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Autor: Kurt Lamedschwandner
Elektromagnetische Felder und Wellen Bakkalaureatsvertiefung VU 389.143
Elektromagnetische Felder und elektronische Geräte
Kapitel 1.3.2 EMV-gerechtes Gerätedesign
Dr. Kurt Lamedschwandner, Dipl.-Ing. Stefan Cecil, Seibersdorf Labor GmbH
https://www.seibersdorf-laboratories.at/produkte/elektromagnetische-felder EMV-Prüfzentrum Seibersdorf
Inhalt
1.3 EMV-gerechtes PCB-, Schaltungs- und Gerätedesign
1.3.2 Gerätedesign
EMV-gerechte Verkabelung und Kabelschirmauflegung
ESD-Schutz elektronischer Geräte
EMV-Bauelemente: Ferrite, Gleichtaktdrosseln, Entstörfilter
Schlussbetrachtung und Literatur
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Beispiel für EM-Unverträglichkeit
Museum für Pop- und Rockmusik „Rockheim“ in Trondheim, Norwegen
Museum mit rund 13.000 LEDs dekoriert, von 270 LED-Treibern gespeist:
Durch die große Ausdehnung wurden Antennen für die von den Netzteilen produzierten Störungen gebildet, wodurch die Gesamtemission ein Niveau erreichte, welches die ATC-Systeme (Air Traffic Control, VHF-Flugfunkband) für den Landeanflug auf den nahegelegenen Flughafen blockierte. Die Anlage musste bis zur Behebung der Störungen (Einbau neuer EMV-Filter) abgeschaltet werden.
Interessant dabei: Jedes Treibernetzteil lag für sich innerhalb der Spezifikationen. Das EMI-Problem entstand aus dem kumulativen Effekt der 270 Störquellen!
Quelle: CISPR/1446/DC, 2020-10-02
EMV - gerechte Verkabelung
Kabel stellen gute Empfangs- und Sendeantennen dar!
Ziel: Reduktion der Störeinkopplung in Kabelsysteme und Reduktion der Störabstrahlung von Kabelsystemen Maßnahmen:
Verdrillung
Symmetrische Übertragungssysteme
Kabelschirmung und Schirmauflegung
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Verdrillung
• reduziert die Emission (nur bei Gegentaktsignalen!)
• schützt gegen magnetische Einkopplung
UTP (Unshielded Twisted Pair) – Kabel:
Verdrillung hat keinen Effekt auf die durch Gleichtaktströme verursachte Störemission!
4 3 2
1 S S S
S
S U U U U
U
Summe der induzierten Störspannung:
Signalübertragung
Unsymmetrische Signalübertragung
Symmetrische Signalübertragung
U
U +
_ UCM
UDM
CMU dB U
CMRR 20log
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Vorteil symmetrischer Signalübertragung
Bei perfekter Symmetrierung wirken sich in das System eingekoppelte Störungen gleicher Amplitude und mit gleichem Vorzeichen nicht aus, da der
Komparator/Empfänger nur die Signaldifferenz detektiert.
U +
_ +1+Noise
-1+Noise Noise
Twisted Pair +1
-1
+2 +2
Sender Empfänger
+1 +1
-1 -1 +2 A
B
C=A-B
-2
Gleichtakt-Gegentakt-Konversion
U +
_ UCM
UDM
Ist die Symmetrierung nicht perfekt, tritt Gleichtakt-Gegentakt- Konversion auf und es werden Teile des Gleichtaktsignals U
CMin ein Gegentaktsignal U
DMumgewandelt.
Das Common Mode Rejection Ratio (CMRR) ist ein Maß für die Gleichtaktunterdrückung.
