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(1)1002 DAS INDRADHVAJA-FEST IN ORISSA Die Uberreste der Indra-Verehrung in Ostindien Von G.C

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DAS INDRADHVAJA-FEST IN ORISSA

Die Uberreste der Indra-Verehrung in Ostindien

Von G.C. Tripathi, Freiburg im Br.

Indradhva.ia-utsava , auch kurz Indramaha (1) oder Indrotsava genannt, ist

wohl das wichtigste, uns bekannte, Volksfest Altindiens. Wir kennen es spä¬

testens seit der Zeit der Grhyasütras (2). Den Mittelpunkt dieses Festes, das

gegen Ende der Regenzeit stattfindet und etwa fünf Tage dauert (3), bildet eine

hohe Bambusstange bzw. ein Baumstamm, den man aus dem Wald holt, mit

farbigen Tüchern, Blumengirlanden und allerlei glückverheißenden Gegenstän¬

den verziert und auf einem Sockel aufrichtet. Das Fest bringt dem Volk Glück

und Segen und vernichtet die Feinde des Königs, der es veranstaltet (4).

Die Textstücke, in denen die Einzelheiten des Festes beschrieben sind, sind

schon lange ins Deutsche bzw. Englische übersetzt und ausführlich kommen¬

tiert worden, vornehmlich von J.J. Meyer (5) und J. Gonda (6). Auch bei

P.V. Kane (7) und Odette Viennot (8) findet man eine zusammenfassende Dar¬

stellung des Festes. Wir wissen somit ziemlich viel darüber, wie es in Alt¬

indien gefeiert wurde.

Soweit es jedoch die Existenz dieses Festes im heutigen Indien - oder im

indischen Kulturbereich - angeht, wußte man bis vor kurzem - dem Be¬

richt H.A. Oldfields (9) aus dem Jahre 1880 zufolge, der von den späteren

Arbeiten von F.D.K. Bosch (lO) und A. Bake (ll) bestätigt und ergänzt wur¬

de - vom Fortleben des Festes nur noch in Nepal und zwar in einer sehr ver¬

wandelten und bescheidenen Form (l2). Uber die Existenz dieses Festes in

Indien, seinem Ursprungsland, erhielt man die erste erfreuliche Nachricht

von P.K. Mahäpätra erst 1965 durch das Buch " Tree Worship in India" (13),

der in einigen Dörfern Westbengalens die Verehrung des Säl-Baumes als In-

dradhvaja hatte feststellen können.

Das Ziel dieses Aufsatzes ist es zu zeigen, daß nicht nur in Bengalen son¬

dern auch weiter südlich, im Staat Orissa, das Indradhvaja-Fest fast bis in

die Gegenwart hinein von einem Hindu-Raja gefeiert wurde und daiJ dieses in

einer ziemlich abgeänderten Form in dem Jageinnätha-Tempel von Puri sogar

heute noch gefeiert wird.

Meine Darstellung beruht auf zwei unveröffentlichten Palmenblattmanus-

kripten, auf die wir (d.h. das Orissa Research Projekt (l4) des Sonderfor¬

schungsbereichs 16) im Laufe unserer Feldforschung in Orissa gestoßen sind.

Die Angaben in diesen Manuskripten werden teilweise ergänzt und teilweise

verstärkt durch meine eigenen Beobachtungen in Puri und durch die persön¬

lichen Erklärungen von K.C. Rajguru, dem Aufseher des Jagannätha-Tempels.

Das erste Manuskript heißt " Indrotsavavidhi " . Es befindet sich in der Hof¬

bibliothek des Raja vom ehemaligen Fürstenstaat Keonjhar, trägt die Katalog-

Nr. 104 und ist für das Projekt von seinem Bibliothekar abgeschrieben wor¬

den (l5). Das zweite ist ein größeres Werk namens Yätrapaddhati von Sadäsiva,

das nach inneren Kriterien gegen Ende des 18. Jh. verfaßt worden zu sein

(2)

scheint (16). Dieses Werk behandelt sämtliche im Jagannätha-Tempel statt¬

findende Feste mit den dazugehörigen Mantras. Das MS wurde von uns in Kan-

tilo (Dist. Puri) entdeckt und für das Projekt käuflich erworben (l7). So sind

wir also mit diesen zwei Manuskripten in der glücklichen Lage, den Charak¬

ter dieses Festes in zwei ganz verschiedenen Bereichen Orissas festzustellen.

Im folgenden werde ich zuerst kurz das Indrafest nach dem Indrotsavavidhi

schildern, um dadurch klarzustellen, wie sich das Indradhvaja-Fest in Orissa

entwickelt hat; werde dann dies mit der Beschreibung des Festes in der Brhat -

saiphitä von Varähamihira vergleichen (die die älteste Fassung des Rituals

enthält), um einige Besonderheiten der Orissa-Variante hervorzuheben und

werde schließlich zu den Einzelheiten des Festes als ein Teil des Jagannätha-

Kultes übergehen.

Das Indradhvaja-Fest, wie es in Keonjhar gefeiert wurde, besteht aus den

folgenden acht Hauptriten:

1. Vanayäga (das Waldopfer)

Eine Woche vor dem Fest geht der Hofpriester zusammen mit einem Holz¬

hauer und einem Astrologen in den Wald, wählt dort unter den fünf vorge¬

schriebenen Baumarten (l8) einen Baum, verehrt ihn in der Nacht mit

Sandelpaste etc., bringt auf diesem Baum wohnenden Wesen Opfergaben

dar mit der Bitte, den Baum zu verlassen und verkündet dem Baum, daß der

König ihn zum Herstellen der Standarte Indras ausgewählt habe (l9). Der

Baum wird am frühen Morgen gefällt, sein Stamm auf 32 hastas reduziert

und kurz ins Wasser geworfen, dann herausgezogen und von den Stadtbe¬

wohnern in die Stadt getragen (20).

2. Adhiväsa (die Einweihung)

Einen Tag vor dem Aufrichten wir der Stamm, nachdem dieser entrindet,

zurechtgehobelt und in eine ca. ein Meter hohe Haltevorrichtung ( yantra )

hineingesteckt worden ist, mit Duftstoff unter Verwendung von Mantras aus

dem weißen Yajurveda der Kapva-Rezension (21) als dhvaja (Banner) In¬

dras eingeweiht. Es werden an den Baum noch fünf Stricke gebunden, die

ihn aufrichten helfen.

3. Devapüjä ( die Verehrung der Götter )

(I) Die Püjä Indras und Vigpus

Am Tage des Aufrichtens wird am Boden ein Magdala gezeichnet - vor¬

geschrieben sind Sarvatobhadra - oder Indra-Magdala - und es werden

darauf kleine Metallstatuen von Indra und Vignu aufgestellt. Beide verehrt

man mit der Darbringung der fünf upacäras (22) des hinduistischen Püjä-

Rituals unter Rezitation zweier vedischer Mantras. Für Indra istRV VI.

