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- Das Leben vergisst nicht -

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Academic year: 2022

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Matr.Nr. 00009234

- Das Leben vergisst nicht -

Relevanz und Bedeutung von transgenerationellen Traumafol- gen in Therapie und Beratung

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Science

im Rahmen des Universitätslehrganges Psychosoziale Beratung

Wissenschaftliche/r BegutachterIn:

Fr. Univ.-Doz. DDr. Barbara Friehs Karl-Franzens-Universität Graz

und UNI for LIFE

Graz, September 2020

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gangs.

Ein großer Dank gilt allen Interview Partnern, die die vorliegende Arbeit mit der Bereit- schaft, Zeit und Wissen in Interviews zur Verfügung zu stellen, ermöglicht haben.

Ich möchte mich an der Stelle bei den vielen Ausbildnern und Lehrenden bedanken, die mich auf meinem persönlichen und beruflichen Entwicklungsweg begleitet haben.

Ein ganz besonderer Dank meiner wunderbaren Frau, die mich in vielfältiger Weise immer wieder unterstützt hat.

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Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich ge- macht habe. Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

24.September 2020

Gregor Steinmaurer

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Die vorliegende Masterarbeit untersucht welche Rolle das Wissen und die Erfahrung von Beratern und Therapeuten zum Themenbereich von transgenerationeller

Traumaweitergabe, in der Arbeit mit Klienten spielt. Die Theorie gibt einen Überblick zur Psychotraumatologie, als auch zum Forschungsstand zu dem Phänomen trans- generationell weitergegebener Traumafolgen und den möglichen Mechanismen einer solchen Weitergabe. Empirisch wird in Interviews der aktuelle Wissensstand zu dem Thema als auch persönliche und professionelle Erfahrung von Beratern und Thera- peuten dazu erfragt, und mit dem aktuellen Forschungsstand abgeglichen. Aus der qualitativen Inhaltsanalyse der durchgeführten Interviews ergibt sich eine hohe Rele- vanz von Trauma und transgenerationellen Phänomenen in Beratung und Therapie.

Der Wissensstand der Befragten kann als sehr unterschiedlich bezeichnet werden, wobei vor allem aktuellere Forschung zur Epigenetik – die bereits seit einigen Jahren eine biologische Nachweisbarkeit zu der Weitergabe von Traumafolgen aufzeigt – kaum vorhanden ist. Allerdings weisen die Befragten teilweise eine große Kompe- tenz und Erfahrung im Umgang mit diesem Phänomen auf, die vor allem auf prakti- scher Erfahrung mit Klienten, auf Selbsterfahrung als auch auf persönlicher Beschäf- tigung mit dem Thema, basiert. Diese Form der Erfahrung wird als sehr wirksam und unterstützend in der erfolgreichen Begleitung von Klienten angesehen. Die Beschäfti- gung von Klienten mit transgenerationellen Traumafolgen, sowie einer generellen Reflexion ihrer Familiengeschichte über die Elterngeneration hinaus, wird als sehr gewinnbringend beschrieben, die vor allem Qualitäten von Verständnis, Vergebung, Selbstakzeptanz und einer Hinwendung zum eigenen, individualisierten Leben, er- möglichen. Die Wichtigkeit von Psycho-Edukation, als Erklärung von transgeneratio- nellen Phänomenen kann als eines der klarsten Ergebnisse angesehen werden.

(5)

This Master Thesis examines which role the knowledge and experience of counse- lors and therapists regarding the topic of transgenerational trauma transmission is playing in their work with clients. The theoretical part provides an overview on psy- chotraumatology, as well as a review of the current research on transgenerational symptoms of trauma and the possible mechanisms of such a transmission. The em- pirical research through interviews explores the current level of knowledge, as well as personal experiences of counselors and therapists, and compares that with the cur- rent status of research. The qualitative analysis of the interviews shows a high rele- vance of the topic of trauma, and transgenerational trauma phenomenon in counsel- ing and therapy. The level of knowledge of the interviewees varies to a big degree.

Specifically, latest research in epigenetics – which provides since a few years biologi- cal prove for the passing on of trauma symptoms through the generations – is barely existent. Despite that, almost all questioned practitioners show in parts a high level of competence and expertise in dealing with such phenomenon, which is mostly based on professional experiences with clients, on professional self-experiences and also on personal exploration with this topic. This form of experience is being described as highly supportive and effective for a successful work with clients. Looking at

transgenerational trauma symptoms, as well as a general reflection of one´s family lineage - beyond the parental generation - is considered highly profitable for clients.

Described outcomes of this for clients include an increase in understanding oneself and others, forgiveness, self-acceptance and a strengthened focus on one´s own in- dividuated life. The importance of psycho-education for clients, as a way to explain transgenerational trauma phenomenon, can be considered one of the most solid re- sults of this research.

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Inhaltsverzeichnis ...

Tabellenverzeichnis ...

I. Einleitung ... 2

II. Theoretischer Teil ... 6

1 Trauma: Definition und Begrifflichkeit ... 6

1.1 Individuelles Trauma ... 7

1.2 Trauma als medizinische Kategorie ... 8

1.3 Übersicht über Traumafolgen ... 11

1.3.1 Intrusionen ... 12

1.3.2 Vermeidungsverhalten ... 14

1.3.3 Hyperarousal – Übererregung ... 16

1.3.4 Zusammenfassung der Auswirkungen von Trauma ... 19

1.4 Neurobiologische Ansätze in der Traumaforschung ... 20

1.4.1 Traumabehandlung durch Bottom-Up Ansätze ... 21

1.4.2 Die HPA-Achse ... 22

1.5 Historische Entwicklung der Traumaforschung ... 23

1.5.1 Historische Anfänge der Forschung ... 23

1.5.2 Aktuelle gesellschaftliche Relevanz ... 25

1.6 Prävalenz und Relevanz von individuellem Trauma für Beratung und Therapie ... 26

1.6.1 Zahlen zu Traumaprävalenz ... 26

1.6.2 Relevanz von Trauma für Therapie, Beratung und angrenzende Bereiche ... 28

1.7 Anschließende Forschungsbereiche ... 29

1.7.1 Salutogenese ... 30

1.7.2 Posttraumatic Growth und Resilienz ... 31

2 Transgenerationelle Weitergabe von Trauma ... 32

2.1 Definition und Begrifflichkeit ... 33

2.1.1 Überblick der Bezeichnungen in Literatur und Forschung... 33

2.1.2 Hauptsächlich verwendete Begriffe ... 34

2.1.3 Zur Frage der Sprache ... 36

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2.3.1 Beschreibende Forschung ... 40

2.3.2 Meta-Analysen ... 40

2.3.3 Epigenetische Faktoren ... 42

2.3.4 Traumafolgen in den Nachfolgegenerationen ... 44

2.4 Mechanismen der Transgenerationellen Weitergabe ... 48

2.4.1 Sozialpsychologische Modelle ... 49

2.4.2 Psychoanalytische Modelle ... 50

2.4.3 Familiensystemische Modelle ... 51

2.4.4 Biologische Modelle - Epigenetik ... 54

2.5 Zusammenfassung ... 55

2.5.1 Relevanz für die praktische Arbeit in Therapie und Beratung ... 57

3 Wirkfaktoren in Beratung und Therapie ... 59

3.1 Wirkung von Therapie und Beratung ... 60

3.2 Allgemeine Wirkfaktoren ... 62

3.2.1 Faktor Beziehung ... 63

3.2.2 Faktor Therapeuteneigenschaften ... 64

3.2.3 Klientenfaktoren ... 67

3.3 Zusammenfassung und Bedeutung für Therapie und Beratung ... 68

III. Empirischer Teil ... 70

4 Methoden der Sozialforschung ... 71

4.1 Qualitative Forschung ... 73

4.2 Quantitative Forschung ... 75

4.3 Auswahl der Forschungsmethode ... 76

5 Forschungsdesign ... 77

5.1 Forschungsfrage ... 77

5.2 Datenerhebung ... 80

5.2.1 Interview ... 80

5.2.2 Das Leitfaden-gestützte problemzentrierte Interview ... 82

5.2.3 Abgrenzung zum Experteninterview ... 82

5.2.4 Der Interview Leitfaden ... 83

(8)

5.3.2 Kurzfragebogen und Details zu Interviewpartnern ... 85

5.3.3 Durchführung der Befragung ... 88

5.4 Datenauswertung ... 89

5.4.1 Transkription ... 89

5.4.2 Qualitative Inhaltsanalyse ... 91

5.4.3 MAXQDA ... 93

6 Auswertung ... 95

6.1 Relevanz von Trauma und Transgenerationellem Trauma ... 95

6.1.1 Relevanz ... 95

6.1.2 Definition ... 96

6.1.3 Unterscheidung individuelles und transgenerationelles Trauma . 97 6.2 Theoretischer Hintergrund in der Praxis ... 99

