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Ramboll verfügt über langjährige internationale Erfahrung im Bereich Energie aus Abfall und hat weltweit bereits mehr als 100 Anlagen von Planung bis Inbetriebnahme realisiert.
Unsere Expertenteams in Skandinavien, Grossbritannien, Mitteleuropa und den USA nutzen dieses globale Wissen um für unsere Kunden zuverlässige und kosteneffiziente Lösungen zu erarbeiten, welche auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
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Globales Wissen – lokal umGesetzt
Globales wissen lokal umgesetzt_155x235mm.indd 1 11/28/2011 9:53:24 AM
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Überkapazität in der Abfallwirtschaft – Krise oder Chance?
Martin Brunner
Was ist eigentlich Überkapazität?
Die Überkapazität in der Abfallwirtschaft ist ein geflügeltes Wort und immer wieder in aller Munde. Aber was ist dabei unser Bilanzgebiet? Unsere Region? Unsere Nation?
Europa oder die Welt? Und was ist der Maßstab? Die angelieferte Menge oder die Menge, die eigentlich behandelt werden müsste? Wie in allen Abfallfragen: Es gibt immer eine naturwissenschaftliche und eine politische Antwort.
Die naturwissenschaftliche Antwort Solange irgendwo auf der Welt Abfälle so bewirtschaftet werden, dass daraus Belas- tungen für zukünftige Generationen entstehen, kann man nicht von Überkapazität sprechen.
Die politische Antwort Wir scheuen bei uns keine Kosten und Aufwendungen um aus unseren Abfällen Wertstoffe zu machen. Dabei können bei Verfahren, die wir früher für richtig hielten, Überkapazitäten entstehen. Ein gutes Gewissen ist uns wichtiger als eine umwelt-und kostengerechte Abfallbe- handlung.
Bild 1: Der weltweit größte Teil der Abfälle wird auch heute noch ungeordnet deponiert
Dazu einige Zahlen:
• In Deutschland werden etwa ein Drittel der Restabfälle mechanisch biologisch behandelt. Ein wesentlicher Teil davon wird anschließend deponiert und wartet damit auf die fachgerechte Behandlung durch zukünftige Generationen.
• In Europa werden jährlich etwa 500 Millionen Tonnen oder 40 % der Abfälle un- behandelt deponiert. Das dadurch entstehende Methangas trägt wesentlich zu den Treibhausgasemissionen bei.
• Weltweit werden die Abfälle überwiegend auf Deponien, die nicht einmal die mi- nimalen Umweltanforderungen erfüllen, abgelagert. Dadurch wird nicht nur die Gesundheit der Anwohner gefährdet, sondern auch die Umwelt während mehreren hundert Jahren belastet.
Ramboll verfügt über langjährige internationale Erfahrung im Bereich Energie aus Abfall und hat weltweit bereits mehr als 100 Anlagen von Planung bis Inbetriebnahme realisiert.
Unsere Expertenteams in Skandinavien, Grossbritannien, Mitteleuropa und den USA nutzen dieses globale Wissen um für unsere Kunden zuverlässige und kosteneffiziente Lösungen zu erarbeiten, welche auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
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Globales Wissen
– lokal umGesetzt
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Global gibt es bestimmt keine Überkapazität in der Abfallwirtschaft. Aber das hilft den Anlagen, die aufgrund des Abfallmangels nicht wirtschaftlich betrieben werden können, wenig.
Global denken …
Wir halten es für selbstverständlich global zu produzieren. Autos werden aus Japan oder Korea importiert, unsere Haushaltseinrichtung in China und die Kleidung in Indien hergestellt.
Aber die Abfallentsorgung dieser Produkte? Die muss selbstredend lokal gelöst werden.
Macht das wirklich Sinn?
Global denken bedeutet, dass wir auch die Abfallwirtschaft überregional angehen müssen. Es muss möglich sein, englischsprechenden Abfall in einer deutschsprechenden Anlage zu behandeln. Wie in der Produktion müssen vorhandene Kapazitäten, Res- sourcen oder Absatzmöglichkeiten genutzt werden, um Abfall verantwortungsbewusst und kostengerecht zu behandeln.
