ergebnis, dass die Zahl der erteilten Unterrichtsstunden sank, die Schulklassen größer wurden, die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer zunahm und das zahlenmäßig Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern sich verschlechterte.

Bisher wurden wegen der höheren Kosten Ganztagsschulen vor allen Dingen in sozialen Brennpunkten eingerichtet, dort, wo man sie sozialpädagogisch für besonders erfolgreich hielt.

Das ist sicherlich nicht verkehrt, gerade vor dem Hintergrund der PISA-Studie, dass Kinder aus schwierigem sozialen Umfeld vor schulischem Versagen bewahrt werden sollen. Aber Ganz- tagsangebote sollten bedarfsgerecht und offen für alle Schulformen sein. Außerdem führen sie nicht zum Wegfall der Vereine oder der in

Deutschland traditionsreichen Nachmittags- angebote von Musikschulen, Sportvereinen etc.

Ein abgestimmtes Miteinander zwischen den Schulen und diesen Einrichtungen ist sinnvoll.

Mit Ganztagsschulen haben wir viele Trümpfe in der Hand:

Schulen ganztags zu öffnen, birgt die Chance, neue Strukturen zu schaffen und inhaltliche Akzente zu setzen. Ganztagsschulen müssen so konzipiert sein, dass sie nicht nur deshalb besucht werden, weil Eltern arbeiten, sondern weil Eltern wissen, dass ihre Kinder dort eine sinnvolle Ergänzung zu ihrer familiären Erziehung und Bildung erhalten.

Produktionsschulen und ihre Bedeutung heute Andreas Hammer

28

Berufsbildungsbericht 2003 Wolfgang Oppel

30

www.workshop-zukunft.de DGB-Bildungsprojekt mit eigener Lehr- und Lernsoftware

25

Gewerkschaftliche Anforderungen für ein Umsteuern in der Schulfinanzierung – eine Konsequenz aus der neuen PISA–Veröffentlichung

Walter Haas

26

(4)

■ 1. Weniger Schulabbrecher

Die Schülerinnen und Schüler fühlen sich an Ganztagsschulen offenbar wohl, die Abbrecher- quoten sind deshalb erheblich niedriger als anderswo.

Der Zusammenhang zwischen Schuldauer und Schulabbrecherquoten ist auffälliger als man denkt. Von den Hauptschulen in NRW ist jede fünfte eine Ganztagsschule und nur 10% bra- chen die Schule 1998 vorzeitig ab. In Berlin, wo Hauptschulen so gut wie keinen Ganztagsunter- richt anbieten, lag die Schulabbrecherquote bei fast 37%.

■ 2. Umfassende Betreuung und intensives Lernen

Die Ganztagsschule ermöglicht, den starren 45-Minuten-Takt des Unterrichts aufzubrechen sowie fächerübergreifend und entsprechend der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler arbeiten. Es bleibt mehr Raum und Zeit für zusätzliche und vertiefende Angebote. Nicht zuletzt die Lernwerkstätten und die Angebote an betreuter Freizeitgestaltung wie Hausaufgaben- hilfe tragen dazu bei, dass der Lernerfolg erhöht wird. In der Halbtagsschule, wo häufig wenig Raum bleibt für individuelle Förderung, sind die Erfolgschancen junger Leute einfach geringer.

Ganztagsschulen tragen darüber hinaus dazu bei, dass viel mehr Möglichkeiten zur Mitge- staltung, zur Mitbestimmung des Lern- und Lebensraum Schule ermöglicht wird.

■ 3. Vereinbarkeit von Familie und Beruf Wenn Kinder bis 16.00 Uhr in der Schule betreut werden, ist die volle Berufstätigkeit beider Elternteile leichter zu realisieren. Ein größeres Angebot an Ganztagsschulen erleichtert gerade Frauen berufliches Engagement. Die Entschei- dung entweder Beruf oder Familie muss nicht in dieser Härte getroffen werden. Deshalb sind Ganztagsschulen eine wichtige Hilfe.

Wenn mehr als 50% der vor allem jüngeren Eltern sich für Ganztagsschulen aussprechen, dann wissen sie, dass zur Förderung und Entwicklung ihrer Kinder Professionalität der Lehrerinnen und Lehrer gehört.

Investitionsprogramm zum Ausbau von Ganztagsschulen Die Bundesregierung wird den Ländern bis 2007 insgesamt vier Milliarden Euro für 10.000 zusätz- liche Ganztagsschulen zur Verfügung stellen.

Diese Mittel müssen zweckgebunden für Sach- investitionen in den Ganztagsschulen verwendet werden.

Der DGB begrüßt diese Entscheidung. Das Investitionsprogramm ist eine Anschubfinan- zierung und es wird entscheidend sein, welche Ressourcen die Länder darüber hinaus zur Verfügung stellen.

Bereits im November 2002 haben wir den Kultusministern unsere Anforderungen über- mittelt. Ganztagsschulen dürfen nicht einfach die Verlängerung der Halbtagsschule in den Nach- mittag sind. Es muss vielmehr darum gehen, neue Formen des Unterrichts mit einer neuen Qualität von Ganztagsangeboten zu kombinieren.

Aus den Antwortschreiben an uns wird aller- dings ersichtlich, dass zwar ein Konsens über die Forderung nach ganztägiger Bildung und Betreu- ung von Kindern und Jugendlichen besteht, die Frage der inhaltlichen Ausgestaltung wird in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich gesehen. Ebenso unterschiedlich ist die Definition darüber, was denn eine Ganztagsschule ist.

Selbst Schulen, die nur an zwei Nachmittagen geöffnet sind, können sich künftig als Ganztags- schulen bezeichnen. Die nachmittäglichen Angebote können auch in der Verantwortung der freien Träger liegen, so dass ein Zusammen- hang zum Vormittagsunterricht nicht vorhanden ist. Ausreichen soll es künftig, dass entsprechen- de Räume in der unmittelbaren Nähe, nicht aber im Schulgebäude liegen.

So lässt das Konzept der „offenen Ganztags- schule“ den Vormittagsunterricht unberührt, am Nachmittag erfolgt ein ergänzendes Angebot durch Förderkurse, Hausaufgabenhilfe, Projekte etc. Schülerinnen und Schüler können freiwillig teilnehmen. Diese Angebote werden zumeist unter Einbeziehung, von Vereinen, der Jugend- hilfe etc. durchgeführt.

In einigen Ländern bezieht sich das Nachmittags- angebot auf die Lerngruppe insgesamt. Vor- und

Nachmittagsangebote stehen in einem konzep- tionellen Zusammenhang. Damit besteht die Chance, auch den Vormittagsunterricht umzuge- stalten. Es wird ein gemeinsamer Mittagstisch angeboten. Die Schule soll nicht nur Unterrichts- ort, sondern auch ein Lebensraum sein. Diese Konzept setzt die verbindliche Teilnahme voraus.

Nur in Mecklenburg-Vorpommern sind Ganztags- angebote grundsätzlich in der Form der verbind- lichen Ganztagsschule mit vollem pädagogischen Anspruch vorgesehen. In anderen Bundesländern handelt es sich um freiwillige ergänzende Angebote.

Alle Konzepte werden zwar dem Anspruch einer Betreuung gerecht, die Gestaltungsräume sind aber vielfältig. Durch Unterstützung und Förderung am Nachmittag, durch interessante Freizeitangebote und durch die Zusammenarbeit mit den Angeboten freier Träger der Jugendhilfe können quantitative und qualitative Verbesse- rungen erreicht werden.

Nach Auffassung der Gewerkschaften sind Ganztagsschulen allerdings nicht einfach die Verlängerung der Halbtagsschule in den Nach- mittag. Es muss vielmehr darum gehen, neue Formen des Unterrichts mit einer neuen Qualität von Ganztagsangeboten zu kombinieren. In die- ser Forderung sind wir uns mit der BDA einig. In einer gemeinsamen Erklärung haben wir zur Frühjahrskonferenz der KMK nochmals unsere Positionen verdeutlicht. Es muss um eine qualita- tive Verbesserung gehen und nicht um das Schönreden von Statistiken. Eine Verwässerung von Definitionen mag im Interesse einiger Länder liegen, nicht aber im Interesse von SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen.

Ingrid Sehrbrock, Mitglied des

Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes

(5)

Ein Teil der bildungs- und arbeitsmarktpoliti- schen Probleme in unserem Land rührt daher, dass nur knapp fünf Prozent der Schülerinnen und Schüler ein Ganztagsangebot nutzen kön- nen. Die Schule kann ihrer Aufgabe, alle Kinder und Jugendlichen optimal zu fördern, in der Halbtagsform nur eingeschränkt nachkommen.

Durch das im inter-nationalen Vergleich dürftige Ganztagsschulangebot sind außerdem viele Erwerbsfähige mit Familienpflichten in ihren zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten sehr ein- geschränkt. Die BDA und der DGB halten daher mehr Ganztagsschulen für erforderlich und begrüßen die damit verbundenen Anstrengungen.

Ganztagsschule kann nach Auffassung der BDA und des DGB allerdings nicht einfach die Verlängerung der Halbtagsschule in den Nach- mittag sein. Es darf nicht nur um Betreuung, es muss vor allem um Bildung gehen. Deshalb legen BDA und DGB Wert darauf, dass die Ganztags- schule mit neuen Formen des fachübergreifen- den, des Projektunterrichts und des integrierten Unterrichts einhergeht.

