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Gerechtigkeit: 1. Organisationale Gerechtigkeit

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Academic year: 2022

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Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

Friedrich-Henkel-Weg 1-25 44149 Dortmund

Telefon +49 231 9071-0

DOI: 10.21934/baua:berichtkompakt20161005/2c.2

Projekt „Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt“

Gerechtigkeit: 1. Organisationale Gerechtigkeit

Christiane Haupt, Eva-Maria Backé & Ute Latza

Hintergrund und Fragestellung

Methode

Ergebnisse

Diskussion

Im Rahmen der Diskussion um Gerechtigkeit haben sich unter anderem als Modelle die „organisationale Gerechtig- keit“ und die „Effort-Reward-Imbalance“ etabliert. Der Wandel der Arbeit führt zur Veränderung von organisationalen Strukturen und beinhaltet das Risiko einer geringeren Transparenz von betrieblichen Entscheidungsprozessen (Rigotti, 2008).

Das Konstrukt der Gerechtigkeit geht zurück auf zwei Prinzipien: die Verteilungs- und die Tauschgerechtigkeit (die Equi- ty-Theorie von Adams (1965)), die zur Einteilung in distributive und prozedurale Gerechtigkeit führen. Die Theorie zu den Facetten der organisationalen Gerechtigkeit stammt u. a. von Moorman (1991). Der von Colquitt (2001) entwickel- te Fragebogen zur Erfassung der Gerechtigkeit unterteilt die interaktionale Gerechtigkeit in die validierten Facetten in- formationale und interpersonale Gerechtigkeit. Abbildung 1 zeigt fünf häufig untersuchte Facetten der organisationalen Gerechtigkeit: (1) Distributive G.: Verteilungs- und Ergebnisgerechtigkeit; (2) Prozedurale G.: Verfahrensgerechtigkeit, Transparenz, faire und beeinflussbare Prozesse; (3) Interaktionale G.: wahrgenommene Fairness der Behandlung des Mitarbeiters vor allem durch Vorgesetzte; (4) Informationale G.: angemessene Information des Beschäftigten; (5) Inter- personale G.: soziale Interaktion bei der Entscheidungsfindung, respektvoller Umgang. Der Begriff Fairness wird oft sy- nonym zu Gerechtigkeit genutzt.

Es wurde ein Scoping Review erstellt, in dem der Zusammenhang von organisationaler Gerechtigkeit und Effort- Reward-Imbalance (Poster 2) mit Gesundheit, Motivation und Leistung untersucht wurde.

● Literatursuche über die Datenbanken Psyndex, PsycINFO und PubMed; Suchstring wurde an die Spezifika des Modells zur organi- sationalen Gerechtigkeit angepasst*

● Recherche gestaffelt nach sieben Outcomes (Abb. 2)

● Suche ergab 6.929 Abstracts für beide untersuchten Modelle, insgesamt konnten 139 Studien und 7 Reviews/Metaanalysen zu organisationaler Gerechtigkeit einbezogen werden**, darunter 107 Querschnitts-, 25 Längsschnittstudien sowie 7 Studien mit Se- kundärdaten

● 237 Einzelergebnisse wurden zur Aggregation konform kodiert (im Sinne von erwartungskonformen Ergebnissen: positive Zusam- menhänge zwischen Gerechtigkeit und Gesundheit bzw. zwischen Ungerechtigkeit und Erkrankungen wurden den einzelnen Fa- cetten und den einzelnen Outcomes zugeordnet (ein Auszug daraus in Tab. 1))

● Nicht erwartungskonforme Studien enthalten Ergebnisse, die keinen Zusammenhang zeigten, sowie Studien mit gemischten Er- gebnissen (z. B. Zusammenhang für eine Facette, nicht für eine andere)

● Die meisten Ergebnisse liegen zu den Outcomes Burnout und Depression vor; diese wurden ausführlicher ausgewertet.

● Untersuchte Branchen wurden erfasst und ausgewertet

● Offene Fragestellungen wurden identifiziert

● Gestaltungswissen wurde aus den Studien extrahiert und separat recherchiert Organisationale

Gerechtigkeit

Distributive Gerechtigkeit

Prozedurale Gerechtigkeit

Informationale Gerechtigkeit

Interpersonale Gerechtigkeit Interaktionale

Gerechtigkeit

* Studiensuche ab dem Jahr 2000 (zur Aktualität), Suchstring erweitert um Sucht und gekürzt um singuläre Aspekte der Lohngerechtigkeit

** Einschluss: Sprache deutsch oder englisch, Erwerbstätige; Ausschluss: Studienpopulation aus asiatischem Kulturkreis, Editorials, Dissertationen. Das Outcome Arbeitszu- friedenheit/Arbeitsmotivation wurde aus eingeschlossenen Studien extrahiert.

