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Institut f¨ur Philosophie

Goethe-Universit¨at Frankfurt a.M.

Deutsche Zeitschr. f. Philos.

60 (2012), 135–158

LOGIK IN DER

PHILOSOPHISCHEN LEHRE

ANDR ´E FUHRMANN

1.

Wenn eine philosophische These wahr ist, dann ist sie typischerweise mit Notwendigkeit wahr. Deshalb gen¨ugt es in in der Regel “bloße” M¨oglichkei- ten zu beschreiben, um eine philosophische These in Zweifel zu ziehen – ein Umstand, an dem Laien und Anf¨anger oft Anstoß nehmen, wenn diese M¨oglichkeiten “weit hergeholt” zu sein scheinen. Notwendigkeit und M¨oglichkeit – in verschiedenen Spielarten – sind so etwas wie Kernbegriffe der Philosophie. Sie waren es immer schon zumindest in dem Sinne, daß Philosophen unentwegt mit ihnen operierten. Sie sind es seit der zweiten H¨alfte des vergangenen Jahrhunderts dar¨uberhinaus auch in dem Sinne, daß sie selbst zum Gegenstand philosophischer Theorien geworden sind. Dies geschah im Zuge einer anhaltenden Tendenz, philosophische Theorienbil- dung selbst philosophisch zu reflektieren – etwas, das den “Alten” (etwa Kant) noch v¨ollig fremd gewesen ist. Wer heute etwa behauptet, die mora- lischen Bewertung einer Handlung h¨angenotwendigerweisevon ihren fakti- schen Folgen ab, der muß sich genauer erkl¨aren k¨onnen – auch im Hinblick auf den Sinn von “notwendiger Abh¨angigkeit”, der hier unterstellt wird.

Philosophischer Fortschritt besteht u.a. darin, daß wir heute sorgf¨altig ausgearbeitete Theorien anbieten k¨onnen, wo fr¨uher “Notwendigkeit” mit einem Faustschlag auf den Tisch “expliziert” wurde.

Die oft nur angedeuteten Modalpartikel in einer philosophischen These oder einem Argument explizit zu machen, ist nicht immer einfach. Zum Beispiel erzeugt das deutsche Adverb “notwendigerweise” h¨aufig Mehrdeu- tigkeiten. Sei P der Satz “Morgen findet eine Seeschlacht statt”. Ist der Satz

(*) WennP jetzt wahr ist, dann findet notwendigerweise morgen eine See- schlacht statt.

so zu verstehen, daß er ganz im Skopus der Notwendigkeit steht oder soll das nur f¨ur das Konsequens gelten? (Im ersten Fall wollen wir (*) gern glauben, im zweiten Fall doch lieber nicht, oder? In jedem Fall w¨are es nicht gut,

[logikLehre 130220.1233]

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in einem Argument von der ersten in die zweite Lesart zu rutschen.) Deut- liche Skopusmarkierungen der modalen Partikel geh¨oren heute zu den Mi- nimalanforderungen an p¨unktliches Argumentieren und verhandelbare The- sen. Deshalb wimmelt es in einem guten Teil der philosophischen Literatur nur so von Kisten (2) und Diamanten (3). Und wo sie fehlen, da wird vieles klarer, wenn der Leser sie nachtr¨agt. Sorgf¨altig formulieren, ist immer gut.

Vor allem dann, wenn man die logische Kraft verschiedener Lesarten unter- scheiden oder vergleichen m¨ochte, heißt “sorgf¨altig formulieren” schlicht und einfach: formalisieren. Wer in diesem Sinne nicht sorgf¨altig zu formulieren gelernt hat, dem fehlt ein wichtiges philosophisches Handwerkszeug. Wer solche Formulierungen nicht einmal lesen kann und die Grundz¨uge der lo- gischen Theorien nicht kennt, die hinter2und3stehen – geschweige denn die Diskussion um ihre philosophische Grundierung –, dem muß ein guter Teil der zeitgen¨ossischen philosophischen Literatur gr¨undlich verschlossen bleiben. Als philosophische Lehrer k¨onnen wir nicht wollen, daß es unseren Studenten so ergeht. Also m¨ussen wir sie entsprechend unterrichten.

2.

Die soeben angestellten ¨Uberlegungen sprechen daf¨ur, Studenten der Philo- sophie einemModicuman Modallogik auszusetzen. ¨Ahnliche ¨Uberlegungen empfehlen ebenfalls ein wenig Mengenlehre, Konditonallogik, mehrwertige Logik etc. Der nat¨urliche Ort solchen Unterrichts ist die einf¨uhrende, f¨ur alle Philosophiestudenten verpflichtende Logik-Vorlesung. Studenten, mehr noch als Lehrer, w¨unschen sich f¨ur diese Vorlesung ein Buch, in dem im Prinzip “alles” steht. Wie schwierig es offenbar ist, diesem Wunsch nachzu- kommen, wird allein schon dadurch deutlich, daß es in keinem anderen Teilgebiet der Philosophie ein ¨ahnlich umfangreiches Angebot einf¨uhrender Literatur gibt. Niemand scheint so recht zufrieden mit dem zu sein, was Kollegen f¨ur wichtig halten und wie sie es darbieten. Dem Verfasser dieser Zeilen geht es genauso.

