Philipps-Universität Marburg Fachbereich Chemie
Veranstaltung: Übungen im Experimentalvortrag WS 2007/08
Protokoll
zum Experimentalvortrag
Textilfärberei
vom 29.11.2007
vorgelegt von
Franziska Behrmann Zwischenhausen 5
35037 Marburg
Hinweis:
Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule).
Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht heruntergeladen werden, unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende:
http://www.chids.de/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Geschichte der Textilfärberei
3. Textilfarbstoffe und Färbeverfahren 3.1. Küpenfärbung
3.2. Direktfärbung
3.3. Entwicklungsfärbung 3.4. Reaktivfärbung
3.5. Transferdruck 4. Waschen
5. Schulrelevanz 6. Literatur
S. 03
S. 03
S. 05
S. 09
S. 14
S. 16
S. 19
S. 23
S. 24
S. 26
S. 26
1. Einleitung:
Die Textilfärberei ist eines der Themen, die die Menschen schon seit langer Zeit interessieren und welches noch heute von enormer Bedeutung für das alltägliche Leben ist. Dieser Vortrag soll einen Einblick in die geschichtliche Entwicklung der Textilfärberei geben und zudem verschiedene Färbeverfahren explizit vorstellen.
2. Geschichte der Textilfärberei:
Schon sehr früh gab es bei den Menschen den Wunsch, dass die Kleidung neben Schutz auch Farben besitzt. So wird vermutet, dass Beobachtungen, dass Früchte, Beeren, Wurzeln und ähnliches bleibende Flecken auf Fasern und Gewebe
hinterlassen, zur Erforschung der Textilfärberei führten. Zunächst war es jedoch nur möglich, zum Färben Pflanzen- und Tierextrakte zu verwenden. Die Entwicklung der Textilfärberei bis heute sei in der folgenden Übersicht gezeigt.
3000 v. Chr.
Färbung von Textilien und Leder mit Pflanzen- und Tierextrakten in Ägypten (z.B. Indigo = blau, Safran = gelb)
1100 v. Chr.
Verbreitung der Farbengewinnung im Mittelmeerraum
(Karmin (rot) aus Kermesschildläusen, Purpur aus Purpurschnecken, Schellack aus asiatischen Lackschildläusen)
550 farbig bedrucktes Gewebe in Persien ab
8. Jh.
Anlegung von Rezeptsammlungen (Vorschriften zur Herstellung und Anwendungen von Farbstoffen)
1400
-1600 Entdeckung neuer Rohstoffe für Farbgewinnung 1771 Pikrinsäure als erster synthetischer Farbstoff
1828 Patent auf die Abscheidung eines roten Farbstoffes aus Krappwurzeln = Alizarin
ab 1827
Industrielle Verfahren zur Gewinnung von Naturfarbstoffen aus Naturprodukten = Extraktion
Entstehung der ersten Extraktionsfabriken für Farbstoffe ( MERCK in Darmstadt, RIEDEL in Berlin, GEIGY in Basel)
1834 Anilin aus Schwarzkohleteer
1856 Entdeckung des leuchtend violetten Farbstoffes Mauvein aus Teer 1859 Entdeckung der färbenden Wirkung von Diazoverbindungen (ab 1861
industrielle Herstellung)
1863 Gründung der Farbwerke Hoechst bei Frankfurt 1864 Synthese des ersten Nitrofarbstoffs
6. April Gründung der Aktiengesellschaft „Badische Anilin- und Soda-Fabrik“
1865 (BASF) in Mannheim
1870 Technische Synthese von Krapprot oder Alizarin 1871 Entdeckung des Fluoresceins (BAEYER)
1877 Erstes deutsches Farbstoff-Patent (Methylenblau)
1880 BAEYER erhält das erste Patent zur Herstellung von Indigo
1901 BASF entdeckt neuen blauen Farbstoff Indanthren-Blau, der Indigo in Wasch- und Lichtechtheit übertrifft
1925 Erste Rapidecht-Entwicklungsfarben für Textildruck
1950 Erste Oniumfarbstoffe (Entwicklungsfarbstoffe), die direkt auf der Faser erzeugt werden können
1954 Einsatz der ersten Reaktivfarbstoffe
1960 Entwicklung neuer Farbstoffe für vollsynthetische Fasern
1966 Cottestren-Farbstoffe für Mischgewebe aus Baumwolle und Polyester Heute Etwa 7000 Farbstoffe bekannt (für spezielle Einsatzzwecke abgestimmt) 1990
545000 t Textilfarbstoffe zum Färben von Fasern verbraucht, 2/3 davon allein für Baumwolle
lediglich 46000 t Farbstoffe zum Färben von Papier
3. Textilfarbstoffe und Färbeverfahren:
Um über Textilfarbstoffe reden zu können braucht man jedoch zunächst eine Definition:
Ganz allgemein kann alles, was dem menschlichen Auge farbig erscheint, zu den Farbstoffen gezählt werden.
