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Zirkulärer Schub in der Schweizer Wirtschaft

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Academic year: 2022

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KREISLAUFWIRTSCHAFT

46 Die Volkswirtschaft  8–9 / 2019

Zirkulärer Schub in der Schweizer Wirtschaft

Die Wirtschaftsdachverbände Economiesuisse und Swissmem begrüssen die Fortschritte hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft. Das zeigt auch die Vielzahl der Initiativen aus der Privat- wirtschaft. Der Staat ist gleichzeitig für die geeigneten Rahmenbedingungen verantwortlich. 

Rebecca Knoth-Letsch, Christine Roth

D

ie Schweiz hat aufgrund des hohen Wohlstandsniveaus einen überdurch- schnittlichen Ressourcenverbrauch.1 Das stellt sie vor Herausforderungen, wenn sie negative Auswirkungen auf Umwelt und Ge- sellschaft vermeiden und Versorgungsrisiken minimieren will. Obwohl noch Steigerungs- potenzial besteht, ist die Schweiz auf gutem Weg: Bei der Ressourcenproduktivität, die den ökonomischen Output pro Einheit ver- arbeitetem Material misst, gehört sie zu den Spitzenreiterinnen.2 Und es ist ihr gelungen, das Wirtschaftswachstum vom Ressourcen- verbrauch zu entkoppeln.3 Weil die Schweiz ihren Ressourcenverbrauch allerdings teil- weise auch ins Ausland verlagert, rückt die Nachhaltigkeit der Lieferketten ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Auch beim Recycling geniesst die Schweiz international einen sehr guten Ruf4, und aus der ursprünglichen Ab- fallentsorgung entwickelte sich ein bedeu- tender Wirtschaftszweig.

Nachhaltigkeit als Chance

Die Maschinen-, Elektro- und Metallindust- rie (MEM-Industrie) hat ein Interesse an die- sen Entwicklungen und setzt zunehmend darauf, dass Materialkreisläufe geschlossen und möglichst nachhaltige Produkte entwi- ckelt werden. Ausschuss soll intern wieder- verwendet werden, und der modulare Aufbau

1 Siehe Bfs.admin.chund Bafu.admin.ch.

2 Siehe Eea.europa.eu.

3 Siehe OECD (2017). OECD-Umweltprüfbericht Schweiz 2017 (Kurzfassung), Paris.

4 Siehe Swissrecycling.ch.

Abstract    Immer mehr Schweizer Akteure und Hersteller etablieren kreislauffähige Prozesse. Dabei sollen Produkte entweder in geschlossenen Kreisläufen über viele Le- benszyklen immer wieder genutzt oder biologisch rückstandslos abgebaut werden.

Solche Prozesse bergen grosses Potenzial, um sich gegen begrenzte Ressourcen ab- zusichern und ein wirtschaftliches Wachstum ohne Übernutzung der Natur zu garan- tieren. Eine Umstellung des Geschäftsmodells ist jedoch auch mit Risiken und Investi- tionen verbunden.

von Maschinen soll den Unterhalt und die Re- paraturen vereinfachen.

Für eine vernetzte und weltweit agieren- de Branche wie die MEM-Industrie haben solche nachhaltigen Aktivitäten auch globale Auswirkungen. Die Schweiz ist innovations- stark5 und gilt als Technologielieferantin, welche Verfahren und Anlagen für die Res- sourcennutzung bereitstellt. So können Ein- sparungen, Effizienzfortschritte oder höhe- re Produktionsstandards auch bei Schwes- terwerken in Drittländern Realität werden.

Beispielsweise hat der Schweizer Kabel- und Elektrotechnikspezialist Huber + Suhner in China ein Werk nach Schweizer Standard erstellt, welches die Ansprüche bezüglich Nachhaltigkeit erfüllt.6

Neue Businessmodelle

Nachhaltiger Ressourcengebrauch ist dar- auf ausgerichtet, die Energie und den Mate- rialeinsatz bei der Herstellung von Produkten und Dienstleistungen zu minimieren. Gleich- zeitig soll die Lebensdauer der Erzeugnis- se optimiert und Abfälle möglichst vermie- den werden. Durch Sammlung, Trennung, Be- handlung und Verwertung der verbleibenden Abfälle werden Sekundärrohstoffe hergestellt und in die Wirtschaft eingespeist. Dass diese Sekundärmaterialien von guter Qualität sind, ist heute oft noch ein Knackpunkt. Ausser- dem muss sich die Rückgewinnung sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich lohnen.

5 Siehe Globalinnovationindex.org.

6 Siehe Hubersuhner.com.

Dazu wird das Prinzip der nachhaltigen Ressourcenwirtschaft idealerweise im Busi- nessmodell integriert. Aussichtsreiche An- satzpunkte für Unternehmen sind der Ausbau des Geschäftes mit Reparaturen und Unter- halt sowie das Anbieten von Leasingmodel- len. Auch die Digitalisierung dürfte ein wich- tiges Element bei der Umsetzung der Kreis- laufwirtschaft sein. Die digitale Vernetzung von Maschinen und deren Überwachung er- lauben beispielsweise eine vorausschauende Wartung. Damit werden unnötiger Material- verlust und Produktionsausfälle verhindert.