47.11 ( trätäram indram avitäram indram ... ) und für Visnu RV I. 22.20

( tad vigijoh paramarp padam ... ) vorgesehen.

(II) Die Püjä der anderen Götter

Auf dem Mapdala neben den Statuen steht noch ein Tonkrug mit Wasser, in

den 67 Götter der sieben verschiedenen Göttergruppen nach und nach ein¬

zeln hineingerufen und mit fünf upacäras verehrt werden. Damit werden die

10 Dikpälas, 9 Planeten ( grahas ), 12 Adityas, 8 Vasus, 11 Rudras, 8 Ma¬

ruts (22) und 9 Mütter ( mätarah ) (23) verehrt.

(3)

4. Homa (das Feueropfer)

Nach der Püjä dieser Götter findet auf einer mit Sand hergestellten, etwas

erhöhten Feuerstelle (stha^^ila) ein kleines Feueropfer statt. Beim Haupt-

Homa werden entweder mit dem rgvedischen Indra-Mantra (VI. 47. Ii) oder

dem rgvedischen Visnu- Mantra (I. 22.20) insgesamt 108 Ähutis ins Feuer

gegeben. Anschließend bekommt jeder der 67 Gruppengötter je eine Ähuti.

5. Pitakadevatäpüjanam (Verehrung der für die 'pitakas' zuständigen Götter)

Das Banner Indras soll laut unserem Manuskript mit 14 pitakas oder Beu¬

teln (25) versehen werden. Diese pitakas sind verschiedenen Gottheiten ge¬

widmet (z.B. Visvakarmä, Siva, Indra, Yama etc.), die darauf abgebil¬

det sein sollen. Alle diese Gottheiten werden einzeln in ihren pitakas mit

fünf Upacäras verehrt.

Damit ist das Püjä-Ritual zu Ende.

6. Dhvajotthäpanam (das Aufrichten der Standarte):

Es wird jetzt an Indras Dhvaja eine kleine stuti ausgesprochen, die nicht

nur die vier traditionellen, zum ersten Mal in der Bphatsarphitä erwähn¬

ten (43.52-55) Strophen (26) enthält, sondern darüber hinaus noch weitere

zwei (27), als deren Quelle das Kälikäpuräpa angegeben wird. Eine von

diesen Strophen enthält die an Indra gerichtete Bitte, diese Püjä zum Wohle

des Volkes zu akzeptieren. Mit diesem Vers werden dem Dhvaja dreimal

pugpanjalis ( = handvoll Blumen ) dargereicht. Hierauf holt man die Metall-

statue Indras, berührt diese mit der Standarte und stellt sie dicht an das

untere Ende der Standarte auf. Jetzt wird die Standarte mit Hilfe der fünf

angebundenen Seile aufgerichtet.

7. Stuti und Prärthanä (der Lobpreis und das Gebet):

Zusammen mit dem versammelten Volk beugt sich nun der König dem In¬

dra in Form der Standarte und spricht zwei Verse von denen der erste

an Indra (28) und der zweite an Vignu (29) gerichtet ist. Während der Vers

an Indra bloß ein Begleitvers für Ehrerbietung ist, enthält der Vers anVisnu-

Madhusüdana Bitten um langes Leben, Ruhm, Herrlichkeit, Söhne und En¬

kel etc.

8. Pürpähuti (der Ausklang des Festes)

Damit ist der Hauptritus zu Ende. Es wird nun für Agni, die letzte Obla¬

tion _2Ünjahuti genannt, ins Opferfeuer geworfen (30). Der Dhvaja bleibt

ca. eine Woche lang stehen bis er in der Konstellation BharapT gestürzt

und zu einem Fluß geschleppt wird (3l).

So ist also das Indradhvaja-Fest wenigstens in einem Fürstenstaat Orissas

bis zum letzten Jahrhundert gefeiert worden, lange nachdem dieses Fest an¬

derswo in Indien von solchen populäreren Volksfesten wie etwa Holl und Dipä -

valT verdrängt worden war.

Wir müssen uns jedoch klar machen, da^ß die Feste in Indien sehr stark auf

der regionalen Tradition beruhen. Ich halte es deshalb für nicht wahrschein¬

lich, dEiß das Fest irgendwann von einem Pandit in Keonjhar extra für seinen

Staat und für seinen Herrn aus älteren Quellen geschaffen wurde. Was wir hier

vor uns haben, ist m.E. die regionale Orissa-Variante des Festes, die vor

(4)

ein paar hundert Jahren in den anderen hinduistischen Fürstenstaaten Oris¬

sas ebenso verbreitet gewesen sein muß.

Unser Manuskript behauptet, getreu der " Varähasarphitä " die Schilderung

des Festes vorgenommen zu haben: '' iti varähasarphitoktadhva.jotthäpanavidhih ' ',

so der Kolophon. Als ' Varähasarphitä' bezeichnen die Autoren von Bengalen

und Orissa sehr oft die Bphatsarphitä von Varähamihira (32). Somit gibt der

Autor des Indrotsavavidhi zu, aus der Brhatsarphitä geschöpft zu haben. Ein

Vergleich zwischen den beiden Werken bestätigt die Aussage des Kolophons.

Der Autor des Indrotsavavidhi hat weitgehend den 43. Adhyäya der Brhatsarp¬

hitä benutzt. Interessant sind jedoch die folgenden Abweichungen, die sofort

ins Auge fallen:

1. Die Bedeutung Vignus hat in der regionalen Tradition Orissas wesentlich

zugenommen. Hier ist er fast gleichberechtigt mit Indra. Auf dem Manda¬

la stehend empfängt seine Abbildung die gleiche Püjä wie die des Indra. Es

ist sogar erlaubt, den Haupthoma nur mit dem Vignumantra auszuführen.

Nach dem Aufrichten des Dhvaja richtet man die Bitte um langes Leben usw.

nicht an Indra sondern an Visnu. Allerdings wird er als zweiter bedacht;

ist also immer noch Upendra .

2. Die Liste der beim Indrafest zu verehrenden Götter wird gewaltig erweitert.

Zwar hält man sich gewissermaßen an die alte Göttergruppierungen wie

" ädityäh ". " rudräh " etc. fest, aber alles wird sehr frei gehandhabt. Die

" grahas " und " mätarab " werden hinzugefügt. Die Zahl der Maruts wird

auf 8 reduziert; sie werden durch die Namen näher bestimmt und auch bei

den 'Müttern' findet man solche Fremdlinge wie 'Aparäjitä' (siehe Anm.

24! ).

