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Begrüßung (Hans-Christoph Pietsch)

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Gottesdienst aus der St. Annenkirche Zepernick bei Bernau bei Berlin am letzten Sonntag

nach Epiphanias, 31. Januar 2021

Orgelmusik: „Herbei, o Ihr Gläubigen“

(J. G. Stehle)

Begrüßung (Hans-Christoph Pietsch)

Lied EG 52 „Wisst Ihr noch, wie es geschehen“

1. Wisst ihr noch, wie es geschehen?

Immer werden wir's erzählen:

Wie wir einst den Stern gesehen Mitten in der dunklen Nacht, Mitten in der dunklen Nacht.

2. Stille war es um die Herde.

Und auf einmal war ein Leuchten Und ein Singen ob der Erde, Dass das Kind geboren sei, Dass das Kind geboren sei.

3. Eilte jeder, dass er's sähe Arm in einer Krippe liegen.

Und wir fühlten Gottes Nähe.

Und wir beteten es an, Und wir beteten es an.

4. Könige aus Morgenlanden Kamen reich und hoch geritten, Dass sie auch das Kindlein fanden.

Und sie beteten es an, Und sie beteten es an.

5. Und es sang aus Himmelshallen:

Ehr sei Gott! Auf Erden Frieden!

Allen Menschen Wohlgefallen, Welche guten Willens sind!

Welche guten Willens sind!

6. Immer werden wir's erzählen, wie das Wunder einst geschehen Und wie wir den Stern gesehen Mitten in der dunklen Nacht, Mitten in der dunklen Nacht.

Pfarrer: Der Herr sei mit Euch!

Und mit Deinem Geist!

Psalm 97 (Singt Jubilate Seite 266)

Der HERR ist König, des freue sich das Erdreich und seien fröhlich die Inseln, soviel ihrer sind.

Wolken und Dunkel sind um ihn her, Gerechtigkeit und Gericht

sind Seines Thrones Stütze.

Feuer geht vor Ihm her

und verzehrt ringsum Seine Feinde.

Seine Blitze erleuchten den Erdkreis, das Erdreich sieht es und erschrickt.

Berge zerschmelzen wie Wachs vor dem HERRn, vor dem Herrscher der ganzen Erde.

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Die Himmel verkündigen Seine Gerechtigkeit, und Seine Herrlichkeit sehen alle Völker.

Schämen sollen sich alle, die den Bildern dienen und sich der Götzen rühmen.

Betet Ihn an, alle Götter!

Denn Du, HERR, bist der Höchste über allen Landen,

Du bist hoch erhöht über alle Götter.

Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,

wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen

Wir erkennen uns vor Gott:

Gott, wir möchten, dass Du uns nahe kommst und halten uns Dich doch vom Leibe.

Wir möchten, dass Du uns ins Licht stellst und verbergen uns doch vor uns selbst und vor Dir.

Wir wünschten, dass unser Leben ein Ziel bekommt und sind doch froh, wenn uns Deine Welt

nicht zu nahe geht.

Wir rufen zu Dir:

Kyrie eleison – Herr, erbarme Dich!

Christe eleison – Christe, erbarme Dich!

Kyrie eleison – Herr, erbarm Dich über uns!

So lesen wir im Neuen Testament im 2. Korintherbrief:

Vertraut auf Gott, der spricht: „Licht soll aus der

Finsternis hervorleuchten. Der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.“

Ehre sei Gott in der Höhe

und auf Erden Fried, den Menschen ein Wohlgefallen Wir loben, preisn, anbeten Dich, für Deine Ehr wir danken, dass Du, Gott Vater, ewiglich, regierst ohn alles Wanken. Ganz ungemessn ist Deine Macht, allzeit geschieht, was Du bedacht, wohl uns solch eines Herren.“

Lasst uns beten:

Gott der Barmherzigkeit,

Du hast uns Jesus als Deinen lieben Sohn gezeigt, auf den wir hören sollen.