Damit die Qualität von Ganztagsangeboten, die zur Zeit von Bund, Ländern und Kommunen im verstärkten Maße gefördert werden, nicht durch eine rein quantitative Betrachtungsweise ge- schmälert wird, müssen bestimmte Qualitäts- kriterien als Maßstab für den Ausbau des Ganztagsschulbetriebs zu Grunde gelegt werden:

■ 1. Jede Ganztagsschule benötigt ein Konzept, eine „Schulphilosophie“, die unter anderem der Leistungsförderung, der Integration und Chancengleichheit dient. Gezielte und schnelle Förderung bei Lernproblemen, selbstverantworte- tes Lernen, die individuellen Persönlichkeits-, Lern- und Leistungsentwicklungen sollten im Vordergrund stehen.

■ 2. Das Angebot von Ganztagsschulen soll bedarfsgerecht sein, es soll für alle Schulformen offen stehen. Damit sind Ganztagsschulen weder Schulen nur für benachteiligte noch für beson- ders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler allein. Auf keinen Fall darf es vom Einkommen der Eltern abhängen, ob Kinder und Jugendliche Ganztagsschulen besuchen können.

■ 3. Die Ganztagsschule benötigt einen eigenen Lernrhythmus abseits der üblichen 45-Minuten- Strukturierung des normalen Schulunterrichts.

Dazu gehört beispielsweise fachübergreifendes bzw. fächerverbindendes Lernen. Dies gilt vor allem für die gebundene Ganztagsform. Offene Ganztagsschulen bieten am Nachmittag zusätzli- che Angebote, die aber Teil des pädagogischen Gesamtkonzeptes sein müssen.

■ 4. Die Entwicklung von Ganztagsschulen setzt genügend qualifiziertes Personal voraus, wobei zum Personalbedarf nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Sozialpädagogen, Tutoren, Berater u.a.m.

gehören.

■ 5. Die Entscheidung des jeweiligen Schul- trägers für die Errichtung einer Ganztagsschule bzw. für die Umwandlung einer bestehenden in

eine Ganztagsschule soll Eltern, Schüler und Lehrer „mitnehmen“, denn die Schulpflicht besteht dann grundsätzlich auch am Nach- mittag.

■ 6. Außerschulische Kooperationspartner, z.B. Träger der Jugendhilfe, Jugendverbände, Sportvereine, kulturelle Einrichtungen müssen in die Ganztagsplanung einbezogen werden. Auch die Kooperation mit Betrieben bietet sich an. Mit den Kooperationspartnern der Schule müssen gemeinsame Zielsetzungen und verabredete Verbindlichkeiten bestehen.

■ 7. Die Förderung von Ganztagsangeboten muss in enger Kooperation von Bund und Ländern verstetigt werden. BDA und DGB gehen davon aus, dass das Fördervorhaben der Bundesregierung durch ein entsprechendes Evaluierungsprogramm begleitet wird. Unter Einbeziehung der Schulträger und der Länder sol- len dadurch die Erfahrungen mit dem Ausbau von Ganztagsangeboten handhabbar und über- tragbar gemacht werden.

Berlin, 5. März 2003

Gemeinsame Erklärung von

BDA und DGB zu Ganztagsangeboten

Ganztagsschulen Ganztagsschulen

Ganztagsschulen

(6)

Eltern, SchülerInnen und PädagogInnen be- grüßen das - endlich - erwachte öffentliche Interesse an Ganztagsschulen. Eine kürzlich erschienene Studie des Max-Plack-Instituts für Bildungsforschung sagt, dass über 70 Prozent der nicht erwerbstätigen Mütter gerne eine Erwerbsarbeit aufnähmen, wenn es ein ausrei- chendes Ganztagsangebot zur Versorgung ihrer Kinder gäbe. Dem großen Bedarf auf Elternseite steht derzeit jedoch lediglich ein Angebot von ca. fünf Prozent Ganztagsschulen in Deutschland gegenüber.

Die Bundesregierung hat angekündigt, in den nächsten vier Jahren die Entwicklung von ca.

10.000 Ganztagsschulen mit vier Milliarden EUR unterstützen zu wollen. Dadurch könnte jede dritte bis vierte Schule eine Ganztagsschule werden. Dies wäre ein richtiger Schritt zu einer bedarfsgerechten Versorgung.

Nach geltender Rechtslage handelt es sich bei den Bundesgeldern um reine Investitions- zuschüsse. D.h. diese können für bauliche Maß- nahmen, für Einrichtungen und Ausstattung ein- gesetzt werden. Personalkosten sind damit nicht zu finanzieren. Deshalb ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen notwendig. GEW, BER und BSV fordern daher Länder und Kommunen auf, den Impuls der Bundesregierung positiv aufzugreifen, zielgerichtet umzusetzen und wahltaktischen Überlegungen keinen Raum zu geben.

Wozu Ganztagsschulen?

... aus Sicht der Kinder und Jugendlichen Kinder und Jugendliche haben Rechte, Pflichten und Bedürfnisse. Sie müssen zur Schule gehen und sollen dort lernen. Deshalb haben sie das Recht auf eine Schule, in die sie gerne gehen. Sie wollen akzeptiert, gefordert, unterstützt und in ihren Begabungen wahrgenommen werden. Sie

wollen von und mit Gleichaltrigen lernen und sich in kulturellen, sozialen und politischen und künstlerischen Initiativen und Projekten engagie- ren. Unabhängig vom Geldbeutel der Eltern sol- len sie Zugang zu anregenden und interessanten Freizeitaktivitäten haben. Lernen erfordert viel Zeit, mehr als den deutschen Schulen an Lernzeit zur Verfügung steht. Kinder und Jugendliche wol- len genügend Zeit zum Lernen haben. Dazu gehört auch, dass man ihnen zuhört, dass sie anerkannt und verstanden werden und Zeit und Zuwendung bekommen.

Deshalb brauchen Kinder und Jugendliche Ganztagsschulen.

.... aus Sicht der Eltern

Viele Eltern müssen oder wollen erwerbstätig sein. Sie sollen dabei kein schlechtes Gewissen haben müssen. Deshalb sollen ihre Kinder in guten Schulen versorgt werden. Kinder sollen ein warmes gesundes Mittagessen bekommen, unter Gleichaltrigen aufwachsen, mit ihnen lernen und ihre Freizeit verbringen und nicht zu Hause iso- liert fernsehen oder Computer spielen. Viele Eltern wollen ihre Nachmittage zudem nicht damit zubringen, ihre Kinder zu deren verschie- denen Freizeitaktivitäten zu chauffieren. Eltern erwarten Schulen, in denen die Talente, Bega- bungen und Potenziale ihrer Kinder entdeckt und gefördert werden. Sie wollen Rat, Unterstützung und Hilfe wenn etwas schief läuft. Eltern brau- chen das Gespräch mit "Profis" über die Ent- wicklung ihrer Kinder.

Deshalb wollen Eltern Ganztagsschulen.

... aus Sicht der Gesellschaft

Die Gesellschaft braucht Ganztagsschulen, weil hier Chancengleichheit Wirklichkeit werden kann.

Damit wird eine Förderung aller Kinder möglich,

die nicht überwiegend von den gesellschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhän- gig ist. Begabungen, Potenziale und Talente der jungen Generation können besser zur Entfaltung gebracht werden, Hilfe kann rechtzeitig einset- zen, Probleme können besser bearbeitet werden.

Hochbegabte können zudem umfassender geför- dert werden. Es ist genügend Zeit vorhanden, um gemeinsam mit LehrerInnen, Sozialpäda- gogInnen und SchulpsychologInnen sowie ande- ren Mitarbeitern der Schule, Initiativen zu ent- wickeln und Probleme zu bearbeiten.

Ganztagsschulen könnten der Kern kommunaler Bildungszentren werden, wo sich Schulleben und kommunales Leben miteinander verbinden und eine Vernetzung der kommunalen Angebote endlich möglich wird. Die Bedeutung von Schulen würde sichtbar. Bildung und Lernen erhielten einen anderen Stellenwert und eine andere Wertschätzung.

Deshalb braucht die Gesellschaft Ganztags- schulen.

....aus Sicht der PädagogInnen

Das Rollenverständnis der Lehrerinnen und Lehrer ist in einem tiefgreifenden Wandel begriffen.

Viele SchulpädagogInnen haben bereits heute eine ganzheitliche Vorstellung von Bildung, Erziehung und Persönlichkeitsentwicklung, weil sie wissen, dass sie junge Menschen und nicht Fächer unterrichten. Sie wollen mehr Zeit, um die Entwicklung und die Lernprozesse ihrer SchülerInnen zu unterstützen und zu begleiten.

Sie brauchen mehr Zeit für unterschiedliche Lernformen: zum Beispiel für Schülerfirmen, Projekte und Erfinderclubs, Theater, soziale Aktivitäten. Sie suchen Alternativen zum stoff- orientierten "Durchnehm-Vormittagsunterricht"

im 45-Minuten-Takt. Für diese Pädagogik brau- chen sie außer Zeit auch Pädagogenteams, die

"an einem Strang ziehen", die gleiche Zielen

Ganztagsschulen:

Schulen, in die wir gerne gehen

Gemeinsame Erklärung von Bundeselternrat,

BundesschülerInnenvertretung sowie

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

(7)

haben und den Austausch untereinander und mit den SchülerInnen für erforderlich halten. Immer mehr Lehrerinnen und Lehrer wollen Schulen mit einem guten Schulklima.