Twisted Pair
Sender Empfänger
DM CM
U dB U
CMRR 20log
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Verbesserte EMV
bei symmetrischer Signalübertragung weil:
sich Störungen im System - durch Einkopplung oder
Potentialdifferenz verursacht – wegen der Differenzbildung (nahezu) aufheben
einerseits Hin- und Rückleiter nah nebeneinander geführt und andererseits bei idealer Symmetrierung kein Rückstrom über die Masse fließt
(Kompensation)
verringerte Störaussendung verbesserte Störfestigkeit (verringerte
Störempfindlichkeit)
Unsymmetrie
im Übertragungssystem entsteht wenn:
der Sender nicht völlig symmetrisch aufgebaut ist und damit die Sendespannung nicht symmetrisch ist
die Verkabelung nicht völlig symmetrisch gegen Erde ist
der Empfänger nicht völlig symmetrisch aufgebaut ist
Durch Unsymmetrie entsteht ein Gleichtaktstörstrom im System der
über die Signalleitungen und über die Masse fließt und somit eine
elektromagnetische Störabstrahlung verursacht.
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Beispiel: Störabstrahlung von Busleitungen
Moderne Bussysteme weisen Datenraten von 10 MBit/s und mehr auf.
Aus EMV – Sicht sehr kritisch, da
durch räumliche Verteilung der Systemkomponenten oft sehr lang
Wirkung der Leitungen als Empfangs- und Sendeantennen
In einem Oberklassefahrzeug kann die Verkabelung insgesamt eine Länge von mehreren Kilometern aufweisen.
Zertifizierung der Fahrzeugkomponenten erfolgt inklusive Busleitungen!
Typische Buskonfiguration in einem Kfz
Mit n Knoten und Leitungsabschlüssen an beiden Enden:
Driver Circuit Control Logic
Node 1 Node 2 Node n
UTP – Unshielded Twisted Pair
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Reale Bussysteme im Vergleich
Vergleichsmessung von Bussignalen im Zeitbereich
Hinweis: Die Messungen wurden an Prototypknoten durchgeführt, Industriehardware würde abweichende Ergebnisse liefern.
Beispiel: Vergleich der Treibersignale von CAN und FlexRay bei max. Datenrate
CAN/500 kBit/s FlexRay/10 MBit/s
Unsymmetrie beim FlexRay-Bus viel geringer, Datenrate jedoch viel höher!
0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4
-1,5 0,5 2,5 4,5 6,5 8,5 10,5 12,5
t (µs)
U (V)
0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4
-0,06 0,04 0,14 0,24 0,34 0,44 0,54
t (µs)
U (V)
-3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5
-1,5 0,5 2,5 4,5 6,5 8,5 10,5 12,5
t (µs)
U (V)
4,4 V
-3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5
-0,06 0,04 0,14 0,24 0,34 0,44 0,54
t (µs)
U (V)
Reihe1
1 V
-3 -2,5 -2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5
-0,06 0,04 0,14 0,24 0,34 0,44 0,54
t (µs)
U (V)
Reihe1
1 V 1 V
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Messungen an Prototyp in Absorberhalle
nicht normgerechte Experimente mit Prototypknoten
Hinweis: In Fahrzeugen eingesetzte Elektronik ist geschirmt ausgeführt und mit speziellen Steckern ausgerüstet, was hier nicht der Fall ist.
gemäß CISPR 25: UTP-Busleitung mit 1,5 m Kabellänge, 5 cm über Ground Plane
0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4
-1,5 0,5 2,5 4,5 6,5 8,5 10,5 12,5
t (µs)
U (V)
0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4
-0,06 0,04 0,14 0,24 0,34 0,44 0,54
t (µs)
U (V)
10 20 30 40 50 60 70
100
E [dBuV/m]
f [MHz]
EMC Testlab Seibersdorf
Job: DECOS_EM CAN H
24.08.2007 10:00:04 normal Mode + normal Setup Measured data
Envelope
10 20 30 40 50 60 70
100
E [dBuV/m]
f [MHz]
EMC Testlab Seibersdorf
Job: DECOS_EM FlexRay H
23.08.2007 12:12:14 normal Mode + normal Setup Measured data
Envelope
Störemission bei schnellerem Flex-Ray-Bus trotz besserer Symmetrierung höher!