Darum bitten wir Dich: Hilf, dass wir Seine Vollmacht anerkennen und durch Ihn das wahre Leben finden, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt

und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Lesung aus dem AltenTestament

für den letzten Sonntag nach Epiphanias im 2. Buch Mose (Exodus) im 3. Kapitel Mose hütete die Schafe Jitros, seines

Schwiegervaters, des Priesters in Midian, und trieb die

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Schafe über die Wüste hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb.

Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde.

Da sprach er: Ich will hingehen und diese

wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt.

Als aber der HERR sah, dass er hinging, um zu

sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Er sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land!

Und er sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.

Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen, und ihr Geschrei über ihre Bedränger habe ich gehört; ich habe ihre Leiden erkannt.

Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie aus diesem Lande hinaufführe in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt, in das Gebiet der

Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter.

Weil denn nun das Geschrei der Israeliten vor mich gekommen ist und ich dazu ihre Drangsal gesehen habe, wie die Ägypter sie bedrängen,

so geh nun hin, ich will dich zum Pharao senden,

damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst.

Mose sprach zu Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten?

Er sprach: Ich will mit dir sein. Und das soll dir das Zeichen sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr Gott dienen auf diesem Berge.

Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen?

Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt.

Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der HERR, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht.

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Halleluja! Die Himmel verkündigen Seine

Gerechtigkeit, und die Völker sehen Seine Herrlichkeit.

Halleluja!

Gemeinde singt: Halleluja, Halleluja, Halleluja

Lied EG 450 „Morgenglanz der Ewigkeit“

1) Morgenglanz der Ewigkeit, / Licht vom

unerschaffnen Lichte, schick uns diese Morgenzeit / Deine Strahlen zu Gesichte

und vertreib durch Deine Macht / unsre Nacht.

2) Deiner Güte Morgentau / fall auf unser matt Gewissen;

lass die dürre Lebens-Au / lauter süßen Trost genießen

und erquick uns, Deine Schar, / immerdar.

3) Gib, dass Deiner Liebe Glut / unsre kalten Werke töte,

und erweck uns Herz und Mut / bei entstandner Morgenröte,

dass wir eh wir gar vergehn, / recht aufstehn.

4) Ach Du Aufgang aus der Höh, / gib, dass auch am Jüngsten Tage unser Leib verklärt ersteh /

und, entfernt von aller Plage,

sich auf jener Freudenbahn / freuen kann.

5) Leucht uns selbst in jener Welt, /

Du verklärte Gnadensonne;

führ uns durch das Tränenfeld / in das Land der süßen Wonne,

da die Lust, die uns erhöht, / nie vergeht.

Evangelium für den letzten Sonntag nach Epiphanias

bei Matthäus im 17. Kapitel, Verse 1-9 Ehr sei Dir, o Herre

Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia;

die redeten mit ihm. Petrus aber antwortete und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. Als er noch so redete, siehe, da

überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt

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von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.

Lob sei Dir, o Christe!

Gemeinde singt: Lob sei Dir, o Christe

Lied EG 67 „Herr Christ, der einig Gotts Sohn“

1) Herr Christ, der einig Gotts Sohn, Vaters in Ewigkeit,

aus Sein‘m Herzen entsprossen, gleichwie geschrieben steht, Er ist der Morgensterne, Sein Glänzen streckt Er ferne vor andern Sternen klar;

2) für uns ein Mensch geboren im letzten Teil der Zeit,

dass wir nicht wärn verloren vor Gott in Ewigkeit,

den Tod für uns zerbrochen, den Himmel aufgeschlossen, das Leben wiederbracht:

3) lass uns in Deiner Liebe und Kenntnis nehmen zu, dass wir am Glauben bleiben, Dir dienen im Geist so,

dass wir hier mögen schmecken Dein Süßigkeit im Herzen

und dürsten stets nach Dir.

4) Du Schöpfer aller Dinge, Du väterliche Kraft,

regierst von End zu Ende kräftig aus eigner Macht.

Das Herz uns zu Dir wende und kehr ab unsre Sinne, dass sie nicht irr‘n von Dir.

5) Ertöt uns durch Dein Güte, erweck uns durch Dein Gnad.

Den alten Menschen kränke, dass der neu’ leben mag und hier auf dieser Erden den Sinn und alls Begehren und G’danken hab zu Dir.

