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Informationen zum Recht vom DGB Bundesvorstand | Abteilung Recht Mai 2012

Info Recht

Arbeitsrecht

EuGH stellt Urlaubsabgeltungsanspruch für Beamtinnen und Beamten klar - Übertragungszeitraum von neun Monaten ist mit dem Unionsrecht nicht vereinbar

Der EuGH (Fünfte Kammer) hat durch Urteil vom 03.05.2012 - C-337/10 - Neidel entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG, der im laufenden Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Ab- geltung nicht gewährten Urlaubs gewährt, auch für Beamtinnen und Beamte im Feuerwehrdienst gilt.

Zugleich hat der EuGH festgestellt, dass eine Beschränkung des Übertragungszeitraums für nicht im Urlaubsjahr genommenen Urlaub auf neun Monate nicht mit dem Unionsrecht vereinbar und deshalb unwirksam ist.

Das Ausgangsverfahren

Ein beamteter Feuerwehrmann, der bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst mehr als zwei Jahre dienstunfähig erkrankt war, hatte bei seinem Dienstherrn die Gewährung von Urlaubsabgeltung für insgesamt 86 Urlaubstage beantragt, die er wegen seiner Erkrankung nicht hatte nehmen können.

Auf die Ablehnung dieses Antrags und das erfolglos gebliebene Widerspruchsverfahren hatte der Feu- erwehrmann vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Klage erhoben.

Die Rechtslage

Bisher wurde Beamtinnen und Beamten die Gewährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen – auch wenn sie nach langer Erkrankung aus dem Dienst ausgeschieden waren – regelmäßig versagt. Diese restriktive Verwaltungspraxis wurde von den Verwaltungsgerichten regelmäßig sanktioniert.

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Die Verwaltungsgerichte argumentierten zum einen damit, dass die RL 2003/88/EG keine Anwendung finden würde, weil diese „dem Wortlaut nach allein für Arbeitnehmer Geltung beansprucht“ (verglei- che VG Hannover Urteil vom 29.04.2010 - 13 A 3250/09). Zum anderen wurde die Nichtanwendbar- keit der Richtlinie damit begründet, dass es sich „bei den für den Fall einer dienstunfähigen Erkrankung geltenden beamtenrechtlichen Vorschriften … um für den Beamten vorteilhaftere Regelungen hande- le“: aufgrund einer „strukturellen Betrachtung“ sei nämlich von einer Besserstellung der Beamten ge- genüber Arbeitnehmern auszugehen, die durch die Gewährung einer Urlaubsabgeltung nicht noch zusätzlich verbessert werden dürfe (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.03.2010 - 2 A 11321/09).

Der Vorlagebeschluss

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hatte das Klagverfahren durch Beschluss vom 25.06.2010 - 9 K 836/10.F ausgesetzt und beim EuGH ein Vorabentscheidungsverfahren eingeleitet, um zu klären, ob die Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichte europarechtskonform ist. Die Kammer ging in kritischer Auseinadersetzung mit der herrschenden Meinung davon aus, dass die RL 2003/88/EG wegen der in Art. 1 Abs. 4 vorgenommenen Verweisung auf die RL 89/391/EWG auch „auf öffentlich- rechtliche Dienstverhältnisse einschließlich der öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnisse“ Anwendung findet. Das Verwaltungsgericht war zudem der Auffassung, dass bei Beendigung des Dienstverhältnis- ses der gesamte Urlaubsanspruch seit Eintritt der Dienstunfähigkeit abzugelten sei, weil die Regelung in § 9 Abs. 2 der Hessischen Urlaubsverordnung (HUrlVO), die ein Erlöschen von Urlaubsansprüchen neun Monate nach Beendigung des Urlaubsjahres vorsehen, nicht europarechtskonform sei. Schließlich meinte die Kammer auch, dass nicht nur der vierwöchige Mindesturlaub gemäß RL 2003/88/EG, son- dern auch der diesen übersteigenden Urlaubsanspruch des Klägers abzugelten sei.

Das Urteil des EuGH

Der EuGH hat entschieden, dass der Kläger als beamteter Feuerwehrmann dem Anwendungsbereich der RL 2003/88/EG unterfällt. Ausnahmen der Anwendungen seien nur für den sehr eng auszulegen- den Zweck zulässig, die Funktionsfähigkeit öffentlicher Dienste zu gewährleisten, „die in Situationen besonderer Schwere und besonderem Ausmaß für den Schutz der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit und Ordnung unerlässlich sind“ (Rn. 21). Der Kläger sei im Übrigen unionsrechtlich „Arbeitnehmer“

(Rn. 23), weshalb es rechtlich bedeutungslos sei, ob er vertraglich als Arbeiter, Angestellter oder Beam- ter beschäftigt wird (Rn. 25).

Hierauf gestützt hat der EuGH weiter entschieden, dass der Kläger bei Eintritt in den Ruhestand An- spruch auf Abgeltung des nicht gewährten Urlaubs hat.