3. Es werden in Orissa einige wichtige Elemente der hinduistischen Püjä zu¬

sätzlich in das ursprünglich rein vedische Ritual eingebaut. Die Götterfi¬

guren von Indra und Visnu, das Mandala und die Püjä der Götter mit fünf

Upacäras ( gandha . pugpa . dhüpa , dlpa und naivedya ) sind solche hinzuge¬

kommenen Elemente, die neben dem Feueropfer parallel existieren. Ein

sehr deutlicher Zug nachvedischer, populärhinduistischer Kulthandlungen

ist auch die Verehrung der Götter im Wasser in einem Tonkrug.

Wenden wir uns nun dem Indradhvaja-Fest zu, wie es im Kult des Jagannätha

eingebettet ist:

Zunächst zum Anlaß dieses Festes im Tempel. Weshalb feiert man ein Fest

in diesem Tempel, das eigentlich von einem König in der Stadt (wenn nicht

in der Hauptstadt) gefeiert wird? Die Antwort ist einfach. Spätestens seit

dem 13. Jhdt. gilt Gott Jagannätha oder Purusottama als der eigentliche Herr¬

scher von Orissa. Es ist inschriftlich belegt (33), daß AnahgabhTmadeva der

III., für Orissa der wichtigste König der Gahga-Dynastie, Gott Purusottama

als den Oberherrscher Orissas anerkannte und sich selbst als seinen Räutta,

d.h. 'Vasall' oder 'General' bezeichnete; eine Tradition, die von allen späte¬

ren Dynastien Orissas aufrechterhalten wurde. Es ist also Jagannätha in sei¬

ner Rolle als Herrscher Orissas, der dieses Fest zum Wohl seines Volkes

feiert .

Die Sakradhvajayäträ - so heißt das Fest hier - findet außerhalb des Tem¬

pels, nicht weit vom Haupteingang, in der nord-östlichen Richtung am späten

Nachmittag statt. Am Tage des Festes geht der Püjä-verrichtende Priester

(5)

zum Jagannätha und holt - wie es bei allen Tempelfesten üblich ist - zu¬

allererst einen Blumenkranz, die sogenannte Ajnämälä , von seiner Statue her¬

unter. Der Kranz ist ein Symbol für den Befehl Jagannäthas, das Fest auszu¬

führen. Dieser wird mit einem trommeiförmigen Gegenstand, der später den

Dhvaja krönt, in Berührung gebracht. Beides wird dann in Prozession mit

lauter Musik um den inneren Tempelbezirk herumgeführt und schließlich auf

die Opferstelle herausgebracht.

Dort befindet sich auch die Stange, deren Länge 25 hastas beträgt (nicht 32

wie im Indrotsavavidhi , auch nicht 28 wie in der Brhatsarphitä ). Die Baum¬

arten, deren Stämme in Frage kommen, sind zwar in unserem Manuskript

vorgeschrieben, aber heute holt man keinen Baumstamm mehr aus dem Wald,

sondern verwendet eine Bambusstange (34), die mit roten Tüchern umhüllt

ist. Ein vi sarj ana dieser Stange ist mir nicht bekannt und es ist sehr wahr¬

scheinlich, daß jedes Jahr dieselbe Stange immer wieder verwendet wird. Auch

ein adhiväsa - Einweihung - dieser Stange wird im Text nicht erwähnt. Ein¬

geweiht wird eigentlich nur das sogenannte "Indratrömmelchen" ( IndramadalT ),

das später ganz oben an der Stange befestigt wird, in dem man es mit der Aj ¬

nämälä in Kontakt bringt. Einen ähnlichen Fall haben wir beim Wagenfest des

Tempels, bei dem nicht der ganze Wagen sondern nur dessen Fahne einge¬

weiht wird.

Die Bambusstange im Jagannäth-Tem pel zeigt eine außerordentlich inter¬

essante Neuerung auf. Sie gilt hier nämlich als der kosmische Berg Meru.

Und um diesen Meru herum befinden sich lokas : die Erde und die sechs Götter¬

himmel, die übereinander hängen und somit eine Art Pyramide bilden. Diese

Lokas sind quadratförmig, jeweils zweieinhalb hastas lang und breit und ein¬

einhalb hastas hoch. Ihr Gestell besteht aus Splitterstangen vom Bambusrohr

und ist von einem Farbtuch überzogen, dessen Farbe für jeden Loka verschie¬

den ist. Der Bhüloka ist z.B. bunt (genauer: 'fünffarbig' ), Bhuvarloka

schwarz-weiß, Svarloka weiß und Maharloka rot. In diesen 'Götterhimmeln'

verehrt man nun verschiedene Götter, die gleichzeitig hier bildlich darge¬

stellt werden. Es werden im Bhüloka die acht Nägas, im Bhuvarloka vier

Bsis ( Vämadeva , Paräsara . Gautama und Garga ). im Svarloka die vier Dik¬

pälas der Haupthimmelsrichtungen, im Maharloka die vier Dikpälas der Zwi¬

schenrichtungen, im Janaloka der Wunschbaum Kalpavpkga sowie die Rsis

Bphaspati und Angiras . im Tapoloka die Munis Närada, Sanatkumära und Atri

und schließlich im Satyaloka Gott Brahmä mit seiner Gemahlin SarasvatT ver¬

ehrt.

Die IndramadalT . das Trömmelchen, das durch die Ajnämälä von Jagannätha

eingeweiht wurde, steht noch über dem Loka von Brahmä und SarasvatT und ist

Näräyana und LakgrpT gewidmet, die dorthin berufen werden und Püjä empfangen.

An diesem Trömmelchen wird noch eine Pfauenfeder angebunden, die die Spitze

der Stange, also des Meru, ausmacht. Diese Feder steht im Zusammenhang

mit dem Vajra, dem Donnerkeil, der hier verehrt wird.

Durch diese Lokas werden eigentlich die 13 pitakas abgelöst, die schon im¬

mer ein fester Bestandteil der Indrastange waren. Diese Pitakas haben, laut

Varähamihira, unterschiedliche Formen und sind von verschiedenen Göttern

dem Indradhvaja als Schmuck geschenkt worden. Diese Götter sind jeweils die

Herren dieser Pitakas und es wird jeder in seinem Pitaka verehrt. Das 13.

dieser Pitakas hat nach Varähamihira eine mit Wölbung und Vertiefung gekenn¬

zeichnete Form ( adha-ürdhvanirmitam ... 43.48). Genau so sieht die Indra-

(6)

madati - die Trommel Indras - aus, die der Stange aufgesetzt wird. Es

scheint also nur noch dieses 13. Pitaka, das letzte und das höchste, im Jagan-

näthatempelritual übriggeblieben zu sein. Alle anderen sind aufgegeben und

durch die sieben lokas ersetzt worden.

