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Medikamentöser Rauchstopp: Wie häufig sind psychiatrische Nebenwirkungen?

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Academic year: 2022

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Obwohl die Anzahl Raucherinnen und Raucher in der Schweiz seit 2000 lang- sam rückläufig ist, rauchte 2014 noch immer knapp ein Viertel der Schweizer Bevölkerung (1). Das sind über 2 Mil- lionen Menschen. Fast drei Viertel da von sind regelmässige, also täglich Rauchende. Noch rauchen Männer häufiger als Frauen (28,8% vs. 21,1%).

Dieses Geschlechterverhältnis gleicht sich jedoch zunehmend aus. Am häu- figsten rauchen junge Erwachsene in der Altersgruppe der 25 bis 34-Jährigen.

In der Schweiz sterben jährlich weit über 9000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Das sind umgerechnet rund 25 Todesfälle pro Tag. Die Anzahl ta - bakbedingter Todesfälle ist damit mehr als doppelt so hoch wie die Anzahl To desfälle infolge von anderen Ur sachen wie Verkehrsunfällen, illegalen Drogen- konsum, Aids, vorsätzlichen Tötungs- delikten und Suiziden zusammen. Am häufigsten sterben Raucher innen und Raucher an Herz-Kreislauf-Erkrankun- gen (41%), gefolgt von Lungenkrebs (27%), Atemwegserkrankungen wie COPD (18%) und anderen Krebsarten (14%)(2).

Wie aus dem von der Referentin zitier- ten Faktenblatt zum Tabakkonsum des BAG hervorgeht, wollen 57 Prozent der täglich Rauchenden mit dem Rau-

chen aufhören (2). Die Anzahl aufhör- williger Raucher ist unter den 25- bis 34-Jährigen am höchsten (43,3%).

Rauchstoppversuche, welche von einem Arzt oder einer Ärztin oder auch durch einen Anruf bei einer Rauchstopplinie begleitet werden, haben eine höhere Chance, erfolgreich zu sein. Die zusätz- liche Unterstützung durch eine Nikotin- ersatz- oder eine medikamentöse The ra - pie erhöhen die Chance auf einen erfolg - reichen Rauchstopp auf fast 30 Prozent.

Ab einem Alter von 30 bis 35 Jahren führt ein Rauchstopp bei Männern zu einer höheren Lebenserwartung von bis zu 10, bei Frauen bis zu 11 Jah- ren (3). Eine Tabakentwöhnung zahlt sich selbst in fortgeschrittenem Alter noch aus.

Die EAGLES-Studie

Bei EAGLES handelt es sich um eine randomisierte, doppelblinde, sogenannte triple-dummy und plazebokontrollierte Studie, welche die Sicherheit bezüglich neuropsychiatrischer Nebenwirkungen sowie die Wirksamkeit von Vareniclin (Champix®), Bupropion (Zyban®) und einer Nikotinersatz therapie untersucht hat. Insgesamt 8144 Studienteilnehmer aus 16 verschiedenen Ländern und 6 Kontinenten wurden an 140 Studien- zentren über 12 Wochen mit Vareniclin,

Bupropion, einem Nikotinpatch oder Plazebo behandelt, gefolgt von einer 12-wöchigen behandlungsfreien Fol- low-up-Phase. Vareniclin wurde nach einer 1-wöchigen Aufsättigungszeit in einer Dosierung von 1 mg 2-mal täglich und Bupropion mit 150 mg 2-mal täg- lich eingenommen. Die Nikotinersatz- therapie mittels Patch startete mit 21 mg täglich und wurde in der achten Woche auf 14 mg beziehungsweise auf 7 mg in der zehnten Woche reduziert. Alle Probanden nahmen täglich 4 Tabletten ein und trugen einen Patch gemäss Schema, wobei es sich – je nach den vier Behandlungsgruppen für Vare - niclin, Bupropion, Nikotinpatch und ausschliesslich Plazebo – bei den restli- chen eingenommenen Medikamenten um Plazebo handelte (triple dummy).