Deshalb brauchen PädagogInnen Ganztags- schulen.

Wir wollen Ganztagsschulen als Impuls für Schulreform Wir wollen attraktive Ganztagsschulen, wo alle gerne lernen, leben und arbeiten. Wir wollen keine Billiglösungen: Vormittags Paukunterricht im 45-Minuten-Takt, nachmittags lieblos anein- andergereihte Betreuungsangebote, fades Mittagessen, lustlose SchülerInnen und überfor- derte LehrerInnen. Wir wollen Ganztagsschulen als Orte von Kommunikation und Kooperation, wo Kinder und Jugendliche Lernanreize erhalten, zur Leistung motiviert werden, sich wohl und geborgen fühlen, wo sie "Demokratie lernen und erleben können". Aber nicht weil das Prinzip

"Heile Welt" herrscht und keine Anforderungen gestellt werden. Eher im Gegenteil: weil Kinder und Jugendliche lernen, Probleme zu lösen, Leistung zu erbringen, Frustrationen auszuhalten und Anforderungen zu bearbeiten, Verantwor- tung für sich selbst und andere zu übernehmen.

Die jungen Menschen und ihre individuellen Persönlichkeits-, Lern- und Leistungsentwick- lungen stehen im Vordergrund. Nicht Konkurrenz und das Recht des Stärkeren sollen den Ton angeben. Unterstützung und Hilfe sollen so gut sein wie die Erwartungen und das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit hoch sind.

Ohne verbindliche Qualitäts- standards geht es nicht Wir sind keine Traumtänzer. Wir wissen, dass in Deutschland große Anstrengungen notwendig sind, um diesen positiven Entwurf von Ganz- tagsschulen zu verwirklichen. Wir wissen, dass es Vorbehalte bei LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern gibt. Konzepte und Umsetzung sollen des- halb überzeugen und Vorbildfunktion überneh- men. Ganztagsschulen dürfen nicht langweiligen Unterricht über den ganzen Tag verteilt praktizie- ren. Sie müssen auch für gut situierte und bil- dungsbewusste Eltern ein erstrebenswertes Angebot sein, das mehr bietet, als die bisherigen privaten Freizeitangebote. Die LehrerInnen müs- sen auf die veränderten Anforderungen vorberei- tet werden, damit ihre Belastung nicht weiter steigt. Damit nicht lieblos geführte und schlecht

ausgestattete Ganztagsschulen ein notwendiges und pädagogisch sinnvolles Schulprojekt in Misskredit bringen, formulieren wir im folgenden Standards für die Einrichtung und Entwicklung von Ganztagsschulen. Wir lassen uns dabei vom Konzept "gebundener" Ganztagsschulen leiten, wohl wissend, dass es für eine längere Über- gangszeit auch andere Angebote geben wird.

Bedarfsgerecht und kooperativ Die Kommunen sollen bei der Einrichtung von Ganztagsschulen folgende Grundsätze beherzi- gen: Das Angebot soll bedarfsgerecht sein. Es soll für SchülerInnen aller Schulformen offen ste- hen. Ganztagsschulen dürfen nicht das Etikett

"Benachteiligtenschule" erhalten noch einer

"Leistungselite" vorbehalten sein. Kleine Schulen sollen bei der Nutzung von Ganztags- und Freizeiteinrichtungen kooperieren.

Schulentwicklungs- und Jugendhilfepläne müssen harmonisiert werden. Einrichtungen der Jugend- hilfe, die bereits pädagogisch qualifizierte Ange- bote für Schülerinnen und Schüler machen, sollen unter dem gemeinsamen Dach eines "kommuna- len Bildungszentrums" mit den Schulen besser vernetzt werden. Ziel ist die Zusammenführung der Einrichtungen.

Breiter Rückhalt und

Freiwilligkeit, keine Beliebigkeit Ganztagsschulen brauchen einen breiten Rück- halt in der Kommune und in der Schulgemeinde.

Entscheidungen sollen mit sicheren Mehrheiten gefasst werden. Gegen den Willen der Mehrheit lässt sich keine gute Schule entwickeln. Wir raten dazu, dem Grundsatz der Freiwilligkeit weitestge- hend zu folgen. Weder Eltern, SchülerInnen noch LehrerInnen sollen zum jetzigen Zeitpunkt zum Ganztagsbetrieb "gezwungen" werden. Besser ist es, sie durch gelungene Vorbilder zu überzeu- gen. Freiwilligkeit darf jedoch nicht mit Beliebig- keit verwechselt werden. Fällt die Entscheidung für die verbindliche Ganztagsschule, so ist ihr Besuch obligatorisch. Das heißt: Die Schulpflicht besteht dann grundsätzlich auch am Nach- mittag. Entscheiden sich Schulen / Schulträger für ein Wahlangebot, so empfehlen wir, die Schule soweit als möglich, in mindestens zwei Zügen zu führen, wobei ein Zug ein obligatorischer Ganz- tagszweig sein soll. Die SchülerInnen bzw. die Eltern treffen ihre Entscheidung zu Schuljahres- beginn. Diese Entscheidung kann erst nach Ablauf des Schuljahres verändert werden. Nur so ist es möglich, den Ganztag als Impuls für

Schulreform zu nutzen. Sind die Schulen zu klein um verschiedene Zweige einzurichten, können Schulkooperationen auch über die Schulformen hinweg sinnvoll sein. Modelle, in denen ein Teil der Lerngruppe ganztags und ein Teil halbtags die Schule besucht, sind unserer Ansicht nach keine Ganztagsschulen sondern Betreuungs- maßnahmen. Pädagogisch fragwürdige Billig- lösungen, die Etikettenschwindel unter dem Label "Ganztagsschule" betreiben, unterstützen wir nicht. Wo sie bereits bestehen, empfehlen wir ihre Weiterentwicklung zu pädagogisch qualifi- zierten Ganztagsschulen.

Gebührenfreiheit

Der Besuch von Ganztagsschulen muss gebüh- renfrei sein. Ein Beitrag für Verpflegung kann erhoben werden. Ggf. können auch regionale bzw. kommunale Jugendstiftungen gegründet werden, die zur Finanzierung beitragen. Auf kei- nen Fall darf es vom Einkommen der Eltern abhängen, ob Kinder und Jugendliche Ganz- tagsschulen besuchen können.

Schulprogramm und

"Philosophie" der Schule müssen zu einer Ganztagsschule passen Ganztagskonzept, Schulprogramm und die

"Philosophie" der Schule müssen zueinander passen. Es ist sinnvoll, durch Eltern-, Schüler- und Lehrerbefragungen die Vorstellungen und Bedürfnisse zu ermitteln. Dabei ist es wichtig, dass gemeinsame Ziele und Vorstellungen ent- wickelt werden. Welche "Schulphilosophie" emp- fehlen wir? Ganztagsschulen sollen demokrati- sche Schulen mit hohen Leistungserwartungen sein, in denen Demokratie gelebt und gelernt wird, in denen Integration groß geschrieben und Chancengleichheit angestrebt wird, in denen nie- mand "hängen bleibt" und niemand hängen gelassen wird. Die jungen Menschen und ihre individuellen Persönlichkeits-, Lern- und Leistungsentwicklungen stehen im Vordergrund, ihre Talente und Interessen werden gefördert und unterstützt und selbst verantwortetes und selbst gesteuertes Lernen nehmen einen breiten Raum ein; Lernprobleme werden bearbeitet, sobald sie sichtbar werden, Schüler und Schülerinnen werden unterstützt und auch in Teilbereichen gefördert. Das System passt sich den Menschen an. Leben und Lernen werden als sinnvolle Einheit erfahren. Die Auseinander- setzung mit den zentralen Fragen und Problemen

(8)

unserer Zeit und wie man damit umgeht gehören zum selbstverständlichen Auftrag der Schule.

Aktive und kooperative Problem- und Konflikt- bearbeitung sind ein Markenzeichen.

Lernen und Arbeiten rhythmisieren

Der ganztägige Aufenthalt in Schulen verlangt und ermöglicht eine Weiterentwicklung der tradi- tionellen Lehr- und Lernkultur. Es zählt zur not- wendigen Qualitätsentwicklung, dass stärker aktivierende und motivierende Lernarrangements angeboten werden und das Lernen neu zu rhyth- misieren. Dazu zählen fächerübergreifendes bzw.

fächerverbindendes Lernen, selbst verantworte- tes und selbst gesteuertes Lernen in Wochen- planarbeit und Freiarbeit, Lernen an außerschu- lischen Lernorten. Übungsphasen, Projektphasen, Ruhephasen und Freizeitaktivitäten ebenso wie die "direkte Instruktion" (Weinert) sollen sich dabei sinnvoll abwechseln. Beratung, Hilfe und Unterstützung durch Erwachsene und Mit- schülerInnen bekommen einen festen Ort im Organisationskonzept der Schule.

Genügend qualifiziertes und motiviertes Personal Die Entwicklung von Schulen zu Ganztags- schulen setzt genügend qualifiziertes Personal voraus. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Ganztagsschulbetrieb an 4 Tagen bis 16.00 Uhr geht. Bei entsprechender Bedarfs- situation sind flexible Angebote vor Unterrichts- beginn und nach 16.00 Uhr sowie am fünften Nachmittag vorzuhalten. Bei vier Nachmittagen ist im Sekundarbereich von einem zusätzlichen Stellenbedarf von ca. 30 Prozent, im Grundschul- bereich wegen der geringeren obligatorischen Stundenzahl von ca. 45 Prozent auszugehen. Die Einzelschule definiert ihren Personalbedarf nach LehrerInnen- und SozialpädagogInnen-Stellen.