Bestätigung der Aussage der Gleichtaktstrommessung!
Beispiel: Vergleich der Störemissionen von CAN und FlexRay bei max. Datenrate
CAN/500 kBit/s FlexRay/10 MBit/s
Reduktion des Störemissionspegels durch geeignete EMV-Maßnahmen möglich: Einsatz von Entstördrosseln, Verwendung geschirmter Leitungen, besser symmetrierte Treiberbausteine
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Schirmwirkung gegen Emission (E und H - Feld)
Masseverbindung von Quelle und Last
Potentialfreie
ISchirm = I1
Last
I1
RL
ISchirm = I1 wenn f I1
RL
Kabelschirmung
Schirmwirkung gegen Einkopplung
Schirmwirkung gegen E-Feld
Keine
Schirmwirkung
RL
E-Feld - Kopplung I
I
RL
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Schirmwirkung gegen E+H-Feld
RL
Ri<<
H-Feld - Kopplung I1
U1
A H f A B
U1
2
) (
2 2
1 Schirm Schirm
St U U f H A L I
U
USt
I2
U2
Schirm Schirm Schirm
r Innenleite
Schirm I f L I
M
U2
2
Schirm Schirm
Schirm
Schirm R j L
I U
ISchirm
USchirm
Der Schirm wirkt wie eine Kurzschlusswindung und dämpft die Spannung an der Last.
Schirmwirkung gegen Einkopplung
Beispiel: Schirmanbindung in der Praxis
falsch („Pigtail“) richtig (mit Flanschbuchsen)
Regeln für richtige Masseanbindung:
• möglichst geringer Übergangswiderstand
• Kontaktierung über 360°
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Empfehlung: Einseitige Schirmauflegung bei niederfrequenten Störungen.
+
-
U VCC
GND
+
-
U +UB
-UB
STP
STP
Quelle oder Last auf Masse (1)
Störungen niederfrequent
Kabelschirmauflegung
Situation wie auf Folie davor, nur zusätzlich Verwendung von elektrisch leitfähigen Abschirmgehäusen.
+
-
U VCC
GND
+
-
U VCC
GND
STP STP
Quelle oder Last auf Masse (2)
Störungen niederfrequent
BakkVU 389.143 Folie 23
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Autor: Kurt Lamedschwandner
U +
-
VCC
GND
STP
Quelle oder Last auf Masse (3)
Störungen hochfrequent
Empfehlung: Bei hochfrequenten Störungen immer beidseitige Schirmauflegung, da Verkopplung der potentialfreien Seite über Streukapazitäten zu Masse.
+
-
U VCC
GND
STP
Quelle oder Last auf Masse (4)
Störungen nieder- und/oder hochfrequent
Hybridmasse
Empfehlung: Schirmanbindung auf einer Seite über C bewirkt einseitige
Schirmauflegung bei niedrigen Frequenzen und beidseitige Schirmauflegung
bei hohen Frequenzen => für großen Frequenzbereich geeignet!
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Autor: Kurt Lamedschwandner
+
-
U VCC
GND
S/STP
Quelle oder Last auf Masse (5)
Störungen nieder- und/oder hochfrequent
Empfehlung: Doppelt geschirmtes Kabel wenn Netzbrumm unbedingt vermieden werden soll; teuerste aber technisch beste Lösung!
Quelle und Last auf Masse (1)
Störungen nieder- und/oder hochfrequent
Empfehlung: Wenn Quelle und Last auf Masse grundsätzlich beidseitige Schirmauflegung, gleichgültig ob Störungen nieder- oder hochfrequent.
+
-
U VCC
GND
STP
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Zusätzlich zu Folie vorher: quellseitige Symmetrierung, Verwendung von elektrisch leitfähigen Abschirmgehäusen; wieder beidseitige Schirmauflegung.