6.3 Erwerb von Wissen und Erfahrung ... 101

6.4 Angewandte Methoden und Haltungen ... 104

6.4.1 Verwendete Methoden ... 105

6.4.2 Grundhaltungen ... 107

6.5 Persönliche Ebene – Motivation und Beschäftigung ... 108

6.6 Auswirkungen und Beobachtungen in der Praxis ... 112

6.6.1 Auswirkungen auf Therapeutenseite ... 112

6.6.2 Auswirkungen auf Beziehungsebene und Prozessgeschehen .. 113

6.6.3 Auswirkungen auf Klienten ... 115

6.7 Wissensvermittlung und Empfehlungen ... 118

6.8 Resümee, Kritik und Wünsche ... 120

7 Diskussion der Ergebnisse ... 123

8 Resümee – Empfehlungen ... 128

9 Literaturverzeichnis ... 131

Anhang ... 140

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Tabelle 1 : Unterschiede qualitative und quantitative Forschung ... 72 Tabelle 2 : In der Befragung verwendeter Kurzfragebogen ... 86 Tabelle 3: Transkriptionsregeln ... 90

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ICD-10: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Prob- lems. Aktuell gültige Version: ICD-10

DSM-5: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. Aktuell gültige Version:

DSM- 5

WHO: World Health Organization

CT: englisch für: Countertransference, Deutsch: Gegenübertragung

PTBS: Posttraumatische Belastungsstörung

PTSD: Posttraumatic Stress Disorder

PITT: Psycho-Imaginative Traumatherapie nach Luise Reddeman

SE: Somatic Experiencing nach Peter Levine

NARM: Neuro-Affective-Relational-Model nach Lawrence Heller

IP: Interview Partner

(11)

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wurde in dieser Masterarbeit die männliche Form gewählt. Jedoch meint diese Formulierung bei allen Be- zeichnungen, die auf Personen bezogen sind, immer beide Geschlechter.

(12)

I. Einleitung

Im Gesamtgesellschaftlichen Kontext sowie in Fachkreisen bekommt der Themen- bereich von Trauma und auch der Weitergabe von belastenden Erfahrungen über Generationen hinweg, zunehmend mehr Aufmerksamkeit.

Auf gesellschaftlicher Ebene ist dies vor allem durch eine Vielzahl an Büchern und Veröffentlichungen die sich unter den Schlagworten von „Kriegskinder, Kriegsenkel, Nebelkinder“ oder ähnlichem, mit transgenerationeller Traumaweitergabe beschäf- tigen, auszumachen. (vgl, Drexler 2017, S. 17) (vgl, Meyer-Legrand 2016)

In Mainstream Medien erscheinen vermehrt Artikel, die die Erkenntnisse der Epige- netik einer breiteren Masse zugänglich machen, und damit auch das Phänomen transgenerationeller Weitergabe in den Fokus rücken.

In Fachkreisen gibt es eine Zunahme an wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Meta-Analysen die sich mit der Frage einer möglichen Weitergabe von Traumfolgen über Generationen beschäftigen, und es finden mehr Kongresse, Tagungen und Weiterbildungen dazu statt, und Sammelbände beginnen die vielschichtige und komplexe Themenlage abzubilden. (vgl, Isobel et al. 2018, S. 1100) (Huber und Plassmann 2012)

In der vorliegenden Master Arbeit soll untersucht werden welche Rolle dieser The- menbereich für Menschen, die professionell tagtäglich in Beratung und Therapie mit Klienten arbeiten, in ihrem Tätigkeitsbereich spielt.

Dabei sind verschiedene Fragestellungen von Relevanz.

Zuerst soll erhoben in welchem Ausmaß neuere Forschungserkenntnisse zu der Weitergabe von Trauma bei Beratern und Therapeuten bereits bekannt sind, und wie der generelle Wissensstand, aber auch erworbene Erfahrung zu dem Thema, aussieht.

(13)

Die Datenerhebung wird mittels Interviews mit Beratern und Therapeuten durchge- führt, bei denen zumindest von Kenntnis zu dem untersuchten Thema ausgegangen werden kann.

Weiters soll der Frage nachgegangen werden, welche Relevanz transgenerationelle Phänomene in der Praxis von Beratung und Therapie haben, und welche Rolle sie in der direkten Arbeit mit Klienten für die Befragten Personen spielen.

Dabei steht zur Frage, inwieweit eine Zunahme von Wissen und der Zuwachs von Erfahrung auf diesem Gebiet, beobachtbare Auswirkungen auf das beratende und therapeutische Geschehen hat, und ob es möglich ist, daraus Methoden oder Her- angehensweisen abzuleiten, die als besonders wirksam beschrieben werden.

In der Untersuchung zu dem vorhandenen Wissensstand soll aber nicht alleine von theoretischem Wissen ausgegangen werden, sondern auch die verschiedenen For- men, über die Kompetenz, Wissen und Erfahrung erworben werden, beleuchtet wer- den. Dazu ist auch die Ebene von Selbsterfahrung aber auch eine ganz persönliche Beschäftigung mit der eigenen Familiengeschichte der befragten Personen rele- vant.

Um diesen Fragestellungen umfassend begegnen zu können, ist zuerst eine theo- retische Verortung des untersuchten Themenbereichs notwendig, aber es wirft auch die generelle Frage nach den Wirkfaktoren in Beratung und Therapie auf, die in der Literatur bislang zwar breit diskutiert wird, aber keineswegs als geklärt angesehen werden kann. (vgl, Pfammatter und Tschacher 2012)

Diese Arbeit macht es sich nicht zur Aufgabe die Unterschiede die für die verschie- denen Berufsfelder von Psychotherapie und von Psychosozialer Beratung im Um- gang mit dem untersuchten Thema relevant sein können, herauszuarbeiten.

Im Sinne der Lesbarkeit und auch um im Rahmen der Möglichkeiten dieser Arbeit zu bleiben, hat sich der Autor entschieden, im Text die Begriffe Therapie und Bera- tung gleichwertig zu verwenden. Therapie bezieht sich dabei vor allem auf Psycho- therapie, Beratung auf den Bereich von Psychosozialer Beratung.

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Die Unterschiede zwischen sind selbstverständlich in manchen Aspekten erheblich, und sollen dadurch nicht minimiert werden, andererseits ist auch in der Literatur die Schwierigkeit einer genauen Differenzierung beschrieben. (vgl, Schubert et al.

2019, S. 10–14)

Wälte und Borg-Laufs plädieren für eine Definition beider Arbeitsbereiche innerhalb eines Kontinuums, wo Arbeitsweisen, Aufgaben und Methodik von Beratung und Therapie erhebliche Überschneidungen aufweisen. (vgl, Wälte und Borg-Laufs 2018, S. 25–29)

Die vorliegende Arbeit soll durch den qualitativen Forschungsansatz die Annahme der Relevanz und Wichtigkeit von Wissen und Erfahrung von Beratern und Thera- peuten zu dem Themengebiet von transgenerationeller Weitergabe von Trauma, untersuchen, und dabei bestätigen oder relativieren.

Dabei soll auch erhoben werden, inwieweit das Thema in den Grundausbildungen vorkommt, oder in Intervision und auch in der Psycho-Edukation mit Klienten zur Sprache kommt.

Bestenfalls können aus der Untersuchung allgemeine Empfehlungen entnommen, oder neue Forschungsfragen präzisiert werden.

Aufbau der Arbeit

Zu Beginn werden im theoretischen Teil der Arbeit die zur Erhebung relevanten Be- reiche ausreichend besprochen und erläutert.

Kapitel 1 befasst sich zuerst mit einer Begriffsklärung zu Trauma generell, und gibt einen Überblick über die aktuelle Forschung.

Kapitel 2 widmet sich zuerst einer sprachlichen Klärung zu den verschiedenen Be- griffen von transgenerationeller Weitergabe von Trauma, fasst den aktuellen For- schungsstand dazu zusammen, um dann einen Zusammenfassung zu den ver- schiedenen Mechanismen transgenerationeller Weitergabe darzulegen.

(15)

Kapitel 3 beschäftigt sich mit den Wirkfaktoren von Beratung und Therapie.

Im empirischen Teil der Arbeit wird in Kapitel 4 zuerst die hier zur Anwendung kom- mende Sozialforschung in ihren verschiedenen Bereichen vorgestellt.

Kapitel 5 gibt einen detaillierten Überblick über das Forschungsdesign, dass dieser Arbeit zugrunde liegt, mit einer Beschreibung der Form der Datenerhebung, der Stichprobe und der Methodik zur Auswertung der Daten.

In Kapitel 6 wird dann die Auswertung der Befragung vorgestellt, und mit dem Hin- tergrund aus dem theoretischen Teil verknüpft.

Kapitel 7 bietet eine Diskussion der ausgewerteten Ergebnisse, worauf Kapitel 8 die Arbeit mit einem abschließenden Resümee und weiteren Empfehlungen beendet.

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II. Theoretischer Teil

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Rolle, die eine transgenerationelle Wei- tergabe von Traumafolgen und Prägungen bei Klienten innerhalb professioneller Beratung und Therapie spielt.

Dazu ist es erstmal notwendig die dabei verwendeten Begriffe genauer zu erläutern, und einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu diesen Themenberei- chen zu geben

Die verschiedenen Begriffe und Definitionen die für diese mögliche transgeneratio- nelle Weitergabe von Traumafolgen in Literatur, Forschung und therapeutischer und beraterischer Praxis auftauchen, werden in Kapitel 2 ausführlich beschrieben und erläutert.