Genauer betrachtet können die Farbstoffe als eine Sammelbezeichnung für in einem
Anwendungsmedium lösliche Farbmittel, die sich mit den zu färbenden Stoffen
verbinden, aufgefasst werden. Dabei handelt es sich bei den Farbstoffen meist um
organische Substanzen
Im Gegensatz dazu stehen die Pigmente. Sie sind unlösliche anorganische oder organische Substanzen und den Farbstoffen an Strukturvielfalt, Anzahl und
Leuchtkraft, jedoch nicht absatzmäßig unterlegen. Es sind heutzutage beispielsweise über 7000 Farbstoffe, jedoch nur etwa 100 Pigmente bekannt.
Zusätzlich unterscheidet man die Farbstoffe nach ihrer Herkunft in synthetische oder natürliche Farbstoffe.
Doch wie kommt die Farbe überhaupt zustande? Dazu gibt es eine Theorie der Farbe und Konstitution. Farbigkeit entsteht zunächst durch Absorption von Licht einer bestimmten Wellenlänge. Das restliche Licht wird reflektiert, wobei nun der
absorbierte Anteil fehlt, so dass das menschliche Auge die Komplementärfarbe wahrnimmt. Zudem überträgt das absorbierte Licht Energie auf das Molekül ( E h ). Dadurch kommt es zur Anregung von Elektronen. Elektronen aus -Bindungen anzuregen benötig sehr viel Energie, wohin gegen die Anregung von Elektronen aus
-Bindungen leichter ist. Farbigkeit ist demzufolge eine Anregung von -Elektronen aus dem HOMO in das LUMO. Benötigt werden dafür konjugierte Doppelbindungen im Molekül. Je ausgedehnter das -Elektronensystem ist, also je mehr
Doppelbindungen in Konjugation zueinander stehen, desto geringer sind die HOMO- LUMO-Abstände und desto leichter können die Elektronen angeregt werden (s. Bild 1: Vergleich zwischen Ethylen und Butadien).
*
*
HOMO LUMO
*
*
Ethylen Butadien
Bild 1: geringerer HOMO – LUMO- Abstand bei ausgedehnterem -System
Zudem bestimmt der HOMO-LUMO-Abstand die längerwellige Absorption, das heißt
je geringer die HOMO-LUMO-Abstand sind, desto längerwellig ist das absorbierte
Licht. Dadurch wird eine Verschiebung der Wellenlängen in den für das menschliche
Auge sichtbaren Bereich erzielt, so dass Farbe wahrnehmbar wird (bathochromer Effekt).
Heutzutage sind über 7000 Farbstoffe bekannt. Um diese einzuteilen gibt es verschiedene Möglichkeiten.
a) Chemiker nehmen eine Einteilung der Farbstoffe nach rein chemischen Aspekten vor. Dabei achten sie auf chromophoren, also farbgebenden, Gruppen und nehmen keine Rücksicht auf den Verwendungszweck.
z.B.: Azo-, Anthrachinon-, Cyaninfarbstoffe, etc.
b) In der Färbepraxis werden Farbstoffe hingegen nach ihrem Verhalten gegenüber der Faser eingeteilt, ohne auf die Konstitution zu achten.
z.B.: Direkt-, Dispersions-, Entwicklungsfarbstoffe, etc.
c) Der Colour-Index gibt in einer fünfstelligen Zahl und / oder einer
Buchstabenfolge ebenfalls Informationen über Konstitution, Namen oder Trivialnamen von Farbstoffen wieder.
d) Im Vertrieb können Farbstoffe nach ihren Handelnamen eingeteilt werden.