Aber eine Umstellung des Geschäftsmo- dells ist mit Risiken verbunden und benötigt zusätzliche Investitionen. Ausserdem müssen Fragen geklärt werden, wie zum Beispiel: Was sind die Bedürfnisse der Kunden? Und wel- che Technologien sind überhaupt verfügbar?

Ausserdem müssen die Firmen eruieren, wel- che alternativen Materialien sich eignen, wie sie die Finanzierung sicherstellen können und wer Eigentümer der zu vermietenden Pro- dukte ist. Um diese Hürden zu meistern, kön- nen neue Formen der Zusammenarbeit inner- und ausserhalb der Branche sowie der Aufbau neuer Kompetenzen hilfreich sein.

Als Lohn für die Mühen winkt den Unter- nehmen eine zunehmende Eigenständigkeit:

Sie sind weniger abhängig von der Verfüg- barkeit der Ressourcen und von den Liefer- ländern. Ausserdem versprechen Ökodesign und die Wiederverwertung der Rohstoffe Kosteneinsparungen. Das Modell der Kreis- laufwirtschaft steigert die Kundenbindun- gen und zudem werden durch Leasing- oder Mietmodelle neue Marktsegmente erschlos- sen. Makroökonomisch verspricht eine res- sourceneffiziente Produktion aufgrund redu- zierter Materialkosten und geringerer Volati- lität der Rohstoffpreise Vorteile.

Auch der Staat kann seinen Beitrag leis- ten, indem er liberale Rahmenbedingungen für ein innovationsfreundliches Umfeld ge- währleistet. Konkrete Massnahmen müss- ten wohlüberlegt und ausgewogen sein und

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DOSSIER

KEYSTONE

Dank wiederverwertbarer Materialien wie Aluminium sind Unternehmen unabhängiger von Rohstoffen und haben tiefere Materialkosten.

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KREISLAUFWIRTSCHAFT

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könnten beispielsweise aus der Schaffung von geeigneten Anreizen und der Reduktion von regulatorischen Hindernissen bestehen.

Zahlreiche neue Initiativen

In den letzten Jahren hat sich viel bewegt in der Schweizer Abfall- und Ressourcenwirt- schaft. Der 2018 gegründete Verein Go for Impact etwa steht für eine Kooperation von Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und öffentlicher Hand. Inhaltlich legt der Verein den Fokus auf Rohstoffe und Materialien. Die neue Initiative will die Schweizer Wirtschaft dabei unterstützen, die negativen Umwelt- auswirkungen zu reduzieren und die positi- ven Umweltimpacts im In- und Ausland zu steigern.

Ein weiteres Beispiel ist der sogenann- te Ressourcen-Trialog. Dieser führte zusam- men mit betroffenen Wirtschaftsverbänden, Umweltorganisationen und staatlichen In- stitutionen einen Dialogprozess zur Abfall- und Ressourcenwirtschaft – unter anderem mit dem Bundesamt für Umwelt, dem Wirt- schaftsdachverband Economiesuisse und dem Verband der Schweizerischen Zement- industrie Cemsuisse. Daraus entstand der Plan «Ressourcenwirtschaft 2030» mit ge- meinsamem Leitbild. Die darin formulierten wichtigsten Zielsetzungen sind das Vermei-

den von Abfällen und die optimale Zirkula- tion von Rohstoffen. Generell werden nach- haltig bewirtschaftete Primär- und Sekundär- rohstoffe in der Schweiz angestrebt.

Weitere Initiativen und Aktivitäten aus der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft sind etwa die «Bewegung für eine Kreislauf- wirtschaft» (Circular Economy Switzerland7), die Veranstaltungsreihe «Fokuskreislaufwirt- schaft»8 der Verbände Öbu und Swissclean- tech oder der «Circular Economy Incubator»9 des Impact Hub Zürich.

Wirtschaft begrüsst Schliessung der Kreisläufe

Die Wirtschaftsdachverbände Economiesuis- se und Swissmem engagieren sich für einen effizienten Schutz der Umwelt und für eine Wirtschaft, die Umweltschäden vermeidet und natürliche Ressourcen schonend ein- setzt. Beide Verbände begrüssen die Stär- kung der Ressourceneffizienz, die Schlies- sung der Stoffkreisläufe, die Steigerung der Energieeffizienz und das nachhaltige Wirt- schaften.

Trotz dem hohen Umweltbewusstsein von Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz

7 Siehe Circular-economy.ch.

8 Siehe Oebu.ch.

9 Siehe Zurich.impacthub.ch.

Rebecca Knoth-Letsch

Verantwortliche Umweltpolitik, Dachver- band der Schweizer Wirtschaft (Economie- suisse), Zürich

Christine Roth

Dr. sc. nat., Ressortleiterin Umwelt, Ver- band der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem), Zürich liegt beim schonenden und kreislauforien- tierten Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen und Rohstoffen noch ein gros- ses Potenzial brach. Um dieses zu erschlies- sen und den Wandel der Geschäftsmodelle in diese Richtung zu ermöglichen, ist ein inno- vationsfreundliches Umfeld unerlässlich.

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