Dazu ist auch ein Überblick über die Wirkweisen von Beratung und Therapie not- wendig, der in Kapitel 3 behandelt wird

1 Trauma: Definition und Begrifflichkeit

„Wir erzeugen die Welt, in der wir leben, buchstäblich dadurch, dass wir sie leben“

Humberto Maturana1

Bevor man sich dem Themenbereich einer transgenerationellen Weitergabe von Traumafolgen widmet, ist es unabdingbar sich dem komplexen Thema der Trauma- forschung und der Psychotraumatologie zuzuwenden.

1 Humberto Maturana (online abrufbar unter:www.biologie-seite.de/Biologie/Humberto_Maturana)

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Dazu wird in dieser Arbeit zuerst eine begriffliche Differenzierung zwischen einem

„persönlich, individuell oder biografisch erlebtem Trauma“, folgend als individuelles Trauma bezeichnet, und einer möglichen Traumabelastung durch die Weitergabe über die Generationen eingeführt.

Diese Unterscheidung wird auch in der Literatur als schwierige Frage beschrieben und in dieser Masterarbeit aufgegriffen. Seidler spricht sogar von der vielleicht schwierigsten Frage überhaupt in der Psychotraumatologie, wobei sich dies vor al- lem auf das „Verhältnis von individueller und überindividueller Traumatisierung“ be- ziehe. (Seidler 2013, S. 164)

1.1 Individuelles Trauma

Schwerwiegende und zutiefst erschütternde Ereignisse und Erlebnisse gehören seit Anbeginn der Zeit zum menschlichen Erfahrungsspektrum.

Während der Begriff von „Trauma“, wie hier weiters ausgeführt wird, ein relativ jun- ger ist, ist das zugrundeliegende Erleben davon so prävalent und alt wie die Menschheit selbst.

„Das, was wir heute „Traumafolgestörungen“ nennen, dürfte es schon immer gege- ben haben. Naturkatastrophen, große Hungersnöte, und gewaltige Epidemien, Kriege, das was wir heute „Arbeitsunfälle“ nennen, Macht, die noch unverhüllter als gegenwärtig mit Mitteln der Gewalt durchgesetzt wurde, und Gewalt gegen Frauen und Kinder dürften allgegenwärtig gewesen sein.“ (Seidler 2013, S. 21)

In diesem Lichte kann auch die Einschätzung des amerikanischen Traumaforschers Bessel van der Kolk, der viele wegweisende Studien zu traumatischem Stress vor- gelegt hat, verstanden werden, der sinngemäß in einem Online Webinar2 meinte,

2 Talk beim Online Kongress „Collective Trauma Summit” – nicht mehr abrufbar

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dass erst unsere langjährige Friedenszeit nach dem 2. Weltkrieg in der westlichen Welt die Möglichkeit hervorgebracht hat, dass wir Trauma so tief erforschen können.

Im Vergleich dazu beschreibt Maercker dass es aktuelle Überlegungen der WHO gibt, eine weitere Diagnosekategorie von „continuous trauma“ (Maercker und Augsburger 2017, S. 971–972) einzuführen, eben für alle Bereiche wo Menschen sich weiterhin in einem traumatisierenden Umfeld befinden, und deshalb keine

„Post-Traumtische Belastungsstörung“ diagnostiziert werden könnte, weil eben das

„Post“ oder kein „nachher“ nach dem Trauma existiere. (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 971–972)

1.2 Trauma als medizinische Kategorie

Selbst ein so einfach wirkendes Wort wie Trauma, birgt eine hohe Komplexität, vor allem wenn es um die Verwendung des Begriffes für Therapie und Beratung geht.

Das Wort Trauma selbst stammt aus dem altgriechischen und bedeutet ganz ein- fach „Wunde oder Verletzung“.

Bevor wir zu der medizinischen Kategorie und Diagnostik kommen, noch eine präg- nante sprachliche Umfassung von Günter Seidler zur Psychotraumatologie:

„Trauma – „Wunde“ – lässt sich definieren als eine seelische Verletzung, die auf ein traumatisierendes Ereignis (oder deren mehrere) zurückgeht, bei dem im Zustand von extremer Angst und Hilflosigkeit die Verarbeitungsmöglichkeiten des Individu- ums überfordert waren.“ (Seidler 2013, S. 32–33)

Dazu ist eben in der Begriffsklärung wichtig, dass der Begriff „Trauma“ oft mit ande- ren Begriffen wie „Traumafolgen“ „Traumafolgestörungen“ oder die Diagnose der

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PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) synonym verwendet wird, auch wenn es hier teilweise wichtige Unterschiede gibt.

Dazu schreibt Seidler ebenfalls, wie wichtig die Differenzierung im Sprachgebrauch ist. Häufig würde eben das Ereignis (eine erlebte Situation) umgangssprachlich als das „Trauma“ bezeichnet, während die Relevanz des Begriffs für Therapie und Be- ratung darin liege, zu erkennen ob eine Person noch immer unter einer bestimmten

„Wunde“ leide, selbst wenn das Ereignis schon vorbei ist. (vgl, Seidler 2013, S. 33)

Einer inflationären Verwendung des Begriffs sollte damit entgegengetreten werden, da nicht alles was belastend, schwer oder schlimm ist im Leben, auch automatisch zu einer seelischen Verletzung im Sinne einer traumatischen Belastung führe. (vgl, Seidler 2013, S. 33)

Dazu kann man auch die Definition des amerikanischen Traumaforschers und Kör- perpsychotherapeuten Peter Levine heranziehen, der sagt, dass Trauma sich nicht auf eine Situation bezieht, sondern auf die Überforderung der physiologischen Ka- pazität die Situation zu integrieren. (vgl, Levine und Maté 2010, S. 10–14)

Ähnlich beschreibt es Heedt, in der Wichtigkeit der Abgrenzung von Trauma zu nor- malen Stressoren wie Stress bei Prüfungen, Verlust von Arbeitsplatz oder anderen belastenden Ereignissen die aber in der Regel nicht zu schwerwiegenden, in dieser Begrifflichkeit also „post-traumatischen“ Belastungen und Symptomen führen. (vgl, Heedt 2017, S. 2–3)

Die klinische und medizinische Diagnose zu Trauma, ist über die ICD-10 (ICD, eng- lisch für: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Prob- lems), die aktuell gültige Version der ICD, geregelt. Die ICD ist das wichtigste, in- ternational anerkannte Klassifikationssystem für Krankheiten, und wird von der WHO (World Health Organization) herausgegeben. (ICD-10)

Darin ist Trauma in der Gruppe der Belastungsreaktionen eingegliedert, und als

„Posttraumatische Belastungsstörung“ mit dem Code ICD-10. F.43.1 bezeichnet.

(ICD-10)

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Die Definition davon in Auszügen:

„… ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast je- dem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. […] Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhalle- rinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund ei- nes andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten.

Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosig- keit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf […]“ (ICD-10, online abrufbar unter https://www.icd-code.de/icd/code/F43.1.html)

Eine weitere wichtige Unterscheidung in der Diagnostik zu Trauma, wird als Typ I oder Typ II- Traumata beschrieben.

Laut Heedt (Heedt, 5) lautet die Unterscheidung wie folgt:

„Typ-I-Traumata: Einmalig Ereignisse, gekennzeichnet durch akute Lebensgefahr, Plötzlichkeit und Überraschung.

Typ-II-Traumata: Serien traumatischer Einzelereignisse, gekennzeichnet durch ge- ringe Vorhersagbarkeit des weiteren traumatischen Geschehens. Dies sind lang dauernde, wiederholte Traumata wie Geiselhaft, häufige Folter, Kriegsgefangen- schaft, KZ-Haft, wiederholte sexuelle oder körperliche Gewalt (Kindesmissbrauch, Kindesmisshandlung, Vergewaltigungen)“. (Heedt 2017, S. 5)

Des Weiteren gibt es in den auslösenden Ereignissen noch die Unterteilung in „Man Made Disasters“ und in „natürliche oder zufällig auftretende Traumata“ wie Natur- katastrophen, technische Katastrophen oder Arbeits- u. Verkehrsunfälle. (vgl, Heedt 2017, S. 5)

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Interessant mag in diesem Zusammenhang auch noch sein, wie sehr sich die Ent- wicklung zur Diagnostik zu Traumata in den letzten Jahren verändert hat, und wel- che Punkte auch zu heftigen Kontroversen unter Forschern, Ärzten und Therapeu- ten führen kann.

Bessel van der Kolk beschreibt in seinem Buch „The body keeps the score“, und dem zugrundeliegenden Artikel von 2005 (van der Kolk et al. 2005, S. 389–399) eindrücklich, wie der Bereich des „Entwicklungstraumas“, das lang andauernde Be- lastungen in der Kindheit nicht als Traumakategorie in den ICD Aufnahme gefunden hat, und dadurch weniger Forschungsmittel und Aufmerksamkeit bekam, und von ihm als eine versteckte Epidemie („Developmental Trauma: the hidden epidemic“) bezeichnet wird. (vgl, van der Kolk 2015, S. 149–152)

Generell wird in der medizinischen Diagnostik Trauma immer differenzierter er- forscht, und die einfache PTBS wird in Zukunft, in den neuen Versionen des ICD noch weitere „Geschwister“ (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 967) bekom- men, unter anderem die schon von vielen beschriebene Komplexe PTBS.

Die genaue Beschreibung dieser Diagnostik würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, und ist auch nicht das primäre Ziel dieser Master-Arbeit.