Die gesamte Studienpopulation wurde zu dem in zwei Kohorten mit je rund der Hälfte der Teilnehmer aufgeteilt: Die eine Kohorte schloss Studienteilnehmer mit psych iatrischen Erkrankungen ein, die andere Kohorte ausschliesslich sol- che ohne psychiatrische Vorerkrankun- gen. Zu den möglichen psychiatrischen Dia gnosen der Studienteilnehmer zähl- ten psychotische Erkrankungen (Schi- zophrenie, schizoaffektive Störungen), affektive Störungen (Major-Depression, bipolare Störungen), Angst- sowie Per- sönlichkeitsstörungen. Das Alter der Teilnehmer lag zwischen 18 und 75 Jah- ren, der durchschnittliche täg liche Zi- garettenkonsum betrug 10 oder mehr Zigaretten, und das in der Ausatmungs - luft gemessene Kohlen monoxid musste über 10 ppm liegen. Neben weiteren Ausschlusskriterien durften mögliche Studienteilnehmer während 30 Tagen vor Studienbeginn keines der zu prü- fenden Medikamente bereits einge nom - men haben und auch keine klinisch relevante Herz-Kreislauf-Erkrankung oder eine schwere COPD aufweisen.

BERICHT

Medikamentöser Rauchstopp: Wie häufig sind psychiatrische Nebenwirkungen?

Eine grosse internationale Studie vergleicht Rauchstoppstrategien

Mit über 8000 Studienteilnehmern aus 16 verschiedenen Ländern und 6 Kon- tinenten ist EAGLES die bisher grösste je durchgeführte Vergleichsstudie zur medikamentösen Rauchstopptherapie (1). Vareniclin, Bupropion und eine Nikotinersatztherapie mittels Patch wurden bezüglich Nebenwirkungen und Wirksamkeit miteinander verglichen. Vareniclin schnitt dabei am besten ab.

PD Dr. med. Isabella Sudano vom Herzzentrum des Universitätsspitals Zürich stellte die Studie und ihre Resultate anlässlich eines Medien-Round-Tables der Firma Pfizer vor.

Marianne I. Knecht

594

ARS MEDICI 132016

(2)

Vareniclin sicher und wirksamer als Bupropion und Nikotinpatch Die Sicherheit der untersuchten Medi- kamente wurde anhand der Häufigkeit und des Schweregrads neuropsych - iatrischer Nebenwirkungen während und 30 Tage nach Behandlung fest - gestellt (siehe auch Abbildung). Zu den schweren Nebenwirkungen zähl- ten Angstattacken und Depressionen.

Je nach Ausprägung als mittelgradige bis schwere Nebenwirkungen klassi - fiziert wurden Agitiertheit, Aggressivi- tät, Psychosen, Halluzinationen, suizi- dale Gedanken oder Handlugen und so weiter. In ihrer Präsentation gab Sudano einen Überblick über die wichtigsten

Resultate der Studie. So entsprach die Häufigkeit an Nebenwirkungen der nicht psychiatrischen Kohorte derjeni- gen der Plazebogruppe, für Vareniclin wurden sogar noch weniger Neben - wirkungen gemeldet. In der psychiatri- schen Kohorte gab es erwartungsge- mäss mehr neuropsychiatrische Neben- wirkungen. Für Vareniclin lässt sich jedoch keine signifikante Erhöhung im Vergleich zu Bupropion, dem Nikotin- patch oder der Plazebogruppe feststellen (siehe Tabelle). Die unter Vareniclin am häufigsten gemeldeten Nebenwirkun- gen (≥ 10%) waren Nausea und Kopf- schmerzen. Das sind diejenigen Neben- wirkungen, welche bereits in den Studien

vor Markteinführung am häufigsten auftraten.

Bezüglich der Wirksamkeit (negativer CO-Atemtest während 4 Wochen) nach 9 bis 12 beziehungsweise 9 bis 24 Wo- chen erzielten die medikamentösen Therapien in der nicht psychiatrischen Kohorte verglichen mit Plazebo eindeu- tig bessere Resultate (siehe Abbildung).