… lokal handeln
Es ist eine Binsenwahrheit: Langfristig werden diejenigen Anlagen überleben, die genü- gend Abfall (nötigenfalls auch überregional) akquirieren und damit ihre Gesamtkosten so weit senken können, dass sie konkurrenzfähig agieren. Ein Mittel zur Überprüfung des Kostensenkungspotenzials ist das Anlagenassessment, das Ramboll ihren Kunden kostenlos anbietet.
Bild 2: Das Anlagenassessment zielt auf die Erhöhung der Erlöse und die Reduktion der Kosten ab Ziele des Anlagenassessments
Verbesserung der Wirtschaftlichkeit durch:
• Erhöhung des Abfalldurchsatzes,
• Reduktion des Betriebsmittelverbrauchs,
• Optimierung von Wartung und Unterhalt,
• Steigerung der Energieproduktion.
Vorgehen
• Prozessanalyse,
• Identifikation von Stärken und Bereichen mit Verbesserungspotenzial,
• Auswertung von Betriebserfahrungen,
• Bildung von standardisierten Leistungskennzahlen (Benchmark).
In einem ersten Schritt wird durch den Betreiber ein anlagenspezifischer Fragebogen ausgefüllt. Während des anschließenden eintägigen Anlagenbesuchs wird eine erste Pro- zessanalyse durchgeführt und die Schwerpunkte für weitere Untersuchungen festgelegt.
Auf dieser Basis erstellt Ramboll einen Kurzbericht, in dem Optimierungspotenziale definiert und ihre Wirtschaftlichkeit abgeschätzt wird.
Lokal denken … Statt den Abfall zur Anlage zu transportieren, kann man auch die Anlage zum Abfall bringen. Die Versuche, thermische Abfallbehandlungsanlagen global erfolgreich zu bauen und zu betreiben, scheiterten bisher vor allem an den Kosten. Denn Energie aus Abfall ist, auch bei Berücksichtigung der Erlöse aus dem Energieverkauf, um ein Mehrfaches teurer als die Deponie oder die konventionelle Energieerzeugung.
Energie aus Abfall auf globaler Basis wird es geben, wenn es möglich ist eine Zero Gate Fee Anlage zu bauen. Eine Anlage, deren Betrieb sich aus dem Verkauf von Strom und CO2-Zertifikaten finanziert. Dies würde z.B. für Indien bedeuten, dass der Preis einer Anlage etwa ein Viertel einer europäischen Anlage betragen müsste. Eine Illusion?
Warum sollte im Anlagenbau nicht gelingen, was z.B. die Autoindustrie schon erreicht hat? Nämlich durch Vereinfachung, Nutzung von lokalem Wissen und durch inländi- sche Produktion ein angepasstes Produkt zu entwickeln und erfolgreich zu vermarkten.
Eine solche Anlage müsste folgende Kriterien erfüllen:
• ausgelegt für tiefe Heizwerte und einen Anlagenbetrieb ohne Hilfsbrennstoff,
• Fertigung weitgehend im eigenen Land,
• durchdachte Bauweise und Reduktion der Technik auf das Notwendige.
… global handeln Inzwischen haben auch europäische Unternehmen verstanden, dass es einen Markt in Regionen mit offensichtlicher Unterkapazität gibt. Dass dort gleichzeitig tiefe Behand- lungskosten gefordert sind sehen sie als Herausforderung, nicht als Unmöglichkeit.
Dies hat zur Entwicklung von Low Cost Konzepten geführt, bei denen mit den oben beschriebenen Maßnahmen marktgerechte Kosten ohne Einschränkungen bei der Qualität erreicht werden. Nachfolgend zwei Konzepte:
Das Konzept der Firma Jakob Stiefel GmbH Das indische Joint Venture Stiefel McClelland WTE PVT LTD bietet Gesamtanlagen an, die auf der Rosttechnologie der Firma Jakob Stiefel GmbH basiert. Die nachstehend
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abgebildete Anlage hat eine thermische Leistung von 41,1 MW bei einem Heizwert von 7,1 MJ/kg (minimal 5,6 MJ/kg) und einem Abfalldurchsatz von 500 t/d. Die Brutto- stromerzeugung liegt bei 10,4 MW.
Bild 3:
Die von Stiefel McClelland ange- botene Low Cost Anlage
Das LoCal 580 Konzept der Firma Hitachi Zosen Inova
Die Firma Hitachi Zosen bietet mit ihrem indischen Tochterunternehmen das sogenann- te LoCal 580 Konzept an, das auf der Rosttechnologie von Hitachi Zosen Inova basiert und mit einer thermischen Leistung von 33,9 MW, bei einem Heizwert von 5,86 MJ/kg (minimal 4,6 MJ/kg) und einem Abfalldurchsatz von 500 t/d eine elektrische Brutto- leistung von 8,5 MW erreicht.