Allerdings ist eine Übersicht der Symptome und neurobiologischen Marker von trau- matischer Belastung essenziell wichtig, da es in der vorliegenden Arbeit, speziell auch in den qualitativ durchgeführten Interviews immer wieder um diese Begrifflich- keiten geht.

1.3 Übersicht über Traumafolgen

In der Beschreibung der Posttraumatischen Belastungsstörung, oder einfacher als Traumafolgen bezeichnet, finden sich hauptsächlich 3 Hauptsymptomgruppen. (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 967)

Bei Heedt hier beschrieben als:

(22)

„- Intrusionen (=willkürliche und belastende Ereignisse an das Trauma) - Vermeidungsverhalten und allgemeiner emotionaler Taubheitszustand - Anhaltendes physiologisches Hyperarousal (Übererregung)“

(Heedt 2017, S. 9)

Diese Kategorien geben eine Annäherung an mögliche Symptomatiken, allerdings wird gerade für Traumafolgen auch eine starke Oszillation von verschiedenen Symptomen oder Zuständen als charakteristisch beschrieben. (vgl, Seidler 2013, S.

112)

In der Praxis kann das bedeuten, wenn, wie von Seidler beschrieben, eine PTBS nicht einfach „ein Zustand“ ist, sondern ein dynamisches Geschehen zwischen Po- len von „Intrusion“ und „Konstriktion oder Betäubung“.

Deshalb kann eine Person im Erscheinungsbild eine vollständige Symptomatik der ICD Diagnose zeigen, während bei der nächsten etwas auftritt was bei manchen in der Literatur als „Plus-Symptomatik“, also eine stark ausgeprägte Übererregung im Sinne von intrusiven Überschwemmungszuständen, beschrieben wird. Bei anderen wieder zeigt sich vor allem eine „Negativ-Symptomatik“, also Zustände die stark ge- prägt sind von Vermeiden, Betäubung und „Numbing“. (vgl, Seidler 2013, S. 112)

1.3.1 Intrusionen

Intrusionen bilden das erste Hauptsymptom in der Auflistung von Traumafolgen, und beschreiben ungewollte, und meist belastende sowie spontan auftretende Erinne- rungen, die teilweise Fragmente an Erinnerung an das traumatische Erlebnis bein- halten können. (vgl, Heedt 2017, S. 10)

(23)

Diese können in allen Sinneskanälen auftreten - nicht nur visuell oder optisch - zum Beispiel über akustische Wahrnehmung, oder über eine „vermeintliche“ olfaktori- sche, also Geruchsempfindung, genauso wie in der Körperwahrnehmung.

Vielfach treten diese Intrusionen, die wie von Seidler beschrieben aus einem Trauma bezogenen Hyperarousal heraus entstehen, auch in Form von Alpträumen, oder Flashbacks auf, in der die Personen ganzen Szenen oder intensiven Gefühls- zuständen ausgesetzt sind. (vgl, Seidler 2013, S. 112–113)

„Bedeutsam ist, das den Gedächtnisbruchstücken die zeitliche Einordnung fehlt. Sie werden so erlebt, als würde das Trauma hier und jetzt geschehen. Verbunden sind diese Flashbacks mit physiologischen Reaktionen wie Schwitzen, Zittern, Palpitati- onen und/oder Übelkeit.“ (Heedt 2017, S. 10)

Damit einher geht die Beschreibung einer Erfahrung der Gnadenlosigkeit oder Un- barmherzigkeit im Erleben solcher Zustände bei traumatischen Intrusionen, die wie

„überfallsartig“ über die Menschen hereinbrechen. (vgl, Seidler 2013, S. 113)

„Diese intrusiven Zustände sind dann, wenn sie erlebt werden, präsentisch, unmit- telbar, haben also für die Betroffenen keine Erinnerungs- und damit auch keine Ver- gangenheitsqualität – ein Ausdruck der „Zeitlosigkeit“ der seelischen Verwundung.

Es geht also nicht um „recollections“ (sic!), Erinnerungsbruchstücke, die jemandem

„in den Sinn kommen“, sondern es geht im weiteren Sinne um „states“ (sic!) um ein Ensemble von Stimmungen, Handlungsvorgängen und Erlebnisweisen, die vo- rübergehend die Initiative des Subjektes an sich reißen und die von diesem nicht gewollt sind (eben darum „Intrusion“, von lat. Intrudere: eindringen).“ (Seidler 2013, S. 113)

Die hier beschriebene Zeitlosigkeit, der Verlust der Einordnung von Erlebnissen in eine kohärente zeitliche Orientierung, und das „Wieder-Erleben“ von bereits vergan- genem im eigentlichen Hier und Jetzt, wird auch von anderen Forschern im Zusam- menhang mit transgenerationellen Phänomenen als „Time Collapse“ beschrieben,

(24)

und bietet in dieser Arbeit einen Brückenschlag von individuellen Traumafolgen, zu solchen die über die Generationen weitergegeben wurden. (vgl, Ancelin Schützenberger 1998, S. 25) (vgl, Volkan 2015, S. 37)

1.3.2 Vermeidungsverhalten

Das nächste Hauptsymptom wird als Vermeidungsverhalten bezeichnet, allerdings wird von Forschern argumentiert, dass diese Begrifflichkeit die Falle eines zu engen Verständnisses dieser Traumafolge beinhaltet. (Seidler 2013, S. 115)

Im engeren Sinne wird dabei versucht die Gedanken und Erinnerungen an ein be- lastendes Ereignis wegzuschalten, entweder durch ein „Wegschieben“ (Heedt 2017, S. 11) der Gedanken, durch verschiedene Formen von Betäubung, entweder neurophysiologisch ausgelöst oder willentlich herbeigeführt, und durch eben eine aktive „Vermeidung“ von Kontakt mit allem was eine betroffene Person an das Trauma erinnern könnte. (vgl, Heedt 2017, S. 11)

„Es wird vermieden, über das Ereignis zu sprechen, und es werden „Trigger“ ver- mieden, also Orte, Menschen, Aktivitäten, die jemanden wieder in den Traumastate bringen könnten. Auch kann es sein, das wichtige Aspekte des Ereignisses nicht erinnert werden können. Von großer Bedeutung für das Verständnis ist […] das Ge- fühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von anderen.“ (Seidler 2013, S. 114)

Diese Symptome werden selbst im Deutschen Sprachgebrauch mittlerweile durch den englischen Begriff des „numbing“, also eines allgemeinen betäubten Empfin- dens, beschrieben, der wahrscheinlich sehr gut eine allgemein nachvollziehbare in- nere Erfahrung dieser komplexen Traumafolgen ermöglicht. (vgl, Seidler 2013, S.

114)

(25)

Dieses „Numbing“ und die von Seidler beschriebene „Entfremdung von anderen“

mag auch dazu führen, dass von Mitmenschen, also von außen, eine traumatische Belastung gar nicht als solche erkannt wird. Der deutsche Traumaforscher Franz Ruppert beschreibt dies folgendermaßen:

„So mag es nach einer gewissen Zeit erscheinen, als wäre die Traumaerfahrung ohne bleibende Folgen geblieben und überwunden. Außenstehende, die von der Traumatisierung nichts oder nur wenig mitbekommen haben, neigen zur Annahme, das Geschehen sei für den Betroffenen vorbei und überwunden.“ (Ruppert 2018a, S. 73)

Gleichzeitig sei aber im gesamten Körper oder auch nur in bestimmten Körperteilen, die Erinnerungsspur an das traumatische Ereignis erhalten geblieben, und „Die Traumaerfahrung mit ihren Schreckensbildern und Horrorgefühlen kann vom be- wussten Erleben abgespalten wie eine Zeitbombe ticken, die jederzeit hochgehen kann“ (Ruppert 2018a, S. 73), vor allem wenn die „Abwehrschicht“ oder Vermei- dung nicht mehr ausreichenden Schutz bietet, und es in der Symptomatik dann eher zum Erscheinungsbild von Intrusionen führt. (vgl, Ruppert 2018a, S. 73)

„Alltagspraktisch und ganz lebensnahe verstanden heißt „Vermeidungsverhalten“:

Die Welt ist sehr klein geworden, geschrumpft auf den Blick aus dem Fenster. „Die Welt“ ist jemandem verloren gegangen. Nichts von dem was „früher“, „vorher“ eine Bedeutung hatte, interessiert noch.“ (Seidler 2013, S. 115)

Die hier beschriebenen Traumafolgen legen bereits nahe, wie sehr Traumatisierung in die existenzielle Dimension des Lebens eingreift (vgl, Heedt 2017, S. 20), wie sehr Menschen in ihrem ganzen Weltbild eine Veränderung durchlaufen (vgl, Seidler 2013, S. 78–81) und wie durch die Folgen eines erlittenen Traumas auch das soziale Gefüge in Mitleidenschaft gezogen wird.

Neuere Überlegungen legen den Blick auch auf Trauma als soziales Phänomen (vgl, Ruppert 2018a, S. 85–88), vor allem auch im Hinblick auf das hier erwähnte,

(26)

und durch Trauma induzierte „Schweigen“, und wie sehr dies Familien und Gesell- schaften nach Kriegen, oder dem Horror des Holocausts auf Opfer wie auf Täter- seite, geprägt haben. (vgl, Somer et al. 2015, S. 21–26)

Die möglichen Auswirkungen davon, werden in den folgenden Ausführungen noch zur Sprache kommen.

