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Archiv "„Was wir tun müssen, ist überzeugen“" (16.07.2007)

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A2026 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 28–2916. Juli 2007

P O L I T I K

Der Weltärztebund wird in diesem Jahr 60 Jahre alt. Er wurde, wie viele andere internationale Organisationen noch un- ter dem Eindruck des Zweiten Weltkrie- ges gegründet. Welche Bedeutung hat die Vereinigung heute noch?

Kloiber: Ich glaube, der Weltärzte- bund hat heute vielleicht sogar eine größere Existenzberechtigung, als er sie zur Zeit seiner Gründung hat- te. Denn die Fragen der medizini- schen Ethik, der ärztlichen Berufs- ethik, aber auch sozialmedizinische Fragen, mit denen wir uns von An- fang an beschäftigt haben, sind nach wie vor aktuell und drängend.

Außerdem haben wir jetzt erst- mals Zugang zu den meisten Ärzte- schaften weltweit. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg allein tech- nisch nicht möglich und wurde da- nach durch die politische Teilung der Welt in Ost und West verhindert.

Jetzt haben wir zum ersten Mal die Gelegenheit, unsere Arbeit weltum- spannend zu tun. Wir sind nicht län- ger der Club der westlichen Länder.

Wir haben mit 83 nationalen Ärzte- gesellschaften eine breitere und glo- balere Basis bekommen.

Welche Motive führten zur Gründung des Weltärztebundes?

Kloiber: Es gab bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eine globale ärzt- liche Organisation, die aber mit dem Eintritt in den Zweiten Weltkrieg praktisch aufhörte zu existieren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg sind einige nationale Ärzteorganisationen zu der Auffassung gelangt, dass man aus dem, was sich insbesondere in Nazideutschland ereignet hatte, ler- nen und einen Neuanfang machen musste. Die Gründungsvorbereitun- gen für den Weltärztebund fielen zeitlich mit dem Nürnberger Ärzte- prozess zusammen. Seine Neugrün- dung fand dann im September 1947 in Paris statt, diesmal mit dem Ziel, sich vorrangig um die ärztliche Ethik zu kümmern. Das ist unser Schwer- punkt geblieben.

Der Weltärztebund hat 83 Mitgliedsver- bände aus den unterschiedlichsten Tei- len der Welt. Erschwert es diese Vielfalt nicht, gemeinsame Standpunkte und

Positionen zu entwickeln? Beispiel China: Dort vertritt man ja in puncto Organspende durchaus andere ethische Standards als in vielen westlichen Ländern.

Kloiber: Richtig ist, dass die Praxis eine andere ist. Aber die Praxis hat nicht unbedingt immer etwas mit der ärztlichen Ethik zu tun. Die Pra- xis hat mit den gesellschaftlichen und politischen Zuständen in einem Land zu tun. Genauso wie es viele soziale und ökonomische Zwänge gibt, die ärztliches Handeln beein- flussen. Deshalb kümmern wir uns auch um diese Themen. Wir sollten uns davor hüten zu glauben, dass wir in den westlichen Ländern als einzige wissen, was richtig ist.

Mit der Chinese Medical Asso- ciation sind wir gerade, was die Fra- ge der Organtransplantation angeht, auf einem recht guten Weg. Und der chinesische Vizegesundheitsminis- ter hat uns versichert, das Problem der Organentnahme nach Exekutio- nen anzugehen.

Der Weltärztebund hat sich immer auch für die Menschenrechte eingesetzt.

Zum Beispiel beschäftigte sich die Mit- gliederversammlung vor zehn Jahren in Hamburg mit der völlig unzureichenden medizinischen Versorgung afghani- scher Frauen unter dem Regime der Ta- liban. Man hat sich damals allerdings sehr schwer getan mit einer gemeinsa- men Resolution. Offenbar gibt es doch sehr unterschiedliche Vorstellungen zum Thema Menschenrechte unter den Mitgliedern. Ist das ein Problem?

Kloiber: Das ist in weiten Teilen ein formales Problem, insofern als wir

INTERVIEW

mit Dr. med. Otmar Kloiber, Generalsekretär des Weltärztebundes

„Was wir tun müssen, ist überzeugen“

83 nationale Ärzteorganisationen gehören inzwischen dem Weltärztebund an.