+
-
U
VCC
GND
STP
Quelle und Last auf Masse (2)
Störungen nieder- und/oder hochfrequent
+
-
U
VCC
GND
S/STP
Quelle und Last auf Masse (3)
Störungen nieder- und/oder hochfrequent
Zusätzlich zu Folie vorher: Innerer Schirm der einseitig aufgelegt ist =>
doppelt geschirmtes Kabel; wieder beidseitige Auflegung des äußeren
Schirms.
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Inhalt
1.3 EMV-gerechtes PCB-, Schaltungs- und Gerätedesign
1.3.2 Gerätedesign
EMV-gerechte Verkabelung und Kabelschirmauflegung
ESD-Schutz elektronischer Geräte
EMV-Bauelemente: Ferrite, Gleichtaktdrosseln, Entstörfilter
Schlussbetrachtung und Literatur
Masse
auf ein Metallgehäuse: sekundärer Funke
Beispiel 1: ESD
PCB
Gerät
L
Abhilfemaßnahmen:
Abstand zwischen PCB und Gerätegehäuse vergrößern (Durchschlagsfestigkeit Luft ca. 30 kV/cm)
Schaltungsmasse mit Gehäuse verbinden
elektrostatische Einwirkung U = 5 … 25 kV
I = 1 … 50 A tr= 0,5 … 20 ns
Potentialanhebung des Gehäuses gegenüber Masse bei 15 A/ns und 20 cm Leitungslänge (5nH/cm):
Secondary Arc
dt V L dI
U 1500
10 1 10 15
100 9 9
Min. Abstand:
mm cm mm
V
d V 0,5 1
/ 30000
1500
min
dmin
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auf ein Metallgehäuse: elektrische Kopplung
Beispiel 2: ESD
PCB
Gerät
L
Masse
Abhilfemaßnahmen:
Abstand zwischen PCB und Gerätegehäuse vergrößern.
Schaltungsmasse mit Gehäuse verbinden
Inneren Schirm anbringen und diesen mit
Schaltungsmasse verbinden.
elektrostatische Einwirkung U = 5 … 25 kV
I = 1 … 50 A tr= 0,5 … 20 ns
Bei hohen Frequenzen ist bei geringen Distanzen eine gewisse kapazitive Kopplung zwischen Gerätegehäuse und Schaltung immer gegeben.
Masse Streukapazität
auf ein Metallgehäuse mit Öffungen: Abstrahlung
Beispiel 3: ESD
PCB
Gerät
L
Masse
Abhilfemaßnahmen:
PCB nicht in der Nähe von Öffnungen platzieren.
Leitungslängen am PCB so kurz wie möglich ausführen, um E-Feld Einkopplung gering zu halten.
Für Geometrie der Öffnungen gilt das im Kapitel „Schirmung“
gesagte.
elektrostatische Einwirkung U = 5 … 25 kV
I = 1 … 50 A tr= 0,5 … 20 ns
Bei Entladungen entstehen Potentialunterschiede zwischen Gehäuseteilen => ein Schlitz zeigt die gleichen Abstrahleigenschaften wie ein Halbwellendipol, nur mit vertauschter Polarisation.
Schlitzantenne
E-Feld
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auf einen nahen Leiter: magnetische Kopplung
Beispiel 4: ESD
PCB Leiter elektrostatische Einwirkung U = 5 … 25 kV
I = 1 … 50 A tr= 0,5 … 20 ns
L
Masse
Abhilfemaßnahmen:
Abstand zwischen Leiter und PCB vergrößern.
Schleifenflächen am PCB so klein wie möglich ausführen, um induzierte Spannungen durch H-Feld klein zu halten.