Dieser Vortrag wird sich im Folgenden an der Einteilung, die in der Färbepraxis gängig ist, orientieren.
Dabei gibt es verschiedene Färbetechniken, für die sich unterschiedliche Farbstoffe eignen.
a) Färbebad : unter anderem geeignet für Küpen-, Entwicklungs- und Reaktivfarbstoffe.
b) Auftrag: geeignet für Dispersions- und Pigmentfarbstoffe.
c) Direkte Einfärbung: einzig für substantive Farbstoffe geeignet.
Jedoch sind nicht alle Farbstoffe und Färbetechniken für jede Faserart geeignet. Um dies zu verdeutlichen folgt
Versuch 1: Xanthoproteinreaktion
Geräte:
2 Demoreagenzgläser
Glasstab
Pinzette Baumwolle Wolle
Chemikalien:
Konz. Salpetersäure
Durchführung:
In das erste Demoreagenzglas gibt man eine Probe des Baumwollstoffs und in das zweite Reagenzglas ein Stück der Wolle. Anschließend werden beide Proben jeweils mit 50 mL konzentrierter Salpetersäure übergossen.
Beobachtung:
Während bei der Wolle eine Gelbfärbung eintritt bleibt der Baumwollstoff unverändert.
Auswertung:
Es werden zunächst die in diesem Vortrag verwendeten Fasern Wolle, Baumwolle und Polyester betrachtet.
1) Baumwolle: Baumwolle ist eine Cellulosefaser oder genauer ein
Polysaccharid. Diese ist aus ß-D-Glucosemolekülen aufgebaut, welche durch 1, 4 – Verknüpfungen zu faserförmigen Makromolekülen verbunden sind.
O OH
OH O O
H
O O
H
OH O O
H
Bild 2: Ausschnitt aus einer Cellulosefaser
2) Polyester: Bei Polyester handelt es sich um durch Polykondensation mehrbasiger Säuren mit mehrwertigen Alkoholen hergestellte
makromolekulare Stoffe mit der Gruppe –O-CO-.
O R 1
O R 2
O O
n
Bild 3: Ausschnitt einer Polyesterfaser wobei z.B.: R1= -CH2-CH2- oder R2= -C6H4-
3) Wolle: Wolle ist ein Polypeptid mit folgendem Aufbau (s. Bild 3), wobei es sich bei den Resten um jeweils unterschiedliche Aminosäurereste handelt.
NH NH
NH NH
...
O
O
O
O R
R
R
R ...
O
Bild 4: Ausschnitt einer Wollfaser
Bei der Xanthoproteinreaktion handelt es sich nun um eine
Proteinnachweisreaktion, das heißt es ist eine Nachweisreaktion für aromatische Reste. Wie oben gezeigt besitzt Baumwolle keine aromatischen Reste, so dass keine Reaktion mit dieser Faser stattfindet.
Bei der Wolle jedoch sind 3 aromatische Aminosäurereste bekannt, so dass die Nachweisreaktion in diesem Fall positiv ausfällt.
Bild 5: Die drei bekannten aromatischen Aminosäurereste
Der Mechanismus der Xanthoproteinreaktion soll im Folgenden am Beispiel von
Tyrosin erklärt werden, wobei die restliche Cellulosefaser durch R ersetzt sei.
