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5. März 2020 Antrag auf Überprüfung der Genehmigung von Nord Stream 2

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Deutsche Umwelthilfe e.V. | Hackescher Markt 4 | 10178 Berlin BUNDESGESCHÄFTSSTELLE BERLIN

Hackescher Markt 4

Eingang: Neue Promenade 3 10178 Berlin

Sascha Müller-Kraenner Tel. +49 30 2400867-15 Fax +49 30 2400867-19 mueller-kraenner@duh.de www.duh.de

Deutsche Umwelthilfe e.V. | Bundesgeschäftsführer: Jürgen Resch, Sascha Müller-Kraenner

Vorstand: Prof. Dr. Harald Kächele, Burkhard Jäkel, Carl-Wilhelm Bodenstein-Dresler | VR: Hannover Nr. 202112 Geschäftskonto: Volksbank Konstanz-Radolfzell, IBAN: DE89 6929 1000 0210 6772 16, BIC: GENODE61RAD Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Köln, IBAN: DE45 3702 0500 0008 1900 02, BIC: BFSWDE33XXX

Die Deutsche Umwelthilfe e.V. ist als gemeinnützig anerkannt. Das DZI Spenden-Siegel ist das Gütesiegel für seriöse Spendenorganisationen.

5. März 2020

Antrag auf Überprüfung der Genehmigung von Nord Stream 2

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Bergamt Stralsund hat am 31. Januar 2018 gemäß § 43 EnWG einen Planfeststellungsbeschluss (Az.

663/NordStream2/04) für Errichtung und Betrieb der Gaspipeline Nord Stream 2 im Abschnitt des deutschen Küstenmeeres erlassen. Das Vorhaben bedurfte der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.

Ziffer A.1.3.1 des Planfeststellungsbeschlusses sieht zur Schadensverhütung und/oder zum Schadensaus- gleich ausdrücklich den Erlass nachträglicher Anordnungen zu dem Planfeststellungsbeschluss vor, soweit durch das Vorhaben nachteilige Wirkungen gegenüber der Umwelt eintreten, deren Umfang und Auswirkun- gen zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht absehbar waren.

Die Möglichkeit der nachträglichen Anordnung von schadensverhütenden und/oder schadensausgleichen- den Einrichtungen und Maßnahmen umfasst als „minus“ jedenfalls auch die Anordnung von Gefahrerfor- schungs- bzw. Überprüfungsmaßnahmen.

Die Deutsche Umwelthilfe e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, vertreten durch Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner, beantragt daher hiermit,

gegenüber der Nord Stream 2 AG auf der Grundlage von Ziffer A.1.3.1 des Planfeststellungsbe- schlusses Untersuchungen zu möglichen betriebsbedingten Methanemissionen beim Betrieb der Gaspipeline Nord Stream 2 unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zu er- heblichen Methan-Leckagen in Zusammenhang mit der Förderung von Erdgas anzuordnen.

Die Untersuchungen sind dabei durch in Absprache mit dem Bergamt Stralsund bestimmte Wis- senschaftler derart durchzuführen, dass entweder die Methanemissionen der Gasförder-, Verar- beitungs- und Gastransporteinrichtungen - sofern bereits in Betrieb - für Nord Stream 2, oder -

An das

Bergamt Stralsund

Frankendamm 17

18439 Stralsund

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Seite - 2 - des Schreibens vom

andernfalls - die Gasförder-, Verarbeitungs- und Gastransporteinrichtungen für Nord Stream 1 in Erweiterung der Component-Level-Methode durch die Facility-Level-Methode wie z.B. Überflug über das gesamte Anlagengelände gemessen und sodann - im Falle der Messungen in Bezug auf Nord Stream 1 - auf den voraussichtlichen Betrieb von Nord Stream 2 übertragen werden.

Unseren Antrag begründen wir wie folgt:

a) Die Deutsche Umwelthilfe e.V. ist als klageberechtigter Umweltverband anerkannt. Sie ist satzungsmäßig maßgeblich auch im Bereich des Klimaschutzes aktiv. Eine Kopie des Anerkennungsbescheids ist als Anlage 1 beigefügt.

b) Die Antragsbefugnis folgt aus der Klagebefugnis:

Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG kann ein nach § 3 UmwRG anerkannter Umweltverband, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungs- gerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 S. 1 UmwRG oder deren Unterlassen einlegen, wenn er geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 S. 1 UmwRG oder deren Unterlassen Rechts- vorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht. Das Umweltrechtsbehelfs- gesetz findet mithin gerade auch dann Anwendung, wenn entgegen geltenden Rechtsvorschriften keine Ent- scheidung durch die zuständige Vollzugsbehörde getroffen worden ist (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 UmwRG).

c) Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 UmwRG können dabei ausdrücklich auch Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen bzw. das Unterlassen solcher Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen im Hin- blick auf die Umsetzung oder Durchführung unter anderem von Zulassungsentscheidungen nach § 1 Abs. 1 S. 1 UmwRG zur Überprüfung gestellt werden. Das ist hier der Fall:

Der fragliche Planfeststellungsbeschluss ist umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig und mithin eine Zulas- sungsentscheidung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG.

