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Colette Caillat (1921-2007)

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Von Oskar von Hinüber , Freiburg i.Br.

Am 15. Januar 2007, ihrem sechsundachtzigsten Geburtstage, verstarb in Pa¬

ris Colette Caillat (geb. Vidal), Ehrenmitglied der Deutschen Morgen¬

ländischen Gesellschaft seit 1994 und Doyenne der Jaina-Forschung, nach

kurzer schwerer Krankheit. 1

Im Jahre 1921 in Saint-Leu-la-Forêt (Seine-et-Oise) geboren, verbrachte

C. Caillat nach dem Studium zunächst einige Jahre im Schuldienst, bevor

sie über das CNRS (1952-1960) eine wissenschaftliche Laufbahn einschlug,

durch die sie zunächst auf eine Professur in Lyon (1960-1966) gelangte.

Die anfangs durch die Kriegsjahre getrübte Studienzeit führte sie schlie߬

lich zu den bedeutendsten französischen Indologen in der ersten Hälfte des

20. Jh., zunächst und an erster Stelle zu ihrem eigentlichen akademischen

Lehrer Louis Renou (1896-1966), dessen Wunschnachfolgerin an der Sor¬

bonne sie im Jahre 1967 wurde: Vor seinem unerwarteten Tode hatte L. Re¬

nou diese Hoffnung Armand Minard (1906-1998) anvertraut. Bald trat als

zweiter, nicht weniger wichtiger Lehrer Jules Bloch (1880-1953) hinzu, der

das Interesse an der Sprachwissenschaft und vor allem am Mittelindischen

weckte und förderte.

Zwei Jahre vor ihrer Emeritierung wurde C. Caillat am 9. Oktober 1987

zum ordentlichen Mitglied des Institut de France, Académie des Inscrip¬

tions et Belles Lettres, gewählt. Schon bald erfolgte die Zuwahl zu verschie¬

denen anderen Akademien: Academia delle Scienze di Torino, Det Kon-

gelige Danske Videnskabernes Selskab (1993), Kopenhagen, und Kungliga

Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien, Stockholm (gewählt am

2.Februar 1993). Zahlreiche weitere Ehrungen folgten, darunter die Wahl

1 Bisher sind mir die folgenden Nachrufe bekannt geworden: N. Balbir : „Vie et

travaux de Colette Caillat. Membre de l'Institut. (15 janvier 1921-15 janvier 2007)." In:

BEI 22-23 (2004-2005), S. 23-70; dies .: „Colette Caillat (1921-2007)." In: JA 295 (2007), S. 1-7; dies .: „Obituary Prof. Dr. Mrs. Colette Caillat (15.1.1921-15.1.2007)." In: Jour¬

nal of Jaina Studies 7 (2007), S. 77-90; dies .: „Colette Caillat (1921-2007)." In: Indo- logica Taurinensia 33 (2007), S. 167-182; ferner: M. Hara : „Colette Caillat (15 January 1921-15 January 2001)." In: IIJ 50 (2007), S. 1-4; B. Pottier in: Académie des Inscriptions et Belles-Lettres. Comptes rendus des séances de l'année 2007 , S. 65f.

(2)

2 Oskar von Hinüber

zum Ehrenmitglied der American Oriental Society. Zu ihrem 65. Geburts¬

tag wurde ihr eine Festschrift gewidmet. 2

Noch kurz vor ihrem Tode, konnte sie am 30. Juni 2006 in einer würdi¬

gen Feierstunde der Académie des Inscriptions et Belles Lettres im Institut

de France als letzte Ehrung die Beförderung zum Commandeur der Le¬

gion d'Honneur entgegennehmen. In ihrer Dankesrede 3 zeichnete sie ihren

Werdegang nach und teilte viele ebenso biographisch wie wissenschafts¬

geschichtlich interessante Ereignisse in ihrem Umgang mit ihren akade¬

mischen Lehrern, vor allem J. Bloch , mit. Den Unterschied zwischen der

Lehre von L. Renou und J. Bloch formulierte C. Caillat in dieser Rede

wie folgt:

... cours de Renou: l'éloquence la plus parfaite, sans la moindre coquetterie;

un enseignement clair, vigoureux, et il n'y avait rien à ajouter ... Jules Bloch ...

ce fut l'enchantement: le charme du naturel, comme je ne l'ai jamais rencontré ailleurs; la science en train de se faire, et nous y participions.

Zugleich hat J. Bloch auch das Interesse am heutigen Indien gefördert, und

C. Caillat erwarb durch ein Diplom in Hindi (1954) praktische Sprach¬

kenntnisse, die ihr bei den späteren Begegnungen mit den Jainas in Indien,

das sie oft besucht hat, zustatten kamen.

Eine enge Verbindung zur Indologie in Deutschland 4 ergab sich, als

C. Caillat dem Rate L. Renous folgend, nach Hamburg ging, um bei W. Schubring (1881-1969) ihre Forschungen zu Sprache und Literatur der

Jainas zu vervollkommnen. 5 Aus dieser Zusammenarbeit ging im Jahre 1966

als gemeinsame Veröffentlichung ein Buch unter dem Titel Drei Chedasütras

des Jaina-Kanons hervor. Sowohl sprachwissenschaftliche Untersuchungen

als auch Forschungen zu Religion und Literatur der Jainas wie das wichtige

Buch über Les expiations dans le rituel ancien des religieux jaina aus dem

Jahre 1965, das zehn Jahre später auch in einer englischen Übersetzung in

den Veröffentlichungen des renommierten L.D. Institute in Ahmadabad er¬

schien, folgten. Die Nähe zur indischen Jaina-Forschung hat C. Caillat

lebenslang aufrechterhalten und die Veröffentlichungen auf diesem Gebiet

2 Professor Colette Caillat Felicitation Volume. Torino 1988 (Indologica Taurinensia 14).

3 Besonders dankbar bin ich für eine Zusammenfassung dieser frei gehaltenen Rede, mit deren Ubersendung am

9.