R OH
farblos
R OH NO
2H
R OH NO
2H
R OH NO
2H
R OH
+NO
2+ N O
2+H - H
+R OH
NO2
- Komplex gelb
Diese Reaktion ist eine elektrophile aromatische Substitution. Zunächst kommt es zu einem nukleophilen Angriff des Aromaten an das Nitrosylkation, welches in der konzentrierten Salpetersäure enthalten ist. Dadurch kommt es zur Ausbildung des σ – Komplexes, in dem das Kation in vier mesomeren Grenzformeln vorliegen kann. Durch anschließende Deprotonierung kommt es zur Rearomatisierung und zur Ausbildung der gelben Farbe.
3.1 Küpenfärbung:
Der bekannteste Küpenfarbstoff ist Indigo, welcher jedoch Anfang des 20.Jahrhunderts durch die Indanthrenfarbstoffe in Licht- und Waschechtheit übertroffen wurde.
Im Mittelalter gab es eine so genannte Blaulücke, das es nicht möglich war, klare und tiefe Blautöne aus Pflanzen- oder Tierextrakten zu gewinnen. Die einzige Möglichkeit solche Farbtöne zu erzielen war, Lapislazuli-Halbedelsteine aus Übersee zu Pulver zu zermalen. Diese Halbedelsteine waren jedoch sehr teuer und schwer zu beschaffen, so dass kräftige Blautöne eine Exklusivität waren, welche für Madonnenfiguren oder Königsmäntel verwendet wurden.
Die Anfänge der Blaufärberei mit Indigo sind auf dem indischen Subkontinent zu
verzeichnen, daher stammt auch der Begriff Indigo = „der Indische“. Die
Portugiesen brachten das klare tiefe Blau des Indigos schließlich nach Europa.
Zu dieser Zeit war das Blau ein sehr kostbares Handelsgut und sogar wertvoller als Gold.
Gewonnen werden kann Indigo dabei aus verschiedenen Pflanzen, in denen eine Vorstufe des Indigos enthalten ist. Zum einen gibt es die Indigopflanze, welche in tropischen – subtropischen Gebieten wächst und zum anderen den Färberwaid, der auch in gemäßigten Zonen wie Deutschland wächst. Jedoch ist der
Farbstoffgehalt in der Indigopflanze ungefähr 30-mal höher als in der
Färberwaidpflanze. So war der indische Indigo noch immer billiger als der Indigo, der aus dem heimischen Färberwaid gewonnen wurde, und es kam zum Ende des 18. Jahrhunderts zur vollkommenen Verdrängung des Waidbaus durch den Kolonial-Indigo.
Die Geschichte der Synthese beginnt im Jahre 1870 mit einem Wettstreit um die erste Indigosynthese, da Indigo zu dieser Zeit sogar wertvoller als Gold war. Adolf Baeyer gelang 1878 als erster die Indigosynthese. Jedoch war zu diesem
Zeitpunkt die Indigoformel noch nicht einmal entschlüsselt. Diese wurde erst 1883 aufgeklärt. Zwischen 1880 und 1883 gab es zwei Verfahren von Adolf Baeyer zur Synthese von Indigo, zum einen auf Basis von Zimtsäure und zum anderen mit ortho-Nitrobenzaldehyd. Jedoch waren beide Verfahren zu unwirtschaftlich, da zum Beispiel der Ausgangsstoff für ortho-Nitrobenzaldehyd Toluol ist und davon lediglich 5000 – 6000 Tonnen pro Jahr zu Verfügung standen, aber bereits 4 Tonnen Toluol für 1 Tonne Indigo benötigt wurde.
Im Jahre 1890 fand Karl Heumann heraus, dass beim Verschmelzen von Phenylglycin oder auch Phenylglycin-ortho-carbonsäure mit festem
Kaliumhydroxid ebenfalls Indigo entsteht. BASF erwarb beide Patente und konnte diese Verfahren sehr schnell umsetzten, da alle Ausgangsstoffe von ihnen selbst produziert wurden. Jedoch stellte sich bald heraus, dass das Verfahren mit Phenylglycin lediglich eine Indigoausbeute von 10 % ergab.