Seit seiner Gründung 1947 bezieht er Stellung zu medizinethischen Fragen.

Fotos:Lajos Jardai

Otmar Kloiber ist seit 2005 Generalsekretär des Weltärztebundes.

Davor war er als stellvertretender Hauptgeschäfts- führer der Bundes- ärztekammer tätig.

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den schmalen Grat wahren müssen, die medizinischen Aspekte der Men- schenrechte anzusprechen und nicht in allgemeine politische Statements zu verfallen. Das war auch damals der Punkt bei der Resolution zur Be- handlung der Frauen in Afghanistan.

Uns geht es nicht darum, irgendein Land oder irgendeine Religions- gruppe anzuprangern. Wir wollen die grundsätzlichen Prinzipien fest- halten, die einen freien Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen gewährleisten. Insofern haben wir vor Kurzem beschlossen, diese Resolution in eine generelle Erklärung umzuarbeiten. Denn die Benachteiligung von Frauen ist in vielen Ländern ein Problem.

Sie haben in einem Papier Ihre Ziele bis 2007 zusammengefasst. Unter anderem heißt es dort, sie wollen sich für eine Verbesserung der Gesundheitsversor- gung einsetzen, medizinethische Stan- dards formulieren, sich für die Men- schenrechte einsetzen, sich internatio- nal vernetzen. Das sind sehr generelle Ziele. Welche konkreten Schwerpunkt- themen bearbeiten Sie zurzeit?

Kloiber: Unser Schwerpunkt liegt nach wie vor auf der Formulierung ei- nes gemeinsamen ethischen Konsen- ses. Wir haben vor sieben Jahren un- sere Deklaration von Helsinki überar- beitet, das ist die Deklaration, die die Forschung am Menschen beschreibt und dem Arzt ethische Handlungs- empfehlungen gibt. Die Arbeit an dieser Deklaration werden wir wie- der aufnehmen. Diesmal wird es al- lerdings keine so grundlegende Neu- fassung geben wie im Jahr 2000.

Ein weiteres Schwerpunktthema wird die Nutzung embryonaler

Stammzellen sein. Das wird eine schwierige Diskussion werden, weil hier die Meinungen sehr weit aus- einandergehen. Dem muss sich der Weltärztebund stellen.

Besteht dabei nicht die Gefahr, dass man sich letztlich auf einen Minimal- konsens einigt?

Kloiber: Die Gefahr besteht natür- lich immer. Dann ist aber die Frage, gibt man sich damit zufrieden, dass man keinen Konsens erzielen kann, oder erkennt man an, dass es in ver- schiedenen Ländern verschiedene Ansichten darüber gibt, und ver- sucht dann auf dieser Grundlage Re- geln aufzustellen, die wir für akzep- tabel halten.

Schon die Definition zum Beginn des Lebens ist ja völlig unterschiedlich.

In Israel beispielsweise gilt eine embryonale Stammzelle nicht als menschliches Leben, in vielen anderen Ländern schon.

Kloiber: Das ist richtig. Es gibt völ- lig verschiedene Zeitpunkte, zu de- nen der Beginn des menschlichen Lebens gesetzt wird. Das sind teil- weise Legaldefinitionen, wie sie auch in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz festgelegt sind, das sind teilweise Festlegun- gen durch Komitees oder aber auch Ergebnisse religiöser Vorstellungen.

Sie alle haben ihre Berechtigung.

Gleichwohl wird es damit natürlich sehr schwer, einen globalen Kon- sens zu finden, und es kann durch- aus sein, dass ein solcher bis ins letzte Detail nicht zu erreichen ist.

Dann stellt sich die Frage, ob wir nicht den Dissens dokumentieren,

einen Mindeststandard etablieren und darauf verweisen, dass es in be- stimmten Ländern strengere Stan- dards gibt, die zu respektieren sind.

An der letzten Fassung der Deklaration von Helsinki hat es auch Kritik gege- ben, zum Beispiel, was die Forschung an nicht einwilligungsfähigen Men- schen betrifft. So wurde bemängelt, dass jetzt auch nicht therapeutische Forschung möglich sei. Werden Sie die- sen Passus noch einmal überarbeiten?