H-Feld
dt dI r A dt A dH dt
UStör d
2
0 0
In Leiterschleife induzierte Störspannung:
Schutzvorkehrungen bei der Geräteentwicklung
Isolation des Gerätes, sodass keine Entladung stattfindet (in der Praxis meist nicht realisierbar)
Ausweichpfad für Entladestrom bereitstellen z.B. Metallgehäuse für Ableitung des Entladestroms gegen Masse und Verwendung geschirmter Kabel
Direkte Überschläge auf Bauelemente verhindern => ausreichende Abstände (Kriechwege), verhindern des Berührens von
Potentiometerachsen,…
Stromkreise durch EMV-gerechtes Routing gegen die E- und H-Felder des Entladestroms schützen (kleine Schleifenflächen, kurze
Leiterbahnen)
Einsatz von Überspannungsableitern, ESD-Schutzschaltungen, Schirmung besonders empfindlicher Schaltungsteile, …
ESD-Abhilfemaßnahmen
(1)BakkVU 389.143 Folie 35
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Schutzvorkehrungen in der Fertigung und bei Reparaturen
Aufladung verhindern:
antistatische Bekleidung, Werkzeuge,…
leitfähige Bodenbeläge, Arbeitsflächen, Stühle,…
geerdete Manschetten am Handgelenk,…
Erhöhung der rel. Luftfeuchtigkeit auf > 50%
Antistatische Materialen sind oft Materialien die leicht Feuchtigkeit aufnehmen und daher einen niedrigen Oberflächenwiderstand (schwache Leitfähigkeit) haben.
ESD-Schutzzonen, sog. EPAs (ESD-Protected Areas), festlegen.
ICs mit On-Chip ESD-Schutz verwenden.
ESD-Abhilfemaßnahmen
(2)Inhalt
1.3 EMV-gerechtes PCB-, Schaltungs- und Gerätedesign
1.3.2 Gerätedesign
EMV-gerechte Verkabelung und Kabelschirmauflegung
ESD-Schutz elektronischer Geräte
EMV-Bauelemente: Ferrite, Gleichtaktdrosseln, Entstörfilter
Schlussbetrachtung und Literatur
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EMV Ferrite auf Kabeln
Quelle: Mardiguian (2001)
Wirkmechanismus: Verluste im Werkstoff wandeln die Störsignale in Wärme um, Energie wird absorbiert. Ferrit ist auf geringe Güte getrimmt => breitbandiges Filterelement
Praxisbeispiel: Klappferrit
Der Ferritkern besteht üblicherweise aus Mangan-Zink (MnZn) oder Nickel- Zink (NiZn). MnZn bewirkt eine breitbandige Dämpfung im f-Bereich 400 kHz – 10 MHz, NiZn zwischen 1 MHz – 2,5 GHz.
Quelle: Würth Elektronik
A: 2x durchgeschliffen B: 1x durchgeschliffen
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Stromkompensierte Drossel oder Common-Mode Choke oder Gleichtaktdrossel
Ringkern mit gekoppelten Spulen:
Beide Leiter laufen in gleicher Richtung durch den Kern
=> hohe Impedanz im CM-Strompfad, da sich die Felder addieren
=> geringe Impedanz im DM-Strompfad, da die Ströme im Kern entgegengesetzte Felder hervorrufen, die sich aufheben.
Quelle: Würth Elektronik
Stromkompensierte Drossel
I
CM: Gleichtaktstörstrom, wird bedämpft!
I
DM: Gegentaktstrom, trägt nicht zur Kernmagnetisierung bei
ICMICM
ICM
ICM
IDM
IDM
IDM
IDM
BakkVU 389.143 Folie 41
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Beispiel: Einfügungsdämpfung von Common-Mode Chokes
WE 744825605
Breitbandige CM-Dämpfung; bei Ausführungsformen mit bifilarer Wicklung ist DM-Dämpfung geringer, da geringere Streuinduktivität und daher geringere Gegentakt-Impedanz (geringere Gegentaktinduktivität / Längsinduktivität).