Predigt

Liebe Schwestern und Brüder,

„Poesie ist nichts Harmloses, sie ist die genaueste und treffendste Beschreibung von Wirklichkeit. Poesie ist das, was durch mich hindurchgegangen und Sprache geworden ist, äußerst subjektiv – und gerade deshalb gültig. Der Pfarrer und Poet Kurt Marti hat dies wie kaum jemand spürbar

gemacht.“ So hieß es im

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Februar 2017, als der Schweizer Pfarrer und Poet Kurt Marti kurz nach seinem 96. Geburtstag gestorben war in einem Nachruf von Kurt Martis jüngerem Kollegen Erich Garhammer.

Predigten sind manchmal Kunstwerke, dazu muss man kein Poet sein, manches Mal aber verschmelzen der Prediger und der Poet oder die Poetin und die Predigerin. Und vor allem, darauf machte Kurt Marti aufmerksam, sollten Predigen, Dialoge sein - so monologisch sie der Form nach auch sein mögen (denn hier spricht ja nur eine Person für ungefähr 15 Minuten). „Predigen“, so sagte Kurt Marti, „für mich ist das Dialog. Dauergespräch, ich bin wohl eher

Dialogiker als Einwegmissionar“.

Ich war Theologiestudent in Berlin, als ich Anfang der neunziger Jahre einen Band mit Gedichten von Kurt Marti das erste Mal in die Hände bekam in einer Bibliothek. Reimen tat sich da nichts, und alle Worte waren kleingedruckt, keinerlei Großschreibung, weder die Satzanfänge noch Eigennamen, ja sogar das Wort „Gott“ begann mit einem kleinen „g“. Das sah alles etwas merkwürdig aus für mich als Leser, aber das machte den Inhalt der Buchseiten natürlich noch interessanter.

Der Schweizer Kurt Marti, ich wusste, dass er nicht nur Poet, sondern auch Pfarrer war, und das war förmlich mit Händen zu greifen zwischen den Buchdeckeln.

In dem Evangelischen Gesangbuch, das 1993 erschien – es wurde höchste Zeit, das Gesangbuch von davor stammte aus dem Jahre 1950, dort befindet sich auch ein Lied mit einem Text von Kurt Marti von 1971 unter der Rubrik „Ende des Kirchenjahres“.

Und weil es das einzige vertonte Gedicht von Kurt Marti in unserem Gesangbuch ist, singen wir es

nachher im Gottesdienst. „Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt“. Eine Vertonung von einem Bibelwort aus dem 21. Kapitel der Johannes-

Offenbarung, wo Gott selber davon spricht, einen neuen Himmel und eine neue Erde zu erschaffen.

„Ein engagierter und kritischer Literat“. So würdigt das evangelische Gesangbuch Kurt Marti im Anhang.

Vor ein paar Wochen machte eine Kollegin im Internet darauf aufmerksam: Der letzte Sonntag nach

Epiphanias am 31. Januar – das ist der 100.

Geburtstag von Kurt Marti. In unserer Kirchenzeitung war am Donnerstag eine ganze Seite über ihn als Nachruf und posthume Gratulation abgedruckt.

Dass dieser 100. Geburtstag mit dem letzten Sonntag in der Epiphaniaszeit, dem Schluss vom Weihnachts- festkreis, zusammenfällt, das passt zu einem Pfarrer, der seine Literatur mit dem theologischen Begriff

„Epiphanie“, also „Erscheinung“, beschrieben hat.

Es geht darum, die Tiefendimension der Wirklichkeit zur Sprache zu bringen. Durch Sprache das Wunder zu entdecken, akribisch und mit Zärtlichkeit.

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Kurt Marti sagte einmal: „Insofern ist Lyrik

die Sprachform der Zärtlichkeit. Ein Haar, ein Blick, ein Blatt werden in ihr unendlich wichtig, werden Epiphanien des Lebens überhaupt.“

Wir verdanken Kurt Marti aber auch christliche

Gebrauchstexte für den Gottesdienst, unter anderem ein Glaubensbekenntnis, das er bewusst genauso aufgebaut hat wie das älteste christliche Glaubens- bekenntnis, das „Apostolische“ – lange Zeit hatte man angenommen, es gehe auf die Jünger Jesu, die

Apostel, direkt zurück, daher dieser Name.