Aber warum mußte man unbedingt dieses eine Pitaka behalten ? Ich glaube,

man kann diese Frage beantworten, wenn man sich die Form und Funktion der

sog. ' Indratrommel ' einerseits und der Pfauenfeder andererseits etwas ge¬

nauer betrachtet. Die Pfauenfeder ist im hinduistischen Bereich ein bekann¬

tes Symbol für Krgna, der diese immer als sein Kopfschmuck an seiner Stirn

trug. Jagannätha ist identisch mit Krsna. Die Pfauenfeder ragt über alles hin¬

aus. Sie ist die Spitze des Weltenbergs Meru, wo Vignu, der höchste Purusa,

thront. Es zwängt sich hier die Vermutung auf, daß die sog. Indratrommel

ursprünglich tatsächlich Indra gewidmet war, bis man im Jagannätha-Tempel

eine Pfauenfeder daran band und somit Jagannätha-Krsna noch höher hinauf¬

setzte. Außer im Jagannätha-Tempel ist die Feder beim Indra-Fest sonst nir¬

gends zu finden.

Den ursprünglichen Charakter vom ' Indra-Trömmelchen' kann man, meine

ich, mit ziemlicher Sicherheit bestimmen. Einem indischen Kunsthistoriker

wird es nämlich sofort auffallen, daß das Trömmelchen nichts Anderes ist als

eine Darstellung des Vajra Indras. Genau so wird der Donnerkeil in der Kunst

in der Hand von Indra und bei vielen saktistischen Göttinnen in Orissa darge¬

stellt. Daß heute im ursprünglichen Vajra Näräyana und Lakgmi verehrt wer¬

den, während in der Pfauenfeder Vajra (d.h. Waffe Indras als Gott) verehrt

wird, ist auf einen Funktionsvertausch zurückzuführen, den ich nicht näher zu

ergründen vermag.

Der wichtigste Ritus des Festes, auch im Tempel, ist und bleibt das Feuer¬

opfer. Das Feuer selbst wird jedoch nach dem tantri sti schen Verfahren erzeugt.

Auf dem Sandboden zeichnet man ein Yantra, legt dann ein paar Kusa-Halme

in dessen Mitte, die als Bett gelten und lädt nun Visnu und Laksmi ein, auf die¬

sem Bett zusammenzuschlafen. Das Feuer, das nun auf die Kusahalme ge¬

legt wird, gilt als der Samen Vignus, den man mit Ähutis von Schmelzbutter

zum Kind entwickelt (35). Es werden alle Samskäras an ihm ausgeführt bis er

zum Mann heranreift (36). Er empfängt Püjä nach der in Orissa üblichen Form

und es werden zuerst seine neun Saktis (37) verehrt. Jetzt erst fängt der Homa

an. Man opfert zuerst für die zehn Dikpälas mit den vedischen Versen (38).

Dann kommt der Haupthoma, der darin besteht, daß man dem achtsyllabischen

Näräyaija- Mantra (39) für Visnu und anschließend mit dem Mantraräja-Nrsirp-

ha-Mantra (40) für Nrsirpha entweder eintausend oder auch nur einhundertacht

Ähutis ins Opferfeuer gießt. Mit der Pürpähuti und dem Säntipätha geht dieses

vedisch-tantrische Ritual zu Ende.

Jetzt wird der 'Meru' aufgerichtet. Nach dem Aufrichten wird die Püjä aus¬

geführt. Die in den sieben Lokas wohnenden verschiedenen Götter, Rsis und

Nägas usw. werden herbeigerufen und einzeln mit fünf Upacäras verehrt. Wie

vorhin erwähnt, empfangen auch Näräyana und LakgmT Puja, nachdem sie in

die ' Indra-Trommel' hereingerufen worden sind. Als letzten verehrt man den

Vajra Indras in der Pfauenfeder.

Zum Schluß wird aus der Tempelküche Milchreis geholt und um den Meru

herum in allen Himmelsrichtungen den zehn Dikpälas geopfert. Damit geht die

Sakradhvajayäträ des Tempels, an der - abgesehen von einigen Schaulustigen -

sich nur die Priester schaff beteiligt, zu Ende.

(7)

Was wir hier vor uns haben, ist ein stark vignuisierter Uberrest des Eilten

Indradhvajafestes. Der 'Dhvaja' ist zwar noch da, aber er gilt nicht mehr

als dhvaja sondern als meru. Die Püjä Indras (und Vignus) in Metallfiguren

wird fallen gelassen. Das Feueropfer findet nicht mehr zu Ehren Indras son¬

dern Näräyanas und Nrsiiphas statt und auf dem ursprünglichen Indradhvaja

thronen jetzt Näräyana und LakgmT. Nur die Verehrung seiner Waffe ganz oben

in der Feder erinnert einen daran, daß diese Stange einmal Indra gewidmet

gewesen ist. Er (Indra) selbst ist nirgends im Spiel und wenn er nicht zufäl¬

lig ein Dikpäla gewesen wäre, wäre ihm von allen diesen Ehren nichts zuteil

geworden. Welch ein Wandel ! Es ist hier fast nichts mehr von dem alten,

grandiosen Indradhvajafest vorhanden, obwohl keiner es bestreiten kann, daß

das Fest dasselbe ist.

Der Prozeß der Übernahme der Indra-Mythen und des Indra-Kultes durch

Krsna-Visnu hat ziemlich früh eingesetzt (4l). Aber daß sich die Bedeutung

Indras in Orissa länger gehalten hat als anderswo, wird durch zwei Tatsachen

bezeugt (42): erstens dadurch, daß die Herrscher Orissas spätestens seit

dem 12. Jhdt. ihre Regierungsjahre vom Tage des Indrafestes an zählten (43)

und daß solche Zählung der Jahre nach der Regierungszeit des jeweiligen Herr¬

schers auch heute noch in Orissa die weitaus geläufigere Art der Zeitrechnung

ist (44) und zweitens dadurch, daß man beim Bau des Jagannätha-Tempels

auch an Indra dachte und ihm einen ziemlich großen Schrein im Norden des

inneren Tempelbezirks widmete. Dieser Tempel ist mindestens bis zum 18.

Jahrhundert Indra gewidmet gewesen, wie es aus dem Jagannäthasthalavrt-

täntamu (45) hervorgeht, einem Telugu-Text, der wahrscheinlich Anfang des

19. Jahrhunderts unter Zugrundelegung des Oriya-Materials verfaßt wurde (46).

Im Sanktum dieses Tempels findet sich eine aus schwarzem Chlorit hergestell¬

te Statue Indras, die kunstgeschichtlich ins 11. bis 13. Jahrhundert zu datie¬

ren ist. Heute trägt dieser Tempel die Bezeichnung ' Süryamandira ' , weil jetzt

in seiner Vorhalle auf einem Podest zwei kleine Metallfiguren vom Sonnengott

aufgestellt sind. Die Figur von Indra ist indessen nicht mehr sichtbar, weil

man vor ihr eine Ziegelmauer errichtet hat. Das Bild ist stark verstümmelt:

nur ein Teil des Oberkörpers und der Kopf sind vorhanden (47). Ob daran ein

unglücklicher Zufall schuld ist oder der unduldsame religiöse Geist des Men¬

schen, wissen wir nicht. Aber ist nicht die Tatsache, daß man das Bild zuge¬

mauert hat, charakteristisch für das tragische Schicksal des ehemals höch¬

sten Gottes der Indo-Arier, der später wenigstens dem Visnu ebenbürtig war,

nun aber so unbedeutend ist, daß man ihn am liebsten vergessen haben möchte?