Dabei scheint doch gerade in der Logik alles so einfach zu sein. Zu lehren ist einCorpus von im Kern unumstrittenen Theorien. Auch die Abfolge ist im wesentlichen klar: Aussagenlogik, Pr¨adikatenlogik, ein wenig Metatheo- rie, Ausblicke. (Unter Metatheorie verstehen wir hier zentrale Resultate, wie Richtigkeit und Vollst¨andigkeit, im Hinblick auf die betrachteten formalen Systeme.) Manche Einf¨uhrungen verfahren genau so – und sind dabei oft- mals die entt¨auschendsten. Sie vermitteln zwar wichtige Methoden, bleiben aber in trivialen Anwendungen stecken. Studenten, die offen f¨ur formale Methoden sind, merken das und beginnen sich bald zu langweilen; solche, die sich mit formalen Methoden schwertun, bleiben ohne Motiv, ihre An- fangsschwierigkeiten zu ¨uberwinden und verharren in der Blockade.

Die Einf¨uhrung in die Logik, so wie sie an den meisten deutschen Univer- sit¨aten zu Beginn des Studiums angeboten wird, soll Studenten in die Lage versetzen, sich in der Philosophie – und das heißt meist: in der philosophi- schen Literatur – zu orientieren. Wie die anderen Einf¨uhrungsveranstaltung- en soll sie ihren spezifischen Beitrag dazu leisten, die gesamte Breite des Faches zu er¨offnen, d.h. die Bedingungen daf¨ur zu schaffen, daß ein m¨oglichst

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großer Teil der Philosophie erfolgreich rezipiert werden kann. Was muß ein Lehrbuch der Logik enthalten, um diesem Anspruch gerecht zu werden?

Ich glaube, die Antwort ist recht einfach: Man schaue in den avanciertes- ten (nicht auf Logik spezialisierten) Zeitschriften- und Buchneuerscheinun- gen des Faches nach, was dort an logischen Vorkenntnissen und formalen Methoden vorausgesetzt wird. Mindestens das sollte gelehrt werden. So- dann m¨oge man bedenken, daß Philosophische Logik selbst ein Teil der Philosophie ist. Also sollten Studenten Gelegenheit erhalten, sich auch dieses Gebiet zumindest ansatzweise zu erschließen. Was das bedeuten kann, ist in Zeitschriften wieJournal of Philosophical Logiczu besichtigen.

Schießlich sei noch auf den von Wolfgang Spohn et al. herausgegebenen Sammelband Logik in der Philosophie (Heidelberg: Synchron, 2005) ver- wiesen. Hier wird die Rolle von Logik in der Philosophie thematisiert und anhand ausgew¨ahlter Beispiele vorgef¨uhrt.

Bevor ich auf einzelne Teil eines w¨unschenswerten einf¨uhrenden Logik- buches eingehe, seien einige allgemeinere Bemerkungen vorausgeschickt.

Eine Einf¨uhrung in die Logik ist weder der Ort Schulbildung zu betreiben noch eignet sie sich f¨ur die Verbreitung einer sehr eigenen Sicht des Ge- biets. Auch sollte man sich idiosynkratischer Notation enthalten. Wie jede Einf¨uhrungsveranstaltung, so hat auch die Einf¨uhrung in die Logik beinahe ausschließlich eine dienende Funktion und verlangt vom Lehrenden Zur¨uckhaltung. Unter den hier zu besprechenden B¨uchern versagt dasjenige von Wolff in dieser Hinsicht vollst¨andig.

In der Logikausbildung gibt es meines Erachtens zwei alte Z¨opfe (einer davon uralt), die abgeschnitten geh¨oren. Der uralte Zopf ist die Syllogistik.

Auch wenn Einzelne hin und wieder Visionen einer Neubelebung haben, ist das eine obsolete logische Theorie. Ihre Kenntnis wird auch nicht f¨ur das Studium der klassischen Texte gebraucht: Nirgends im Werk von Kant steht der Leser auf dem Schlauch, wenn er nicht weiß, was einModus Datisiist.

Ebenso wenig eignet sich die Syllogistik als eine Argumentationstheorie;

davon gleich mehr. Zeit ist ein knappes Gut. Die Alternativkosten f¨ur Vorlesungen ¨uber Syllogistik in einer Logikeinf¨uhrung sind einfach zu hoch, wie wir gleich sehen werden. Die B¨ucher von L¨offler und Zoglauer flechten den alten Zopf der Syllogistik noch besonders ausgiebig nach.

Der verh¨altnism¨aßig j¨ungere der alten Z¨opfe ist der Kalk¨uldrill. Jeder Lehrende hat eine Vorliebe f¨ur den einen oder anderen Kalk¨ultyp: Hilbert, Sequenzen, B¨aume, Tableaux oder Nat¨urliches Schließen. Sicher ist es wichtig, daß Studenten in der Lage sind zu erkennen, ob eine Ableitbarkeits- behauptung (relativ zu einem Kalk¨ul) zurecht besteht. Schließlich sind Ableitungen das Paradigma zwingender Argumente und letztere bekanntlich Dreh- und Angelpunkte argumentierender Philosophie. Gef¨ahrlich einseitig wird es, wenn ein Logikbuch so sehr um einen Kalk¨ultyp herum organisiert ist, daß das Mißverst¨andnis naheliegt, dieser Typ sei nicht pars pro toto sondern als dastotumzu nehmen. Logik erscheint dann als ein Spiel nach Regeln, die auf undurchschaubare Weise von Experten (?) festgelegt wer- den. Routine in einem Kalk¨ul ist kein Zweck von erkennbarem Wert. Wie im Falle der Syllogistik sind die Alternativkosten zu hoch: Es gibt wichtigere

[ ]

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Dinge. Das Buch von Rosenkranz ist der Idee eines Kak¨uldrills besonders stark verhaftet.