1.3.3 Hyperarousal – Übererregung

Der dritte Punkt der Hauptsymptome in der Klassifikation einer PTBS beschäftigt sich mit der Übererregung, meist in der Literatur auch bereits mit dem englischen Begriff Hyperarousal beschrieben.

Der Begriff der „Psychovegetativen Übererregung“ (Seidler 2013, S. 115) weist schon auf die physiologische Komponente dieses Symptoms hin, in dem wir um- gangssprachlich vielleicht sagen würden, dass uns nach einem erlebten Schreck, noch etwas in den Knochen stecke. (vgl, Seidler 2013, S. 115)

Eine Auflistung möglicher Symptome in dieser Kategorie beinhaltet:

„Ein- und Durchschlafschwierigkeiten – erst nach dem Trauma einsetzende Schlaf- störungen. Erhöhte Reizbarkeit – unerklärliche Wutausbrüche. Konzentrations- schwierigkeiten – schon einfache Abläufe überfordern. Übermäßige Wachsamkeit (Hypervigilanz) – fortdauerndes und unrealistisches Gefährdungsgefühl. Übermä- ßige Schreckreaktion – leichtes Erschrecken, etwa bei Händeklatschen.“ (Heedt 2017, S. 12)

(27)

Diese Phänomene sind auch durch das, in den letzten Jahren rapide angewachsene Wissen aus der Neurobiologie leichter verständlich, und in neuer Form erklärbar geworden.

Gehirnforscher haben vielfach demonstriert, dass traumatische Erfahrungen in ers- ter Phase sehr ähnliche Prozesse in Gang bringen, die sonst mit Stresserfahrungen verbunden werden, und eine Vielzahl von hormonellen und neurobiologischen Ver- änderungen nach sich ziehen. (vgl, van der Kolk 2000, S. 15–18)

Neuere Ansätze plädieren deshalb für eine Differenzierung von Trauma-Erleben und Trauma-Verarbeitung.

Wobei das unmittelbare erste Erlebnis einer traumatischen Situation mit einer voll- umfassenden körperlichen Alarmreaktion einhergeht, mit einer Überwachheit aller Sinne (vergleiche dazu die Hypervigilanz der Hyperarousal Symptome), und alle Anzeichen einer intensiven Stressreaktion zeigt, und durch Ausschüttung verschie- dener Hormone (vor allem Adrenalin und Cortisol) die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern versucht, mit dem Versuch, einer bedrohlichen Situation zu entrinnen.

(vgl, Ruppert 2018a, S. 70–72)

Ist dieses Entrinnen aber nicht möglich, oder die physiologische Aktivierung für den Organismus zu überwältigend, bleibt der Organismus in dieser Hyperaktivierung

„stecken“, und die anfänglich zur Bewältigung mobilisierten Kräfte beginnen sich als Symptome zu verfestigen.

Aus diesem Blickwinkel seien Reizbarkeit, Wutausbrüche, Schlafprobleme und auch Konzentrationsschwierigkeiten sehr verständlich und erklärbar, argumentiert Seidler: „Ebenfalls plausibel sind die genannten Konzentrationsstörungen; ein Or- ganismus in Lebensgefahr kann keine Bücher lesen. Allerdings macht es für ihn Sinn, dauernd auf der Hut zu sein.“ (Seidler 2013, S. 116)

Während Nicht-Traumatisierte Personen nach einer Schrecksituation wieder auf eine normale Aktivierung ihrer Wahrnehmung zurück regulieren können, würden Traumatisierte Menschen auf jeden nachfolgenden Schreckreiz vom Erregungsni- veau des jeweils letzten Erschreckens weiter reagieren. (Seidler, ebda).

(28)

„Schon ein fremdes Gesicht, die kurzfristige Verlegung eines Therapietermins oder eine unerwartete Berührung können einen Schrecken auslösen!“ (Seidler 2013, S.

116)

1.3.3.1.1 Hypo-Arousal

Neben dem beschriebenen Hyperarousal spielt in der Neurobiologie ebenso ein so- genanntes Hypo-Arousal, also eine dissoziative Absenkung des Aktivierungszu- standes, eine wesentliche Rolle, die mit dem aus dem Tierreich bekannten Totstell- reflex in Verbindung gebracht wird.

Bei traumatisierten Personen kann es deshalb auch zu oszillierenden Zuständen von Hyper- u. Hypo-Arousal kommen. (Heedt 2017, S. 12)

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Forschung des amerikanischen Psy- chiaters und Neurowissenschaftlers Stephen Porges, der mit der Polyvagal-Theorie eine bahnbrechende, und vielzitierte neurophysiologische Erkenntnis über die evo- lutionäre Entwicklung des autonomen Nervensystems vorgelegt hat. (vgl, Porges 2011, S. 52–63)

Porges beschreibt welche Auswirkung, diese evolutionär entstandene Reiz-Reakti- ons Hierarchie im menschlichen Nervensystem, auf Menschen mit Traumafolgestö- rungen hat, vor allem in dem hier besprochenen Bereich des Hypo-Arousals.

Diese kann zu der von ihm als „Immobilisation“ beschriebenen, oder zu einer wahr- genommenen oder körperlich wirklich erlebten „Starre“ führen, ausgelöst durch ei- nen „Dorso-Vagalen Shut-down“. (vgl, Porges 2011, S. 287)

Peter Levine beschreibt es so:

„Being „scared stiff“ or „frozen in fear“ (sic!) – or, alternatively, collapsing and going numb – accurately describes the physical, visceral, bodily experience of intense fear and trauma.” (Levine und Maté 2010, S. 49)

(29)

“The interaction of intense fear and immobility is fundamental in the formation of trauma, in its maintenance and in its deconstruction, resolution and transformation.”

(Levine und Maté 2010, S. 58)

Mögliche Symptome von Hypo-Arousal werden von Heedt beschrieben: „Emotio- nale Betäubung, Körperliche Taubheit, Schmerzunempfindlichkeit, Unfähigkeit zu sprechen, Extreme Distanziertheit, Bewegungs-u. Reaktionsunfähigkeit, Extreme Benommenheit bis zur Bewusstlosigkeit.“ (Heedt 2017, S. 13)

Zusammenfassend kann man zur Unterscheidung von Stress und Trauma hier sa- gen: „In einer Stresssituation besteht die Option, zu kämpfen oder zu fliehen („Fight or Flight“), in einer Traumasituation besteht nur noch die Möglichkeit zu erstarren oder sich innerlich aufzuspalten („freeze or fragment“).“ (Ruppert 2018a, S. 71)

1.3.4 Zusammenfassung der Auswirkungen von Trauma

Nach der Betrachtung der Vielfältigkeit und Komplexität zu Traumafolgen lassen sich einige wesentliche, universelle Punkte benennen:

• Trauma ist eine Wunde, die noch nicht verheilt ist.

• Ein Trauma ist etwas Relatives, und entsteht, wenn eine Person in der Be- wältigung einer bedrohlichen Situation überfordert wird.

• Bei einem Trauma geht es um Wesentliches, oder um die Gesamtheit des Lebens und Überlebens, wenn die seelische Verletzung bis in den Kern der Existenz oder ihrer Gefährdung vorgedrungen ist.

• Ein Trauma erzeugt tiefe emotionale Aufruhr, die mit Gefühlen von „Ohn- macht“, „Kontrollverlust“ und „Hilflosigkeit“ einhergehen.

• Ein Trauma hat tiefe neurophysiologische Auswirkungen, und bewirkt eine dauerhafte Veränderung in Körper, Geist und Seele.

(30)

• Traumafolgen sind umfassend, in dem Sinne, dass sie das gesamte Selbst- Bild und Selbst-Verständnis einer Person, mitsamt ihrer Weltsicht verändern können.

(vgl, Ruppert 2018a, S. 67)

„Nach einer Traumaerfahrung fühlt sich jemand, der sich zuvor stark und sicher fühlte, dauerhaft schwach und verletzlich. Die Welt ist für ihn kein sicherer, sondern ein lebensgefährlicher Ort geworden.“ (Ruppert 2018a, S. 67)

Menschen mit Traumaerfahrungen beginnen sich früher oder später auch mit wei- teren existenziellen Themen von Schuld, Rache, Versöhnung, Religiosität oder Spi- ritualität zu beschäftigen.

Dieser Bereich ist zwar weniger ausführlich in der Literatur beschrieben, wird aber dennoch einhellig von den meisten Traumaforschern als wesentlich und außeror- dentlich wichtig angesehen, und bedarf ebenso noch weiterer Untersuchungen und interdisziplinärer Forschung. (vgl, Seidler 2013, S. 78–82) (vgl, Heedt 2017, S. 20) (vgl, Levine und Maté 2010, 347 - 256)

1.4 Neurobiologische Ansätze in der Traumaforschung

Wie im nächsten Abschnitt erläutert wird, hat sich die Traumaforschung und Trau- matherapie in den letzten Jahrzehnten erheblich entwickelt, und vor allem durch Erkenntnisse aus der Gehirnforschung ist ein neurobiologischer Ansatz immer mehr in den Vordergrund getreten.