Kurt Marti nannte seine Neufassung jedenfalls ganz bewusst ein „nachapostolisches Bekenntnis“.

Vorher jedoch soll es um den wahrscheinlich

bekanntesten Text von Kurt Marti gehen, aus seiner Textsammlung „leichenreden“ von 1969.

Er kritisiert darin sichtbar die Formel aus christlichen Beerdigungen dieser Zeit, die vorsah, jeweils zu sagen: „Nachdem es dem Herrn, unserm Gotte,

gefallen hat, unseren Bruder/unsere Schwester xy aus diesem Leben abzuberufen…“

Ja, wir bekennen: Gott ist Herr über Leben und Tod.

Aber nach dem Tod eines Menschen zu sagen, es habe Gott „gefallen“, ihn abzuberufen aus diesem Leben, das ist zutiefst missverständlich und wohl auch wenig seelsorglich orientiert. Man versucht damit, jeden Tod mit einem göttlichen Ratschluss zu

versehen, und Kurt Marti macht mit seinem Gedicht

deutlich: Das geht zu weit. Er empfindet diesen Halbsatz, der behauptet, es habe Gott „gefallen“, einen Menschen abzuberufen aus diesem Leben, als leere Worthülse, wenn nicht sogar als ein in der Konsequenz unbarmherziges Ritual.

Kurt Marti schreibt:

dem herrn unserem gott

hat es ganz und gar nicht gefallen dass gustav e. lips

durch einen verkehrsunfall starb erstens war er zu jung

zweitens seiner frau ein zärtlicher mann drittens zwei kindern ein lustiger vater viertens den freunden ein guter freund fünftens erfüllt von vielen ideen

was soll jetzt ohne ihn werden?

was ist seine frau ohne ihn?

wer spielt mit den kindern?

wer ersetzt einen freund?

wer hat die neuen ideen?

dem herrn unserem gott

hat es ganz und gar nicht gefallen dass einige von euch dachten es habe ihm solches gefallen

im namen dessen der tote erweckte im namen des toten der auferstand:

wir protestieren gegen den tod gustav e. lips.

Liebe Schwestern und Brüder,

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viele Gewohnheiten, über Gott zu denken und Redemuster werden in diesem Text aus den

„leichenreden“ von 1969 nicht nur kritisch gesehen, sondern auch auf dem Schiff der Theologie, des Redens von und über Gott, über Bord geworfen.

Überall da, wo Menschen traurig waren, weil ein lieber Mensch viel zu früh gestorben war, aus dem Leben gerissen wurde, da habe ich als Pfarrer immer wieder gemerkt, wie die klare Haltung von Kurt Marti hinter diesem Gedicht Hilfe und Orientierung in der

Seelsorge bietet: Gott hat es überhaupt nicht gefallen, dass dieser Mensch viel zu früh gestorben ist,

und nein – darin liegt auch kein tieferer Sinn, den wir armen Menschen freilich jetzt noch nicht erkennen können in unserem Schmerz, sondern „im namen des toten der auferstand“ – Gott weint mit uns, wenn uns so etwas Schlimmes widerfährt. Bei Ihm, der so tief in unsere Menschlichkeit hinabgekommen ist in der Geburt als Jesuskind in der Krippe und am Kreuz wie ein Verbrecher qualvoll hingerichtet als Jesus von Nazareth unter der höhnischen Überschrift „König der Juden“ – Gott ist an unserer Seite und kann uns Kraft und Halt und einen langen Atem geben,

denn den brauchen wir in solchen Lebenslagen.

