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Archiv "Ärzteversorgung: Umlage versus Kapitaldeckung" (09.05.2014)

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A 832 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 19

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9. Mai 2014

D

ie berufsständischen Versor- gungseinrichtungen der Heil- berufe (zum Beispiel: Ärzteversor- gungswerke) und die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) ebenso wie die private Lebensversiche- rung wenden unterschiedliche Fi- nanzierungssysteme an. Dabei setzt die auf gesetzlicher Pflicht mit - gliedschaft beruhende Altersversor- gung der freien Berufe häu- fig ein Finanzierungsverfahren ein, das eine Mittelstellung zwischen der Umlagefinanzierung und der Anwartschaftsdeckung einnimmt:

das offene Deckungsplanverfahren, das zahlreiche Versorgungswerke anwenden.

Drei Herangehensweisen an die Altersvorsorge

Eine Finanzierungstechnik führt zu weitreichenden Konsequenzen für die Beitragszahler, die Anwart- schaftsberechtigten und die Leis- tungsempfänger. Oftmals sind die Grundlagen der Finanzierungssys- tematik unbekannt, so dass wich - tige Informationen zum Verständ- nis der Funktionsweise des eige- nen Versorgungswerkes fehlen.

Das Umlagefinanzierungsverfah- ren ist das am leichtesten durch- schaubare Verfahren, bei dem die Versorgungsaufwendungen eines Jahres durch die Beiträge gedeckt werden. Die vereinnahmten Beiträ- ge werden in derselben Leistungs- periode zur Zahlung der Renten verwendet. Das Umlageverfahren ist eine Finanzierungsmethode, die hauptsächlich in der Sozialversi- cherung (gesetzliche Renten- und Krankenversicherung) angewandt wird. Bei diesem Prinzip gibt es Vor- und Nachteile.

Die Vorteile der Umlagefinan- zierung sind:

eine einfache Durchführung mit relativ geringen Verwaltungskos- ten. Selbst bei komplizierten ren- tenrechtlichen Vorschriften in der GRV liegt der Verwaltungskosten- satz seit vielen Jahren bei etwa 1,7 Prozent der Rentenausgaben.

Das Umlageverfahren ist von der Marktentwicklung relativ un- abhängig. Es bietet allerdings nur im Beharrungszustand, das heißt, bei einem konstanten Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungs- empfängern, eine der Beitragsdy-

namik entsprechende Leistungsdy- namik.

Ein weiterer Vorteil des Umlage- verfahrens ist dessen Flexibilität.

Bedarfsgerechte Renten können in der Regel aus dem Stand heraus ge- zahlt werden.

Es entstehen jedoch auch Nach- teile durch die Umlagefinanzierung:

Sie ist von der demografischen Entwicklung abhängig. Wachsen weniger Beitragszahler nach, wer- den diese entweder höher belastet, oder das Leistungsniveau muss sin- ken. Dann steigt der Aufwand für die zusätzliche Altersvorsorge.

Das Umlageverfahren stützt sich auf den Produktionsfaktor Arbeit.

Ein zu starrer, ineffizienter Arbeits- markt, der die Beschäftigungsreser- ven nicht ausschöpft, wirkt sich auf die Einnahmeseite aus. Das Gleiche gilt auch für globalwirtschaftliche Verwerfungen. Umgekehrt gilt aber auch: Fehlen heute Beiträge, muss die nächste Generation weniger Ren- ten finanzieren.

Der Versicherungsschutz verbil- ligt sich nicht durch erwirtschaftete Zinserträge, insbesondere wegen der fehlenden Kapital- und Vermö- Foto: Fotolia/vege

ÄRZTEVERSORGUNG

Umlage versus Kapitaldeckung

Das offene Deckungsplanverfahren, das zahlreiche Versorgungswerke für die Altersvorsorge anwenden, hat sich bewährt. Es ist ein Mischverfahren aus Umlage - finanzierung und Kapitaldeckung. Denn: Auf die Finanzierungstechnik kommt es an.

T H E M E N D E R Z E I T

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A 834 Deutsches Ärzteblatt

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9. Mai 2014 Nachteile des Anwartschaftsde-

ckungsverfahrens:

Eine Abstimmung von Beiträgen und Leistungen erfordert eine Vor - auskalkulation des Versicherungs - ablaufs über mehrere Jahrzehnte hinweg. Es bedarf später einer Zu- ordnung der erzielten Gewinne zu den einzelnen Versicherungen, was exakte Gewinnanalysen voraussetzt.

Die Kapitalbildung führt tenden- ziell zu einer preiswerteren Gestal- tung des Versicherungsschutzes in- folge der zu erzielenden Zinserträ- ge. Allerdings wirkt sich eine sol- che Verbesserung nur in statischen Wirtschaftssystemen aus. Bei dyna- mischen Entwicklungen geht die Bedeutung der Zinserträge in dem Umfang zurück, wie die Zinserträ- ge durch die Dynamisierungsraten der Aktivbezüge und Renten neu- tralisiert werden.

Das offene Deckungsplanverfah- ren, das zahlreiche Versorgungswer- ke anwenden, ist ein Mischverfahren aus Kapitaldeckung und dem Umla- gefinanzierungsverfahren. Die Leis- tungsanhebung bei dynamischen Ent- wicklungen erfolgt zum Teil durch ei- ne reduzierte Kapitalbildung und eine unmittelbare Verwendung von Bei- tragsanteilen für die Gewährung der Zusatzleistungen. Dadurch ist es möglich, insbesondere den Renten- empfängern dynamische Leistungen zu bieten, die diese nicht mehr selbst finanzieren. Durch die Verbindung der beiden Finanzierungsverfahren ist es krisenfester und weniger abhän- gig von demografischen Veränderun- gen und Kapitalmarktschwankungen.