Anmerkungen

1. Vgl. Mahäbhärata (Cr. Ed. ), I. 57.23. Dieser Adhyäya (l. 57) enthält

auch die "Entstehungslegende" des Festes, worauf in den späteren Texten

(vgl. z.B. Brhatsamhitä 43.8) immer wieder Bezug genommen wird.

2. Eine längere Beschreibung dieses Festes findet sich in Kausika-Grhyasütra

140 und Atharvaparisista 19 (vgl. Nr. 6 unten). Daß das Fest auch in Süd¬

indien spätestens im 5. Jhdt. sehr populär war, geht aus dem Tamil-Kävya

Cilapp-atikäram hervor, das im Kapitel V die Feierlichkeiten des Festes

sehr poetisch beschreibt. (Ich danke Frl. Dr. Helga Anton aus Hamburg

für diesen Hinweis). Näheres über Cilapp-atikäram ( Silappatihäram . Shi-

lappdhikäram ) s. bei Jesudasan, A Hist, of Tamil literature , Calcutta 1961,

51-60.

(8)

3. Vom 12. Tag der hellen Hälfte des Monats Bhadrapada bis zur Pürnimä

(gelegentlich auch etwas länger, nämlich dann, wenn die Konstellation

BharapT nicht auf die Pürnimä-tithi fällt). Nach Angaben einiger Texte

soll das Fest (gebietsweise) auch im Monat Caitra stattgefunden haben.

Im südindischen dhvajäropapa -Fest, das in diesem Monat in den meisten

Vignutempeln stattfindet, scheint diese Tradition fortzuleben (vgl. auch

Kane, History of Dharmasästra , II, 825). Für diesen Zweck haben die

Tempel meistens einen reich verzierten Stein- oder Metallpfeiler im In¬

nenhof des Tempels. Spätere (südindische) Päncarätra -Texte betonen so¬

gar die Notwendigkeit des dhava.järopanam vor jedem größeren Fest im

Tempel (vgl. z.B. Näradryasarphitä , ed. by R.P. Chaudhary, Tirupati

1971, Adhy. 18).

4. ye püjayigyanti narä räjänas ca maham mama /

kärayigyanti ca mudä yathä cedipatir nppa //

tegärp srir vijayas caiva sarägtränäm bhavisyati /

tathä sphTto janapado muditasca bhavisyati // Mahäbhärata I. 57.23, 24

ye nrpäh kari gyanti /

vasuvad vasumantas te bhuvi siddhäjnä bhavigyanti /

muditäs ca prajäs tegäm bhayarogavivarjitäh prabhütännäh //

Brhatsamhitä 43.9-11.

5. Trilogie der altindischen Mächte und Feste der Vegetation , Leipzig-Zürich

1937, Teil III ("Indra"). Mit der Hauptthese Meyers jedoch - Indra sei

ursprünglich ein Sonnen-, Frühlings- und Vegetationsgott gewesen, die

er hauptsächlich aus den Einzelheiten des Indradhvaja-Festes zu beweisen

versucht - bin ich nicht einverstanden. Dieses aller Wahrscheinlichkeit

nach (ich denke vor allem an die zahlreichen europäischen Entsprechungen)

indogermanische Baumfest scheint nicht unbedingt von Anfang an mit Indra

verbunden gewesen zu sein. Es fehlt jeglicher Hinweis auf das Fest der

Indrastandarte in der gesamten, großen Sarphitä- und Brähmana-Litera-

tur, die doch aus einer Zeit stammt, in der sich Indra viel größerer Be¬

liebtheit erfreute als später (Stellen wie " kä imäm dasäbhir mäma indrarp

kripäti dhenübhih " RV IV. 24.10 oder RV VIII. 1.5, die Stella Kramrich

[The Banner of Indra, Coomarswami Fei. Vol., 197f.] anführt, sind viel

zu unsicher). Das Ganze scheint ursprünglich ein Fest der einfachen Bau¬

em und Viehzüchter gewesen zu sein (vgl. Harivarpsa Cr. Ed., Adhy.

59,60), das ohne priesterliches Ritual gefeiert wurde und erst allmählich

wegen seiner Popularität und der religiös-magischen Bedeutung auch in

die arische Herrscherschicht drang, als solches dann vom König des Lan¬

des mitgefeiert wurde und somit zum göttlichen Herrscher trat.

6. The Indra Festival according to the Atharvavedins , J.A.D.S., 87 (1967),

413 ff.

7. History of Dharmasästra . Bd. II, Poona 1941, 824 ff.

8. Le culte de 1' arbre dans I ' Inde ancienne . Paris 1954.

9. Sketches from Nipal , Bd. II, London 1880, 319 ff.

10. Der goldene Keim , zitiert nach Bake (s. das Folgende! ).

11. [ Deutsche] Indologentagung in Essen 1959, herausgegeben von E. Wald¬

schmidt, Göttingen 1960, Ein Indradhvajotthäna in Nepal , 116 ff.

12. Charakteristisch für Nepal ist z.B. erstens die Vielzahl der Indrastangen,

die fast in jedem Stadtviertel solcher großen Städte wie Kathmandu und

(9)

Bhatgaon aufgestellt werden und zweitens die interessante Tatsache, daß

diese Stangen als Abbild Indras gestaltet werden. Oberhalb der ursprüng¬

lichen vertikalen Stange wird zusätzlich eine kürzere Querstange ange¬

bunden, die die ausgestreckten Arme des Gottes darstellen. Rumpf und

Haare sind aus Stroh hergestellt. Da, wo die Stangen sich kreuzen, kommt

eine Kopfmaske und ganz oben ein hutähnliches Objekt als Krone Indras

(Foto bei Bake, s. oben Nr. Ii).

13. Dieses Buch ist von S. Sengupta herausgegeben worden (Calcutta 1965).

Der Beitrag " Tree symbol worship in Bengal" jedoch, der hier enthalten

ist, stammt von Herrn Mahäpätra.

14. "Orissa-Projekt" (1970-75) ist ein gemeinsames Forschungsvorhaben

der Universitäten Heidelberg und Freiburg in Zusammenarbeit mit indi¬

schen Gelehrten. Dieses interdisziplinäre Projekt befaßt sich mit den ver¬

schiedenen Aspekten der regionalen Eigenart Orissas, mit dem Ziel die

Bedeutung der hinduistischen Tradition für die gegenwärtige Entwicklung

Indiens zu untersuchen. Das administrative Zentrum des Projekts befin¬

det sich im Südasien-Institut der Universität Heidelberg. Der Autor ist

ein Mitglied des Projekts und arbeitet über den Kult JagEUinäthas.