Die Arbeit der LehrerInnen und Sozialpäda- gogInnen ist aufeinander abzustimmen. Sie sind MitarbeiterInnen der Einzelschule und koordinie- ren ihre Arbeit in Konferenzen.

Die längere Anwesenheit in der Schule darf für die PädagogInnen nicht zu einer weiteren Erhöhung der Gesamtarbeitszeit und der Arbeits- belastung führen. Der Arbeitsplatz Schule muss verlässliche Beschäftigungsverhältnisse bieten.

Schul- und SozialpädagogInnen müssen in Aus- und Fortbildung auf das gemeinsame Arbeiten im Ganztagsbetrieb vorbereitet werden.

Veränderte Formen des Lehrens und Lernens in Ganztagseinrichtungen, das Arbeiten in hetero- genen Lerngruppen und mit alternativen Lern- formen sowie die verstärkte Zusammenarbeit im Team mit anderen Professionen müssen trainiert werden.

Eine ausreichende Personalausstattung und gute Qualifikationen sind auch für das technische Personal unabdingbar. Hausmeister, Sekretariats- angestellte und Küchenkräfte haben eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für ein gutes Schulklima. Keinesfalls kann hingenommen wer- den, wenn bei der Gebäudereinigung eine unzu- reichende Personalsituation herrscht.

Wir lehnen im Interesse der Qualitätsentwick- lung von Schulen alle Versuche ab, schulpäda- gogische und sozialpädagogische Fachkräfte durch pädagogisch nicht ausgebildetes Personal zu ersetzen.

Die Angebote außerschulischer Kooperationspartner müssen

"passen"

Es ist sinnvoll, im Rahmen der Öffnung von Schule Kooperationen mit Hochschulen, Volkshoch- schulen, Sportvereinen, Musik- und Kunstschulen, Nachhilfeeinrichtungen und Sprachenschulen sowie mit sonstigen Bildungseinrichtungen (Gewerkschaften, Kirchen, Wirtschaftsverbänden) einzugehen. Allerdings müssen deren Angebote zum Schulprogramm und zur "Philosophie" der Schule passen. Für Kooperationspartner gelten die gemeinsamen Zielstellungen und die verabre- deten Verbindlichkeiten der Schule. Eine Steue- rungsgruppe unter Leitung der Schule koordiniert die Arbeit der Kooperationspartner.

Zusammenarbeit mit Unterstützungseinrichtungen Ganztagsschulen benötigen ein enges Netz der Zusammenarbeit mit Unterstützungsein- richtungen (Einrichtungen der Jugendhilfe, Sozialdienste, Schulpsychologischer Dienst, Kinderärzte, Institute für Schul- und Qualitäts- entwicklung, Fort- und Weiterbildungseinrich- tungen, Ernährungs- und Gesundheitsdienste).

Durch die ganztägige Anwesenheit der Kinder und Jugendlichen in der Schule bekommen zum Beispiel Ernährungs- und Gesundheitsfragen einen noch viel größeren Stellenwert als in der Halbtagsschule. Die pädagogische Qualitäts- und Schulentwicklung gewinnen existenzielle Bedeutung.

Ganztagsgemäße Raumressourcen, Lehr- und Lernmittel Eine freundliche und inspirierende Lern- und Arbeitsatmosphäre, die zum Lernen und Wohl- fühlen einlädt, ist für Ganztagsschulen noch wichtiger als für Halbtagsschulen. Dazu gehört auch, dass die Bestimmungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes eingehalten werden. Das gilt für die Arbeit an Bildschirmen ebenso wie für Lärm- und Atemschutz. Für die verschiedenen Funktionsbereiche müssen Räume und Flächen geschaffen werden. Es muss nicht alles "sofort fertig" sein. Aber auf Dauer angelegte Proviso- rien auf zu geringem Raum sind weder funktio- nal noch akzeptabel. Wenn möglich, soll mit Einrichtungen der Jugendhilfe kooperiert werden.

Und das wird gebraucht:

■ Lernen:

Stammräume für Lerngruppen, Fachräume, Werkstätten, Studios, Bibliothek, Außenan- lagen, (Biotop, Schulgarten...), Aufenthalts- und Ruheräume, Rückzugsmöglichkeiten

■ Verpflegung und Gesundheit:

Mensa und/oder Cafeteria, Sanitätsraum.

■ Spielen und Erholung:

Sportanlagen, Sportflächen, Fitnessraum, Spielothek.

■ Begegnung und Kommunikation:

Schülerclub, Sitzecken im Flurbereich, Raum der Schülervertretung, Aula, Bühne

■ Rückzug:

Nischen zum Alleinsein, Ruhezonen, Einzelarbeitsplätze

■ Lehrerarbeit:

Einzelarbeitsplätze mit Fachbibliothek, Telefon- und Internetanschluss, Elternsprechzimmer, Konferenzräume, Beratungszimmer

Ganztagsschule ist die Antwort einer lernenden Gesellschaft auf die Herausforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft.

Ganztagsschulen sind gesellschafts- und sozial- politisch überfällig und pädagogisch dringend notwendig.

(9)

Ausbau von schulischen und außerschuli- schen Ganztagsangeboten mit dem Ziel erweiterter Bildungs- und Fördermög- lichkeiten, insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit Bildungsdefiziten und besonderen Begabungen

In den meisten Ländern Europas findet das schulische Angebot morgens und nachmittags statt; die Ganztagsschule ist so selbstverständ- lich, dass es dafür keine spezielle Bezeichnung gibt. Ausnahmen stellen Italien, Portugal und Griechenland dar, dort werden sowohl Halb tags- als auch Ganztagsschulen angeboten.

Die Halbtagsschule ist allein in Österreich und in Deutschland eine Selbstverständlichkeit.

Bereits ist den vergangenen Jahrzehnten hat es in Deutschland Bestrebungen zum Ausbau von Ganztagsangeboten gegeben, und zwar mit der Perspektive der Förderung der Kinder sowie mit der Perspektive, unter der Bedingung zunehmen- der Müttererwerbstätigkeit die Betreuung der Kinder zu sichern.

Nach PISA ist der Ruf nach Ganztagsangeboten erheblich lauter geworden, weil man sich erhofft, in diesem Rahmen könne über die Betreuung der Kinder hinaus auch Förderung stattfinden.

Deswegen betont die Kultusministerkonferenz bei der Formulierung dieses Handlungsfeldes das Ziel erweiterter Bildungs- und

Fördermöglichkeiten.

Die Bundesregierung hat den Bundesländern Mittel zum Ausbau des Ganztagsschulangebotes zugesagt.

Baden-Württemberg Ganztagsschulen werden vorrangig an Haupt- schulen eingerichtet, die ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag unter erschwerten Bedingun- gen erfüllen. Dazu muss die jeweilige Schule ein pädagogisches Ganztagskonzept erarbeiten und mit dem kommunalen Schulträger abstimmen.

Ab 2003 können kommunale Betreuungsange- bote an Ganztagshauptschulen bezuschusst werden.

Bayern

Ab dem Schuljahr 2002/2003 werden an 21 Haupt- und Volksschulen an „sozialen Brenn- punkten“ volle Ganztagsschulen eingerichtet.

Im Rahmen eines verkürzten Weges zum Abitur werden auch Ganztagsschulen an Gymnasien erprobt. Neben dem neunjährigen Gymnasium („G9“) wird auch das achtjährige angeboten

(„G8“). Die verkürzte Form wird an 8 Schulen in der Form der üblichen Halbtagsschule, an 6 Schulen in Form einer Ganztagsschule angebo- ten. Der Unterricht wird über den ganzen Tag verteilt, dazwischen liegen Erholungsphasen, betreute Übungs- und Hausaufgabenstunden, Arbeitskreise und Freizeitangebote. Zur Errei- chung der erforderlichen Stundenzahl wird auch an der Halbtagsschule Nachmittagsunterricht eingesetzt.

Berlin

Die Neueinrichtung von Ganztagsgrundschulen mit der Finanzierungshilfe des Bundes bis 2006 ist geplant.

Der Referentenentwurf für ein neues Schulgesetz sieht die Aufnahme eines Paragraphen „Ganz- tagsangebote, Ganztagsschulen, Ergänzende Förderung und Betreuung“ vor.

Ganztagsangebote sollen demnach Unterricht und Erziehung mit außerunterrichtlicher Förde-

Ausbau von schulischen und außerschulischen

Ganztagsangeboten mit dem Ziel erweiterter Bildung

Dr. Gertrud Hovestadt

(10)

rung und Betreuung verbinden. Unterricht und Betreuung können auf Vor- und Nachmittage verteilt werden. Ganztagsangebote an Schulen der Primarstufe können als offener Ganztags- betrieb organisiert werden.

Ganztagsangebote können auf Antrag der Schulkonferenz an Primarschulen und Schulen der Sek.I eingerichtet werden. Die Teilnahme ist freiwillig.

Ganztagsangebote in Form von verbindlichen Ganztagsschulen werden von der Schulauf- sichtsbehörde nach Maßgabe des Schulentwick- lungsplans eingerichtet.