"Since the early 1990s brain imaging tools have started us to show us what actually happens inside the brain of traumatized people. This has proven essential to under- standing the damage inflicted by trauma and has guided us to formulate entirely new avenues of repair." (van der Kolk 2015, S. 21)

Van der Kolk beschreibt ausführlich die Notwendigkeit eines therapeutischen An- satzes, der in Therapie und Forschung zur Psychotraumatologie als „Bottom-Up“

bezeichnet wird. „Bottom-Up“ bedeutet hier, die Traumafolgen unter den bio-neuro-

(31)

physiologischen Gesichtspunkten zu betrachten, und nicht als rein psychische Phä- nomene.

Erkenntnisse der Gehirnforschung zu der hierarchischen Entwicklung und der Funk- tionsstruktur des dreigeteilten Gehirns (Triune Brain), erläutern die verschiedenen Symptombeschreibungen der Traumafolgen in einer neurobiologischen Sprache.

Darin werden die bereits erwähnten „Fight, Flight, Freeze or Fragment“ als evoluti- onäre Überlebensreaktionen verstanden, die sozusagen „unterhalb“ der kognitiven Wahrnehmung angesiedelt sind, und durch nicht verarbeitete Traumata chronische Traumafolgestörungen verursachen können. (vgl, van der Kolk 2015, S. 55–70)

1.4.1 Traumabehandlung durch Bottom-Up Ansätze

Die Polyvagal Theorie von Stephen Porges hat sich als sehr bereichernd für viele Forscher und Therapeuten, die sich mit den Auswirkungen von Trauma beschäfti- gen, erwiesen, und eine neues Verständnis über die neuro-physiologische Subjek- tivität von Gefahr und Sicherheit ermöglicht, etwas was Porges als „Neurozeption“

und das „social engagement system“ bezeichnet, und von vielen anderen Forschern seither breit rezipiert wird. (vgl, Porges 2011, 91 - 93, 250 -251) (vgl, Seidler 2013, S. 74–78)

Van der Kolk hat als medizinischer Leiter am Trauma Center in Massachusetts, mit Kollegen, viele körperbezogene Methoden, wie Yoga, Atemübungen, gemeinsames Singen und Musizieren, Kampfkünste, Theater, Tanz und anderes in die Trauma- therapie mit aufgenommen, und beschreibt wie die Polyvagaltheorie dabei geholfen hat.

„It enabled us to become more conscious of combining top-down approaches (to activate the social engagement) with bottom-up methods (to calm the physical ten- sions in the body).” (van der Kolk 2015, S. 86)

(32)

Gleichzeitig beschäftigt sich die Forschung zentral viel mit der schon erwähnten Störung von Stressregulation im Gehirn bei Trauma.

1.4.2 Die HPA-Achse

Im Zentrum steht dabei die Hypophysen-Hypothalamus-Nebennierenrinde-Achse, kurz HPA-Achse genannt. (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 970)

Eine der meistzitierten Forscherinnen dazu ist Rachel Yehuda, mit ihrer Forschung zu Holocaust Opfern und deren Nachkommen. Auf diese Forschung wird auch in den nächsten Kapiteln noch vertieft eingegangen werden. (Yehuda 2002) (Yehuda und Lehrner 2018)

Zusammen mit Cortisol Werten ergibt sich hier ein „biologischen Marker“

(Schaumburg et al. 2020, S. 59) für PTBS, welcher auch für die Frage zur transge- nerationalen Weitergabe von Trauma in dieser vorliegenden Arbeit, von hoher Re- levanz ist.

„Furthermore, dysregulation of stress neurocircuitry is a fundamental feature of mood and anxiety disorders including PTSD, found to be prevalent in offspring.

Finally, there had been directionally interesting findings of low cortisol and increased glucocorticoid receptor (GR) sensitivity in Holocaust survivors and other trauma ex- posed individuals with PTSD, suggesting that the experience of trauma might leave long-lasting biological signatures in stress-related biology that could be a catalyst for longer-term adaptations.” (Yehuda und Lehrner 2018, S. 244–245)

In Bezugnahme auf eine frühere Studie von Yehuda, bestätigt van der Kolk in einem Paper zu „Traumatic Stress“ (van der Kolk 2000) die Annahme, wie durchgängig bei traumatisierten Menschen Veränderungen in der Neurophysiologie sind, dieses Mal mit Betonung auf die Veränderung der Cortisol Werte:

(33)

„Despite the fact that one would predict high cortisol as part of the stress response, the available evidence has consistently demonstrated low levels of serum cortisol.

Careful examination of this issue has demonstrated that people with PTSD suffer from a disorder of the circadian cortisol modulation.” (van der Kolk 2000, S. 15)

Auch wenn manche Studien zu verschiedenen Datenlagen gelangen, scheint allge- mein zu gelten, dass die PTBS Symptome generell schwerer ausfallen, je niedriger der Cortisolspiegel ist. (vgl, Heedt 2017, S. 25)

Weitere gut untersuchte Veränderungen bei Menschen mit PTBS zeigen einen An- stieg im Volumen der Amygdala (dieser „Mandelkern“ im limbischen System wird mit der Entstehung und Wahrnehmung von Angst in Zusammenhang gebracht), Atrophien im Hippocampus (wird als Schaltstelle zwischen Kurz-u. Langzeitge- dächtnis bezeichnet), und nachweisbaren Veränderung im Prä-frontalen Cortex und anderen Hirnregionen. (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 970)

1.5 Historische Entwicklung der Traumaforschung

Im Folgenden soll ein kurzer Abriss über die historische Entwicklung der Trauma- forschung gegeben werden, eben auch um die verschiedenen Ansätze in einen zeit- lichen Kontext zu stellen.

1.5.1 Historische Anfänge der Forschung

Traumaforschung, vor allem die daraus resultierende Diagnose der Posttraumati- schen Belastungsstörung und ihre medizinische Anerkennung als Beschwerdeform ist noch eine vergleichsweise junge Disziplin.

Während schon in den 1880er Jahren in Paris, Pierre Janet die ersten Beschreibun- gen von Patienten mit traumatischen Symptomen lieferte, sollte es noch sehr lange

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dauern, bis traumatisierten Menschen Glaubwürdigkeit und auch medizinische Er- klärung für ihr Leiden zuteilwurde. (vgl, van der Kolk 2000, S. 10–11)

Während für Deutschland konservative Schätzungen davon ausgehen, dass im 1.

Weltkrieg mindestens 600.000 Soldaten unter etwas litten, was man heute klar als Traumafolgestörung bezeichnen würde (vgl, Seidler 2013, S. 24), wurden während und nach dem Krieg traumatisierte Soldaten meist als „Kriegszitterer“ bezeichnet und in der Öffentlichkeit diffamiert.

Ihnen wurde die Motivation unterstellt, sich um Kompensationen zu bemühen, und die Symptome nur vorzutäuschen. (vgl, Heedt 2017, S. 6)

Im englischen Sprachraum entwickelte sich zur gleichen Zeit während des 1.Welt- kriegs der Begriff des „shell shock“ oder „war strain“ – bis auch hier die Armeefüh- rung ab 1917 die Diagnose verbot. (vgl, Seidler 2013, S. 24)

Genauso wie die Betroffenen wurden auch Forscher, die sich früh mit Traumatisie- rung beschäftigten, diffamiert oder zumindest marginalisiert.

Erste Erwähnungen jenseits der Kriegsschauplätze tauchen Mitte des 19. Jahrhun- derts mit dem Begriff des „railway spine“ auf, zur Kennzeichnung von Symptomen bei Menschen, die bei Eisenbahnunglücken zu Schaden gekommen waren. (vgl, Seidler 2013, S. 22)

Für Deutschland ist noch der Neurologe Hermann Oppenheim als früher Vertreter einer Psychotraumatologie zu erwähnen, während in den USA der Psychiater Ab- ram Kardiner schon 1941 seine abschließenden Überlegungen - aus der Behand- lung von Veteranen aus dem 1.Weltkrieg - zu einer „physioneurosis“ darlegte, die sich erst Jahrzehnte später belegen ließen. (vgl, van der Kolk 2015, S. 187) (vgl, Seidler 2013, S. 25)

Viel später sollte es wiederum maßgeblich die klinische Beschäftigung mit Kriegs- veteranen, diesmal amerikanischen Veteranen des Vietnam Kriegs sein, die Anfang der 1980er Jahre - durch weiterführende Forschungsarbeit - dann in den USA schließlich zu der offiziellen Diagnose des PTBS, wie wir es heute kennen, führten.

(vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 967)

(35)

1.5.2 Aktuelle gesellschaftliche Relevanz

Inzwischen finden wir eine hohe klinische aber auch wissenschaftliche Akzeptanz dieses Gebietes vor, und „im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte hat sich die Psy- chotraumatologie ständig weiterentwickelt, was sich im Zuwachs einschlägiger Fachpublikationen, der Neugründung wissenschaftlicher Spezialzeitschriften und in der öffentlichen Wahrnehmung ablesen lässt.“ (Maercker und Augsburger 2017, S.

967)

Der Themenkomplex Trauma ist sozusagen im Mainstream der westlichen Gesell- schaften angekommen, und wird mittlerweile viel breiter als nur in medizinischen oder therapeutischen Kreisen rezipiert.