Bild 4:
Die von Hitachi Zosen Inova angebotene Low Cost Anlage LoCal 580
Um das beschriebene Zero Gate Fee Konzept zu erreichen, d.h. die Anlage rein über die Stromerzeugung finanzieren zu können, müssen Investitionskosten im Bereich von 2 Millionen EUR/MWe erreicht werden. Zum Vergleich: Bei europäischen Anlagen liegt diese Kennzahl bei 6 Millionen EUR/MWe oder höher.
Das Projekt Kotte Den Beweis, dass sich diese Idee umsetzen lässt, hat RenewGEN angetreten. RenewGEN ist ein indisches Joint Venture zweier großer Baukonzerne (NCC und TKK), die sich zum Ziel gesetzt haben, Energie aus Abfall auf dem indischen Subkontinent zu ermög- lichen. Ramboll AG hat RenewGEN in den letzten Monaten in der Erstellung des Pro- jektes unterstützt und ist auch in der Ausführungsphase als Generalplaner vorgesehen.
Gebaut wird diese Anlage in Kotte, im Westen von Sri Lanka, etwa 15 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Colombo durch Hitachi Zosen gemeinsam mit lokalen Partnern. Die Anlage besteht aus einer Linie und hat einen nominalen Durchsatz von 500 t/d. Die Finanzierung wird unter anderem über die Weltbank sichergestellt und alle notwendigen Bewilligungen für den Bau der Anlage sind erteilt. Der Baubeginn ist 2013 geplant.
Die Anlage besteht aus einer konventionellen Rostfeuerung mit vertikalem Kessel. Der letzte Teil des Kessels ist als Primärluftvorwärmer ausgebildet. Die Abgasreinigung besteht aus einem Quasi-Trocken Verfahren mit Gewebefilter. Zur Reduktion der Dioxine und des Quecksilbers wird Kalk und Herdofenkoks zudosiert, die Stickoxide werden mit einem SNCR Verfahren reduziert. Die Abgas-Emissionen entsprechen den Europäischen Richtlinien. Der Dampf (46 bar, 410 °C) wird in einer Kondensati- onsturbine verstromt.
Abfall
Strom
Reingas Rostfeuerung Dampferzeuger Quasi-Trocken Gewebefilter
Dampf Turbine
Bild 5: Verfahrenskonzept des Kotte Projektes
Überkapazität in Europa? Eine Chance für innovative Konzepte weltweit Mit diesem Projekt wird ein neuer Meilenstein für die Nutzung des Abfalls als Energie- träger gesetzt. Das Projekt soll zeigen, dass Energie aus Abfall mit einem hohen Stan- dard auch in Schwellen- und Entwicklungsländern erschwinglich ist und ein wichtiger Baustein einer sinnvollen und nachhaltigen Abfallwirtschaft sein kann. Ein Baustein, mit dem nicht nur die Abfallprobleme vermindert, sondern der reichlich vorhandene Abfall auch auf nachhaltige Weise für die dringend notwendige Energieversorgung genutzt wird. Die Überkapazität in Europa ist vielleicht lokal eine Krise – der weltweite Bedarf eindeutig eine Chance.
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Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Strategie Planung Umweltrecht – Band 7
Karl J. Thomé-Kozmiensky, Andrea Versteyl.
– Neuruppin: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky, 2013 ISBN 978-3-935317-93-1
ISBN 978-3-935317-93-1 TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky
Copyright: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky Alle Rechte vorbehalten
Verlag: TK Verlag Karl Thomé-Kozmiensky • Neuruppin 2013
Redaktion und Lektorat: Professor Dr.-Ing. habil. Dr. h. c. Karl J. Thomé-Kozmiensky, Dr.-Ing. Stephanie Thiel, Elisabeth Thomé-Kozmiensky, M.Sc.
Erfassung und Layout: Petra Dittmann, Sandra Peters,
Martina Ringgenberg, Ginette Teske, Ulrike Engelmann, LL. M., Ina Böhme Druck: Mediengruppe Universal Grafische Betriebe München GmbH, München
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