15. Dieses Palmenblattmanuskript hat vier auf beiden Seiten beschriftete

Folia, was einem Umfang von ca. 10 DIN A 4 Seiten entspricht. Eine

Abschrift dieses Manuskripts befindet sich in der Orissa-Bibliothek des

Südasien-Instituts. Sowohl das MS als auch die Kopie sind in Oriya-Schrift.

16. Die Yätrapaddhati zitiert nämlich namentlich das Werk Surisarvasva von

Govinda Kavibhüsana Sämantaräya (teilweise ediert und herausgegeben

von Pt. Jagannätha Misra in Bibliotheca Indica , 1912-14), das 1772 ver¬

faßt wurde (vgl. K.N. Mahäpätra, Orissa Historical Research Journal , I

( 19 53) 1, 52-59) und erwähnt Räjä Virakesari Deva (1737-1793) als den

zeitgenössischen Herrscher von Khurdhä.

17. Das Manuskript umfaßt 147 Folia (d.h. Palmblätter). Es ist in Oriya-

Schrift. Eine Devanägari-Abschrift dieses Manuskriptes befindet sich

ebenfalls in der Orissa-Bibliothek des Südasien-Institutes. Die Beschrei¬

bung der Sakradhvaja-yäträ befindet sich auf Folia 48-55.

18. Diese Baumarten sind Arjuna , Asvakarpa , Priyaka . Dhan van und Udum ¬

bara ; vgl . Brhatsamhitä 43.15 ( ajakarna for asvakarpa ! ).

19. yäniha vpkge bhütäni tebhyah svasti namo'stu vah /

upahärarp grhTtvemaip kriyatäip väsaparyayajj //

pärthivas tvärp varayate svasti te'su nagottama /

dhvajärtham devadevasya püjeyam pratigrhyatäm //

20. Uber den Vanayäga-Ritus vgl. auch Varähasarphitä , Adhy. 59; Vigpu-

dharmottara -P. III. 89; Vimänärcanakalpa ( MarTcisarphitä ) , Madras

1926, patala 17; die Beschreibung des Vanayäga zur Herstellung der

Figuren Jagannäthas bei G.C. Tripathi, Das Navakalevara-Ritual im

Jagannätha-Tempel von Puri , ZDMG 1974 (Supplement Ii), 414 f.

21. Die Rezension Kapva ist die einzig übliche säkhä des weißen Yajurveda

in Orissa. Bei allen religiösen Anlässen werden die vedischen Mantras

aus dieser Samhitä verwendet. Die Orissa-Version der Kapva-Sarphitä

zeigt jedoch in mancher Hinsicht einige Besonderheiten auf. Für die Ei¬

genart der Kapvasarphitä von Orissa, siehe P. Acharya, Studies in

Orissan History. Archaeology and Archives , Cuttack 1969.

22. Die fünf upacäras sind gandha (Duftstoff, Sandelpaste), pugpa (Blumen),

(10)

dhüpa (Weihrauch), dip a (Licht) und naivedya (Speise) und stellen eine

kürzere Version der hinduistischen Püjä dar, die in ihrer vollen Form

16 upacäras umfaßt.

Die Zahl der Maruts in der hinduistischen Mythology ist eigentlich 49

(d.h. 7 X 7). Diese sind jedoch nicht individuell benannt. Die Liste der

acht hier angeführten Namen ( pavana , svarpa , väyu , maruta [sie !] anila,

präpa , apäna und jTva) entbehrt jeglichen Rückhalts in der Tradition und

ist ziemlich willkürlich zusammengestellt (4 Synonyma des Wortes 'Luft'

(bzw. Wind), 2 'Pränas', Leben' usw.).

Die traditionelle Liste der Mütter umfaßt die folgenden acht Namen: Bräh ¬

mi , MähesvarT, VaisijavT , AindrT, KaumärT , Vär ähi . NärasirphT und Cäm -

undä (vgl. DevTmähätmya od. Durgäsaptasat" des Märkapdeya -P ., Adhy.

8.12 - 39). In der Liste des Indrotsavavidhi wird jedoch (ausgerechnet)

die Aindri fallen gelassen; zusätzlich zu Vaisnavi noch Laksmi aufgenom¬

men und die Liste wird durch die Hinzufügung von der buddhistischen Göt¬

tin Aparäjitä auf 9 erweitert.

Diese 'Beutel' sind kleine Taschen aus Stoff, die mit Getreidekörnern ge¬

füllt und zugenäht worden sind. Sie haben unterschiedliche Formen und

Farben und sind laut Varähamihira von verschiedenen Göttern dem Indra¬

dhvaja als Schmuck ( bhügaijänT ) geschenkt worden (Bfhatsarphitä 43.41 -

49). Das erste Pitaka hat ein Drittel des Umfangs der Indrastange und die

weiteren Pitakas (von unten nach oben) sind jeweils um ein Achtel kleiner

(ebenda 50). Es wird in jedem Pitaka jeweils diejenige Gottheit verehrt,

die mit diesem Pij;aka in Zusammenhang steht.

Interessant ist in diesem Kontext, daß der Indrotsavavidhi von 14 Pitakas

spricht, während in der Brhatsarphitä nur von 13 Pitakas die Rede ist.

Das 14. Pitaka im Indrotsavavidhi scheint durch eine Mißinterpretation

des folgenden Bphatsarphitä-Verses entstanden zu sein:

kincid adha-ürdhvanirmitam upari visälarp trayodasam ketoh /

sirasi bphaspatisukrau läksärasasannibharp dadatuh // 43.48

Das Wort ketoh bedeutet hier eindeutig " des Banners "; der Verfasser

des Indrotsavavidhi jedoch versteht es im Sinne des Planeten 'Ketu' ,

der dem Dhvaja das 13. Pitaka schenkt! Für die im nächsten päda er¬

wähnten Brhaspati und Sukra muß daher ein weiteres, das 14., Pitaka

erfunden werden.

har ärkavaivasv atas akr asomadhanesavaisvänarapäsabhpdbhih /

mahargisanghaih sadigapsarobhih sukrähgirasskandamarudgapaisca //

yathä tvamürjaskarapaikarüpaih samarcitas tv äbharapair udäraih /

tatheha täny äbharapäni yäge subhäni sarpprltamanä gphäpa //

ajo ' vyayah säsvata ekaviro (v.l. rüpo ) vigpur varähah purugah puräpah /

tvam antakab sarvaharah kpsänuh sahasrasirgä satamanyur indrah //

kavirp saptajihvam trätärarp indrarp svavitärarp suresam /

hvayämi sakrarp vptrahaparp sugepam asmäkarp virä uttarä bhavantu //

(i) vajrahasta surärighna bahunetra purandara /

kgemärtharp sarvalokänäm püjeyam pratigphyatäm // Kälikä-P. 90.24

Dieser Vers findet sich auch im Bhavigya-P. (Uttarakhanda) IV. 139.38

( ii ) ehy ehi sarvämarasiddhasahghair abhigtuto vajradharämaresah /

samutthitas tvarp sravapädyagäde ( =' päde ) gfhäpa püjäm bhagavän

namas te //

Kälikä-P. 90.25 (vgl. Meyer, op.cit. III. 44 für Ubers.)