Juli 2006 ein am 20. Juni 1969 begonnener Briefwechsel nach beinahe vier Jahrzehnten sein Ende fand.

4 Wie M. Hara in seinem Nachruf hervorhebt, war C. Caillat durch zahlreiche Schüler aus Japan auch der japanischen Indologie, vor allem aber durch ihre Freundschaft mit Y. Ogihara (1922-1991; Nachruf von C. Caillat in: BEI 7-8 [1989-1990], S. 11-14), eng verbunden.

5 C. Caillat erinnert an diese Zeit in einer knappen Würdigung des Werkes von

W. Schubring in: JA 1972, S.

411

ff.

(3)
(4)

4

Oskar von Hinüber

durch eine Reihe von Rezensionen, vor allem aber durch wertvolle biblio¬

graphische Übersichtsaufsätze verfolgt.

Eine zweite Verbindung nach Deutschland und zugleich nach Däne¬

mark entstand durch die Mitarbeit am Critical Pâli Dictionary , zu dem

C. Caillat zahlreiche Beiträge zum zweiten Band beigesteuert hat zu einer

Zeit, als L. Alsdorf (1904-1978) das Wörterbuch herausgab. Diese Ver¬

bundenheit fand einen letzten Ausdruck in einem Aufsatz in der Alsdorf-

Gedenkschrift über „Le sädhaka saiva à la lumière de la discipline jaina", der

an L. Alsdorfs Vortragsreihe am Collège de France iber „Les études jaina.

État présent et tâches futures" aus dem Jahre 1965 anknüpft.

Zugleich erwuchs aus der Mitarbeit am Critical Pâli Dictionary eine

lebenslange freundschaftliche Verbundenheit mit der damaligen dänischen

Mitarbeiterin des Critical Päli Dictionary, Else Pauly (1918-2000), 6 die

sich durch ein Wirken im Stillen über lange Zeiträume große Verdienste um

die Fortführung des W rterbuchs und damit um die Päli-Lexikographie er¬

worben hat.

Grammatik und Lexikographie haben C. Caillat immer wieder beschäf¬

tigt. Neben den wertvollen Besprechungen einzelner Faszikel des Critical

Päli Dictionary in den Indogermanischen Forschungen seien nur ihre Er¬

klärung von Isipatana Migadäya als Synonymkompositum zweier Wörter

mit der Bedeutung „Gazellen-Park" für den Ort, an dem der Buddha seine

Lehre zum ersten Mal verkündet hat, aus dem Jahre 1968 und ihre kleine,

aber wegweisende Schrift „Pour une nouvelle grammaire du päli" aus dem

Jahre 1970 hervorgehoben. Weitere Arbeiten, insgesamt neun Bücher, 101

Aufsätze und 182 Besprechungen listet die sorgfältige Bibliographie auf, die

N. Balbir ihrem Nachruf als Anhang beigegeben hat. 7 Hinzutritt eine um¬

fangreiche Tätigkeit als Herausgeberin.

In vielen Ehrenämtern hat C. Caillat auf nationaler wie internatio¬

naler Ebene gewirkt, darunter über mehr als zwei Jahrzehnte (1977-2000)

als Schatzmeisterin der International Association of Sanskrit Studies oder

von 1999 bis 2002 als Präsidentin der International Association of Buddhist

Studies, und mehrere wichtige Kolloquien geplant und durchgeführt. Ge¬

legentlich besuchte sie in früheren Jahren als Teilnehmerin die Deutschen

Orientalistentage unserer Gesellschaft.

6 Ein Nachruf auf E. Pauly von

O

.H. Pind erschien im Critical Pâli Dictionary , Band III, Fasz.

7,

2001, S. Xllf.

7 Der 101. Aufsatz über

ahimsä- cur et quomodo? Eine vierfache Antwort in einem

alten Jaina-Text" ist inzwischen in den Berliner Indologischen Studien

18

(2007), S. 79-100

erschienen.

(5)

Von ihrem umfangreichen und bedeutenden wissenschaftlichen Werk

hat C. Caillat selbst stets wenig Aufhebens gemacht. So sagt sie über sich

selbst in der erwähnten Dankesrede:

Je me reconnais difficilement tous les mérites qu'il m'attribue. Mais je crois pouvoir m'en attribuer un: n'avoir pas fait grise mine à la chance lorsqu'elle est venue à moi. Ma première chance, l'essentielle: être née un peu après la 'pre¬

mière guerre mondiale' en lie de France ..., et d'avoir vécu dans un milieu qui récusait rentes et dots, qui encourageait à avoir un salaire, donc un métier (si possible inelligent). Donc, j'ai travaillé sans déplaisir.

Durch diese bis ins hohe Alter hinein niemals erlahmende Arbeitsfreude ist

die Erforschung des Mittelindischen, der Asoka-Inschriften und der Jaina-

Überlieferung in so reichem Maße beschenkt und gefördert worden, daß

das Œuvre von Colette Caillat weit in die Zukunft hinein wegweisend

weiter wirken und die Forschung anregen wird. 8

8 Zudem hat C. Caillat die Forschung durch die Einrichtung einer Stiftung gefördert.

Am

21.

Januar 2008 wurde die „Fondation Colette Caillat en partenariat avec l'Académie

des Inscriptions et Belles Fettres" zur Förderung der indologischen Forschung auf allen

Gebieten ins Feben gerufen.

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