Nun aber kommen wir noch zu dem Text von Kurt Marti, dem er den Namen gab: „Ein nachapostolisches Bekenntnis“. Es erschien 1985, also vor ungefähr 35 Jahren und lautet:

„ich glaube an gott der liebe ist

den schöpfer des himmels und der erde ich glaube an jesus

sein menschgewordenes wort

den messias der bedrängten und unterdrückten der das reich gottes verkündet hat

und gekreuzigt wurde deswegen

ausgeliefert wie wir der vernichtung des todes aber am dritten tag auferstanden

um weiterzuwirken für unsere befreiung bis dass gott alles in allem sein wird ich glaube an den heiligen geist

der uns zu mitstreitern des auferstandenen macht zu brüdern und schwestern derer

die für gerechtigkeit kämpfen und leiden

ich glaube an die gemeinschaft der weltweiten kirche an die vergebung der sünden

an den frieden auf erden für den zu arbeiten sinn hat und an die erfüllung des lebens

über unser leben hinaus»

Liebe Schwestern und Brüder,

im Alter von fast 90 Jahren hatte Kurt Marti auf einer Tagung ein Interview gegeben, dort hatte er die

Hintergründe der Entstehung von diesem bewusst an das apostolische Glaubensbekenntnis angelehnten Bekenntnistext erläutert.

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Es war damals die Zeit nach seiner Pensionierung;

Kurt Marti hatte damals Zeit zum Nachdenken und Zeit, Rückschau zu halten.

In der reformierten Kirche, der evangelischen Kirche der Schweiz, wo Kurt Marti Pfarrer war, ist ein

Glaubensbekenntnis nicht Bestandteil im Gottesdienst.

Und obwohl ihm das als Pfarrer nie gefehlt hatte, das betonte er im Interview, versuchte Kurt Marti, ein eigenes Bekenntnis zu formulieren. Allerdings legte er dieses nicht irgendeiner kirchlichen Instanz vor,

sondern – wie er es in dem Interview ausdrückte: er versteckte diesen Text in einem Gedichtbändchen mit dem Titel „abendland“.

Dort wurden theologisch Interessierte auf dieses Glaubensbekenntnis aufmerksam.

Kurt Marti wollte sich an der Bibel orientieren bei diesem Text. Er greift in seinem nachapostolischen Glaubensbekenntnis beispielsweise den Satz aus dem 1. Johannesbrief im Neuen Testament auf: „Gott ist die Liebe“ und schreibt darum gleich ganz oben: „ich glaube an gott der liebe ist“.

Und Kurt Marti fand auch, dass vom Jesus der Bibel im Apostolischen Glaubensbekenntnis nur wenig bis gar nichts enthalten ist.

Da wird von Jesu Geburt erzählt, von Seiner

Kreuzigung unter Pontius Pilatus, und eigentlich steht

dazwischen nur das Wort „gelitten“ als Beschreibung Seines Lebens – und das in einer Religion, wo die Person Jesu als Gottes Sohn doch so zentral ist.

„Ich habe“, so sagte es Kurt Marti im Interview

„versucht, aus dem rein christozentrischen Bekenntnis ein jesuanisches zu machen“. Und so heißt es bei ihm:

„ich glaube an jesus / sein menschgewordenes wort / den messias der bedrängten und unterdrückten / der das reich gottes verkündet hat / und gekreuzigt wurde deswegen/ ausgeliefert wie wir der vernichtung des todes /aber am dritten tag auferstanden

um weiterzuwirken für unsere befreiung / bis dass gott alles in allem sein wird.“

Warum nun hat sich Kurt Marti trotz der alten Worte aus frühchristlicher Zeit nun an den Aufbau vom Apostolischen Glaubensbekenntnis orientiert, an den drei Teilen: „Ich glaube an Gott, den Vater, an den Sohn und den Heiligen Geist“? Und hierzu habe ich in dem Interview von 2010 gelesen: Kurt Marti sah in diesem Bild der Dreieinigkeit, der Trinität, mit der viele Christen ja Schwierigkeiten im Glauben haben, Kurt Marti sah in diesem Denkbild „ein ungeheures

Potential an Möglichkeiten weiterzudenken. Denn es bedeutet ja, dass Gott kein Autokrat ist, sondern eine Beziehungsgemeinschaft, und dass in dieser

Beziehungsgemeinschaft der Dreieinheit die urdemokratischen Prinzipien von Mitsprache,