Deutlich kontroverser als die soeben genannten Punkte ist die Frage, ob und in welchem Maße eine Einf¨uhrung in die Logik zugleich eine Einf¨uhrung in die Argumentationstheorie sein kann oder sollte. Auf der einen Seite besteht eine bekannte, enge Beziehung zwischen g¨ultigen Schl¨ussen und guten Argumenten. Die Pr¨ufung eines Arguments ist immer auch die Pr¨uf- ung des darin vollzogenen Schlusses auf logische G¨ultigkeit. Auf der anderen Seite werden in der Logik – nicht anders als in der Ethik oder der ¨Asthetik – zun¨achst nur Theorien vorgestellt. Ob und wie man sich an diesen Theorien praktisch orientiert ist eine davon weitgehend verschiedene Frage. Es ist des- halb v¨ollig offen, ob die Kenntnis der relevanten logischen Theorien geeignet ist, die praktische Argumentationsf¨ahigkeit zu sch¨arfen. Ich habe da meine Zweifel. Die “Bestrahlung” mit ethischen oder ¨asthetischen Theorien f¨ordert ja auch nicht unbedingt die Neigung zum Guten oder Sch¨onen. Argumen- tationstheorie ist vielleicht besser aufgehoben in Interpretationsseminaren, wo Ph¨anomene wie Beweislastverschiebungen,ad hominem-Argumente oder typische Fehlschl¨ussein rem verhandelt werden k¨onnen. Ohne diesen Be- denken etwas nehmen zu wollen, sei jedoch auch erw¨ahnt, daß Rosenkranz recht ¨uberzeugend vorf¨uhrt, wie ein Kapitel ¨uber Argumentation in einem Lehrbuch der Logik einen nat¨urlichen Platz finden kann. Und vielleicht ist das Finden von einfachen Gegenbeispielen zu Behauptungen ein sub- kutan vermittelter Seiteneffekt der systematischen Konstruktion von klein- stm¨oglichen Gegenmodellen in der Logik.

Zum Schluß der allgemeinen Bemerkungen noch diese: F¨ur schlechte Ty- pographie gibt es heute keine Entschuldigung mehr. Autoren sollten Ver- lage meiden, die sie zwingen, Schriftsatzprogramme zu verwenden, die f¨ur Logik einfach nicht geeignet sind. Leser sollten gute Typographie bei ihren Kaufentscheidungen honorieren. Sauberer Satz hilft beim sauberen Denken.

(Das gibt mir Anlaß auf ein Buch hinzuweisen, das hier nicht weiter be- sprochen werden kann, weil es vergriffen ist. Ulf FriedrichsdorfsEinf¨uhrung in die klassische und intensionale Logik, erschienen 1992 bei Vieweg, ist in beinahe jeder Hinsicht ein f¨ur Philosophen (und Linguisten) geradezu ideal geeignetes Werk. Die Typographie war jedoch schon bei seinem Erscheinen nicht mehr akzeptabel. Das Buch verdient dringend eine Neugestaltung und Neuauflage.)

3.

Was also geh¨ort heute unbedingt in eine Logik f¨ur Philosophen?

Am Anfang steht Mengenlehre, und zwar weitgehend informelle, naive Mengenlehre mit einem uneingeschr¨ankten Komprehensionsschema. Es darf nicht sein, daß mancher Philosophenblick schon beim Anblick des Zeichens

‘∈’ merkw¨urdig unstet wird. Mengenoperationen, Relationen und Funkio- nen, Folgen, Typen von Abbildungen, ¨Aquivalenzklassen – all das muß zum sicher beherrschten Handwerkszeug eines Philosophen geh¨oren.

Die klassische, d.h. extensionale und zweiwertigeAussagenlogik(AL) ist zugleich sehr einfach und sehr abstrakt. Das stellt den Lehrenden vor eine

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Schwierigkeit. Die Einfachheit verf¨uhrt zur Ansicht, daß es sich um Triviales handelt und der hohe Grad der Abstraktion l¨aßt sinnvolle Anwendungen in der Philosophie scheinbar in der Ferne entschwinden. AL sollte also als nicht-triviale und in der Philosophie anwendungsf¨ahige Theorie dargestellt werden.

Das k¨onnte etwa so geschehen: Philosophie betreiben wir normalerweise in nat¨urlicher Sprache bzw. Fragmente nat¨urliche Sprache sind Gegen- stand philosophischer Untersuchungen. Die Sprache der Pr¨adikatenlogik (PL) ist eine Abstraktion aus nat¨urlicher Sprache und die Sprache der AL ist wiederum eine Abstraktion aus der Sprache der PL. Wenn das stimmt, dann ist jede philosophische Sprache zugleich eine Sprache wie sie in der AL behandelt wird. Es gilt, das Antezedens plausibel zu machen. Wie jedem Lehrenden bekannt, stehen dagegen an erster Stelle die Parado- xien der materialen Implikation. Eine Einf¨uhrung in die klassische Aus- sagenlogik muß hier eine “therapeutisch wirksame” Epitheorie vorstellen.