Beispiel: Common-Mode Chokes mit verschiedenen Kernmaterialien
Dämpfungswirkung je nach Ferrit-Kernmaterial in unterschiedlichen f- Bereichen: MnZn im f-Bereich bis 30 MHz, NiZn im f-Bereich bis 300 MHz Es gibt auch Ausführungsformen mit beiden Kernen!
MnZn Kernmaterial NiZn Kernmaterial
WE 744825605
BakkVU 389.143 Folie 43
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Entstörfilter (1)
Nutz- und Störsignale
• auf ein- und derselben Leitung
• aber in unterschiedlichen Frequenzbereichen
beide Komponenten durch frequenzselektive Filter trennbar!
Störsignal wird:
• zur Quelle reflektiert (fehlangepasste Filter)
• zu Masse abgeleitet (fehlangepasste Filter)
Entstörfilter (2)
Filterauswahl: entscheidend ist die Impedanz auf der Quell- und Lastseite – Fehlanpassung erwünscht!
Quellimpedanz
Lastimpedanz
hoch
hoch
niedrig
niedrig
BakkVU 389.143 Folie 45
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Entstörfilter (3)
Filtercharakteristik wird durch Einfügungsdämpfung beschrieben!
Einfügungsdämpfung hängt ab von:
• Frequenz
• Innenwiderstand der Quelle
• Lastwiderstand
Quelle: Kohling (1998)
Entstörfilter (4)
Berechnung 50-Ohm-Einfügungsdämpfung:
U
0 R
QR
LU
L0
LM L
U dB U
D 20*log 0
L 50
Q R
R
U
0 R
QR
LU
LMFilter
BakkVU 389.143 Folie 47
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Entstörfilter (5)
Beispiel: Einfügungsdämpfung Induktivität
U
0 Z
QZ
LU
LM
L Q
L Filter Q LM
L
Z Z
Z Z Z U
dB U
D 20*log 0 20*log
Filter Z
FilterL Q
L Filter Q LM L
Z Z
Z Z Z U
U
0
L Filter Q
L LM
Z Z Z
Z U
U
0
;
0 0
L Q
L L
Z Z
Z U U
Für gute Filterwirkung muss die Impedanz der Längsinduktivität groß gegenüber der Quell- und Lastimpedanz sein!
Praxisbeispiel: Entstörfilter für Netzleitungen
Quelle: EPCOS http:\\www.epcos.com
BakkVU 389.143 Folie 49
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Filter mit stromkompensierter Drossel
Stromkompensierte Drossel: bedämpft Gleichtaktstörstrom X-Kondensatoren: bedämpft Gegentaktstörstrom
Y-Kondensatoren: leiten Gleichtaktstörstrom zu Masse ab
Quelle: EPCOS EMV-Filter Datenbuch 2014
Kontaktierung eines Filters
Erdverbindung mittels Anschlußdraht
hohe Impedanz!
Flächige Erdverbindung
Y-Kondensatoren voll wirksam!
BakkVU 389.143 Folie 51
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Inhalt
1.3 EMV-gerechtes PCB-, Schaltungs- und Gerätedesign
1.3.2 Gerätedesign
EMV-gerechte Verkabelung und Kabelschirmauflegung
ESD-Schutz elektronischer Geräte
EMV-Bauelemente: Ferrite, Gleichtaktdrosseln, Entstörfilter
Schlussbetrachtung und Literatur
Schlussbetrachtung (1)
Beachtung von Grundregeln für EMV-gerechtes Design ist Voraussetzung für
Vermeidung von Störbeeinflussungen (sicheres Funktionieren) und
EMV-Konformität (CE-Kennzeichnung)
Nur wenn EMV-Probleme in einer sehr frühen Entwicklungsphase
erkannt werden, können diese mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand
behoben werden!