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Mitbeteiligung enthalten sind. Für mich“, so sagte Kurt Marti, „ist die Trinität irgendwie ein Urmodell oder ein Sinnbild der Demokratie – und Gott insofern als

dreieiniger Gott urdemokratisch“. Das ist die Sprache von einem Poeten, nicht unbedingt die von einem Pfarrer – ich will mir für den Sonntag nach Pfingsten, der heißt ja Trinitatis, auf jeden Fall diese Zeilen noch genauer vornehmen… Ja, Gott hat uns als freie

Menschen in einer offenen Gesellschaft vor Augen, davon reden die 10 Gebote im Alten Testament: „Ich bin der HERR, Dein Gott, der ich Dich befreit habe aus der Knechtschaft“, und im Neuen Testament heißt es im Galaterbrief sehr eindeutig bei Paulus: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit“ (Galater 5, Vers 1).

Die Urzeugung von Demokratie in Gott selbst. Kurt Marti beschreibt diese Vorstellung im Interview als

„einen unerhört anregenden und vielleicht sogar revolutionären Gedanken“.

Dieser Charakter findet sich dann eben auch im dritten und letzten Glaubensartikel in Kurt Martis

„Nachapostolischem Bekenntnis“: „ich glaube an den heiligen geist / der uns zu mitstreitern des

auferstandenen macht / zu brüdern und schwestern derer / die für gerechtigkeit kämpfen und leiden /

ich glaube an die gemeinschaft der weltweiten kirche / an die vergebung der sünden / an den frieden auf erden / für den zu arbeiten sinn hat / und an die erfüllung des lebens über unser leben hinaus»

Kurt Marti wird in dem Interview noch gefragt, ob es einen Anlass gegeben habe, ein solches Bekenntnis zu formulieren. Sein theologischer Lehrer, der

Schweizer Karl Barth, hatte einmal festgehalten, neue Bekenntnisse brauche es bei einer neuen Heraus- forderung, sie folgten ihr wie der Donner dem Blitz.

Karl Barth hatte das ja selbst erlebt in der Nazizeit, als er die Barmer Theologische Erklärung von 1934

wesentlich mitgestaltete als Zeugnis der Bekennenden Kirche im Dritten Reich.

Einen bestimmten Anlass habe es nicht gegeben, sagt Kurt Marti. Allerdings stieß er als Pfarrer immer wieder auf eine Fülle von Beliebigkeit in der Kirche, dem wollte er etwas entgegensetzen. Außerdem hatte er den Eindruck, seine Schweizer Kirche wurde in der zeitgenössischen eidgenössischen Wahrnehmung zu oft reduziert auf eine Instanz für das Leben nach dem Tod – dagegen hatte Kurt Marti ja schon 15 Jahre vor dem Glaubens-Bekenntnis protestiert mit seinen

„leichenreden“, in den fünf Fragen zur Trauer um Gustav E. Lips.

Die Focussierung auf das Jenseits…Aber große Teile der Bibel, so hatte es Kurt Marti festgestellt, seien

„radikal diesseitig“, und Jesus habe Seine Jünger ausgesandt ins Diesseits. Und auch darum habe er dieses nachapostolische Glaubensbekenntnis

gedichtet. „Damit wir selber über unseren Glauben ins Klare kommen oder ein bisschen klarer sehen.

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Wir würden erkennbarer für andere Religionen, für Atheisten…Wir würden auch für uns selber erkennbarer. Dazu wäre ein Bekenntnis hilfreich.

Eine Orientierungshilfe zur Selbsterkenntnis, zur Erkennbarkeit für die anderen.“

Liebe Schwestern und Brüder,

In dem Artikel zum 100. Geburtstag von Kurt Marti in unserer Kirchenzeitung vom Donnerstag heißt es:

„Die gängige Kirchensprache schien ihm immer leerer, unaufrichtiger, weit weg vom wirklichen Leben“.

Christian Feldmann hat das geschrieben, ein

Schriftstellerkollege von ihm. Kurt Marti hat mit seinen Texten als Poet und seinem theologischen

Problembewusstsein als Pfarrer viele nötige Denkanstöße geliefert.