Tab. 1: Auszug aus den Ergebnissen, Zusammenhänge (Gerechtigkeit und Gesund-

heit bzw. Ungerechtigkeit und Erkrankung) Allgemein:

● Moderate Zusammenhänge über alle Facetten der organisationalen Gerechtigkeit und alle Outcomes hinweg

● Insgesamt wenig Ergebnisse zu psychischer Gesundheit im Gegensatz zu psychischen Erkrankungen

● In Tabelle 1 wird der Zusammenhang der Facetten der organisationalen Gerechtigkeit mit den Outcomes dargestellt (mit der Gesamtzahl der Einzelergebnisse, die zu der jeweiligen Facette und dem jeweiligen Outcome vorliegen, und den An- teilen der erwartungskonformen Aussagen (in Prozent))

● Am häufigsten untersucht: prozedurale Gerechtigkeit in Bezug auf mentale Erkrankungen (N = 41; 83 % der vorliegenden Ergebnisse sind erwartungskonform)

● Homogene Ergebnisse unabhängig von der Studienqualität Sonderauswertungen:

Depression: Zu Depressionen liegen 21 Studien vor. Die Erfassung von Depressionen ist heterogen (zum Teil ärztliche Diagnosen). Eine Besonderheit ist, dass eine Wirkung in beide Richtungen beschrie- ben wird: Ungerechtigkeit ↔ Depression; vgl. Rau (2010). Die meisten Ergebnisse bestätigen jedoch die Wirkrichtung, dass Ungerechtigkeit zu höheren Werten in Depressionsskalen führt.

Burnout: Zu Burnout (meist mit dem Maslach-Burnout-Inventar erfasst) liegen 38 Studien vor.

Am häufigsten untersucht sind distributive und prozedurale Gerechtigkeit und Erschöpfung, die Zusammenhänge sind moderat bis hoch. Es wird angenommen, dass Ungerechtigkeit zu Erschöpfung führt.

Facette/

Outcome MH+ MH- HKE MSE Befinden AZ/AM

Alle Facette 8 87,5 % 14 100 % 0 - 0 - 0 - 1 100 %

Distributiv 1 0 28 78,6 % 1 100 % 1 100 % 0 - 10 90 %

Prozedual 5 80 % 41 82,9 % 1 0 0 - 0 - 9 88,8 %

Interaktional 0 0 8 87,5 % 0 - 0 - 0 - 3 100 %

Interpersonal 2 50 % 11 72,7 % 1 100 % 0 - 0 - 4 75 %

Informational 3 66,7 % 9 66,7 % 0 - 0 - 0 - 4 100 %

Die Ergebnisse des Reviews zeigen, dass organisationale Gerechtigkeit ein für die Gesundheit relevanter Faktor ist, der jedoch arbeitsepidemiologisch noch wenig untersucht wurde. In vielen Studien besteht Unklarheit zur Definition des Begriffs „organisationaler Gerechtigkeit“. Es mangelt an genauen Wirkzusammenhängen (wie Moderatoren, Mediatoren oder anderen Einflüssen auf die Bedeutung von Gerech- tigkeit). Die methodische Qualität der Studien in den Längs- (n = 24) und Querschnitten (n = 108) ist heterogen, auch bezogen auf die Messmethode aller Variablen. Viele Ergebnisse sind Korrelationen, also ohne Wirkrichtung. Die Studienpopulationen sind nicht repräsentativ (zu wenig Branchen untersucht).

Es besteht Bedarf an qualitativ hochwertigen Kohortenstudien. Es liegen wenige Gestaltungsaussagen vor. Distributive Gerechtigkeit kann über die gerechte Verteilung von Ressourcen umgesetzt werden und prozedurale sowie interaktionale Gerechtigkeit über Wertschätzung, Transparenz und Mitsprachemöglichkeiten (insbesondere bei der Entscheidungsfindung).

Abb. 1: Ausgewählte Facetten der organisationalen Gerechtigkeit

Abkürzungen:

MH+: psychische Gesundheit;

MH-: psychische Erkrankung;

HKE: Herz-Kreislauf-Erkrankung;

MSE: Muskel-Skelett-Erkrankung;

AZ/AM: Arbeitszufriedenheit/

-motivation;

ERI: Effort-Reward-Imbalance

Reviews 1.102 Abstracts

60 Reviews gelesen

32 Reviews eingeschlossen

Organisationale Gerechtigkeit 6 Reviews, 1 Metaanalyse

ERI

26 Reviews, (davon 7 ausgewertet)

Studien

5.827 Abstracts

556 Studien gelesen

Organisationale Gerechtigkeit

• Gesundheit

MH- (142)

• MH+ (30)

• HKE (13)

• MSE (5)

• Befinden (1)

• Leistung (45)

• AZ/AM (13)

ERI

• MH- (196)

• MH+ (37)

• HKE (43)

• MSE (26)

• Befinden (0)

• Leistung (6)

• AZ/AM (-)

Organisationale Gerechtigkeit: 139

• Gesundheit

MH- (86)

• MH+ (20)

• HKE (9)

• MSE (1)

• Befinden (0)

• Leistung (10)

• AZ/AM (13)

ERI: 212

• Gesundheit

MH- (150)

• MH+ (20)

• HKE (20)

• MSE (20)

• Befinden (-)

• Leistung (2)

• AZ/AM (-)

Sonderauswertung:

1. Burnout (37 Studien) 2. Depression (17 Studien)

351 Studien eingeschlossen

Abb. 2: Flowchart der Literatursuche

Referenzen

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