Brandenburg

In der Sek.I sollen 50% der Schulen Ganztags- schulen sein. Bis 2005/06 soll eine Evaluation durchgeführt werden.

Das Land beabsichtigt, die Bundesmittel für Ganztagsschulen für den Ausbau von Ganztags- angeboten in der Sekundarstufe sowie für Kooperationsmodelle von Grundschulen und Hort zu nutzen.

Das Schulgesetz von 2001 ermöglicht die Ein- richtung von „Spezialklassen“ im Rahmen der Begabtenförderung, deren Unterricht den Halbtagsbetrieb überschreitet.

Bremen

Je Schuljahr der aktuellen Legislaturperiode ist geplant, 6 Grundschulen und 4 Sek.I-Standorte bedarfsgerecht mit Ganztagsangeboten auszu- statten.

Hamburg

In 2003 werden zusätzlich 3 Schulen als Ganztagsschulen eingeführt.

Hessen

Seit Sommer 2002 hat Hessen an weiteren 40 Schulen Ganztagsangebote; eine weitere Ausbaustufe ist beabsichtigt. Eine Ganztags- schulkommission hat 2002 ihren Zwischenbericht vorgelegt.

Mecklenburg-Vorpommern Beabsichtigt ist der bedarfsgerechte Ausbau des Ganztagsschulangebotes. Die Bundesmittel sollen zum Umbau von Halbtagsschulen zu Ganztagsschulen sowie zur Erweiterung der Ganztagsplätze an vorhandenen Ganztags- schulen genutzt werden.

Ganztagsschulen ermöglichen einen „strukturier- ten Aufenthalt“ der Kinder und Jugendlichen von mindestens 7 Stunden an mindestens 4 Wochentagen. Der Unterricht und die außer- unterrichtlichen Aktivitäten müssen in einem kon- zeptionellen Zusammenhang stehen und finden über Vor- und Nachmittag verteilt statt. Es wird Mittagessen angeboten.

Niedersachsen

Neue Ganztagsschulen sind genehmigt. Alle Schülerinnen und Schüler der Schule müssen an zwei Nachmittagen der Woche an ganztagsspe- zifischem Unterricht (z.B. Förderunterricht, Übungsstunden, Verfügungsstunden, Arbeits- gemeinschaften) teilnehmen und können sich darüber hinaus für weitere Angebote (z.B.

Hobby- und Freizeitangebote) anmelden. Das Nachmittagsangebot beginnt im Anschluss an eine Mittagspause und umfasst 2 Stunden an 4 Wochentagen.

Insbesondere im ländlichen Raum mit einer geringeren Dichte von Schulstandorten können auch Ganztagsschulzüge an Halbtagsschulen eingerichtet werden.

Nordrhein-Westfalen Das Land legt einen schulpolitischen Schwer- punkt auf den Ausbau des Ganztagsangebotes im Primarbereich. Die Teilnahme ist freiwillig; bei den Nachmittagsangeboten werden Koopera- tionspartner (Träger der Jugendhilfe etc.) einbe- zogen. Mit dem Schuljahr 2003/2004 soll das Projekt „Offene Ganztagsschule im Primar- bereich“ beginnen.

Rheinland-Pfalz

Bis 2006 sollen 300 weitere Schulen Ganztags- schulen werden; damit hätte jede 5. Schule des Landes ein Ganztagsangebot. Das Angebot ist freiwillig und umfasst die Zeit von 8.00 bis 16.00 Uhr an 4 Tagen der Woche. Die Schule soll durch dieses Zeitbudget stärker zum Lern- und Lebens- ort werden. An den Nachmittagen finden unter- richtsbezogene Ergänzungen (einschließlich Hausaufgabenbetreuung), Projekte sowie Ange- bote zur Förderung und Freizeitgestaltung statt.

Saarland

Zusätzlich freiwillige Ganztagsangebote sollen eingerichtet werden; vormittags Pflichtunterricht, Nachmittagsangebote in Kooperation von Schulen und freien Trägern. Die Eltern sollen finanziell beteiligt werden.

Zwei Varianten sind vorgesehen:

■ Angebote bis 14 Uhr

■ Angebote bis 16 Uhr mit zusätzlichen Lehrerstunden

Für den ländlichen Raum soll ein Tagesmütter- Modell angeboten werden, wenn hinreichend große Gruppen nicht zustande kommen.

Sachsen

Eine interministerielle Arbeitsgruppe (Kultus- und Sozialministerium) arbeitet an einem Konzept zur Erweiterung der Ganztagsangebote, das in 2003/2004 an 10 Schulen erprobt werden soll.

Die Möglichkeiten der Schulen, der Jugendhilfe, von Vereinen etc. sollen verbunden werden.

Schleswig-Holstein

Ganztagsangebote können nach einer Richtlinie von 2002 an Haupt-, Sonder- und Gesamt- schulen gefördert werden. Für die Kinder ist die Teilnahme freiwillig. An der Durchführung sind die Träger der Jugendhilfe und andere Koopera- tionspartner beteiligt. Gefördert werden Mittags- tisch, Arbeitsgemeinschaften, Projekte, Anregun- gen für gemeinsames und eigenständiges Tun der Kinder und Jugendlichen, Hausaufgabenhilfe, außerschulische und berufsorientierende Bildungsangebote sowie Spiel, Sport, Ruhepau- sen der Kinder u.a.m. Förderungsfähig sind Angebote, die mindestens zwei Tage mit insge- samt mindestens 6 Zeitstunden umfassen.

Auszüge der Recherche: „Weichenstellungen nach PISA“, EDUCON, Februar 2003

Dr. Gertrud Hovestadt, EDU-CON, GmbH i.G.

(11)

Rund um die Ganztagsschule: Infos und Links

KMK-Definition von Ganztagsschule

Hans Ulrich Nordhaus / Michael Jäger

■ 1.Unter einer Ganztagsschule in voll gebundener Formwird verstanden, dass ein durchgehend strukturierter Aufenthalt in der Schule an mindestens drei Wochentagen von täglich mindestens sieben Zeitstunden für alle SchülerInnen mit Ausnahme der gymnasialen Oberstufe verpflichtend ist bzw., bei zwei ver- pflichtenden Wochentagen durch die verbindli- che Teilnahme an zusätzlichen Angeboten an insgesamt mindestens drei Wochentagen tat- sächlich wahrgenommen wird; dass die im öffentlichen Schulbereich die Teilnahme für die Schülerinnen in einem konzeptionellen Zusam- menhang stehen; dass im öffentlichen Schulbe- reich die Teilnahme für die SchülerInnen mit Ausnahme des Mittagessens kostenfrei ist.

■ 2.Unter einer Ganztagsschule in teil- weise gebundener Formwird verstanden, dass ein durchgehend strukturierter Aufenthalt in der Schule an mindestens drei Wochentagen von täglich mindestens sieben Zeitstunden für alle SchülerInnen bestimmter Klassen bzw. Jahr- gangsstufen verpflichtend ist (z.B. Ganztagszug) bzw. bei zwei verpflichtenden Wochentagen durch die verbindliche Teilnahme an zusätzlichen Angeboten an insgesamt mindestens drei Wochentagen tatsächlich wahrgenommen wird;

dass die vor- und nachmittäglichen Aktivitäten der SchülerInnen in einem konzeptionellen Zusammenhang stehen; dass im öffentlichen Schulbereich die Teilnahme für die SchülerInnen mit Ausnahme des Mittagessens kostenfrei ist.

■ 3.Unter Ganztagsschulen in halboffener Form wird verstanden, dass ein Aufenthalt ver- bunden mit einem Bildungs- und Betreuungsan- gebot in der Schule an mindestens drei Wochen- tagen von täglich mindestens sieben Zeitstunden für die SchülerInnen möglich ist; dass die Teilnahme an den Ganztagsangeboten jeweils durch die SchülerInnen oder deren Erziehungs- berechtigte für mindestens ein Schulhalbjahr ver- bindlich erklärt wird.

■ 4.Unter Ganztagsschule in offener Form wird verstanden, dass ein Aufenthalt verbunden mit einem Bildungs- und Betreuungsangebot in der Schule an mehreren Wochentagen ermög- licht wird, dass die jeweils von den SchülerInnen oder deren Erziehungsberechtigte für mindestens ein Schulhalbjahr verbindlich erklärt wird; dass die Verantwortlichkeit bei der Schule oder bei einem freien Träger oder einer Kommune in enger Kooperation mit der Schule liegt, dass geeignete Räume im Schulgebäude oder in unmittelbarer der Schule zur Verfügung stehen.

Ganztagsschulen haben gemeinsam, dass an allen Tagen des Ganztagsbetriebs den teilneh- menden SchülerInnen ein Mittagessen bereit gestellt wird; dass die Organisation aller Ange- bote durch die Schule oder in enger Kooperation mit der Schule erfolgt.

(Textauszug: Zweiwochendienst 01/2003) Empfehlungen des Forum Bildung vom 19.11.2001

„...Ganztagsschulen helfen, bessere zeitliche Bedingungen für eine individuelle Förderung aller Begabungen zu schaffen...