(11)

28. airävatasamärüdho vajrahasta purandara /

sataya.i'nädhipa hare tasmai indräya vai namah //

orp indräya namah / om mahendräya namah /

29. oqi upendräya namah /

äyur dehi yaso dehi sriyam dehi tvam eva ca /

putram pautram prapautrarp ca dehi me madhusüdana //

orp näräyapäya namah /

30. Die Pürnähuti opfert man mit dem Vers " mürdhänarp divo aratim pr¬

thivyä . .." (RV VI. 7.1.), den man noch mit der Formel " idam agnaye

vaisvänaräya ... om agnaye svistakpte svähä .. . usw. versieht.

31. vaigpavävisate candre sakram utthäpayed divä /

bharanyä antapäde ca nisi guptarp visarjayet //

bhramäd a.inänato väpi asvinyäm ced visar.jayet /

paracakrepa deso' sau räjä rogepa pTcjyate //

Indrotsavavidhi, Folio 4b.

32. So z.B. im Yäträtattvam von Raghunandana (Sans. Sähitya Parisad,

Caicutta 1926), S. 31.

33. D.C. Sirkar, Bhubaneswar Inscription of Anahgabhima III , Anka Year 34 .

Ep. Ind. Vol. XXX (1953) 1, 17-23; H.K. Mahtab, History of Orissa .

Vol. I, Cuttack 1959, 226; vgl. auch Mädalä Pänji (Präci Ed. ) Cuttack

1940, S. 27.

34. Die Bambusstange scheint jedoch die ursprünglichere zu sein und der

Baumstamm ein späterer Ersatz dafür, vor allem in den Gebieten, wo

es keinen Bambus gibt. Das zeigt sich darin, daß der Stamm manchmal

wie eine Bambusstange bemalt wird (Für Nepal bezeugt dies Bake, op .

cit. [s. Anm. llj S. 119). Auch im Mahäbhärata, wo die Legende vom

Indramaha zum ersten Mal vorkommt, schenkt Indra dem König Upari-

cara eine vaipavT yasti (I. 57.17, vgl. .auch Bphats . 43.8 " vepumayT yagti " ).

35. Auch beim vedischen Ritual des Feuerlegens bzw. -Erzeugens wird oft

auf den Koitus angespielt: "Die Stätte ( yoni ) wird für ihn ( = Agni) be¬

reitet und empfängt ihn wie die Frau den Gatten" (RV IV. 3.2, Hille¬

brandt, Ritualliteratur , Straßburg 1897, 14); vgl. auch Winternitz, Ge ¬

schichte der indischen Literatur , I, (Neudruck, Stuttgart 1968), 156-157.

36. Vgl. G.C. Tripathi, Das Navakalevara-Ritual ... "in ZDMG (Supple¬

ment II) 1974, 415.

37. Diese Saktis sind: Svetä , PTtä. Arupä , Kpspä . Dhümrä . TTvrä, Sphu -

lihgini . Rucirä und Jvälini .

38. Es werden folgende vedische Verse als Homamantras für die Dikpälas

verwendet :

Indra RV VI. 47.11 (trätäram indram ... )

Agni RV VIII. 44.3 (agnirp dütam purodadhe ... )

Yama RV I. 163.2 (yamena dattam trita enam ... )

Nirrti VS 9.35 (e§a te nirpte bhägah . -. )

Varuna VS 4.36 ( varupasyottambhanam asi ...)

Väyu VS (Kapva) 10.24 (vätö vä vo mano vä ... )

Kubera RV X. 131.2 (kuvid anga yavamanto ... )

Isana RV I. 89.5 (tam Tsänarp jagatas tasthusaspatim ... )

Ananta VS 13.6 (namo' stu sarpebhyo ... )

Brahmä VS (Kanva) 24.30 (ä brahman brähmapo ... )

(12)

39. orp namo näräyapäya .

40. ugram vTrarp mahävignum jvalantarp sarvatomukham /

npsirpharp bhTgaparp bhadrarp mptyumptyurp namämy aham //

41. In Anlehnung an den Brauch des Indradhvaja haben die Visnuiten schon

sehr früh im ' Vigpudhvaja ' bzw. ' Garudastambha ' einen ähnlichen Ge¬

genstand entwickelt. Diese ' dhvajas ' oder ' stambhas ' waren hohe Säulen

aus Stein oder Metall, die von den Vignuanhängern für ihre Igjadevatä

errichtet wurden und auf dem Kapitäl ein Bildnis des Garugla trugen. Die

älteste Säule dieser Art ist der Garudapfeiler von Vidisä, der von Helio-

doros, einem Griechen, im 1. Jh.v.Chr. gestiftet wurde. Die berühm¬

teste jedoch ist die Eisensäule von Mehrauli (Delhi), die höchst wahr¬

scheinlich ins 5. Jh.n.Chr. zu datieren ist und die in der daran ange¬

brachten Inschrift "Visnudhvaja" genannt wird:

tena (candrepa) ayam prapidhäya bhümipatinä

dhävena ( = bhävena) vigpau matim /

prärpsur vigpupade girau bhagavato

vignor dhvajah sthäpith //

Vgl. J.F. Fleet, Corpus Inscriptionum Indicarum . Vol. III (Nachdruck,

Varanasi 1963) 141 f.

Für einen dritten, noch vorhandenen dhvajastambha in Eran (Saugar,

M.P. ) vgl. Fleet, ebenda . 88 f.

42. Auch in der Gründungslegende des Jagannätha-Tempels findet man deut¬

liche Spuren von einem Indra-Kult, der später von dem Vignu-Kult über¬

lagert wurde; s. hierzu R. Geib, Indradyumna-Legende (Freiburger Beitr.

z. Indologie, 7), Wiesbaden 1975, 29, 72 ff .

