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Archiv "Auswahlgespräche mit Medizinstudenten — ein Evaluationsbeitrag" (24.01.1992)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Auswahlgespräche mit Medizinstudenten

— ein Evaluationsbeitrag

15 Prozent der Medizinstudien- plätze werden heute über Auswahl- gespräche vergeben. Die Praxis die- ser Gespräche zeigt sich bundesweit uneinheitlich, obwohl — was eher we- nig bekannt ist — Empfehlungen zur Durchführung der Auswahlgesprä- che entwickelt wurden.

Zu diesem Zweck konnte 1980 am Psychologischen Institut der Uni- versität Bonn ein Forschungsprojekt unter der Leitung der Professoren Lehr, Fisseni und Olbrich begonnen werden, das der Entwicklung und Evaluierung dieser Auswahlgesprä- che diente. Nach inzwischen mehr als zehnjähriger Forschungsarbeit wurden in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Ärzte-Verlag die ab- schließenden Befragungen zur Eva- luierung der Gespräche postalisch durchgeführt. Die Evaluierung lei- stete Diplom-Psychologe Schumann.

149 Arztinnen und Ärzte, die in den Jahren 1980 und 1981 freiwillig an den konzipierten Auswahlgesprä- chen teilnahmen, wurden im vergan- genen Jahr erneut befragt. Die stati- stische Auswertung der so gewonne- nen Daten ist mittlerweile abge- schlossen. Berechnet wurden Zu- sammenhangsmaße zwischen den in den Interviews erfragten Variablen und den Examensergebnissen der Teilnehmer. Einige sehr interessante Ergebnisse konnten ermittelt wer- den, die wichtigsten seien hier be- schrieben.

Die folgenden Beobachtungen beziehen sich jeweils auf die Kandi- daten, die die Examina erfolgreich bewältigten.

Der Typ des „erfolgreichen Medizinstudenten"

In der Ärztlichen Vorprüfung hatten sie höhere Noten erzielt. Sie waren dem Studium gegenüber posi- tiver eingestellt. Sie verwandten mehr Zeit auf das Studium und un- terhielten weniger Kontakte zu Kommilitonen.

Als wichtigste Orientierung im Hinblick auf das Berufsziel wurde vor Studienbeginn „Altruismus" ge- nannt, je stärker also vor Studienbe- ginn das Bedürfnis, anderen zu hel- fen, ausgeprägt war, desto bessere Ergebnisse wurden in den drei Ab- schnitten der Ärztlichen Prüfung er- zielt. Die Vorstellung von der Freu- de am Arztberuf wurde ebenfalls hauptsächlich von Altruismus be- stimmt, die „Erfolgreichen" sagten von sich, daß die Berufsfreude später im Beruf dadurch bestimmt werde, anderen Menschen zu helfen. Wie es scheint, können sich die altruistisch orientierten Kandidaten durch eben diese Orientierung in ein den Prü- fungen angemessenes Erregungsni- veau versetzen, sie sind dadurch wohl stärker motiviert.

Weniger angenehm für die Teil- nehmer, aber dennoch vorhersage- tauglich sind die Aussagen über die durch Prüfungen erlebte Belastung.

Den Ergebnissen zufolge fühlen sich erfolgreiche Prüflinge durch die Ex- amina stark belastet. Dabei werden Prüfungen aber als Herausforderung und nicht als Bedrohung angesehen.

Scheinbar wirkt der Prüfungsdruck bei den Kandidaten anspornend.

Bezüglich des Arbeitsstils waren die Teilnehmer, die in den Examina zu den Besseren gehörten, von ihrem Arbeitstil nur wenig überzeugt und vertraten diesen kaum gegenüber ih- ren Mitschülern oder Kommilitonen.

Allerdings führten sie ihren Prü- fungserfolg auf ihren effektiven Ar- beitsstil zurück. Dem erfolgreichen Kandidaten stehen wohl differen- zierte Arbeitsstile zur Verfügung, andererseits scheint die Offenheit für die Arbeitsstile der Mitschüler oder Kommilitonen den Prüfungser- folg zu fördern.

Während der Ausbildung hatten sie mehr naturwissenschaftliche Fä- cher besucht.

Das „typisierte" Bild, das sich hier von erfolgreichen Medizinstu- denten bietet, ist das eines altrui- stisch orientierten Menschen, der

ausgefeilte, aber modifizierbare Ar- beitsstile zur Verfügung hat, inso- fern bereit ist, ständig dazuzulernen, der sich in Prüfungszeiten stark un- ter Druck stehend erlebt und Prü- fungen als Herausforderung ansieht.

Zu vermerken bleibt, daß erfolg- reiche Kandidaten nicht durch das Vorhandensein aller hier beschrie- benen Beobachtungen gekennzeich- net sein müssen, sondern daß das Fehlen einer der Variablen durch das verstärkte Vorhandensein eines der anderen Aspekte kompensiert werden kann. Auch wird durch die ermittelten Zusammenhänge nicht eine gute Ärztin oder ein guter Arzt beschrieben, sondern die in den Prü- fungen guten Medizinstudentinnen und -studenten. Inwieweit die Ex- amina ihrerseits eine gute ärztliche Praxis verbürgen, war nicht Gegen- stand der Untersuchung.

Vergleich mit anderen Auswahlkriterien

Im Vergleich mit den „objekti- ven" Auswahlkriterien Abitur und Ergebnis im „Test für medizinische Studiengänge" schneiden die Daten aus den Auswahlgesprächen minde- stens gleichgut ab, was für die Quali- tät der entwickelten Gesprächsleitfä- den spricht. Bleibt zu wünschen, daß sich viele der mit der Durchführung dieser Auswahlgespräche betrauten Professoren an der Handreichung der Westdeutschen Rektorenkonfe- renz orientieren, die wiederum auf den Ergebnissen des Bonner For- schungsprojektes basiert.

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. Hermann-Josef Fisseni Diplom-Psychologe

Ulrich Schumann Psychologisches Institut der Universität Bonn Römerstraße 164, W-5300 Bonn 1

Anmerkung: Für die Ermöglichung der Evaluationsstudie danken wir herzlich dem Geschäftsführer des Deutschen Ärzte-Verla- ges, Herrn Dr. Klinkhammer, dem Leiter der Organisation und Datenverarbeitung des Deutschen Ärzte-Verlages, Herrn Siebeck, und seiner Sekretärin, Frau Beitzen.

A1-174 (22) Dt. Ärztebl. 89, Heft 4, 24. Januar 1992

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