Ganztagsschulen spielen in Deutschland im Vergleich zum europäischen Ausland nur eine nachgeordnete Rolle, obwohl sie – zumindest für jüngere Kinder – bessere Bedingungen für eine individuelle Förderung bieten. Ganztagsangebote an allen Schulformen und in zumutbarer Ent- fernung für alle Kinder können unter methodi- schen, erzieherischen sowie zeitlich-organisatori- schen Aspekten erheblich zur notwendigen Qualitätsverbesserung der schulischen Bildung beitragen, sowohl zur Vermeidung von Benach- teiligungen wie für die Förderung von Begabun- gen. Voraussetzungen sind ein klares pädago- gisches Konzept sowie eine entsprechende Qualifizierung der Lehrkräfte und der Schul- leitung. Ganztagsschulen benötigen zusätzlich zu den Lehrenden kompetentes Personal u.a.

zur Förderung der Kreativität, praktischer und

sozialer Arbeit außerhalb von Unterricht.

Ganztagsschulen sind darüber hinaus ein wichti- ger Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer.

(Auszug von Seite 7/8

Regierungserklärung von Bundeskanzler Schröder zum Thema Bildung und Innovation am 13.06.2002 (Auszug zum Thema Ganztagsschule)

„...Es ist seit langem bekannt, dass pädagogisch profilierte Ganztagseinrichtungen der geeignete Rahmen für qualitativ hochwertigen Unterricht sind. In keinem der Länder, die beim PISA- Vergleich besonders gut abgeschnitten haben, werden die Kinder um die Mittagszeit - oder, wie bei uns, manchmal noch früher - aus der Schule geschickt.

In Ganztagsschulen lassen sich Bildung und Erziehung leichter miteinander verbinden. Eine Ausweitung der Möglichkeiten der Ganztags- betreuung ist aus familienpolitischen Gründen ohnedies eine Notwendigkeit. Im Vergleich zum europäischen Ausland ist die Zahl der Ganztags- schulen in Deutschland geradezu beschämend niedrig. Deshalb wird die Bundesregierung ein Programm "Zukunft Bildung und Betreuung" mit einem Umfang von 4 Milliarden Euro auflegen.

Das ist eine Investition in die Zukunft. In die Zukunft unserer Kinder und unseres Landes. Wir werden die Länder mit einer Milliarde Euro pro Jahr unterstützen, um das Angebot an Ganz- tagsbetreuung und Ganztagsschulen auszubau- en und zu verbessern. Durch dieses Programm können bis 2007 insgesamt 10.000 zusätzliche Ganztagsschulen entstehen...“

(12)

Bulmahn gibt Startsignal für große Bildungsreform

"Mehr Ganztagsschulen werden eine bessere individuelle Förderung unserer Kinder sichern"

Die Bundesregierung fördert mit dem Investi- tionsprogramm "Zukunft Bildung und Betreuung"

den Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen in den kommenden fünf Jahren mit vier Milliarden Euro. Bundesbildungsministerin Edelgard Bul- mahn gab am Montag in Berlin das Startsignal.

Deutschland stehe vor einer großen Bildungs- reform. "Nur eine gemeinsam von Bund, Ländern und Kommunen, von Lehrern, Schülern und Eltern getragene Bildungsreform wird unser Land in zehn Jahren wieder an die Weltspitze zurück

bringen." Dafür müsse die starke Koppelung zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg durchbrochen und Kinder früh individuell geför- dert werden. "Wir brauchen ein Umdenken von der Auslese zur Förderung." Mit Ganztages- angeboten könnten Eltern außerdem Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren.

Grundlage für die Investitionshilfe ist eine am Montag an die Länder versandte Verwaltungs- vereinbarung. Bulmahn lud ihre Länderkollegin- nen und -kollegen für den März zu Gesprächen ein. "Ich bin zuversichtlich, dass wir die Verein- barung rasch unterzeichnen können und die ersten Mittel an die Länder fließen." Im laufen- den Haushalt seien für das Jahr 2003 bereits 300 Millionen Euro fest im Bundeshaushalt ein- geplant. In den kommenden drei Jahren werde

jeweils eine Milliarde und im Jahr 2007 noch einmal 700 Millionen Euro bereitgestellt.

Der Verteilungsschlüssel für die Länder ergibt sich aus der Anzahl der Schülerinnen und Schüler von der 1. bis zur 10. Klasse. Bulmahn verwies in diesem Zusammenhang auf das schlechte Abschneiden Deutschlands bei der PISA-Studie:

"Gerade in der frühen und individuellen Förde- rung unserer Kinder haben wir die größten Defizite." Dagegen sei in den bei PISA erfolgrei- chen Ländern die Förderung der Kinder in Ganz- tagsschulen die Regel. Mit der Unterstützung des Bundes werde angestrebt in fünf Jahren fast jede dritte Schule im Land zu einer Ganztagsschule auszubauen.

3,4 % (21) *)

5 % (41)

8,5 % - 11,6 % (89/122)

0 % (0)

0,1 % - 0,4 % (2/16)

2,2 % - 7,9 % (85/303) 1,1 % - 1,6 % (4/6)

3,2 % - 5,4 % (55/91) 8,5 % - 9,5 % (568/635)

3,8 % - 3,9 % (130/133) 8,5 % - 11,4 % (32/43)

1,2 % - 1,8 % (2/3)

2,7 % - 8,5 % (54/169)

9,3 % - 32,3 % (89/310)

3,5 % (48)

0,5 % - 7,3 % (5/80)

Ganztagsschulen in Deutschland

*) Absolute Zahlen in der Klammer = Anzahl der öffentlichen Ganztagsschulen

Es existiert keine verbindliche Definition von Ganztagsschule.

Das führt zu unterschiedlichen Angaben der hier benutzten Quellen:

KMK, dpa und Ganztagsschulverband

öffentliche allgemeinbildende Schulen

Januar 2002

(13)

des Bundes, die Länder mit 400 Millionen Euro (zehn Prozent der Fördersumme) an den Aus- baukosten zu beteiligen, werfe neue Fragen auf.

"Für Investitionskosten sind bekanntlich nicht die Länder zuständig, sondern die Kommunen.

Damit gehen die 400 Millionen Euro voll zu Lasten der Schul- und Jugendhilfeträger", ver- deutlichte sie die Problemstellung.

Grundsätzlich begrüßte die KMK-Präsidentin die Klarstellung in dem Papier, wonach den Ländern keine Auflagen zu den pädagogischen Konzep- ten ihrer Ganztagsprogramme gemacht werden sollen. Wolff nannte es "eine Selbstverständ- lichkeit", dass die Länder pädagogische Kon- zepte haben und diese auch vorlegen werden, wenn der Bund das Geld für Investitionsmaß- nahmen zum Auf- und Ausbau von Ganztags- schulen bereitstelle. Die Länder hätten sich jedoch allesamt ein anderes Finanzierungskon- zept gewünscht. "Wenn der Bund einerseits klar- stellt, dass die Verantwortung für den Ausbau bei den Ländern und den Schulträgern liegt, muss er andererseits auch dafür sorgen, dass die Länder im Stande sind, diese Aufgabe zu schul-

tern", so Wolff. Mit ihrer Steuergesetzgebung habe die Bundesregierung die Finanzkraft der Länder und Kommunen über die Maßen geschwächt. "Deshalb brauchen wir eine seriöse, tragfähige Neuregelung des Bund-Länder- Finanzausgleichs, um die Länder wieder in den Stand zu versetzen, ihre Aufgaben dauerhaft selbst zu lösen", sagte die KMK-Präsidentin.

Wenn der Bund die Ganztagsschule als nationale Antwort auf PISA verstehe und dafür die gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern einfordere, dann müsse der Bund dafür sorgen, dass die Länder nach dem Jahr 2007 allein die Finanzierung übernehmen können.

"Kinder kann man nicht nach vier Jahren abstel- len. Der Bund muss daher gewährleisten, dass das Ganztagsprogramm dauerhaft trägt", sprach sich Wolff für ein langfristiges Finanzierungs- konzept aus. "Auf Dauer geht dies nur mit einer Neuverteilung der Umsatzsteueranteile, damit nicht nur die reinen Baukosten, sondern auch die Personalkosten für die Ganztagsangebote bezahlt werden können - und zwar über das Jahr 2007 hinaus", sagte die KMK-Präsidentin.

Die Schulen, die sich an dem Programm beteili- gen, legen ihr pädagogisches Konzept bei den Ländern vor", sagte Bulmahn. "Jede Schule muss ihr eigenes Konzept und Profil entwickeln und sich dabei an den Gegebenheiten vor Ort orien- tieren." Für sie sei es dabei aber von zentraler Bedeutung, dass der Unterricht mit Zusatzan- geboten und der Freizeit über den Vor- und Nachmittag verknüpft werden. Der Stundenplan müsse sich vom starren 45-Minuten Takt lösen und Raum für freien Unterricht und Projekte ein- räumen, sagte die Ministerin. Wichtig sollte dabei die Kooperation mit sozialen und kulturel- len Einrichtungen sowie mit Betrieben vor Ort sein. "Wir brauchen eine neue Kultur der Zusammenarbeit vor Ort." Die Lehrer müssten sich außerdem stärker als Team und weniger als Fachlehrer verstehen. "Wir sind aber auch auf- gefordert, die Lehrer in ihrer Arbeit zu unterstüt- zen und ihnen die notwendige Anerkennung zu vermitteln."

Für die gemeinsame Bildungsreform seien von Bund und Ländern weitere wesentliche Schritte auf den Weg gebracht worden. Dazu gehöre etwa die Entwicklung und Evaluierung von nationalen Bildungsstandards, sagte die Ministerin. Eine vom Bund hierzu in Auftrag gegebene Expertise werde sie gemeinsam mit der Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz bereits am 18. Februar vorstellen. Darüber hin- aus werde ein gemeinsamer Sachverständigenrat für eine Bildungsberichterstattung eingerichtet.