Darum ist es gut, heute im Gottesdienst an ihn in Wort und Musik zu erinnern, der von seinen Texten verlangt habe, sie sollten eine „Epiphanie“ sein, eine

Erscheinung, am letzten Sonntag nach Epiphanias, zumal wir als Spruch für die neue Woche in der Bibel im Prophetenbuch Jesaja im 60. Kapitel lesen können:

„Über Dir geht auf der HERR, und Seine Herrlichkeit erscheint über Dir.“ Amen.

Kleiner Chor: „Tollite hostias“

(Camille de Saint-Saens)

Tollite hostias, Bringt Opfergaben et adorate Dominum

atrio sancto ejus.

und betet den Herrn an in Seinem heiligen Vorhof.

Laetentur coeli, et exultet terra

Die Himmel sollen sich freuen, und die Erde soll jauchzen a facie Domini, vor dem Herrn,

quoniam venit.

Alleluja. denn Er kommt. Alleluja.

Glaubensbekenntnis

Abkündigungen; Kollekte für die Aktion

„Sühnezeichen Friedensdienste“, Infos unter www.asf-ev.de

sowie www.ekbo.de/spenden

Lied EG 153 „Der Himmel, der ist“

1. Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt, wenn einst Himmel und Erde vergehen.

2. Der Himmel, der kommt, das ist der kommende Herr, wenn die Herren der Erde gegangen.

3. Der Himmel, der kommt, das ist die Welt ohne Leid, wo Gewalttat und Elend besiegt sind.

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4. Der Himmel, der kommt, das ist die fröhliche Stadt und der Gott mit dem Antlitz des

Menschen.

5. Der Himmel, der kommt, grüßt schon die Erde, die ist, wenn die Liebe das Leben verändert.

Fürbitte Lebendiger Gott,

Licht lässt Du aufscheinen in dieser Welt.

Wie sehr sehnen wir uns danach.

Wie dringend braucht es Deine Schöpfung.

Wie abhängig ist die Welt von Deinem Licht.

Wir bitten Dich um Licht

in den Herzen und Köpfen der Mächtigen,

damit Besonnenheit ihre Entscheidungen bestimmt, damit Klugheit ihr Handeln regiert,

damit Weisheit ihre Worte lenkt.

Um Dein Licht, Lebendiger, bitten wir Dich.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir bitten Dich um Licht

in den Kliniken und an den Betten der Sterbenden, damit die Pflegenden gesund bleiben,

damit die Kranken genesen,

damit Lebensmut die Schatten des Todes vertreibt und Trost die Trauernden erreicht.

Um Dein Licht, Lebendiger,

bitten wir Dich.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir bitten Dich um Licht

an den Orten des Grauens und der Angst, an den Orten der Zerstörung,

an den Orten des Aufbruchs und der Hoffnung, damit Dein Leben einkehrt.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir bitten Dich um Licht in Deiner Gemeinde, in den Herzen aller,

die Dir, Lebendiger, vertrauen.

Um Dein Licht und Deine Liebe, bitten wir Dich.

Durch Jesus Christus lass es aufscheinen – heute und alle Tage.

Wir rufen zu Dir: Herr, erbarme Dich!

Wir verbinden unsere Stimmen in dem Gebet, das Jesus uns zu beten beigebracht hat:

Vaterunser…

Lied EG 53 „Als die Welt verloren“

1. Als die Welt verloren, Christus ward geboren, in das nächt’ge Dunkeln fällt ein strahlend Funkeln.

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Und die Engel freudig singen, unterm Himmel hört man’s klingen.

Gloria, gloria, gloria, in excelsis Deo.

2. Und die Engelscharen bei den Hirten waren, brachten frohe Kunde von des Heilands Stunde.

„Bei den Herden nicht verweilet und nach Bethlehem hin eilet.“

Gloria, gloria, gloria, in excelsis Deo.

3. Zu dem heil’gen Kinde eilten sie geschwinde, konnten staunend sehen, was da war geschehen:

Gott im Himmel schenkt uns allen mit dem Kind Sein Wohlgefallen.

Gloria, gloria, gloria, in excelsis Deo.

Segen

Amen, Amen, Amen

Orgelmusik: „Fröhlich soll mein Herze springen“ (Karl Wolfrum)

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