Die Wirksamkeit von Vareniclin lag zudem deutlich über derjenigen von Bupropion und dem Nikotinpatch. Die Abstinenz raten in der psychiatrischen Kohorte liegen für alle drei Behand- lungsmethoden tiefer als in der nicht psychiatrischen, sind aber immer noch höher als bei der Plazebogruppe. Das bedeutet, dass selbst Raucher mit bereits vorhandenen psychiatrischen Symptomen bei zulässiger Indikation von einer medikamentösen Rauch- stopptherapie profitieren können. Auch in dieser Kohorte erzielte Vareniclin gegenüber den anderen beiden medika- mentösen Therapien bessere Erfolge.

Zum Schluss ihrer Präsentation wies Sudano nochmals darauf hin, dass die EAGLES-Studie die erste Vergleichs- studie dieser Art sei und habe zeigen können, dass die medikamentöse Rauchstoppbehandlung mit Vareniclin und Bupropion bezüglich neuropsych - iatrischer Nebenwirkungen sicher und im Hinblick auf die Rauchabstinenz

wirksam sei.

Marianne I. Knecht

Quelle: «Tabakentwöhnung: Yes we can», Präsentation von PD Dr. med. Isabella Sudano, Herzzentrum Univer- sitätsspital Zürich, virtueller Media Round Table für Fachjournalisten, 31. Mai 2016, Pfizer AG.

Literatur:

1. Anthenelli RM et al.: Neuropsychiatric safety and efficacy of varenicline, bupropion and nicotine patch in smokers with and without psychiatric disorders (EAGLES): a double-blind, randomised, placebo- controlled clinical trial. The Lancet 2016; DOI:

http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(16)30272-0 2. Bundesamt für Gesundheit BAG, Faktenblatt zum

Tabakkonsum, 16.02.2015, http://www.bag.admin.ch/

themen/drogen/00041/00617/0

3. Prabhat J und Peto R: Global effects of Smoking, of quitting and taxing tobacco. New Engl J Med. 2014;

370: 60–68.

Interessenlage: Die Studie wurde von Pfizer und GlaxoSmithKline finanziert.

BERICHT

596

ARS MEDICI 132016 Tabelle:

Neuropsychiatrische Nebenwirkungen während und bis 30 Tage nach Behandlung

Vareniclin Bupropion NRT-Patch Plazebo

Nichtpsychiatrische Kohorte 990 989 1006 999

Neuropsychiatrische NW [n (%)] 13 (1,3%) 22 (2,2%) 25 (2,5%) 24 (2,4%)

davon schwere NW 1 (0,1%) 4 (0,4%) 3 (0,3%) 5 (0,5%)

Psychiatrische Kohorte 1026 1017 1016 1015

Neuropsychiatrische NW n (%) 67 (6,5%) 68 (6,7%) 53 (5,2%) 50 (4,9%) davon schwere NW 14 (1,4%) 14 (1,4%) 14 (1,4%) 13 (1,3%) NW = Nebenwirkungen; NRT = Nicotin replacement therapy

Nicht psychiatrische Kohorte Vareniclin (n = 1005) Bupropion (n = 1001) NRT (n = 1013) Plazebo (n = 1009)

Psychiatrische Kohorte Vareniclin (n = 1032) Bupropion (n = 1033) NRT (n = 1025) Plazebo (n = 1026)

Abstinenzrate (%)

40

35

30

25

20

15

10

5

0 38,0

26,1 26,4

13,7 25,5

18,8 18,5

10,5

29,2

19,3 20,4

11,4 18,3

13,7 13,0

8,3

Woche 9–12 Woche 9–24 Woche 9–12 Woche 9–24

Abbildung: Wirksamkeit der medikamentösen Therapie bezüglich Rauchabstinenz Adaptiert nach Sudano I, Universitätsspital Zürich bzw. Anthenelli RM et al., Lancet 2016

Referenzen

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