KMK-Pressemitteilung vom 10.02.2003 Ganztagsschulen: Wolff erwartet rasch Klarheit über Haushaltsmittel des Bundes Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Hessens Kultusministerin Karin Wolff, erwartet vom Bund jetzt "sehr schnell auch haushaltsrechtliche Klarheit" darüber, ob das heute wiederholt angekündigte Geld für den Ausbau von Ganztagsschulen in den Ländern tatsächlich bereit gestellt wird. "Ich will erst den beschlossenen Bundeshaushalt sehen, in dem diese Milliarden vorgesehen sind", erklärte Wolff.

Den vom Bund heute vorgelegten Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung würden die Länder

"sorgfältig prüfen". Vor allem die Vorstellungen

Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität Dortmund

Bundesweit repräsentative Umfragen seit 1991 Auswertung 12. IFS-Umfrage 2002 (2.916 Bundesbürger über 18 Jahren)

Wunsch nach Ganztagsschulen (in Prozent) Es sollten mehr Ganztagsschulen eingerichtet werden.

Jahr 1991 1993 1995 1997 2000 2002

Zustimmung 39 42 42 42 48 55

unentschieden 25 28 28 30 25 24

Ablehnung 36 31 30 27 27 21

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Ausgewählte Links:

www.bundestag.de

Reden zur aktuellen Stunde SPD/Grüne

„Zukunftsprogramm Bildung und Betreuung für Ganztagsschulen am 13.02.2003”

Kleine Anfrage der CDU/CSU zur Umsetzung des Ganztagschulbauprogramms der Bundesregie- rung vom 11.02.2003

www.ganztagsschule.de

Umfassende Informationen des Ganztagsschul- verbandes zur Entwicklung, Sachstand und Ausbau von Ganztagschulen

www.forum-bildung.de Materialsammlung des Forum Bildung www.eaf-berlin.de/DokuKonf.htm Bericht und Dokumentation der Internationalen Konferenz vom 6.und7.Juni 2002 In Berlin

„Zukunftsfaktor Kinder – für ganztägige Bildung und Betreuung in Deutschland”

www.gew.de/standpunkt/positionen/

schule/texte/ganztag.pdf

Beschluss des Hauptvorstandes der GEW www.edu-con.de/weichenstellung.pdf Eine Recherche in den deutschen Bundesländern von Dr. Gertrud Hovestadt „Weichenstellung nach PISA“

www.zweiwochendienst.de/bildungs- politik/ganztagsschule.htm

www.bmbf.de

Informationen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

www.bmfsj.de

Informationen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Aus den Ländern:

Baden - Württemberg

www.baden-wuerttemberg.de Konzept „Kinderfreundliches Baden- Württemberg“

Bayern

www.km.bayern.de/a4/r1/ganztag.html www.lehrerinfo-bayern.de

Informationen Infos zu Ganztagsangeboten für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 10

Berlin

www.bebis.cidsnet.de www.senbjs.berlin.de/elterninfo Hinweise zu zusätzlichen Ganztagsschulen Brandenburg

www.bildung-brandenburg.de Erfassung von Qualitätsmerkmalen für Ganztagsschulen

Bremen

www.bildung.bremen.de

Hinweise zum Ausbau von Ganztagsschulen Hamburg

www.hamburger-bildungsserver.de u.a. ausführliche Infos zur Entwicklung von Ganztagsangeboten, Auflistung der Schulen Hessen

www.kultusministerium.hessen.de www.schule.bildung.hessen.de u.a. Zwischenbericht der Ganztagsschulkom- mission „Vorschläge für die Weiterentwicklung ganztägiger Konzeptionen an hessischen Schulen“

Mecklenburg-Vorpommern www.mvnet.de

Hinweise zum Ausbau von Ganztagsschulen Niedersachsen

www.mk.niedersachsen.de Hinweise zur Einrichtung von zusätzlichen Standorten für Ganztagsschulen – Ganztags- zentren- im Rahmen der Bildungsoffensive für Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen www.learn-line.nrw.de www.tageseinrichtungen.nrw.de Hilfen, Hinweise, Tipps zur Einrichtung von Ganztagsangeboten hat das Landesinstitut für Schule und Weiterbildung herausgegeben

Rheinland-Pfalz www.mkjff.rlp.de www.ganztagsschule.rlp.de umfassendes Informationsmaterial zum Ganztagsschul-Förderprogramm Saarland

www.bildung.saarland.de www.bildungsserver.saarland.de Hinweise zur Definition, Entwicklung der Schulstandorte und Schülerzahlen Sachsen

www.sn.schule.de Sachsen-Anhalt

www.sachsen-anhalt.de Daten und Fakten zur Schulentwicklung Schleswig-Holstein

www.landesregierung.schlweswig- holstein.de

www.lernnetz-sh.de

Informationen zum Ausbau von Ganztagsange- boten an den schleswig-holsteinischen Schulen Thüringen

www.thueringen.de/tkm u.a. Initiativen zur Schuljugendarbeit Mal anklicken - Weitere Links www.bildungsserver.de www.bildung-online.de www.dipf.de

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung www.mpib-berlin.mpg.de

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung www.ifs.uni-dortmund.de Institut für Schulentwicklungsforschung www.dji.de

Deutsches Jugendinstitut

Hans Ulrich Nordhaus, DGB Bundesvorstand, Abt. Bildung und Qualifizierung

Michael Jäger, Universum-Verlag, Wiesbaden

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In der Bildungspolitik in Deutschland zeichnet sich seit Beginn des Jahres 2001 ein breiter gesellschaftlicher Konsens für mehr Ganztags- schulen und andere Ganztagsangebote ab. Heiß umstritten bleiben dabei aber Fragen nach dem pädagogischen Konzept (nachmittags auch Unterricht oder nur Betreuung?), nach der Freiwilligkeit oder Verbindlichkeit von Ganztags- schulen sowie deren Finanzierung.

Nahezu alle Medien nehmen sich des Themas an. Den berühmten „Stein ins Wasser“ warf die regierende SPD in Rheinland-Pfalz im Januar 2001, als sie ankündigte, bei einem Sieg nach der Landtagswahl am 25. März in dem Bundes- land ein flächendeckendes Angebot an Ganz- tagsschulen schaffen zu wollen. Die geplante Einführung von 300 Ganztagsschulen vom Jahr 2002 an ist ein Punkt des Regierungsprogramms geworden.

Da dies ein echter „Wahlkampfschlager“ gewor- den ist, nähern sich inzwischen auch andere Parteien unter dem Stichwort „Familienpolitische Offensive“ diesem Thema. Inzwischen gibt es über Rheinland-Pfalz hinaus Ankündigungen zum Ausbau von Ganztagsschulen oder anderen Ganztagsangeboten in Bayern, Baden-Württem- berg, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig- Holstein. Weitere Länder werden folgen. Sogar von Politikern des Bundes, der hier keine origi- näre Kompetenz hat, sind Aussagen zur Notwen- digkeit und zum Ausbau von Ganztagsschulen zu hören.

Die plötzliche Konjunktur für Ganztagsschulen hat vor allem Gründe, bei denen zunächst die Bedürfnisse des Erwerbs- und Wirtschaftslebens sowie demografische Aspekte im Vordergrund stehen:

■ Die Berufstätigkeit von Frauen soll ermöglicht werden;

■ Die Neigung von Frauen, Kinder zu bekom- men, soll erhöht werden;

■ Die Zahl der Jugendlichen ohne Schulab- schluss soll verringert werden;

■ Die Lernergebnisse (im internationalen Vergleich) sollen verbessert werden;

■ Soziale Probleme in Schulen sollen gemildert werden (Brennpunktschulen).

Inzwischen mehren sich die (positiven) Stellung- nahmen zur Ganztagsschule:

■ Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit- geberverbände (BDA): Für mehr Ganztags- schulen (April 2000),

■ Deutscher Philologen Verband: Die Ganztags- schule und schulische Betreuungsangebote für den Nachmittag als konstruktive Erziehungshilfe (Mai 2001),

■ Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): Ausbau von Ganztagsangeboten (Beschluss des Hauptvorstandes vom 23.06.2001),

■ Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV): Die Ganztagsschule als bedarfsgerechtes Angebot (Juni 2001),

■ Bayerischer Städtetag 2001: Für eine zukunftsfähige Schule (Resolution und Diskus- sionspapier, verabschiedet auf der Vollversam- mlung am 12.07.2001),

■ Deutscher Lehrerverband (DL):

Ganztagsschule und schulische Ganztagsbe- treuung (Denkschrift vom Juli 2001),

■ Deutscher Städte- und Gemeindebund: Mit Familien die Zukunft gewinnen! (August 2001).

■ Empfehlungen des Forum Bildung (November 2001),

Als Kontrast dazu (mit einer sehr einseitigen Befragungs- und Auswertungsmodalität):

■ Bayerischer Realschullehrerverband (BRLV):

Auswertung der Elternbefragung an Realschulen zu Ganztags-Angebot (Nachmittagsbetreuung) und Ganztagsschule (Juli 2001).