Kloiber: Wir haben bei der letzten Änderung die alte Unterscheidung in eine klinische, dem Probanden nutzende Forschung und eine Grundlagenforschung, die dem Pro- banden nicht unbedingt nützt, aufge- geben. Denn wir haben festgestellt, dass es eine solche Unterscheidung eigentlich gar nicht gibt. Wenn man als Patient in eine Kontrollgruppe kommt, hat man auch nichts von ei- nem neuen Medikament.

Es gilt, abzuwägen zwischen der Einsichtsfähigkeit der Probanden, der Risikoabschätzung und dem Pa- tientennutzen. Die Deklaration von Helsinki besagt jetzt, dass in Studi- en an nicht einwilligungsfähigen Probanden, zum Beispiel an Kin- dern oder mental retardierten oder bewusstlosen Personen, die Belas- tung und Gefährdung möglichst klein gehalten werden und zumin- dest für die gleiche Gruppe ein Nut- zen erkennbar sein muss.

Dieses Thema wird gerade in Deutschland zu Recht kritisch gese- hen. Das hängt natürlich auch mit unserer Geschichte, der medizini- schen Forschung während der Nazi-

zeit zusammen. 1

Kloiber leitet die Geschicke eines Verbandes, der mit einem Budget von 1,5 bis zwei Millionen Euro auskommen muss.

Im Wesentlichen stammt das Geld aus Mitglieds- beiträgen der nationalen Ärzte- organisationen.

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Wir sind aber auf der anderen Seite verpflichtet, Behandlungen für krebskranke Kinder oder für Menschen mit Demenz zu ent- wickeln. Dieses Dilemma bleibt, und dem müssen wir uns stellen.

Welches Gewicht hat die Stimme des Weltärztebundes?

Kloiber: Unsere Beschlüsse haben den Weg in viele Gesetze, in ärztli- che Berufsordnungen oder Kodizes gefunden. Was wir tun müssen, ist überzeugen.

Wie wollen Sie in der Zukunft aufgestellt sein?

Kloiber: Wir wollen die Zusam- menarbeit mit internationalen Orga- nisationen und Verbänden verstär- ken, weil wir denken, dass an vielen Stellen ärztlicher Einfluss in stärke- rem Maße ausgeübt werden sollte als bisher, weil es um medizinische Fragen geht. Das können wir nicht den Politikern allein überlassen.

Außerdem betreiben wir zurzeit verschiedene Projekte, die ein biss- chen von der traditionellen Route des Weltärztebundes abweichen. So haben wir zum Beispiel ein Hand- buch zur medizinischen Ethik her- ausgegeben. Es soll Ärzten dabei helfen, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wo ethische Probleme liegen, und wie man damit umgehen kann. Das Handbuch wird inzwi- schen auch an etlichen Universitä- ten als Lehrmaterial benutzt. Zu dem Thema wird es auch einen On- linekurs geben.

Bereits genutzt wird unser On- linekurs zur Gefängnismedizin. Dazu gab es bislang weltweit überhaupt kein Unterrichtsmaterial. Einen wei- teren Kurs zur multiresistenten Tu- berkulose testen wir momentan in Südafrika, auf den Philippinen und in Estland.

Viel Beachtung hat unsere Initia- tive „Caring Physicians of the World“ erfahren, ein Bildband, der 65 Ärzte aus 58 Ländern porträtiert.

In einer Zeit, in der wir sehr leicht- fertig gewillt sind, Kritik von allen Seiten duldsam zu ertragen, ist es vielleicht mal ganz gut zu zeigen, was Ärzte weltweit leisten. n Das Gespräch führten Gisela Klinkhammer und Heike Korzilius.

E

s ist ein Stoff, aus dem Thril- ler gemacht sind. Die Ver- suche pharmazeutischer Unterneh- men, klinische Studien zum ei- genen Vorteil zu manipulieren und dabei schlimmstenfalls über Lei- chen zu gehen, hat jüngst der briti- sche Autor John le Carré in seinem Roman „Der ewige Gärtner“ auf- gegriffen. Die Verfilmung war ein weltweiter Erfolg. Dabei habe der Roman durchaus Vorbilder im wirk-

lichen Leben, darunter eine kana- dische Kinderärztin, die Forschungs- ergebnisse einer klinischen Studie veröffentlicht habe, die für die Prüf- medikation außerordentlich ungüns- tig gewesen seien, wie Dr. jur. Oli- ver Pramann betonte. Der Jurist aus Goslar setzte sich bei der 8. Som- mertagung des Arbeitskreises Medi- zinischer Ethik-Kommissionen Mit- te Juni in Berlin mit dem Thema

„Publikationsvereinbarungen in For- schungsverträgen klinischer Studien“

auseinander, einem der Schwerpunk- te des ersten Sitzungstags.