Die einzige mir bekannte Theorie, die daf¨ur in Frage kommt, ist Paul Grices Theorie der Gespr¨achsmaximen (oder eines der Derivate dieser The- orie). Ein weiterer aber bei weitem weniger hervorstehender Stolperstein ist die Behandlung der Negation. Hier bietet sich die Gelegenheit auf par- tielle (d.h. Wahrheitswertl¨ucken erlaubende) und insbesondere mehrwertige Logiken hinzuweisen. Damit sind wir schon im Bereich einiger wichtiger philosophischer Probleme, die von logischer Behandlung profitieren k¨onnen:

L¨ugners¨atze, Aussagen ¨uber die Zukunft, Pr¨asuppositionsfehler, Sorites- Paradoxien.

Die auf eine Handvoll Wahrheitstafeln kondensierte Theorie der AL ist tats¨achlich trivial. Eine anspruchsvolle Vorlesung muß deutlich dar¨uber hin- ausgehen. Wenn wir die Sprache der AL als ein Destillat reicherer Sprachen auffassen, dann k¨onnen wir an diesem Modellfall beispielhaft die L¨osung einiger nicht-trivialer Probleme, die sich im Hinblick auf jede Sprache stellen, vorf¨uhren: die endliche, rekursive Definition unendlich großer Ausdrucks- mengen; ihre Interpretation anhand endlich vieler Regeln (Prototyp einer Tarskischen Wahrheitsdefinition); die wechselseitige Definierbarkeit von Ausdr¨ucken; die Auszeichnung einer (semantischen) Folgerungsrelation so- wie ihre Spiegelung im Ableitungsbegriff eines formalen Systems. Alles dies ist nicht trivial und vieles weitere ist in der Reichweite interessierter Anf¨anger. Das zentrale Ergebnis, auf das der aussagenlogische Teil zus- teuern muß, ist dieses: die Kopplung eines (nur beispielhaft dargestellten) formalen Systems der AL mit den durch Wahrheitstafeln beschriebenen Modellen mittels eines Repr¨asentationssatzes (Richtigkeit und Vollst¨andig- keit). Mindestens diesen Ausschnitt aus der Metatheorie sollte man seinen Studenten g¨onnen. Der Vollst¨andigkeitsbeweis der Wahl sollte vom Linden- baum-Henkin Typ sein, da nur dieser sich nat¨urlich erweitern l¨aßt, wenn es zur PL und zur Modallogik kommt.

Welche syntaktische Darstellung der Aussagenlogik sollte man w¨ahlen?

Viele Lehrb¨ucher f¨ur Philosophen favorisieren System Nat¨urlichen Schließens oder Baumkalk¨ule. Baumkalk¨ule f¨uhren effizient Entscheidungen ¨uber den Status einer Formel herbei. Nat¨urliches Schließen ist ein Modell f¨ur p¨unkt-

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liches Beweisen, insbesondere auch in der Metatheorie. Ich m¨ochte hier eine Lanze f¨ur axiomatische Systeme vom Hilbert-Typ brechen, also f¨ur for- male Systeme mit einigen wenigen Axiomenschemata und Modus Ponens als einziger Regeln. F¨ur diese Systeme sprechen mindesten vier Gr¨unde.

Erstens sind das die Kalk¨ultypen, die in der Forschungsliteratur bei weitem

¨

uberwiegen. Wenn wir Studenten auf die Lekt¨ure der einschl¨agigen Li- teratur vorbereiten wollen, dann sollten wir uns nicht auf Kalk¨ultypen kaprizieren, die dort nur im Ausnahmefall anzutreffen sind. Zweitens f¨ordern sie durch die Suche nach Einsetzungen den Blick f¨ur formale Strukturen (“Tapetenmuster” wie einer unserer Autoren, Strobach, treffend aber zu- gleich etwas despektierlich schreibt). Drittens f¨uhren sie zu sparsameren Richtigkeits- und interessanteren Vollst¨andigkeitsbeweisen. Viertens, l¨aßt sich in naheliegender Weise die f¨ur Philosophen n¨utzliche Frage nach der Unabh¨angigkeit von Voraussetzungen (hier: Axiomen) stellen. – Anderer- seits ist dankbar zur Kenntnis zu nehmen, daß Kalk¨ultypen mittlerweile weitgehend “entideoligisiert” sind. Wenige nur (und keiner der hier be- sprochenen Autoren) w¨urden noch behaupten wollen, daß die Pr¨asentation einer Logik in Form von Nat¨urlichem Schließen oder Tableaux diese vor anderen in besonderer Weise “begr¨undet”. (Man denke etwa zur¨uck an die Diskussion um eine “Dialogische Logik” wie sie in der Erlanger Schule gef¨uhrt wurde.) Insofern hat sich ein Kalk¨ulpluralismus durchgesetzt; es ist nur folgerichtig, wenn dieser sich auch in den Lehrb¨uchern niederschl¨agt.

Aus vielen Lehrb¨uchern muß der Leser den Eindruck gewinnen, daß die Ubersetzung von nat¨¨ urlicher Sprache in die Pr¨adikatenlogik ein wichtiges philosophisches Hilfsmittel seien. Mittel f¨ur welchen Zweck? Tats¨achlich ist f¨ur die meisten Formalisierungen im Rahmen philosophischer Theorien die pr¨adikatenlogische Feinstruktur von S¨atzen gar nicht relevant – AL, gege- benenfalls um Satzoperatoren erweitert, ist das Mittel der Wahl. Nat¨urlich gibt es Ausnahmen (z.B. das Programm Davidsons, die Semantik nat¨urlicher Sprachen als eine Wahrheitstheorie im Stil Tarskis darzustellen). Wann braucht der Philosoph also die Resourcen der Pr¨adikatenlogik?