So konnte am 10. Juli 1897 nach über 17 Jahren Forschungs- und
Entwicklungsarbeit das erste synthetisch hergestellte Indigo auf dem Markt käuflich erworben werden. Das synthetische Indigo kostete bei der
Markteinführung 16 Mark / kg, das raffinierte Indigo hingegen 20 Mark / kg.
BASF hatte bis zu diesem Zeitpunkt bereits 18 Millionen Goldmark, mehr als das
gesamte Grundkapital, in die Erforschung von Indigo investiert, jedoch nach
bereits fünf Jahren wurden 30 % des BASF-Gesamtumsatzes durch die Indigofabriken erwirtschaftet.
Kurz darauf fand Johannis Pfleger eine entscheidende Verbesserung des Heumann-Verfahrens, indem er durch Einsatz von Natriumamid als
Kondensationsmittel den Ringschluss zum Indoxyl ermöglichte und somit eine höhere Ausbeute ermöglichte.
Dieses Verfahren nach Heumann und Pfleger wird noch heute verwendet und die Weltjahresproduktion liegt bei 17000 Tonnen. Davon werden 40 % bei BASF hergestellt und 99 % der gesamten Indigoproduktion gehen in die Jeansindustrie.
Versuch 2: Indigosynthese nach Baeyer
Geräte:
50 mL Erlenmeierkolben Messpipette
Glasstab
Chemikalien:
Ortho-NItrobenzaldehyd Aceton
Dest. Wasser
Natronlauge (w = 10 %) Ethanol
Diethylether
Durchführung:
In dem Erlenmeierkolben werden zunächst 1 g ortho-Nitrobenzaldehyd in 3 mL Aceton gelöst und anschließend unter Umschwenken 3 mL ention. Wasser
zugegeben. Unter ständigem Umrühren mit dem Glasstab werden tropfenweise 4 mL Natronlauge zugegeben.
Die entstehenden Kristalle werden abfiltriert und mit Ethanol und Diethylether
gewaschen.
Beobachtung:
Die zunächst grüne Lösung wird dunkelblau – violett, erwärmt sich kräftig und es fallen violette Kristalle aus.
Auswertung:
H O
N+O O-
N+
CH3 OH O
O O- C
H3 CH3 O +
N+
CH3
O O
OH O- H
N
CH3
O O
H HO
- H 2O
N CH3 O
O
+
HO-N
CH3 O
O-
OH N
O
+
O- CH3 O
N O
2
N H O
N H
O
Zunächst reagiert das ortho-Nitrobenzaldehyd in einer Aldolreaktion mit dem Aceton und nach einer intramolekularen Redox-Reaktion wird das ortho- Nitrophenylmilchsäureketon gebildet. Nach zweimaliger Wasserabspaltung kommt es anschließend zu einem Ringschluss.
Unter Einfluss von Hydroxidionen wird Acetat abgespalten und es entsteht Indoxyl, welches zum gewünschten Produkt Indigo dimerisiert.
Wie die Färbung mit Indigo anschließend durchgeführt werden kann, zeigt der nächste Versuch.
Versuch 3: Küpenfärbung mit Indigo
Geräte:
Porzellanmörser Pipette
Messpipette
600 mL Becherglas
Magnetrührer mit Thermofühler und Rührfisch
Chemikalien:
Indigo Ethanol
Natronlauge (c = 2 mol / L) Ention. Wasser
Natriumdithionit Baumwolle
Durchführung:
0,3 g Indigo werden im Porzellanmörser mit etwas Ethanol verrieben und anschließend 10 mL Natronlauge zugegeben. Diese Suspension wir in ein Becherglas mit 100 mL 70 ° C warmen ention. Wasser gegeben. Zusätzlich werden 2 g Natriumdithionit zugefügt. Die Stoffprobe wird kurze Zeit in der gelb- grünen Lösung getränkt und anschließend unter fließendem Wasser gewaschen.
Beobachtung:
Nach kurzer Zeit fängt der Farbstoff an, sich zu lösen und die zuvor blaue Lösung färbt sich gelb – grün. Die so genannte Indigoküpe ist entstanden. Taucht man die Baumwollstoff in diese Lösung, so verfärbt er sich zunächst ähnlich gelb – grün, jedoch beim Waschen unter fließendem Wasser nimmt der Stoff
zunehmend die typische blaue Farbe des Indigos an.