„Wissenschaftliches Arbeiten und Veröffentlichen gehören untrennbar zusammen“, erklärte Pramann. Doch Konfliktpotenzial ergibt sich aus den unterschiedlichen Interessenla- gen der beteiligten Wissenschaftler und Sponsoren – meist Pharmafir- men. Den Forschern ist in der Regel an einer zügigen und vollständigen Publikation von Forschungsergeb-

nissen gelegen, wobei eine lange Publikationsliste auch die Karriere fördert. Die Unternehmen verfolgen dagegen in erster Linie wirtschaft- liche Interessen, die sie oft mit Einschränkungen der Veröffentli- chungsrechte zu wahren suchen.

Denn negative Studienergebnisse sind schlecht für das Image und damit auch schlecht für das Ge- schäft. „Werden aber nur positive Ergebnisse veröffentlicht, führt dies zu einer verzerrten Wahrnehmung PUBLIKATIONSVEREINBARUNGEN

Nichtig ist, was gegen die guten Sitten verstößt

Der Einfluss der Pharmaindustrie auf die Veröffent- lichung der Ergebnisse wissenschaftlicher Studien war ein Schwerpunktthema bei der 8. Sommertagung des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen.

Maulkorbklau- seln,die das Recht des Forschers auf die Veröffentlichung seiner Ergebnisse allein vom Willen des Sponsors abhängig machen, sind unzulässig.

Foto:Mauritius Images

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des wissenschaftlichen Status quo“, sagte Pramann. Es könne ferner zu unnötigen Wiederholungen von Versuchen führen, was jeweils er- neute und in solchen Fällen unnöti- ge Nebenwirkungen für die Patien- ten und Probanden mit sich bringen würde. Zu berücksichtigen ist aller- dings auch das berechtigte Interesse der Pharmafirma, angesichts enor- mer Forschungskosten von bis zu 800 Millionen Euro für ein neues Medikament Patentrechte zu sichern und den eigenen wirtschaftlichen Erfolg nicht durch die vorzeitige Veröffentlichung von Forschungs- ergebnissen zu gefährden.

In der Praxis, so Pramann, finde man in den Forschungsverträgen deshalb ganz unterschiedliche Ver- öffentlichungsklauseln: „Sie reichen von vollkommener Freistellung des Forschers bis zu den sogenannten Maulkorbklauseln, also dem grund- sätzlichen Verbot einer Veröffentli- chung, es sei denn, der Sponsor stimmt dieser zuvor ausdrücklich schriftlich zu.“

Spezielle rechtliche Regelungen zu Publikationsvereinbarungen, die die Interessen der Wissenschaftler schützen, gibt es Pramann zufolge nicht. „Man muss auf generelle Vorschriften zurückgreifen. Geprüft wird eine mögliche Sittenwidrig- keit der Klauseln in den Forschungs- verträgen“, erklärte der Jurist. Nach

§ 138 Abs. 1 BGB sei eine Verein-

barung immer dann unwirksam, wenn sie gegen die guten Sitten ver- stoße. Die für die Beurteilung maß- geblichen grundgesetzlichen Wer- tungen seien die Forschungs- und die Berufsfreiheit sowie das Recht auf freie Entfaltung der Persönlich- keit. Pramanns rechtlicher Prüfung zufolge sind all die Klauseln un- zulässig, die die Möglichkeit zur Veröffentlichung allein

vom Willen des Spon- sors abhängig machen.