Zwangsläufig gehen damit auch, wie schon in den Anfangszeiten bei den traumati- sierten Soldaten aus dem 1. Weltkrieg, Debatten und Kontroversen um Anerken- nung von Leid, Kompensationen und Krankheitsentschädigungen einher.

Die zahlreichen in den letzten Jahren entstandenen Kommissionen zu sexuellem Missbrauch in verschiedenen Institutionen im deutschen Sprachraum, spiegeln die- sen gesellschaftlichen Trend wieder. (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 971) Bei Seidler liest man: „[…] hat sich jedenfalls die Psychotraumatologie weltweit zu einer Disziplin entwickelt, die nicht nur innerhalb der Medizin, Psychologie und Psy- chotherapie und in anderen Humanwissenschaften, sondern ebenfalls in verschie- denen Kulturwissenschaften das Menschenbild verändert hat.“ (Seidler 2013, S. 16)

Maercker bekundet dazu: „Traumafolgen werden heute nicht nur durch Psychiater und Psychologen thematisiert, sondern auch von Juristen, Anthropologen, Histori- kern, Politik-, Medien- u. Kulturwissenschaftlern sowie Künstlern. In den Medien sind Trauma und Traumafolgestörungen inzwischen fast genauso präsent wie De- pressionen und Suchtstörungen.“ (Maercker und Augsburger 2017, S. 971)

(36)

Ein weitere treibende Kraft in der gegenwärtigen Traumaforschung, entspringt wie- derum aus unsagbarem Leid sehr vieler Menschen, da gerade in Israel mit vielen Holocaust-Überlebenden weitreichende Studien zu den Nachwirkungen dieses Gräuels durchgeführt wurden. (vgl, Yehuda et al. 2016) (vgl, Felsen 1998) (vgl, Kellermann 2011)

1.6 Prävalenz und Relevanz von individuellem Trauma für Bera- tung und Therapie

Zur Frage wie weit verbreitet Traumafolgen in der Bevölkerung sind, ergeben sich in der Literatur durch Studien und verschiedene Forschungsansätze, relativ hohe Unterschiede.

1.6.1 Zahlen zu Traumaprävalenz

Während bei Heedt die Posttraumatische Belastungsstörung, als angenommener Prototyp für Störungen die Traumabedingt sind, mit einer Lebenszeitprävalenz von durchschnittlich 8% vermerkt ist, bei Frauen mit 10% und bei Männern mit etwa 5%, sind die Zahlen in anderen Veröffentlichungen teilweise signifikant niedriger. (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 967) (vgl, Heedt 2017, S. 6)

Durch die nach wie vor hohe Beschämung die mit traumatischen Ereignissen ver- knüpft sind, wird aber allgemein die Dunkelziffer als hoch eingeschätzt. Speziell im Themenbereich von sexueller Gewalt, werden Schätzungen zufolge nur ein Bruch- teil der Opfer in der Kriminalstatistik erfasst, und tauchen eventuell später erst in der Behandlung anderer Symptomatiken auf. (vgl, Heedt 2017, S. 70–86)

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Durch Veränderungen der Diagnose Kriterien verändern sich möglicherweise auch die Prävalenzraten. Maercker vermerkt, dass die neue, noch nicht offiziell in Kraft getretene ICD-11 PTBS Diagnose eine geringere Prävalenzrate aufweist, als dieje- nigen die nach den Kriterien des ICD-10 oder des DSM-5 ( Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) Katalogs bestimmt würden. (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 967)

„Als Lebenszeitprävalenz wird für 13 Länder weltweit im Mental Health Survey ein Bereich von 3,0 bis 3,4 % angegeben.“ (Maercker und Augsburger 2017, S. 967)

Bei Seidler finden sich nochmal andere, differenziertere Zahlen. Er nimmt Bezug auf eine ältere Studie von Maercker et al, aus dem Jahr 2008, die vor allem einen großen Unterschied in den Altersgruppen aufzeigte.

Während sie bei 14 – 29-Jährigen bei 1,4 % liege, betrage diese bei den über 60- Jährigen über 3,8%. Dieser signifikante Unterschied in den Altersgruppen wird von den Studienautoren und von Maercker als eine direkte Nachwirkung der Kriegszeit in Deutschland eingeordnet. (vgl, Seidler 2013, S. 57–58)

Seidler diskutiert weiters, wie durch verschiedene Definitionen von Traumafolgen in den verschiedenen Kategorien von DSM und ICD teils sehr unterschiedliche Daten zustande kommen können. Bezugnehmend auf eine Studie von Kessler et al 1995 für die USA, nennt er eine Lebenszeitprävalenz von 7,8%.

Andere Studien befanden, dass ca. 90% aller Menschen irgendwann in ihrem Leben mit einem Traumaereignis in Berührung gekommen seien, wobei ca. 25 – 30% da- von gewisse Symptome einer PTBS entwickeln würden. (vgl, Seidler 2013, S. 58) Ebenfalls bezugnehmend auf die Studie von Kessler et al von 1995, beschreibt van der Kolk die dramatische Rolle von häuslicher Gewalt in der Entstehung von Trauma:

„For women and children, but not for men, trauma that results from violence within intimate relationships is a much more serious problem than traumatic events in- flicted by strangers or accidents: in 1994, 62% of the almost 3 million attacks on

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women in the USA were by persons whom they knew, while 63% of the almost 4 million assaults on males were by strangers. Four out of five assaults on children are at the hands of their own parents. Over a third of the victims of domestic assault experienced serious injury, compared with a quarter of victims of stranger assault.

This illustrates that an assault by someone “known” is not less serious than assault by a stranger. Domestic abuse and child abuse are closely related: in homes where spousal abuse occurs, children are abused at a rate 1500% higher than the national average.” (van der Kolk 2000, S. 8)

1.6.2 Relevanz von Trauma für Therapie, Beratung und angrenzende Berei- che

Ausgehend von diesen Zahlen ist zu erwarten, dass Menschen die sich zur Bera- tung oder Therapie einfinden, auch wenn dies nicht explizit Diagnose oder Auftrag in dem jeweiligen Setting entspricht, in ihrem Leben irgendwann mit Traumafolgen in Kontakt gekommen sind – entweder persönlich, oder durch Kontakt in der Familie, mit Angehörigen, Freunden oder Kollegen.

Während Psychotherapeuten für diese Situation immer besser sensibilisiert und ge- schult werden, ist für Menschen in beratenden oder auch sozialen Berufen hier noch ein großer Bedarf an spezifischer Edukation und Information auszumachen. (vgl, Hantke 2015, S. 118–123)

Durch die immer noch relative junge Disziplin der Traumaforschung, wird in der Li- teratur auch darauf hingewiesen wie sehr Traumafolgen selbst von professionellen Helfern, wie Ärzten, Therapeuten und eben auch Beratern oder Menschen in sozi- alen Berufen, einfach übersehen oder nicht erkannt werden können, speziell wenn es sich um Trauma handelt welches entweder weit zurückliegt (zb. Kindheit), der Fokus auf anderen Erkrankungen oder Beschwerden liegt – den sogenannten Ko- Morbididäten (vgl, Seidler 2013, S. 146), und insbesondere auch bei der komplexen Thematik von Persönlichkeitsstörungen. (vgl, Heedt 2017, S. 8)

(39)

Die Dringlichkeit, Wissen über Trauma auch in nicht-spezifisch therapeutisch oder medizinische Bereiche einzuführen, wird auch durch die Entstehung verschiedener Traumapädagogischer Ansätze widergespiegelt, in dem Trauma als ein biopsycho- soziales Konzept verstanden wird. (vgl, Rothdeutsch-Granzer et al. 2015, S. 171–

180)

Auch der Pflegebereich, Seelsorge, stationäre Wohneinrichtungen, Frauenhäuser, Jugendämter und selbst die Justiz sind von dem Thema betroffen. „In all diesen Bereichen hat traumazentrierte Arbeit Einzug gehalten“. (Hantke 2015, S. 120)

„Es folgt daraus, dass die Arbeit mit Traumatisierung zwar Spezialkenntnisse erfor- dert, aber kein Spezialgebiet sein kann. Traumatisierte Menschen sind überall zu finden, weil Traumaverarbeitung eben nicht notwendig ein dauerhaftes Ausscheren aus dem gesellschaftlichen Funktionieren bedingt.“ (Hantke 2015, S. 122)

1.7 Anschließende Forschungsbereiche

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich im spezifischen ja nicht mit der genauen Forschung und möglicher Therapie von individuellem Trauma (wie in diesem Kapi- tel definiert), sondern soll sich mit weiterreichenden Auswirkungen des Themen- komplexes von Trauma, Transgenerationeller Traumaweitergabe und möglichen Ansätzen zu einer Bestärkung und Ermutigung von Menschen in der Betrachtung, Bezugnahme und Reflexion ihrer jeweiligen persönlichen aber auch familiären Le- benslinien, beschäftigen.

Die Forschung und Beschäftigung mit Trauma hat als glücklichen Umstand auch einigen neuen Themenfeldern zur Geburt verholfen, die verheißungsvolle Informa- tion für eine würdevolle Lebensgestaltung bringen, und gerade auch für psychoso- ziale Tätigkeitsfelder sowie Prävention und Gesundheitsvorsorge dienlich sein kann. (vgl, Rothdeutsch-Granzer et al. 2015) (vgl, Isobel et al. 2018)

(40)

Zwei wichtige, bereits erwähnte Seitenstränge der Forschung sollen hier erwähnt werden, wobei der erste direkt aus der Forschung mit Überlebenden des Holo- caust entstanden ist.