Auswertung:
Bei der Küpenfärbung mit Indigo tritt das Problem auf, dass Indigo selbst
wasserunlöslich ist und somit nicht auf die Faser im Färbebad aufgezogen
werden kann. Daher muss eine wasserlösliche Form des Indigos, das so genannte Leuko-Indigo, erreicht werden. Dies geschieht durch Reduktion mit Natriumdithionit. Die Leuko-Form hat eine gelbe – grüne Farbe und kann im Färbebad auf die Faser aufziehen. In der Faser wird der Farbstoff durch starke van-der-Waals-Kräfte gebunden und durch den Luftsauerstoff schließlich wieder zum blaugefärbten Indigo zurück oxidiert. Dieser Farbstoff ist schließlich sehr wasch- und lichtecht, jedoch nicht sonderlich reibecht.
Indigo Leuko - Indigo
farblose Faser gefärbte Faser
R e d u k t i o n O x i d a t i o n
Indigo
Bild 6: Schematische Darstellung der Küpenfärbung
3.2 Direktfärbung:
Ein weiteres Färbeverfahren ist die direkte Einfärbung, die in der nächsten Demonstration näher betrachtet werden soll.
Demonstration 1: Direktfärbung mit Kongorot
Geräte:
600 mL Becherglas
Magnetrührer mit Rührfisch und Thermofühler
Baumwolle Wolle Polyester
Chemikalien:
Kongorot Natriumchlorid Natriumcarbonat
Durchführung:
In 100 mL 60 ° C warmen Wasser 0,25 g Kongorot lösen. Anschließend 15 g Natriumchlorid und 0,5 g Natriumcarbonat zugeben. Die Fasern in die Lösung geben, die Lösung zum Kochen erhitzen und die Fasern 30 Minuten drin belassen. Danach die Fasern unter fließendem Wasser abwaschen.
Beobachtung:
Die Baumwoll- und Wollefasern werden tiefrot gefärbt, wohingegen die Polyesterfaser nur blassrot wird.
Auswertung:
Kongorot ist der erste substantive Azofarbstoff, der technisch von Bedeutung war.
Heute wird er jedoch als Abkömmling des Benzidins als krebserregend eingestuft und daher nicht mehr verwendet.
Kongorot ist ein koplanarer Farbstoff, das bedeutet alle vier aromatischen
Systeme liegen in einer Ebene. Dadurch kann eine sehr große gegenseitige
Anziehung zwischen den Farbstoffmolekülen entstehen, so dass der Farbstoff
sehr gut für dieses Färbeverfahren geeignet ist.
O
3S
NH
2N
N N
N N H
2SO
3Na
+Na
+Bild 7: Kongorot
Im Färbebad ist ein direktes Aufziehen des Farbstoffs ohne Vorbehandlung der Faser möglich, da der Farbstoff in der Lösung in kolloidaler Form vorliegt. Dabei lagern sich die Farbstoffmoleküle in den intermicellaren Räumen der Faser ein und bilden dort so genannte Farbstoffassoziate, eine Zusammenlagerung mehrere Farbstoffmoleküle zu größeren Molekülen. Jedoch ist der Farbstoff nur durch schwache van-der-Waals-Kräfte in der Faser gebunden, so dass „freies“
Wasser die Assoziate aufheben kann und der Farbstoff relativ leicht aus der Faser gewaschen werden kann. Aufgrund dieser geringen Waschechtheit ist das Verfahren der Direktfärbung in der Industrie rückläufig.
A u f z i e h e n
farblose Faser eingefärbte Faser
Kongorot
Bild 8: Schematische Darstellung der Direktfärbung
3.3 Entwicklungsfärbung:
Ein weiters Färbeverfahren ist die Entwicklungsfärbung, welche im nächsten Versuch näher betrachtet werden soll.