43. Das Regierungsjahr des Herrschers Orissas wechselt nicht am Tage

seiner Krönung, sondern an der dvädasT der hellen Hälfte des Monats

Bhädrapada . Hieraus erklärt sich auch die Bezeichnung süniä (sünya =

Null) für diesen Tag. Die Zählung der Regierungsjahre ( ahka-s ) ge¬

schieht nach einem interessanten System, wobei die Jahreszahlen 1, 6

und 16 und danach alle auf 0 oder 6 endenden Zahlen (z.B. 20, 26, 30

usw. ) fallen gelassen werden. Es wird, mit anderen Worten, grund¬

sätzlich mit der Zahl 2 angefangen und wenn der König vor dem Süniä-

Tag gekrönt worden ist, läuft von diesem Zeitpunkt an sein 3. Regierungs¬

jahr (anka). Mehr über dieses System bei K.N. Mahäpätra, The reckoning

of Chaturmäsl, lunar and solar months and different Eras in Orissa ,

Orissa Historical Research Journal, XI (1962), 3, 144-145.

44. Die Ahka-Zählung ist die einzige übliche Art der Angabe der Jahreszahl

z.B. in den Kolophonen der Palmblattmanuskripte, in Horoskopen und in

der Sankalpa -Formel bei den religiösen Handlungen.

45. Das Original-Manuskript vom Vpttäntamu befindet sich in Madras (Govt.

Or. MSS Lib., No. 2612). Eine Abschrift (in Telugu-Schrift) ist im Süd¬

asien Institut, Heidelberg vorhanden, ebenso eine englische Ubersetzung

von S.N. Rajguru (unveröffentlicht. ) Ich zitiere nach der Ubersetzung,

s.S. 179.

46. Diese Zusammenstellung und Ubersetzung scheint von Col. Mackenzie ver¬

anlaßt worden zu sein, der mit großer Mühe am Anfang des 19. Jhdts.

alle nur greifbaren Dokumente über die Geschichte der Fürstenstaaten

Orissas und Ändhras gesammelt und sie später in der Govt. Oriental

Manuscripts Library, Madras, deponiert hat. Unser Text enthält in

(13)

seinem Kapitel über die Geschichte Orissas (Teil IV, S. 115-151 der

Ubersetzung) eine Beschreibung der Räj äs von Kurdhä bis zu Mukunda-

deva, dem 11. (1795 - 1817 n.Chr. ).

47. Viele Oriya-Gelehrte vertreten die Ansicht, daß das Original-Götterbild

des Konarak-Tempels 1628 anläßlich des Angriffs von Baqar Khan (dem

damaligen Sübädär von Cuttack) aus diesem Tempel nach Puri gebracht und

im "Süryamandira" im Jagannätha-Tempel-Bezirk aufgestellt worden

sei (vgl. G.S. Das, The Sungod of Konarak : Where is He ? in Proc. of

Ind. Hist. Cong. 1945, 153-58; H.K. Mahtab, History of Orissa , II Cut¬

tack 1960, 463). Es ist aber vollkommen falsch, die Statue im jetzigen

Sürya-Tempel von Puri mit dem Sonnengott zu identifizieren. Die zwei

sicheren Merkmale des Götterbildes von Sürya, nämlich die zwei Lotus¬

blumen in seinen Händen und der Panzer ( abhyahga ) an seiner Brust

(vgl. Brhatsarphitä 58.46-48) fehlen hier vollkommen, obwohl sie in

allen anderen Darstellungen des Sonnengottes in Konarak ausnahmslos

vorhanden sind. Die PurT-Statue trägt eine hohe Juwelenkrone, so wie

es beim Indra, dem Götterkönig, in der hinduistischen Kunst üblich ist.

(14)

^ANKARAS "SYSTEM"

Von Tilmann Vetter, Leiden

Paul Deussen hat in seinem fast nur auf dem Brahma-Sütra-Kommentar

fußenden "System des Vedänta" (Leipzig 1883) verschiedene Abteilungen der

Lehre Sahkaras herausgearbeitet und festgestellt (104-124): Die Theologie

wird in eine höhere ( para ) und in eine niedere ( apara ) Wissenschaft aufge¬

teilt, die Kosmologie und Psychologie hingegen in einen Standpunkt der höch¬

sten Wahrheit ( paramärtha-avasthä ) und in einen Standpunkt des Welttreibens

( vyavahära-avasthä ) .

Deussen glaubte nun zu einem Gesamtsystem kommen zu können, indem er

diese zwei Einteilungen auf folgende Weise vereinigte: Die höhere Wissenschaft

der Theologie und der Standpunkt der höchsten Wahrheit in Kosmologie und Psy¬

chologie sind zusammen die esoterische Vedäntalehre, die niedere Wissen¬

schaft der Theologie und der Standpunkt des Welttreibens in Kosmologie und

Psychologie sind zusammen die exoterische Wissenschaft. Dem zuzurechnen

sind auch noch eine esoterische und exoterische Eschatologie.

Diese Zusammenschau ist nicht unbrauchbar, es ist aber folgendes dagegen

einzuwenden: Die höhere Theologie arbeitet nur ausnahmsweise (l) mit der

Irrealität der Welt, im allgemeinen setzt sie die Realität der Welt voraus. Der

Standpunkt der höchsten Wahrheit in der Kosmologie leugnet hingegen die Welt.

Die höhere Wissenschaft der Theologie arbeitet zwar manchmal im Anschluß

an einen negativen Grundtext wie "neti neti" (z.B. BUBh II 3 6) mit einer rein

negativen Beschreibung des Brahman (2). Hierbei wird aber die Welt nicht

geleugnet. Es wird nur gesagt, daß die Sprache bloß auf Weltliches Anwendung

finde und darum nicht für das Brahman gebraucht werden könne.

Im allgemeinen aber - dies wird in andern Werken Sahkaras viel deutli¬

cher als im Brahma-Sütra-Kommentar - ist die höhere Wissenschaft der

Theologie nicht rein negativ, sondern benutzt wenige ausgewählte Prädikate. So

wird das Brahma oft das allem innerliche Geistlicht, der Zuschauer von allem,

alldurchdringend usw. genannt. Diese Bezeichnungen haben die Welt als Kor¬

respondenzbegriff geradezu nötig. Man braucht dazu aber nicht den "Stand¬

punkt des Welttreibens", nicht die Welt, insofern sie vom Brahma ausgeht,

in ihm besteht und sich wieder auflöst, - zumindest solange nicht, wie San¬

kara diese Standpunkte schön auseinanderhält. Der Bezug des Brahman zur

Welt ist in der höheren Theologie viel einfacher: Es ist der zwischen einem

einzigen unveränderlichen Subjekt und einem vielgestaltigen Objekt.

Hinzu kommt noch - was Deussen nicht auffiel - , daß die Abwehr der

Prädikate der niederen Theologie mit Ausdrücken wie "frei von Besonderhei¬

ten" ( nirvisega ) oder "attribulos" ( nirgupa , agupa ) fast immer in einem Kon¬

text steht, wo das Brahman auch Geist, innerlich, NichtObjekt, Zuschauer,

alldurchdringend usw. genannt wird (3). Man kann also aus dem Gebrauch

dieser Ausdrücke weder auf eine rein negative Theologie noch auf eine Leug¬

nung der Welt schließen.

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