Weitere Vorteile des offenen De- ckungsplanverfahrens:

Das Gruppenäquivalenzprinzip vereinfacht den Verwaltungskosten- aufwand gegenüber dem individu- ellen Äquivalenzprinzip entspre- chend. Bei größeren Versorgungs- werken liegt der Verwaltungskos- tensatz unter zwei Prozent.

Die Rendite der Kapitalanlagen trägt zur Finanzierung der Versor- gungszahlungen bei. Dass dies in ge- ringerem Umfang geschieht als beim Anwartschaftsdeckungsverfahren, ist nicht entscheidend, weil dieser Fak- tor bei dynamischer Entwicklung weniger wirkt. Kapitalanlagen kön-

nen sogar belastend sein, wenn die staatliche Niedrigzinspolitik der Zen- tralbanken die Schuldner entlastet.

Nachteile des offenen Deckungs- planverfahrens:

Das offene Deckungsplanver- fahren erfordert einen stetigen Zu- gang von möglichst jungen Versi- cherten. Es lässt sich nur durchfüh- ren, wenn der künftige Zugang zur Teilnahme verpflichtend bleibt. Da- durch resultieren Kollisionen mit der GRV. Pflichtmitglieder von Ver- sorgungswerken werden von der An - gestelltenversicherungspflicht auf Antrag befreit, wenn das Versor- gungswerk normierten Qualitätsan- forderungen genügt. Es muss dyna- mische Leistungen gewähren, eine Forderung, die sich nur dann er- füllt, wenn das Finanzierungsver- fahren auch Elemente der Umlage- finanzierung enthält.

Finanzierungsverfahren, die auf der reinen Kapitaldeckung basieren, werden oftmals kritisiert. Bei sich verschlechternden Rahmenbedingun- gen auf dem Kapitalmarkt zeige sich, dass kapitalgedeckte Finanzie- rungsverfahren zum Teil ungünstiger als die Umlagefinanzierung seien.

Beim Verfahren der Versorgungs- werke besteht jedoch keine Gefahr:

Die Versorgungswerke haben im Jahr 2012 eine durchschnittliche Rendite beziehungsweise Nettover- zinsung von vier Prozent erzielt (Ärzteversorgung Nordrhein: Netto- verzinsung im Jahr 2012: 4,11 Pro- zent). Die Versorgungswerke haben sich als krisenresistent bewährt.

Das offene Deckungsplanver- fahren enthält auch Elemente des Umlageverfahrens. Es ist in der La- ge, bei einer dynamischen Beitrags- entwicklung dynamisierte Leistun- gen zu gewährleisten. Dabei ist die Leistungsdynamik aber etwas ge- ringer als die Beitragsdynamik.

Doch sind die Anfälligkeiten der Umlagefinanzierung, etwa infolge einer sich verschlechternden demo- grafischen Entwicklung (Stichwort:

Überalterung des Rentenbestandes), beim offenen Deckungsplanverfah- ren ausgeschlossen, weil Schwan- kungen im Leistungsplan durch eine ausreichende Kapitalbildung ausge-

glichen werden.

Dr. rer. pol. Harald Clade gensbildung. Allerdings bedeutet

die Unabhängigkeit von den Kapi- talmärkten auch, dass das Umlage- verfahren von den Auswirkungen der finanziellen Repression durch eine Niedrigzinspolitik durch die Zentralbanken verschont bleibt.

Das Kapitaldeckungsprinzip, das für die Privatversicherung typisch ist, stellt die Antipode zum Umla - gefinanzierungsverfahren dar. Jeder Versicherte erhält genau die Leis- tungen, die mit den gezahlten Bei- trägen finanziert worden sind (indi- viduelle Anwartschaftsdeckung). Mit den anderen beiden Alterssicherungs- systemen hat dieses Prinzip gemein- sam, dass die Versicherung in einen reinen Sparvorgang und eine Risi- koabdeckung aufgespalten wird.

Die Risikoabdeckung stellt die Fi- nanzierung von vorzeitigen Versor- gungsfällen sicher. Dafür werden Beitragsteile benötigt, die im Verhält- nis zu den Spareranteilen in der Re- gel gering sind. Der Versicherte hat diese Risikoanteile zu tragen; sie sind die Kosten für das Versprechen, dass er auch im vorzeitigen Versorgungs- fall die versicherte Leistung erhält, selbst wenn sein Sparkapital noch hinter dieser Leistung zurückbleibt.

Die Finanzierungslücke wird durch die Risikoanteile der Mitversicherten seiner Risikogruppe finanziert.

Vorteile des Anwartschaftsde- ckungsverfahrens:

Das Verfahren ist unabhängig von der demografischen Entwicklung, weil es auf den Produktionsfaktor Kapital abstellt. Erforderlich sind ein ausreichend großer Versichertenbe- stand und Neuzugang, die einen Risi- koausgleich gewährleisten.

Durch die Kapitalbildung wird ein voraussehbarer Zinsertrag für die Refundierung sichergestellt, weil diese dann zu einer Verbilligung des Versicherungsschutzes führt. Voraus - setzung sind funktionierende Kapi- talmärkte.

Wegen der Abstimmung von Prämienzahlungen und Leistungen sind Rechtsansprüche eindeutig definierbar, die auch während der Beitragszahlungsdauer eine Zuord- nung von Deckungsmitteln und Einzelversicherungen ermöglichen (Rückkaufwerte).

T H E M E N D E R Z E I T

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