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P H Y S I K I M A L LTA G

5 Physik Journal 11 (2012) Nr. 7 © 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

W

er mit einem Auto sicher vorwärtskommen möchte, sollte mit den Rädern am Boden bleiben. Das ist keineswegs trivial, denn jedes sich bewegende Fahr­

zeug ist ein schwingendes System.

Dass es mit dem Am­Boden­Blei­

ben im Straßenverkehr trotzdem meist funktioniert, liegt an der Federung. Ohne sie würden sich Straßenun ebenheiten direkt auf das Fahrzeug übertragen. Das wür­

de die Insassen nicht nur ständig durchrütteln, vielmehr könnten die Räder durch die wechselnd angrei­

fenden Kräfte rasch den Kontakt zur Straße verlieren. Das richtige Zusammenspiel von Federn und Dämpfer ist also überlebenswichtig.

Im Laufe der Zeit hat die Auto­

mobilindustrie zahlreiche Fede­

rungs­ und Dämpfungssys teme entwickelt und sich dabei allerlei elektronischer, mechanischer und hydraulischer Tricks bedient. Diese Systeme entscheiden auch über Fahrgefühl und ­stil. Bei der Fami­

lienkutsche wird die Federung erst mit steigender Zuladung härter.

So lässt sich verhindern, dass das Fahrzeug durchschlägt – dass die Dämpfer also eine Un ebenheit der Fahrbahn nicht mehr komplett ausgleichen können und einen Teil der mechanischen Energie an die Fahrzeug insassen weitergeben .

Dagegen hat ein Auto, mit dem man den Nachbarn beeindrucken will, bereits bei normaler Zuladung eine relativ harte Federung, weil sich dann Kurven rasanter nehmen lassen und die Lenkung schneller anspricht. Bei manchem höherprei­

sigen Auto sorgt eine Regelelek­

tronik dafür, dass sich Federung und Dämpfung an Fahrstil und Fahrbahnbeschaffenheit anpassen.

Dämpfungssysteme, die mit magneto­rheo logischen Fluiden arbeiten, sind noch relativ neu. Dies sind Suspensionen aus magnetisch polarisierbaren, mikrometerkleinen

Partikeln, die sich gleichmäßig in einer Trägerflüssig keit verteilen. In einem äußeren Magnetfeld rich­

ten sich die Partikel aufgrund der Dipol­Dipol­Wechselwirkung in langen Ketten entlang der Feldlinien aus. Die Teilchen ketten behindern die Bewegung der Flüssigkeit senk­

recht zu den Magnetfeldlinien, erhöhen also deren Viskosität. Die effektive Viskosität steigt mit zu­

nehmendem, äußerem Magnetfeld und nimmt einen konstanten Wert an, wenn alle Partikel in Ketten angeordnet sind. Der Effekt ist re­

versibel und läuft so schnell ab, dass magneto­rheologische Dämpfer innerhalb von Millisekunden an­

sprechen.

In einem Dämpfer helfen solche Fluide, die Kennlinie rasch an die Fahrsituation anzupassen. Dazu befindet sich das Fluid in einem dünnen zylindrischen Hohlraum im Führungsrohr des Dämpfers (Abb.  links). Auf der Innenseite sind Magnetspulen angebracht. Soll der bewegliche Teil des Dämpfers schwergängiger sein, fließt ein elek­

trischer Strom durch die Spulen, sodass die Viskosität des Fluids ansteigt.

Grundsätzlich hängt der ma­

gneto­rheologische Effekt von der Temperatur, der Stärke des Magnet­

Der richtige Dämpfer für mehr Bodenhaftung

Magneto-rheologische Fluide helfen dabei, unerwünschte Schwingungen bei Fahrzeugen oder Brücken in den Griff zu kriegen.

Die Stahlseile der Alamillo-Brücke in Sevilla benötigen eine aktive Dämpfung, um nicht durch Wind und Regen zu stark

ins Schwingen zu geraten. Hierbei helfen Systeme, die den magneto-rheolo- gischen Effekt ausnutzen.

Das magneto-rheologische Dämpfungs- system MagneRide besitzt je zwei Spu- len an gegenüberliegenden Seiten. Ihre Windungen sind gegenläufig zueinan- der, sodass Wirbelströme beim Schalten sich gegenseitig aufheben. Dies verkürzt die Ansprechzeit des Systems. Ohne M agnetfeld verteilen sich die ferro- magnetischen Partikel des Fluids gleich- mäßig. Durch ein äußeres Magnetfeld richten sie sich aus.