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Info Recht

Der EuGH hat nochmals – wie schon im Urteil „Schultz-Hoff“ – darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub „als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union an- zusehen ist“ (Rn. 28). Dieser Anspruch ist – soweit er wegen lang anhaltender Erkrankung nicht in natura realisiert werden kann – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten (Rn. 30). Der Ein- tritt eines Beamten in den Ruhestand steht der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleich (Rn. 31).

Allerdings ist der EuGH der Auffassung, dass durch die RL 2003/88/EG und seine Rechtsprechung le- diglich eine Abgeltung des Mindesturlaubsanspruchs von vier Wochen pro Jahr durchsetzbar ist (Rn.

37). Es sei Sache der Mitgliedsstaaten, ob sie den Beamten bzw. Arbeitnehmern einen längeren Ur- laubsanspruch als vier Wochen gewähren würden und „ob sie dabei einen Anspruch des in den Ruhe- stand tretenden Beamten auf eine finanzielle Vergütung für den Fall vorsehen, dass ihm diese zusätzli- chen Ansprüche nicht haben zugute kommen können, weil er aus Krankheitsgründen keinen Dienst geleistet hat, und zum anderen die Voraussetzungen für eine solche Gewährung festzulegen“ (Rn. 36).

Demgegenüber verstößt die Befristung des Übertragungszeitraums auf neun Monate durch

§ 9 Abs. 2 HUrlVO gegen das Recht der Union (Rn. 43). Im Anschluss an sein Urteil vom 22.11.2011 - C-214/10 - KHC, in dem ein Übertragungszeitraum von 15 Monaten als mit dem Recht der Union ver- einbar festgestellt wurde, präzisiert der EuGH nun, dass „jeder Übertragungszeitraum den spezifischen Umständen Rechnung tragen muss, in denen sich ein Arbeitnehmer befindet, der während mehrerer Bezugszeiträume in Folge arbeitsunfähig ist. Dieser Zeitraum muss daher für den Arbeitnehmer insbe- sondere die Möglichkeit gewährleisten, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfügen, die längerfris- tig gestaffelt und geplant werden sowie verfügbar sein können, und er muss die Dauer des Bezugszeit- raums, für den er gewährt wird, deutlich übersteigen“ (Rn. 41).

Bewertung

Der EuGH hat nunmehr unmissverständlich deutlich gemacht, dass auch Beamte und Beamtinnen, deren Urlaubsansprüche wegen einer Langzeiterkrankung nicht in natura realisiert werden konnten, bei Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben. Sowohl die bisherige Verwaltungs- praxis als auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, die Beamtinnen und Beamten eine solche Urlaubsabgeltung vorenthalten haben, sind somit insgesamt obsolet.

Dem Kläger des Ausgangsverfahrens ist nun zumindest Urlaubsabgeltung für den im gesamten Zeit- raum der Krankheit nicht realisierten jährlichen vierwöchigen Mindesturlaub zuzusprechen. Ob auch die über den Mindesturlaubsanspruch hinausgehenden Urlaubsansprüche abzugelten sind, wird das Ver- waltungsgericht gesondert zu entscheiden haben.

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Nach der Rechtsprechung des BAG verfällt übergesetzlicher arbeitsvertraglicher und tarifvertraglicher Mehrurlaub dann nicht, wenn ein Gleichlauf zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub be- steht (BAG 04.05.2010 - 9 AZR 183/09, BAG 12.04.2011 - 9 AZR 80/10, BAG 18.10.2011 - 9 AZR 303/10). Soweit ersichtlich dürfte diese Rechtsprechung auch auf den vorliegenden Fall anzu- wenden sein.

Weitreichende Bedeutung für alle Arbeitnehmer hat das jüngste Urteil des EuGH wegen seiner präzisie- renden Aussage zur Mindestdauer des Übertragungszeitraums. Der im Urteil des EuGH vom

22.11.2011 - C-214/10 KHC – für zulässig erachtete Übertragungszeitraum von 15 Monaten stellt unionsrechtlich keine Höchstgrenze, sondern eine Untergrenze des Übertragungszeitraums dar – an- ders können die Ausführungen des EuGH nicht verstanden werden.

Die in dem neuen Urteil aufgestellte Anforderung, dass der Übertragungszeitraum „für den Arbeitneh- mer insbesondere die Möglichkeit gewährleisten muss, bei Bedarf über Erholungszeiträume zu verfü- gen, die längerfristig gestaffelt und geplant werden sowie verfügbar sein können“ (s. o.), kann nur so verstanden werden, dass nicht lediglich ein zu kurz bemessener Übertragungszeitraum (wie vorliegend neun Monate), sondern zudem starre und formalistische Übertragungsfristen nicht unionsrechtskon- form sind.

Erforderlich ist deshalb die Entwicklung einer einzelfallbezogenen Betrachtungsweise, die es dem Ar- beitnehmer ermöglicht, über den wegen Krankheit nicht realisierten Urlaubsanspruch nachträglich langfristig verfügen zu dürfen und planvoll einsetzen zu können. Das starre sogenannte „Fristenre- gime“ und die Anforderung, den Urlaub nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit kurzfristig zu verbrauchen, die das BAG in seinem Urteil vom 09.08.2011 - 9 AZR 425/10 formuliert hat, dürften jedenfalls nicht unionsrechtskonform sein.

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