Er braucht sie zun¨achst und vor allem um Modelle (oft im Sinne einer Semantik f¨ur aussagenlogische Systeme) zu beschreiben: die Struktur der Zeit, die Verteilung m¨oglicher Welten, Systeme von Pr¨aferenzen etc. Um es pointiert zu sagen: Es sollte weniger darum gehen, die Biegsamkeit nat¨urlicher Sprachen in der reduzierten Sprache der PL nachzubilden. Viel- mehr sollte ge¨ubt werden, sich einen Gegenstandsbereich klar vor Augen zu stellen um ihn dann pr¨azise zu beschreiben.

Sodann wird pr¨adikatenlogische Struktur in der Philosophie wichtig in der Behandlung wichtiger Themen wie Referenzfehler, unscharfer Objekte (neu- traler: vager Individuenterme) oder dem Zusammenwirken mit modalen Op- eratoren. Das sind jedoch Themen, die ¨uber den Rahmen einer Einf¨uhrung deutlich hinausgehen.

Wenn Pr¨adikatenlogik f¨ur Philosophen also vor allem dazu dient, die Struktur bestimmter Gegenstandsbereiche zu beschreiben, dann versteht es sich von selbst, daß der Semantik der Pr¨adikatenlogik geb¨uhrender Raum gegeben werden muß. Es gibt einen weiteren Grund: Die Semantik der

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Pr¨adikatenlogik ist genau diejenige Theorie, die Tarski als eine Definition des Wahrheitspr¨adikats f¨ur formale Sprachen vorgeschlagen hat. Sie ist damit eine der Grundlagen der modernen Sprachphilosophie und aller Wahr- heitstheorien nach Tarski. Die semantische Theorie der Pr¨adikatenlogik geh¨ort also unbedingt in die Logik-Vorlesung f¨ur Philosophen. Ob dazu auch der vollst¨andige Vollst¨andigkeitebeweis geh¨ort, will ich hier offen lassen.

Was die aussagenlogische Modallogik betrifft, k¨onnen wir uns hier kurz fassen. Philosophische Thesen sind, wie eingangs bereits gesagt, immer modalisierte Thesen. Wenn es so etwas wie eine spezifisch philosophische Logik gibt, dann ist das die Modallogik. Eine der wichtigsten und bleiben- den philosophischen Leistungen des 20. Jahrhunderts ist die Entwicklung einer Theorie philosophisch signifikanter Modalit¨aten, angefangen in den Arbeiten von Kanger und Kripke. Man mag zu diesen Theorien (oder besser gesagt: zu bestimmten Interpretationen dieser Theorien) stehen wie man will. Niemand kann ernsthaft bestreiten, daß diese Theorien einen ganz entscheidenden Einfluß darauf genommen haben, wie weite Teile der Theoretischen Philosophie – aber nicht nur diese – heute betrieben wer- den. Die Modelltheorie der modalen Aussagenlogik geh¨ort deshalb zum Kern-Curriculum einer Logik f¨ur Philosophen. Vollst¨andigkeitsbeweise f¨ur die wichtigsten Systeme bauen auf dem Beweis f¨ur die klassische AL auf;

ein Studienanf¨anger im Fach Philosophie sollte sie durchaus nachvollziehen k¨onnen.

Ein Ausflug zu G¨odels Resultaten gilt oftmals als Kr¨onung einer Logik- Vorlesung. Es wird dabei vorausgesetzt, daß diese Resultate philosophisch so signifikant sind, daß sie trotz erheblicher Schwierigkeiten, den Studien- anf¨angern nahegebracht werden m¨ussen. Worin die Signifikanz besteht, wird jedoch selten erkl¨art. Manchmal wird vage auf das Ende von Hilberts Pro- gramm in der Grundlegung der Mathematik verwiesen, manchmal f¨allt eine Anspielung auf die Natur des menschlichen Geistes, der scheinbar mehr sein muß als ein physisch realisiertes formales System. Vielleicht verspricht sich der eine oder andere Lehrende auch einfach nur, daß ein wenig Glanz vom Mythos G¨odel auf die letzten Vorlesungen im Semester fallen m¨oge. Ich habe mich bisher nicht davon ¨uberzeugen k¨onnen, daß die spezifischen Re- sultate G¨odels den erheblichen Aufwand, sie Studienanf¨angern der Philoso- phie zug¨anglich zu machen, rechtfertigen.

Anders steht es mit dem Ph¨anomen der Selbstbez¨uglichkeit, das in dem Beweis von G¨odel eine zentrale Rolle spielt. Welche Risiken Selbstbez¨uglich- keit in Sprachen birgt, ist ein wichtiges sprachphilosophisches Thema. Diese Risiken werden in einer Reihe von Theoremen auf den Punkt gebracht, zu denen solchen, die von Tarski und L¨ob stammen auch sicher die G¨odelschen geh¨oren. Die modale Beweisbarkeitslogik stellt einen einheitlichen Rahmen f¨ur eine einfache, pr¨azise und f¨ur philosophische Zwecke v¨ollig ausreichende Darstellung dieser Theoremfamilie dar. Die Beweisbarkeitsinterpretation des Operators 2 in die Behandlung der Modallogik mit aufzunehmen, ist also eine durchaus sinnvolle Option, die zugleich eine Br¨ucke zu anspruchs- volleren Behandlungen epistemischer Logik darstellt.