Der Begriff der Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahmen in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 UmwRG umfasst gerade auch den Erlass nachträglicher Anordnungen als typische Überwachungs- und Aufsichtsinstrumente der Ver- waltung.

Der fragliche Planfeststellungsbeschluss sieht ausdrücklich die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen im Falle im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses nicht absehbarer Umweltauswirkungen des Vorhabens vor.

Nachträgliche Anordnungen sind danach nicht nur zulässig, sondern vom Bergamt Stralsund im Planfeststel- lungsbeschluss ausdrücklich als gegebenenfalls notwendig erachtet worden.

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Seite - 3 - des Schreibens vom

d) Darüber hinaus folgt die Antragsbefugnis auch unmittelbar aus Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention. Art. 9 Abs.

3 AK lautet:

„Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaat- lichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsgerichtlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von ... Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlas- sungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts versto- ßen.“

Sinn und Zweck von Art. 9 Abs. 3 AK ist es, sicherzustellen, dass Vorschriften mit Umweltbezug in der Praxis auch umgesetzt werden, mithin den gerade auch im Bereich des Umweltschutzes vorhandenen Vollzugsde- fiziten überhaupt und nicht lediglich partiell in ausgewählten Bereichen entgegenzuwirken.

e) Der EuGH hat dies mit seiner Protect-Entscheidung (Urteil vom 20. Dezember 2017 – Rs. C-664/15) deutlich gemacht und den Rechtsschutz im Umweltrecht (erneut) gestärkt:

In einer ausdrücklichen Weiterentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung leitet der EuGH aus der Bestim- mung des Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention die Begründung von Klagerechten im Umweltrecht in den Rechts- ordnungen der Mitgliedstaaten ab. Solche Klagerechte sollen – über die Braunbär-Entscheidung des EuGH hinausgehend - auch dort zu begründen sein, wo sich dies mit den Mitteln der bloßen unionsrechtskonfor- men Auslegung nationalen Rechts nicht mehr erreichen lässt. Bestimmungen des nationalen Rechts, die der Zuerkennung von Klagerechten entgegenstehen, müssen daher im Interesse der vollen Wirksamkeit der an- zuwendenden materiellen Umweltschutzvorschriften unangewendet bleiben.

Die Reichweite und Durchschlagskraft dieser vermittelten unmittelbaren Wirkung des Art. 9 Abs. 3 Aarhus- Konvention definiert der EuGH uneingeschränkt. Sie unterscheidet sich in nichts von der Reichweite und Durchschlagskraft der allgemeinen unmittelbaren Wirkung des Unionsrechts (siehe auch Wegener, ZUR 2018, 217 ff.).

Der EuGH verweist vielmehr und konsequent auf seine ältere „Simmenthal“-Rechtsprechung. Danach ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, gehalten, für deren volle Wirksamkeit zu sorgen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Rechtsvorschrift aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorhe- rige Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungs- rechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 (Protect) – Rs. C-664/15, Rn. 56 f. unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 9. März 1978 (Simmenthal) – Rs. 106/77).

Konsequenz (spätestens) der Protect-Entscheidung ist eine unmittelbare Anwendung von Art. 9 Abs. 3 Aar- hus-Konvention im innerstaatlichen Recht, die durch die Vermittlung dieser Wirkung über Art. 47 GRCh in der Sache nicht beschränkt wird.

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§§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 UmwRG sind dementsprechend europa- und völkerrechtskonform dahingehend auszulegen, dass nach diesen Vorschriften grundsätzlicher Rechtsschutz gegen „von Behörden vorgenom- mene Handlungen und begangene Unterlassungen, die gegen umweltbezogene Bestimmungen verstoßen“, zu gewähren ist.

Bei dem Energiewirtschaftsgesetz in Verbindung mit UVP-Gesetz handelt es sich zweifelsohne um umwelt- bezogene Bestimmungen:

§ 1 Abs. 1 EnWG verlangt explizit auch die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung. Gibt es aber in An- betracht aktueller Erkenntnisse eine relevante Wahrscheinlichkeit dafür, dass die mit dem Projekt tatsächlich verbundenen Methanemissionen und in der Folge die Klimawirkungen der Gaspipeline Nord Stream 2 andere sind, als bislang im Planfeststellungsbeschluss angenommen, wirkt das unmittelbar auf die im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung und - in der Konsequenz - auch auf die im Rahmen der Planrechtfertigung getroffenen Annahmen zurück.

Mit Blick auf die materielle Begründetheit unseres Antrags verweisen wir vollumfänglich auf das Rechtsgut- achten von Frau Rechtsanwältin Dr. Ziehm „Nord Stream 2 - Rechtliche Voraussetzungen eines Moratoriums zwecks aktualisierter Überprüfungen der Klimawirksamkeit des Betriebs der Gaspipeline“. Das Gutachten fü- gen wir als Anlage 2 diesem Antrag bei.

Mit freundlichen Grüßen

Mit freundlichen Grüßen

Sascha Müller-Kraenner Bundesgeschäftsführer

Anlagen

Kopie des Anerkennungsbescheids

Rechtsgutachten vom 31.01.2020

Referenzen

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