1.7.1 Salutogenese

Die Salutogenese ist ein vom israelisch-amerikanischen Medizinsoziologen Aaron Antonovsky entwickelter Ansatz, der sich an den Entstehungs- u. Erhaltungsbedin- gungen von Gesundheit orientiert, und diese zum zentralen Punkt von Erforschung macht.

Antonovsky entwickelte diesen wirklich neuen Ansatz innerhalb eines Forschungs- feldes, das wir heute als Traumaforschung bezeichnen würden. Aus den bereits dargelegten historischen Gründen, war dieser Begriff damals – die Anfänge der Ar- beit entstanden in den späten 1960er Jahren – noch nicht in Verwendung.

„Im Rahmen seiner Arbeit […] in Israel mit Frauen, die zwischen 1914 und 1923 geboren waren und zur Zeit des Nationalsozialismus in deutschen Konzentrations- lagern interniert gewesen waren, stellte er fest, dass sich ein knappes Drittel der untersuchten Frauen in einem guten mentalen Zustand befand.“ (Seidler 2013, S.

43)

Hier taucht wieder die wichtige Unterscheidung auf, dass ein Trauma nicht automa- tisch durch das Erleben einer bestimmten Situation hervorgerufen wird, sondern dann entsteht wenn gewisse Faktoren der inneren Bewältigung nicht mehr aufgeru- fen werden können. (vgl, Ruppert 2018a, S. 70–72)

Antonovsky identifizierte verschieden Faktoren die mentale Gesundheit befördern, die sich unter der Kapazität der Betroffenen dem Erlebten einen Sinn oder eine Be- deutung zuschreiben zu können, einhergehend mit einem „sense of coherence“ (Ko- härenzgefühl) im Leben, zusammenfassen lassen. (vgl, Seidler 2013, S. 43) In diesem Zusammenhang sei der österreichische Psychiater Viktor Frankl kurz er- wähnt, der seine Erfahrung im KZ eben auch mithilfe seiner selbst entwickelten Lo- gotherapie verarbeiten, und sinnstiftend umsetzen konnte. (Frankl 2005)

(41)

1.7.2 Posttraumatic Growth und Resilienz

Mit einer breiteren Beschäftigung mit Trauma, entwickelte sich auch der Begriff der Resilienz. Die aktuelle Resilienzforschung innerhalb des Themenbereichs von Trauma, beschäftigt sich mit der Frage warum manche Menschen extreme Situati- onen oder Belastungen offensichtlich viel besser überstehen, und sich ihre Lebens- kraft bewahren können.

Als Einfluss Faktoren für eine erhöhte Resilienz werden sowohl zwischenmenschli- che Beziehungen aber auch wieder ein starkes und förderliches Wertegerüst iden- tifiziert. (vgl, Seidler 2013, S. 42) (vgl, van der Kolk 2015, S. 60–61)

Weiterführend hat sich im Zusammenhang mit Resilienz auch ein ganz neuer Begriff etabliert, der zunehmend untersucht wird, und zum ersten Mal von Calhoun und Tedeschi auf der Grundlage empirischer Untersuchungen postuliert wurde, nämlich die Bezeichnung des „post-traumatic growth“, oder einem Wachstum oder Reifung durch posttraumatische Belastungen. (vgl, Tedeschi und Calhoun 2004, S. 3–8)

„Posttraumatic growth is the experience of positive change that occurs as a result of the struggle with highly challenging life crises. It is manifested in a variety of ways, including an increased appreciation for life in general, more meaningful in- terpersonal relationships, an increased sense of personal strength, changed priori- ties, and a richer existential and spiritual life. Although the term is new, the idea that great good can come from great suffering is ancient.” (Tedeschi und Calhoun 2004, S. 2)

(42)

2 Transgenerationelle Weitergabe von Trauma

„Was du ererbt von deinen Vätern hast, Erwirb es, um es zu besitzen“

J.W. Goethe, Faust3

Die vorliegende Master Arbeit beschäftigt sich spezifisch mit dem noch sehr jungen Forschungsbereich der Transgenerationellen Weitergabe von Trauma und Trauma- folgen.

Dabei soll zuerst die Begrifflichkeit weiter erläutert werden, bereits existierende the- oretische und empirisch erforschte Modelle die dieses Phänomen zu ergreifen ver- suchen vorgestellt, und vor allem welche Relevanz und Bedeutung dieser Themen- bereich für Menschen in beratenden und therapeutischen Berufen in ihrer prakti- schen Arbeit mit Menschen hat, besprochen werden.

Dabei soll der aktuelle Forschungsstand zur Sprache kommen, wie auch theoreti- sche Modelle, und praktische Beschreibungen durch klinisch tätige Therapeuten die zur Erklärung dieses Phänomens herangezogen werden.

Die genaue Erforschung der Wirkweise einer möglichen Weitergabe traumatischer Erfahrungen und Traumafolgen über die Generationen, ist nicht Aufgabe dieser Masterarbeit, sondern den bereits existierenden Wissens- u. Forschungsstand, so- wie die historische Entwicklung, dieses Bereichs soweit aufzubereiten, dass eine Verknüpfung mit den Ergebnissen der empirischen Forschung mittels der Interviews möglich und sinnvoll wird.

3 Johann Wolfgang von Goethe, Faust. Der Tragödie erster Teil, 1808 (online abrufbar unter:

https://www.aphorismen.de/zitat/262)

(43)

Dabei soll auch zwischen einer engen – diagnostisch an PTBS orientierten Interpre- tation – und einer weiteren Perspektive des Begriffs „Traumaweitergabe“, die eine Vielzahl von Anpassungsstörungen mit sich bringt, differenziert werden. (vgl, Klütsch und Reich 2012, S. 566–567)

Das Thema Transgenerationales Trauma taucht in den letzten Jahren auch ver- stärkt im Mainstream auf. Zum einen durch neue Forschung im Bereich der Epige- netik, sowie eine Vielzahl von neuen Büchern im deutsch-sprachigen Raum die sich mit dem Thema der „Kriegskinder – Kriegsenkel“ beschäftigen. (vgl, Drexler 2017, S. 17) (vgl, Meyer-Legrand 2016)

Neben einer großen Anzahl an wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Meta- Analysen (vgl, Isobel et al. 2018, S. 1100) gibt es zunehmend mehr Fachliteratur zum Thema, und es finden Kongresse und Fachsymposien ausschließlich zu die- sem Themenbereich statt. (vgl, Huber und Plassmann 2012, S. 7)

2.1 Definition und Begrifflichkeit

Zum Thema Transgenerationeller Weitergabe existieren eine Vielzahl von Begriffen oder begrifflichen Annäherungen.

Im Folgenden werden die relevantesten Begriffe die in Forschung und Literatur ver- wendet werden, kurz erläutert, und anhand dessen auch definiert wie dieser Begriff in der vorliegenden Arbeit und auch in den Interviews verwendet wird.

2.1.1 Überblick der Bezeichnungen in Literatur und Forschung

In der Literatur taucht eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffe auf, die sich mit dem selben Phänomen und der Frage beschäftigen: Kann man die Kinder und weiteren

(44)

Nachkommen von Opfern (zur spezifischen Frage der Nachkommen von Tätern noch später) des Holocausts, des Nationalsozialismus, der Weltkriege und anderen ähnlich traumatisierenden Erfahrungen, auch als traumatisiert oder „sekundär trau- matisiert“ bezeichnen? (vgl, Gahleitner et al. 2012, S. 23)

Schon unser normaler Sprachgebrauch, oder „die Volksweisheit, dass der Apfel nicht weit vom Stamm“ falle, wie Kellermann schreibt (vgl, Kellermann 2011, S.

142), macht uns mit diesem möglichen Phänomen vertraut.

„Schon das Alte Testament (2. Buch Mose) spricht von der Weitergabe solcher Er- fahrungen an die nachfolgenden Generationen und zwar von der Weitergabe der Väter Missetat an die Kinder bis ins dritte und vierte Glied (sic!). Ebenso betonte Sigmund Freud 1913, dass keine Generation imstande sei, bedeutsamere seelische Vorgänge vor der nächsten zu verbergen (sic!)“, schreibt Radebold. (Radebold et al. 2009, S. 9)

Frühere Arbeiten verwendeten den Begriff „historisches Trauma“ (Wesley- Esquimaux und Smolewski 2004) vor allem im Zusammenhang mit dem Genozid an Indigenen Bevölkerungen, oder dem Leid der Afro-amerikanischen Bevölkerung in den USA. (vgl, Maercker und Augsburger 2017, S. 972)

Bei Ancelin Schützenberger findet sich der Begriff des „Ancestor Syndrome“ in der Beschreibung auffälliger Wiederholungen von Krankheiten und Belastungen in Fa- milien (Ancelin Schützenberger 1998), und als „telescoping of generations“.

(Ancelin Schützenberger 1998, S. 25)

2.1.2 Hauptsächlich verwendete Begriffe

Die durchgängigsten Begriffe im Deutschen sind:

• Transgenerationale Weitergabe von Trauma,

• Transgenerationelle Weitergabe,

• Generationenübergreifendes Trauma

Referenzen

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