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4.

Mir liegen neun Lehrb¨ucher der Logik vor, die in den letzten Jahren in deutscher Sprache erschienen sind. Ein Buch sei hier gleich aus dieser Reihe ausgeschieden:

In Michael Wolffs Buch Einf¨uhrung in die Logik steht nicht drin, was drauf steht – auch wenn der Klappentext etwas anderes behauptet: “Dieses Lehrbuch erkl¨art allgemeinverst¨andlich Grundlagen und Aufbau der The- orie des deduktiven Schließens und behandelt klassische Aussagen- und Pr¨adikatenlogik.” Das Vorwort des Autors deutet denn auch sogleich an, daß man diesen Satz auf besondere Weise verstehen muß (S. 7): Das Buch unterscheide sich “sowohl hinsichtlich der Methode als auch hinsichtlich seines Inhalts” von anderen Logik-Einf¨uhrungen. Tats¨achlich enth¨alt das Buch ein Pl¨adoyer f¨ur eine recht eigenwillige Auffassung der Logik, die zu pr¨ufen hier nicht der Ort ist. Das Pl¨adoyer n¨ahrt sich von kritischen Be- merkungen zur klassischen Logik, deren nicht sonderlich zwingende Kraft der Novize, der das Buch als Lehrbuch zur Hand genommen hat, gar nicht durchschauen, geschweige denn beurteilen kann. Keine Empfehlung.

Thomas Zoglauers Einf¨uhrung in die formale Logik f¨ur Philosophen ist erstmals 1997 erschienen und wurde 2008 in in vierter Auflage vorgelegt.

Die Typographie ist schauderhaft. Das Buch ist ambitioniert aber pro- blematisch. Es ist ambitioniert im Spektrum der behandelten Themen.

Es enth¨alt Abschnitte ¨uber Peano-Arithmetik, die S¨atze von G¨odel und beinahe 50 Seiten ¨uber Modallogik. Jedoch sind die Ambitionen sehr un- gleichm¨aßig verteilt. Das Buch enth¨alt kaum Metatheorie der AL oder PL.

F¨ur die AL wird eine Beweisidee f¨ur die Vollst¨andigkeit skizziert, die sich im Hinblick auf die PL nicht erweitern l¨aßt. Schaut man genauer hin, wird es problematisch. Z.B. wird behauptet (S. 43), der “tiefere Grund” f¨ur die Paradoxien der materialen Implikation sei “der Umstand, dass die klas- sische Logik keinen Unterschied zwischen m¨oglichen [kontingenten?] und notwendigen Wahrheiten macht. Dieser Mangel l¨asst sich in der Modal- logik beheben, in der der Implikationsbegriff modifiziert wird.” Aber in der Modallogik enstehen die v¨ollig analogen Paradoxien der strikten (d.h.

notwendigen) Implikation. Der “tiefere Grund” f¨ur die Paradoxien der Im- plikation (material oder strikt) ist also sicher woanders zu suchen. Oder:

Von den G¨odelschen Theoremen wird gesagt (S. 112), sie seien “zweifel- los [...] philosophisch gehaltvoll und folgenreich”. Zur Begr¨undung heißt es weiter: “Denn wenn die Mathematik tats¨achlich widerspruchsfrei ist, dann kann sie nicht vollst¨andig sein. [Ok] Dies hieße aber: Es gibt wahre S¨atze, die nicht beweisbar sind. [Die Bedingung der Widerspruchsfreiheit ist weggefallen.] Wir w¨aren daher niemals in der Lage, alle Wahrheiten zu erkennen oder uns Gewissheit ¨uber sie zu verschaffen.” Das folgt nur, wenn Erkennen (oder sich Gewissheit verschaffen) nur als Beweisen (im betra- chteten formalen System) m¨oglich ist – was G¨odel bestreitet und hoffentlich auch sonst niemand behaupten m¨ochte. So l¨aßt sich die philosophische Be- deutung von G¨odels Resultaten also nicht zeigen. Schließlich noch dies:

Der Autor stellt die Wahrheitsbedingungen f¨ur Notwendigkeits- (N) und M¨oglichkeitsbehauptungen (M) in der Kripke-Semantik so dar (S. 128):

[ ]

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N pist wahr inwi⇔ ∀wj ∈W :pist wahr inwj und [sic!] R(wi, wj) M pist wahr inwi ⇔ ∃wj∈W :pist wahr in wj undR(wi, wj)

Die rechte Seite der ersten Klausel wird als Formalisierung der (richtigen) Bedingung “pist wahr in jeder m¨oglichen Weltwj, die vonwiaus erreichbar ist” angeboten. Daß so etwas in einer vierten Auflage zu finden ist, l¨aßt den Leser wenig Vertrauen zum Buch fassen und allenfalls w¨unschen, daß der Autor f¨ur die f¨unfte Auflage seinen Text gr¨undlicher korrekturlesen m¨oge!

Damit kommen wir zu den B¨uchern, die den Mindestanforderungen an Einschl¨agigkeit und Zuverl¨assigkeit gen¨ugen.