BakkVU 389.143 Folie 53
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Schlussbetrachtung (2)
Wirtschaftlicher Weg zur EMV:
Berücksichtigung der EMV bereits in der Entwicklungsphase
Am Ende der Geräteentwicklung sind Maßnahmen aus Zeit- und Kostengründe meist unleistbar!
Es gilt der Grundsatz: Je später desto teurer!
Bildquelle: B. Deutschmann, K. Lamedschwandner: "EMV-gerechte Entwicklung von ITE-Geräten", Telematik Nummer 1 / 2001, Graz, S. 32 - 33
Literatur (1)
EPCOS (2014): „EPCOS Datenbuch 2014 EMV-Filter“, EPCOS AG – Ein Unternehmen der TDK Corporation, München
EPCOS (2006): „EMC Filters“, Application Notes, EPCOS AG, January 2006
Goedbloed, J. J. (1990): “Elektromagnetische Verträglichkeit - Analyse und Behebung von Störproblemen”, Pflaum Verlag, München, ISBN 3-7905-0672-9
Gonschorek, K. H. und Singer, H. (1992): „Elektromagnetische Verträglichkeit“, Teubner Verlag, Stuttgart, ISBN 3-519-06144-9
Gonschorek, K. H. (2005): „EMV für Geräteentwickler und Systemintegratoren“, 2005, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, ISBN 978-3-540-23436-3
Hartl, H.; Krasser, E.; Pribyl, W.; Söser, P.; Winkler, G. (2008): „Elektronische Schaltungstechnik“, Pearson Education, München, ISBN 978-3-8273-7321-2 Kohling, A. (1998): „EMV von Gebäuden, Anlagen und Geräten: praktische
Umsetzung der technischen, wirtschaftlichen und gesetzlichen Anforderungen für die CE-Kennzeichnung“, VDE-Verlag, Berlin und Offenbach, ISBN 3-8007-2261-5 Lamedschwandner, K.; Preineder, H.; Cecil, S.; Nakovits, T.; Schlick, R.; Welinder, J.;
Carlsson, J. (2008): ”Können Störaussendungen von Bussystemen durch symmetrischen Betrieb vollständig vermieden werden?”, EMV 2008, Int.
Fachmesse und Kongress, 19. – 21. Februar 2008, Düsseldorf, Proceedings
BakkVU 389.143 Folie 55
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Autor: Kurt Lamedschwandner
Literatur (2)
Mardiguian, M. (2001): „Controlling Radiated Emissions By Design“, 2nd ed., Kluwer Academic Publishers, Norwell, Massachusetts, ISBN 0-7923-7978-0
Mardiguian, M. (2009): „Electrostatic Discharge – Understand, Simulate and Fix ESD Problems“, 3rd ed., John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey, ISBN 978- 0470-39704-6
Ott, H. W. (2009): “Electromagnetic Compatibility Engineering”, John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey, ISBN: 978-0-470-18930-6; (earlier ed. published under title: „Noise Reduction Techniques in Electronic Systems“, 2nd ed., Wiley, 1988)
Paul, C. R. (2006): „Introduction to Electromagnetic Compatibility“, 2nd ed., John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, New Jersey, ISBN-13: 978-0-471-75500-5 Würth Elektronik (2008): „Trilogie der induktiven Bauelemente –
Applikationshandbuch für EMV-Filter, getaktete Stromversorgungen und HF- Schaltungen“, Autoren: Brander, T.; Gerfer, A.; Rall, B.; Zenkner, H.; Swiridoff Verlag, 4. Auflage, ISBN 978-3-89929-151-3
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Dipl.-Ing. Dr. techn. Kurt Lamedschwandner, M.B.A.
T +43 50 550-2805, F +43 50 550-2881
kurt.lamedschwandner@seibersdorf-laboratories.at
Dipl.-Ing. Stefan Cecil
T +43 50 550-3138, F +43 50 550-2881 stefan.cecil@seibersdorf-laboratories.at
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