Versuch 4: Entwicklungsfärbung
Geräte:
Messzylinder
2 Bechergläser 250 mL Eisbad
Magnetrührer mit Rührfisch Baumwolle
Wolle Polyester
Chemikalien:
ß-Naphthol Ethanol
Natronlauge (c = 2 mol/L) Sulfanilsäure
Natriumnitrit
Salzsäure (c = 2 mol/L) Ention. Wasser
Durchführung:
In dem ersten Becherglas wird eine Spatelspitze ß-Naphthol in 10 mL Ethanol gelöst. Es werden 40 mL ention. Wasser und 10 mL Natronlauge zugefügt.
In dem zweiten Becherglas wird zunächst eine Spatelspitze Sulfanilsäure in 10 mL Natronlauge gelöst. Zu dieser Lösung gibt man 1 Spatelspitze Natriumnitrit, welches zuvor in 20 mL ention. Wasser gelöst wurde. Diese Lösung ist
anschließend auf unter 5 ° C zu kühlen. Ohne Überschreitung dieser Temperatur werden langsam 20 mL Salzsäure zugefügt.
Alle Stoffproben sind nun gleichzeitig zunächst in das erste Becherglas und danach in das zweite Becherglas zu geben und anschließend unter fließendem Wasser zu waschen.
Beobachtung:
Aus den zuvor farblosen Lösungen entsteht nach Eintauchen der Stoffproben
eine orange Farbe im zweiten Becherglas, welche die Baumwoll- und Wollfaser
gut färbt, jedoch für die Polyesterfaser ungeeignet ist.
Auswertung:
Die Entwicklungsfärbung umfasst zunächst alle Verfahren, bei denen Farbstoffe entstehen. In der Literatur wird jedoch häufig nur die Zweikomponentenfärbung in diesem Zusammenhang erwähnt. Dabei wird durch Reaktion von zwei
verschiedenen Komponenten ein Farbstoff auf der Faser erzeugt, häufig handelt es sich dabei um Erkupplung von Azofarbstoffen. Der neu gebildete Farbstoff wird dabei durch Adsorption auf der Faser gebunden und somit entsteht eine hohe Wasch- und Lichtechtheit.
In diesem Versuch wird die Faser zunächst in dem ersten Becherglas mit der Kupplungskomponente ß-Naphthol getränkt.
O H
Bild 9: ß-Naphthol
In dem zweiten Becherglas wird zunächst ein Nitrosylkation gebildet.
O N O - Na +
H C l - N a C l
O N OH
H +
O N O + H H O N O + H
H
N + O N O + + H 2 O
Dabei wird das Natriumnitrit durch Säurezugabe zweimal protoniert und nach anschließender Wasserabspaltung entsteht das Nitrosylkation, welches in zwei mesomeren Grenzformeln vorliegt.
Gibt man nun Sulfanilsäure in die Lösung mit dem Nitrosylkation, so kommt es zu
einem nukleophilen Angriff. Anschließend finden zunächst eine Deprotonierung
und danach ein Protonentransfer satt, so dass nach erneuter Protonierung und
anschließender Wasserabspaltung das Diazoniumkation entsteht. Dieses liegt
wiederum in zwei mesomeren Grenzformeln vor.
Trifft die mit der Kupplungskomponente ß-Naphthol getränkte Faser in diese Lösung, so kommt es nach dem Mechanismus einer elektrophilen aromatischen Substitution am aktivierten Aromaten zu einer Azokupplung und der orange Azofarbstoff wird direkt auf der Faser erzeugt.
HO
3S N
+N
O H
+
HO
3S N
N O H
H
- H
+HO
3S N
N O H
3.4 Reaktivfärbung:
Ein weiteres Färbeverfahren, die Reaktivfärbung, wird im nächsten Versuch
erläutert.
Versuch 5: Reaktivfärbung
Geräte:
2 600 mL Bechergläser
2 Magnetrührer mit Thermofühler und Rührfischen Pipette
Glasstab Baumwolle Polyester
Chemikalien:
LEVAFIX Brillantblau Eisessig
Natriumchlorid Natriumcarbonat
Durchführung:
Es werden jeweils 0,5 g LEVAFIX Brillantblau in 100 mL Wasser bei Raumtemperatur gelöst.