Winfried L¨offlers Einf¨uhrung in die Logik ist zwar typographisch nur wenig ertr¨aglicher als Zoglauers Buch, daf¨ur aber inhaltlich solider. Es wird durchaus dem Anspruch gerecht, auch zum Selbststudium geeignet zu sein. Das wird erkauft durch eine gewisse Verbosit¨at. Zu bedauern ist, daß L¨offlers Buch so gut wie keine Metatheorie enth¨alt. Daf¨ur geht es sehr detailliert auf den Prozeß der Formalisierung ein, beschreibt verschiedene Kalk¨ultypen und erkl¨art jeweils deren Vorz¨uge und Schw¨achen. Auch wird im letzten Teil Modallogik behandelt, jedoch leider vorwiegend aus einer wenig erhellenden axiomatischen Perspektive (“axiom chopping”); die Se- mantik der Modallogik wird nur im Sinne eines Entscheidungsverfahrens betrachtet.

Auch Sven Rosenkranz’ Einf¨uhrung in die Logikeignet sich zum Selbst- studium, bietet jedoch eine eingeschr¨anktere Themenauswahl als L¨offlers Buch. Der Autor bem¨uht sich sehr kompetent aber leider so gut wie auss- chließlich darum, die ¨Ubertragung von Argumenten aus nat¨urlicher Sprache in die reduzierte Sprache der AL bzw. PL und deren Rekonstruktion in einem bestimmten Kalk¨ultyp (Lemmons Version eines Sequenzenkalk¨uls) einzu¨uben. Obgleich er das mit viel Geschick, sorgf¨altigen Hinweisen und klug gew¨ahlten Beispielen tut, ist es zu wenig – im Grunde nichts an- deres als der eingangs beklagte Kalk¨uldrill. Erw¨ahnt sei jedoch auch das besonders gelungene letzte Kapitel unter der ¨Uberschrift “Wann kann ein Argument ¨uberzeugen?”, welches weitgehend unabh¨angig vom Rest des Buches ist. Der Verlag (Metzler) wirbt auf dem vorderen Buchdeckel mit dem Aufmacher “mit Aufgaben und Musterklausuren f¨ur BA-Studierende”.

Damit wird suggeriert, daß BA-Studierende der Philosophie sich anhand dieses Buches gezielt auf die Logik-Klausuren in Universit¨aten vorbereiten k¨onnen. Tats¨achlich gilt das nat¨urlich nur f¨ur diejenigen, die Vorlesun- gen besuchen, die vollst¨andig auf Rosenkranz’ Buch, bzw. auf dem darin gew¨ahlten Kalk¨ultyp basieren. Es ist ¨argerlich, daß ein bisher angesehener akademischer Verlag verunsicherte Studienanf¨anger bewußt in die Irre f¨uhrt, um seinen Marktanteil zu vergr¨oßern.

Von Kutscheras und BreitkopfsEinf¨uhrung in die moderne Logikliegt seit 2007 in der achten Auflage vor (zuerst 1971 erschienen). Es handelt sich um ein bew¨ahrtes, solides Lehrbuch, das aber mittlerweile ein wenig in die Jahre gekommen ist und wenig inspirierend wirkt. Es enth¨alt praktisch keine Hinweise auf die Gr¨unde daf¨ur, warum logische Methoden in den letzten 20 Jahren so wichtig f¨ur die Philosophie geworden sind. Von modaler oder mehrwertiger Logik findet sich beispielsweise keine Spur. Dennoch, was die

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Autoren behandeln, das behandeln sie konzise und verl¨aßlich, inklusive der n¨otigen Metatheorie. Als Begleitlekt¨ure zu einer Vorlesung ist das Buch gut geeignet.

Einen thematisch ganz ¨ahnlichen Skopus hat Ansgar BeckermannsEin- f¨uhrung in die Logik (3. Auflage von 2011). Es unterscheidet sich vom vorherigen Werk vor allem durch die didaktisch etwas andere, durchaus

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uberzeugende Aufbereitung des Materials. Alles wird etwas behutsamer, anhand vieler Beispiele und mit eingehenden Erl¨auterungen vorgetragen.

Die, gegen¨uber der AL deutlich anspruchsvollere Semantik der PL wird in zwei Schritten erkl¨art – eine gute Idee, wie ich finde, da viele Studenten in der ersten H¨alfte der Vorlesung mit dieser Theorie leicht ¨uberfordert sind. Was die Auswahl des Materials betrifft, gibt es zwischen diesem und dem vorigen Buch nicht viel zu w¨ahlen. Zum Selbststudium ist das Buch von Beckermann eindeutig besser geeignet. Als Begleiter f¨ur die Vorlesung w¨urde ich pers¨onlich das gestrafftere Buch von Kutscheras und Breitkopfs vorziehen. Meine Tutoren berichten mir jedoch, daß sie eine Pr¨aferenz f¨ur Beckermanns Buch entwickelt haben. Der Leser sollte sich in jedem Fall beide B¨ucher einmal anschauen.

DieEinf¨uhrung in die Logikvon Niko Strobach (erstmals erschienen 2005, 2. Aufl. 2011) ist von allen hier besprochenen B¨uchern das interessanteste.