Der Forscher müsse stets auf der Grundlage seiner wissenschaftli- chen Leistungen eine

Veröffentlichung vornehmen dür- fen. Einschränkungen zugunsten des Sponsors, so Pramann, seien al- lerdings zulässig, damit dieser mögliche Patente sichern oder ver- trauliche Informationen schützen könne. Im Umgang mit unwirksa- men Veröffentlichungsvereinbarun- gen rät er den Ethikkommissionen, die neben dem Prüfplan einer klini- schen Studie auch die Forschungs- verträge prüfen müssen, ein grund- sätzlich positives Votum der klini- schen Studie mit einer Auflage zu versehen, den Vertrag entsprechend zu ändern. Zumindest sollte aber auf die unwirksame Vereinbarung hingewiesen werden.

Im Spagat zwischen den wirt- schaftlichen Interessen der Pharma- hersteller und den Interessen der

Allgemeinheit kommt dem Web- posting nach Ansicht von Rechts- anwältin Anna Jahn eine besondere Bedeutung zu. Die Veröffentlichung von Informationen zu klinischen Studien im Internet durch die Phar- mafirmen sei ein starkes Mittel zur Wahrung des öffentlichen Interes- ses, betonte die Juristin aus der Rechtsabteilung des Konzerns Bay-

er Schering Pharma. Ansonsten plä- dierte auch sie für einen angemesse- nen Ausgleich der gegensätzlichen Interessen von Sponsoren und Wis- senschaftlern.

Doch auch intern gilt es für den Arbeitskreis Medizinischer Ethik- Kommissionen, gegensätzliche In- teressen auszugleichen. Mit der 12. Novelle zum Arzneimittelge- setz hat sich die Rolle der Ethik- kommissionen gewandelt. Ihre Ent- scheidungen im Rahmen von Arz- neimittelstudien sind Verwaltungs- akte, eine entsprechende Bürokra- tie ist daraus erwachsen. „Das ist eine Bedrohung“, erklärte Prof. Dr.

Dr. Hanjörg Just, bis vor wenigen Wochen Vorsitzender der Ethik- kommission des Klinikums der Universität Freiburg und früheres Mitglied des Vorstands des Arbeits- kreises. „Wir müssen weiter bera- tend tätig sein für unsere Kollegen.

Wir sind eine Einrichtung der Selbstkontrolle der Wissenschaft.“

Den Wandel vom beratenden Gre- mium in eine Art Behörde sieht auch der Vorsitzende des Arbeits- kreises, Prof. Dr. med. Elmar Dop- pelfeld, kritisch. Er mahnte eine Rückbesinnung auf grundsätzliche Fragen der Forschungsethik an.

„Die Evaluation ,gut‘ oder ,böse‘ ist in den letzten Jahren eher in den Hintergrund getreten“, sagte Dop- pelfeld. Grundsätzliche Fragen wür- den zu selten erläutert. „Der Ar- beitskreis sollte wieder zu höheren Zielen streben. Ethik darf nicht zum schmückenden, folgenlosen Bei-

wort werden.“ n

Heike Korzilius

ARBEITSKREIS

Dem Arbeitskreis Medizinischer Ethik- Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland gehören 53 Ethikkommis- sionen an, die nach Landesrecht bei den medizinischen Fakultäten, bei den Lan- desärztekammern und – zuständig aus- schließlich für die klinische Prüfung von Arzneimitteln – von den Bundesländern Berlin, Bremen und Sachsen-Anhalt ein- gerichtet wurden. Das Gremium bildet seit 1983 eine Plattform zur Harmoni- sierung der Tätigkeit der Kommissionen und hat sich als Gesprächspartner von Bundesministerien, Bundesoberbehör- den, Einrichtungen der medizinischen Forschung und der forschenden Phar- maindustrie bewährt.

Die Beratung durch eine Ethik- kommission vor jedem Forschungs- vorhaben zur Prüfung von Arzneimit- teln wurde mit der 5. Novelle zum Arz- neimittelgesetz 1995 vorgeschrieben.

Diese Bestimmung knüpfte an die seit Beginn der 80er-Jahre erfolgte Bil- dung von Ethikkommissionen bei me- dizinischen Fakultäten und Landesärz- tekammern an. Mit der 12. Novelle zum Arzneimittelgesetz 2004 wurde die Durchführung einer klinischen Prü- fung von der zustimmenden Bewer- tung einer Ethikkommission und der Genehmigung durch die zuständige Bundesoberbehörde abhängig ge- macht.

Ethik darf nicht zum schmückenden, folgenlosen Beiwort werden.

Prof. Dr. med. Elmar Doppelfeld

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