Mit Magnetfeld:

Teilchen ausgerichtet

Hoher Druck

Ohne Magnetfeld:

Teilchen zufällig verteilt

Niedriger Druck MR Fluid

BWI Group Alcerreca / Fotolia.com

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© 2012 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 11 (2012) Nr. 7 57 feldes sowie von den Eigenschaften

der Partikel und der Trägerflüssig­

keit ab. Ein praxistaugliches Fluid muss einen großen Temperaturbe­

reich abdecken, gute Schmiereigen­

schaften aufweisen (meist kommt in Dämpfern ein Hydrauliköl zum Einsatz) und darf nicht die Ober­

fläche abtragen (Abrasion). Zudem darf sich das Fluid nicht ablagern (Sedimentation) oder verklumpen (Agglomeration). Mit Blick auf die Entsorgung spielen auch ökolo­

gische Aspekte eine immer wich­

tigere Rolle.

In der Praxis haben sich ferro­

magnetische, sphärische Partikel bewährt, die im Fluid Volumen­

konzentrationen von 20 bis 40 Pro­

zent erreichen. Je höher die Sätti­

gungsmagnetisierung der Teilchen ausfällt, desto größere Schubspan­

nungen können die Fluide über­

tragen. Carbonyleisen ist die erste Wahl für magneto­rheologische Effekte, da es kostengünstig, sehr

rein und in der richtigen Größen­

verteilung als Pulver herstellbar ist.

Als Flüssigkeit mit geringer Visko­

sität dienen oft Mineral­, Kohlen­

wasserstoff­ oder Silikonöle.

Da die Partikel zu groß sind, um bei ausgeschaltetem äußerem Magnetfeld allein aufgrund der thermischen Bewegung fein verteilt zu bleiben, müssen die Hersteller einigen Aufwand treiben: Erst durch Additive, die natürlich nicht mit der Trägerflüssigkeit chemisch wechselwirken dürfen, bekommen die Carbonyleisenteilchen die gewünschten Eigenschaften. Ab­

hängig von der Anwendung gibt es unterschiedliche Ansätze. So unter­

liegen z. B. nanometergroße ferro­

magnetische Partikel, im Gegensatz zu den mikrometergroßen Teilchen des magneto­rheologischen Fluids, der Brownschen Molekularbewe­

gung. Vermischt mit ihren größeren Brüdern wirken sie also Sedimen­

tation und Agglomeration entgegen

und zwingen auch größere Partikel zu einer feineren Verteilung. Eine andere Möglichkeit sind oberflä­

chenaktive Stoffe wie bestimmte organische Säuren oder alkalische Seifen. Diese Additive werden an den Oberflächen der Carbonyl­

eisenpartikel adsorbiert und mini­

mieren aufgrund ihrer Polarität die Gefahr des Verklumpens.

Magneto­rheologische Dämp­

fungssysteme sind keine billige Lösung und finden sich daher mehrheitlich bei eher teuren Fahr­

zeugmodellen – unter anderem bei den Marken Audi, Cadillac, Ferrari, General Motors und Land Rover.

Manche Porsche­Modelle besitzen ein Motorlager, dessen Wirkungs­

weise ebenfalls auf einem magneto­

rheologischen Fluid beruht.

Auch im Brückenbau finden diese Dämpfer Verwendung. Ein prominentes Beispiel ist die Alamil­

lo­Brücke in Sevilla – eine Schräg­

seilbrücke ohne Rückverankerung.

Ihr Anblick erinnert an eine Harfe, deren 26 Stahlseile eine Fahrbahn­

länge von 200 Metern tragen. Aller­

dings verhielt sich die Brücke auch sonst sehr harfenähnlich: Regen und Wind konnten die 200 bis 260 Meter langen Stahlseile in Schwin­

gungen mit Amplituden von bis zu einem halben Meter versetzen.

Durch den nachträglichen Einbau magneto­rheologischer Dämpfer an den Stahlseilverankerungen neben der Fahrbahn reduzierte sich die Ähnlichkeit der Brücke mit einer Harfe zum Glück wieder auf das Bildliche.

Michael Vogel

Audi

Magneto-rheologische Dämpfungs- systeme sind keine billige Lösung und

finden sich daher eher in teuren Fahr- zeugmodellen.

bis Big Bang gibt es kaum ein Gebiet, auf dem sie nicht vertreten sind.

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Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA , E-Mail: service@wiley-vch.de, www.wiley-vch.de Max Rauner und Stefan Jorda

Irrtum und Preisänderungen vorbehalten.

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