Es erf¨ullt beinahe alle eingangs besprochenen Desiderata in origineller und ansprechender Weise. Schon ein Durchbl¨attern des Buches macht neugierig auf die Vorlesung. Leider behandelt Strobach gar keine Metatheorie. Das ist schade und eigentlich unverst¨andlich, denn dem Autor, der technisch sicher und scheinbar m¨uhelos auch schwierige Sachverhalte erkl¨art, w¨are auch dies leicht von der Hand gegangen. Freilich hat er es sich in dieser Hinsicht durch die Pr¨aferenz f¨ur sogenanntes Nat¨urliches Schließen schwerer als n¨otig gemacht. Weiter muß gesagt werden, daß sich das Bucher weniger als z.B. von Kutschera und Breitkopf zum Nachschlagen eignet. Das liegt daran, daß der Autor ein originelles Konzept hat, das sich nur im Laufe der Lekt¨ure entfaltet. Trotz dieser Einschr¨ankungen m¨ochte ich das Buch mit Nachdruck empfehlen. Wer das Buch von A-Z (in der Reihenfolge!) gelesen hat, der wird etwas von Logik und ihrer Rolle in der Philosophie verstanden haben.

Zum Schluß kommen wir zu zwei B¨uchern, die hier gewissermaßen außer Konkurrenz betrachtet werden m¨ussen.

Wolfgang Rautenbergs Einf¨uhrung in die Mathematische Logik gibt es schon seit 1996 und liegt nun in dritter Auflage vor. Es geh¨ort gemeinsam mit dem Lehrbuch von Ebbinghaus, Flum und Thomas zu den ¨Aquivalenten in deutscher Sprache der klassischen Einf¨uhrungen von Shoenfield, Mendel- son und einigen anderen. Das Buch ist nicht wirklich geeignet als Begleitung zu einer Vorlesung f¨ur Philosophie-Studenten. Jedoch behandeln die ersten drei Kapitel im wesentlichen das, was auch zum Kanon der philosophischen Vorlesung geh¨ort. Deshalb sind diese Kapitel unbedingt denjenigen H¨orern zu empfehlen, die es genauer wissen und lernen m¨ochten, wie man Logik (auch Philosophische Logik) auf Forschungsniveau darstellt. Auch Kapitel 7 (Beweisbarkeitslogik) ist, wie oben angedeutet, f¨ur Philosophen interes-

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sant. Das Buch ist ¨ubrigens das einzige unter den neun hier besprochenen, das tadellos (n¨amlich in TEX) gesetzt ist.

Graham Priests Einf¨uhrung in die nicht-klassische Logik erschien erst- mals 2001 in englischer Sprache und in einer zweiten, im Umfang ver- doppelten Ausgabe im Jahre 2008. Die vorliegende deutsche ¨Ubersetzung basiert auf dem ersten Teil der aktuellen, zweiten englischen Auflage. In der deutschen Ausgabe fehlt der gesamte neue zweite Teil, der den oben erw¨ahnten Spezialthemen philosophisch interessanter Pr¨adikatenlogik ge- widmet ist. Der Titel des Buches ist nicht ganz zutreffend, denn behan- delt werden neben nicht-klassischen Logiken im eigentlichen Sinne (intu- itionistische, mehrwertige, partielle, dialethische, relevante, und unscharfe Logiken) auch intensionale Erweiterungen der klassischen Logik (Modal- und Konditionallogik). Es handelt sich um nichts weniger als eine sehr umfassende Einf¨uhrung in die Philosophische Logik, geschrieben von einem ihrer originellsten und anerkanntesten Vertretern. Das ist nichts f¨ur eine erste Einf¨uhrung in die Logik aber das konkurrenzlos beste Buch, um eine darauf aufbauende Veranstaltung ¨uber Philosophische Logik zu begleiten.

Eine Marotte des Buches ist die ausschließliche Verwendung von Tableaux.

Auf der einen Seite f¨uhrt das zu einer Vereinheitlichung der Darstellung teil- weise sehr unterschiedlich inspirierter Theorien. Andererseits werden so die syntaktische Darstellung der Logiken und die Vollst¨andigkeitsbeweise des Buches von dem entr¨uckt, was in der Literatur ¨ublicher ist. Letztlich f¨allt diese Pr¨aferenz des Autor nicht zu sehr ins Gewicht, da sich die Logiken, um die es hier geht, haupts¨achlich ¨uber ihre semantische Theorie erschließen, die im Buch immer in wiedererkennbarer Form dargestellt ist.

Ich danke Manfred Kupffer f¨ur wichtige Hinweise und Anregungen.

Beckermann, Ansgar, Einf¨uhrung in die Logik, Berlin (De Gruyter), 2011 (3. Aufl.).

von Kutschera, Franz und Alfred Breitkopf, Einf¨uhrung in die moderne Logik, Freiburg (Karl Alber), 2007 (8. Aufl.).

L¨offler, Winfried, Einf¨uhrung in die Logik, Stuttgart (W. Kohlham- mer), 2008.

Priest, Graham, Einf¨uhrung in die nicht-klassische Logik, Paderborn (mentis), 2008.

Rautenberg, Wolfgang,Einf¨uhrung in die Mathematische Logik, Wies- baden (Vieweg u. Teubner), 2008 (3. Aufl.).

Rosenkranz, Sven, Einf¨uhrung in die Logik, Stuttgart (J.B. Metzler) 2006.

Strobach, Niko, Einf¨uhrung in die Logik, Darmstadt (Wiss. Buchges.) 2011 (2. Aufl.).

Wolff, Michael,Einf¨uhrung in die Logik, M¨unchen (C.H. Beck), 2006.

Zoglauer, Thomas, Einf¨uhrung in die formale Logik f¨ur Philosophen, G¨ottingen (UTB/Vandenkoeck & Ruprecht), 2008 (4. Aufl.).

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