1. Becherglas:
Zu dem gelösten Farbstoff werden 4 - 5 Tropfen Eisessig (pH = 4 – 5), die
Faserproben und 5 g Natriumchlorid gegeben. Unter gelegentlichem Rühren wird die Lösung 10 Minuten bei Raumtemperatur stehen gelassen. Danach wird die Lösung auf 40 – 50 ° C gewärmt und erneut 20 Minuten stehen gelassen.
2. Becherglas:
Zu der Farbstofflösung werden die Stoffproben und 5 g Natriumchlorid gegeben und das Ganze unter gelegentlichem Umrühren 10 Minuten bei Raumtemperatur stehen gelassen.
Anschließend werden 2 g Natriumcarbonat (pH = 6 – 7) zugegeben, die Lösung
auf 40 – 50 ° C erhitzt und erneut 20 Minuten stehen gelassen.
Danach werden die Stoffproben jeweils unter fließendem kaltem Wasser
gewaschen und danach kurz in kochendem Wasser aufgekocht, bevor sie erneut unter fließendem Wasser gewaschen werden.
Beobachtung:
Die Baumwollfaser wird in dem ersten Becherglas, in dem die saure Lösung enthalten ist, hellblau gefärbt, in dem zweiten Becherglas, welches eine alkalische Lösung enthält, wird die Faser hingegen tiefblau gefärbt.
In beiden Fällen jedoch ist das Färbeverfahren für Polyester ungeeignet.
Auswertung:
Reaktivfarbstoffe sind nach folgendem Prinzip aufgebaut:
farbgebende Komponente Reaktivkomponente
Chromophor Brückenglied/ Elektrophil Abgangsgruppe direkte Bindung
hydrophile Gruppe
Bei dem hier verwendeten LEVAFIX Farbstoff gilt:
Hydrophile Gruppe = Sulfonsäuregruppe Chromophor = Anthrachinongerüst Brückenglied = aromatisches Amin Reaktivgruppe = Schwefelsäureester
O
O
NH
2SO
3H
N H
S
O O S
O H
O O O
Bild 10: LEVAFIX Brillantblau
Es genügt für den Reaktionsmechanismus die Reaktivkomponente zu betrachten (restlicher Farbstoff wird mit F abgekürzt).
Im basischen Milieu kommt es zuerst zu einer Eliminierung von Hydrogensulfat, so dass das Vinylsulfon gebildet wird. Dieses ist der Reaktivanker des Farbstoffs und reagiert im nächsten Schritt in einer Additionsreaktion unter Ausbildung eine Etherbrücke mit der Cellulosefaser. In dieser Ausbildung einer kovalenten
Bindung zwischen dem Farbstoff und der Faser besteht zudem der Unterschied zu den zuvor vorgestellten Färbeverfahren.
O OH
OH O O
H
O H OH
OH O
O OH
OH O O
H O
OH H OH
O O
H
O O
O NH2
SO3H
N H
S
O O
O Farbstoff
Cellulosefaser
Bild 11: Prinzip der Reaktivfärbung
Damit es zu einer solchen Reaktion kommen kann, benötigen die Fasern reaktive Gruppen. Somit ist es notwendig die unterschiedlichen Fasern auf ihre
Tauglichkeit hin zu betrachten.
Baumwolle besitzt primäre und sekundäre Alkoholgruppen. Jedoch sind die
primären Alkoholgruppen reaktiver, so dass dies die reaktiven Stellen der
Baumwolle sind.
Wolle besitzt ebenfalls sekundäre und primäre Alkoholgruppen und zudem noch Amingruppen, welche die reaktiven Stellen der Wollfaser darstellen.
Polyester jedoch besitzt keine reaktiven Gruppen, so dass es zu keiner Färbung kommen kann.
O OH
OH O
OH O
OH OH
O OH