Ein neuer Schub und ein veränderter Akzent in der Debatte ist in der Diskussion um die Ergeb- nisse der internationalen Vergleichsstudie PISA der OECD (veröffentlicht im Dezember 2001) entstanden, weil in der Spitzengruppe augenfäl- lig die Länder mit einem Ganztagsschulsystem zu finden sind. Der Aspekt der ergänzenden

Lernangebote in der Ganztagsschule ist damit in den Vordergrund gerückt. Die Ganztagsschule bietet beste Bedingungen für eine individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler. Sie kann zur notwendigen Qualitätsverbesserung der schulischen Bildung beitragen, sowohl zur Vermeidung von Benachteiligungen als auch für die Förderung von Begabungen. Entsprechende Aussagen sind zuvor schon in den Empfehlungen des (überparteilichen) Forum Bildung im Novem- ber 2001 (im Rahmen der Bund-Länder-Kommis- sion für Bildungsplanung und Forschungsförde- rung) getroffen worden.

Welchen konkreten Niederschlag die Wahl- kampfankündigungen der Parteien, die Presse- erklärungen der Kultusministerien und die Stellungnahmen von wichtigen Verbänden auf die konkrete Politik in den Bundesländern bisher gefunden haben, soll für jedes Bundesland dar- gestellt werden. Aktuell sind in der Berliner Koalitionsvereinbarung die entsprechenden Passagen als Folge der PISA-Debatte erschienen (siehe unter Berlin).

Die Situation der Ganztagsschulentwicklung in den einzelnen Bundesländern wird im Folgenden dadurch beschrieben, dass

■ die Rahmenbedingungen für die Einrichtung und den Betrieb von Ganztagsschulen (ein- schließlich der Konzepte und Kriterien) in Stich- worten dargestellt werden,

■ der Versorgungsgrad aufgezeigt wird (aber nur für Ganztagsschulen, nicht für Ganztags- angebote in den vielfältigsten Formen),

■ über die aktuellen Tendenzen (nicht nur der reinen Ganztagsschulen) berichtet wird.

Unter Ganztagsschule in gebundener oder offe- ner Form wird verstanden, dass

■ allen Schülerinnen und Schülern ein durchge- hend strukturierter Aufenthalt in der Schule an mindestens 4 Wochentagen mit mindestens 7 Zeitstunden angeboten wird,

■ die Schule für alle Schülerinnen und Schüler, die es wünschen, an 5 Wochentagen ein war-

Situation der Ganztagsschulentwicklung in den Bundesländern

Stand: Januar 2002

Ulrich Rother

(16)

mes Mittagessen bereit stellt,

■ die vormittäglichen und nachmittäglichen Aktivitäten der Schülerinnen und Schüler in einem konzeptionellen Zusammenhang stehen,

■ die Organisation aller Angebote unter der Aufsicht und Verantwortung der Schullei-tung steht.

Ganztagsangebote wird dagegen als Sammel- begriff genommen, der neben Angeboten der Ganztagsschule auch Angebote der Nachmit- tagsbetreuung für Schulkinder an Schulen und Einrichtungen der Jugendhilfe umfasst.

Die nachfolgende Recherche beruht auf schrift- lichen Darstellungen (Presseerklärungen, Koalitionsvereinbarungen, Erlasse, Verfügungen und Richtlinien) und auf telefonischen Nach- fragen bei den für die Ganztagsschule zuständi- gen Referentinnen und Referenten in den Kultusministerien. In einigen Fällen wurden ergänzende Angaben des Ganztagsschulver- bandes (www.ganztagsschulverband.de) hinzu- gezogen.

Die Zahlen zum Ausbaustand der (staatlichen) allgemein bildenden Ganztagsschulen (Versor- gungsgrad) stehen unter Vorbehalt, da die Bundesländer sehr unterschiedliche Definitionen von Ganztagsschule haben. Derselbe Sachverhalt wird mit unterschiedlichen Begriffen bezeichnet bzw. umgekehrt (häufig nach der jeweiligen Opportunität). Als Bezugsgröße musste die Zahl der Schulen genommen werden. Daten für die (aussagekräftigere) Bezugsgröße Schüler liegen für die meisten Länder nicht vor (auch nicht von der KMK!).

Die Zahlen stammen von einer dpa-Umfrage vom Juni 2001 (Anlage 1) und kontrastieren in vielen Punkten mit den Ergebnissen einer Umfrage der KMK ebenfalls vom Juni 2001, die nicht die Zahl der Schulen (Standorte) sondern die Schularten abgefragt hat. Daher enthält die Statistik der KMK i. d. R. zu hohe Zahlen. Die Grund-, Haupt und Realschule Friedrichstraße in Hamburg z. B. musste nach der Abfragesyste- matik fünfmal erfasst worden: als Grundschule, als Hauptschule, als Realschule, als schulartenun- abhägige Orientierungsstufe und als Schulart mit mehreren Bildungsgängen.

■ Baden-Württemberg Rahmenbedingungen für die Einrichtung und den Betrieb von Ganztagsschulen Ganztagsschule ist nur im Rahmen eines Schul- versuchs im Wege eines Einzelerlasses möglich.

Der dafür verwendete „Mustererlass“ enthält die folgenden wichtigen Regelungen:

■ Öffnungszeiten von 8 bis 16 Uhr an mindestens 4 Tagen,

■ Ganztagsangebote: Arbeitsgemeinschaften, Hausaufgabenbetreuung, Mittagessen, Mittags- pausenangebote, Freizeitbetreuung,

■ zusätzliches pädagogisches Personal:

bis zu 7 Lehrerwochenstunden pro Klasse.

Versorgungsgrad

Nach der dpa-Umfrage (und auch nach Anga- ben des Kultusministeriums) sind 85 von 3840 öffentlichen allgemein bildenden Schulen Ganz- tagsschulen (KMK: 303!). Der Versorgungsgrad liegt bei 2,2%.

Aktuelle Tendenzen

Weiterer zügiger Ausbau von Ganztagsschulen im Bereich der Hauptschulen in sog. sozialen Brennpunkten (Ziel: 170 Hauptschulen)

■ Bayern

Rahmenbedingungen für die Einrichtung und den Betrieb von Ganztagsschulen Das Land hat bisher keine Rahmenbedingungen vorgesehen, finanzielle Mehrkosten tragen die Kommunen. Bei „gebundenen“ Ganztagsschulen zeichnet der Freistaat für die Mehrkosten des pädagogischen Personals verantwortlich.

"Offene" Ganztagsschulen werden mit

„Betreuungsschulen" gleichgesetzt, bei denen der personelle Mehrbedarf von den Kommunen abverlangt wird.

Versorgungsgrad

Nach Angaben des Ganztagsschulverbandes sind 2 der insgesamt rd. 3600 allgemein bilden- den Schulen staatliche Ganztagsschulen (dpa:

16, KMK: 2). Der Versorgungsgrad liegt bei 0,1%.

In privater Trägerschaft werden 21 Ganztags- schulen geführt.

Aktuelle Tendenzen

■ Erarbeitung eines Konzeptes von Betreu- ungsangeboten am Nachmittag: Davon sollen am stärksten die Hauptschulen profitieren;

geplant ist ein Mittagstisch mit anschließender

Hausaufgabenbetreuung unter Einbeziehung ört- licher Vereine und Kulturträger, dessen Kosten wie folgt aufgeteilt werden sollen: Land 40%, Kommune 40% und Eltern 20%.

■ Planung eines Schulversuchs zur Einführung von achtjährigen Ganztagsgymnasien.

■ Berlin

Rahmenbedingungen für die Einrichtung und den Betrieb von Ganztagsschulen Rahmenbedingungen sind 1996 durch eine Novellierung der „Gesamtschulordnung“ neu gefasst worden:

■ Ganztagsschulen in der offenen und gebun- denen Form möglich,

■ zusätzliche Angebote definiert als Kern- gruppenzeit, Schülerarbeitsstunden, Arbeits- gemeinschaften, außerunterrichtliche Zeiten, Essenszeiten,

■ Dauer der Stundeneinheiten (45 od. 50 Min.),

■ Hausaufgabenregelung.

Versorgungsgrad

Nach der dpa-Umfrage sind 310 der insgesamt 960 staatlichen allgemein bildenden Schulen Ganztagsschulen (KMK: 89), der Hauptteil davon sind die Grund- und Sonderschulen im ehemali- gen Ostteil der Stadt, die alle von Schulen mit Hort zu offenen Ganztagsschulen erklärt worden sind. Von den 70 öffentlichen Gesamtschulen werden 64 als Ganztagsschulen geführt. Der Versorgungsgrad liegt insgesamt bei 32,3%.

Aktuelle Tendenzen

Koalitionsvereinbarung vom 07.01.2002:

■ „Die Ergebnisse der PISA-Studie haben die Koalition darin bestärkt, vorrangig und mit allem Nachdruck auf folgenden Handlungsfeldern tätig zu werden: ...7. Ausbau von schulischen und außerschulischen Ganztagsangeboten mit dem Ziel erweiterter Bildungs-, Lern- und Förder- möglichkeiten, insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit Bildungsdefiziten und besonde- ren Begabungen...“

■ Einrichtung weiterer 30 Ganztagsgrund- schulen,

■ schrittweiser Ausbau der Grundschulen im Westteil zu verlässlichen Halbtagsgrundschulen und die schrittweise Verknüpfung mit dem offe- nen Ganztagsbetrieb zu einem einheitlichen Angebot in der ganzen Stadt.

Referenzen

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