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DAS LEHREN UND LERNEN

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Academic year: 2022

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ÜBER DEN HOLOCAUST EMPFEHLUNGEN FÜR

DAS LEHREN

UND LERNEN

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Titelbild: Teilnehmende der „Education and Genocide Prevention Session“ diskutieren 2015 beim Salzburger Global-Seminar über IHRA-Leitlinien zum Unterricht. Quelle: Salzburg Global Seminar

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ÜBER DEN HOLOCAUST EMPFEHLUNGEN FÜR

DAS LEHREN

UND LERNEN

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Die Übersetzung des englischen Originals erfolgte mit freundlicher Unterstützung durch das österreichische Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung.

Besonderer Dank gilt ferner Werner Dreier (AT), Sabina Brändli (CH) und Wolf Kaiser (DE) für die Zusammenstellung der deutschsprachigen Unterrichtsressourcen.

Die erste Auflage wurde 2019 von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) veröffentlicht. © 2019 IHRA

Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Publikation steht zur freien Verfügung und darf zu pädagogischen und anderen nicht-kommerziellen Zwecken verwendet und kopiert werden, sofern solche Reproduktionen die IHRA als Quelle kenntlich machen.

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ÜBER DIE IHRA

Die „International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA)“ vereinigt Regierungen und Fachleute mit dem Ziel, den Unterricht und die Forschung zum Holocaust und die Erinnerung daran zu festigen, voranzutreiben und zu unterstützen sowie die Verpflichtungen aus der Stockholmer Erklärung aus dem Jahr 2000 aufrechtzuerhalten.

Die IHRA (vormals „Task Force for International Cooperation on Holocaust Education, Remembrance and Research“, kurz ITF) wurde 1998 auf Anregung des ehemaligen schwedischen Ministerpräsidenten Göran Persson gegründet. Heute umfasst das IHRA- Netzwerk, das den Auftrag hat, sich mit Fragen zu befassen, die den Holocaust betreffen, mehr als 40 Länder sowie wichtige Partnerorganisationen.

Zum IHRA-Netzwerk der Fachleute gehören Vertreterinnen und Vertreter aus weltweit führenden Einrichtungen, die auf den Unterricht, das Gedenken und die Forschung zum Holocaust spezialisiert sind. Von 2019 bis 2023 liegt der Fokus der IHRA-Expertinnen und -Experten sowie der politischen Repräsentantinnen und Repräsentanten auf der Wahrung der historischen Überlieferung sowie auf der Bekämpfung von Geschichtsverfälschung.

ÜBER DIESE PUBLIKATION

Diese Publikation baut auf frühere Leitlinien für Lehrende und politische Entscheidungs- trägerinnen und Entscheidungsträger auf, die von IHRA-Fachleuten entwickelt wurden, und wäre ohne die zahlreichen Beiträge der IHRA-Delegierten nicht möglich gewesen.

Besonderer Dank gebührt folgenden Expertinnen und Experten: Jennifer Ciardelli (USA), Niels Weitkamp (Niederlande), Andrea Szőnyi (Ungarn), Benjamin Geissert (Norwegen), Wolf Kaiser (Deutschland), Paula Cowan (UK), Lena Casiez (Frankreich) und Yessica San Roman (Spanien).

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VORWORT

Dr. Kathrin Meyer

IHRA Executive Secretary

Mit diesen starken Worten eröffnete Göran Persson das „Stockholm International Forum on the Holocaust“ im Jahr 2000. Im Laufe des drei Tage dauernden Forums stand Lehren und Lernen im Mittelpunkt der Aussagen von Staatsoberhäuptern, Lehrpersonen, Historikerinnen und Historikern sowie von Überlebenden. Ein halbes Jahrhundert nach dem Holocaust schien es allen in Stockholm Anwesenden klar zu sein, dass die internationale Gemeinschaft die Verantwortung teilt, die kommende Generation in der Reflexion über die Geschichte des Holocaust und seine Folgen zu unterstützen. Unterricht war und bleibt der Grundstein der Tätigkeiten der IHRA, um sicherzustellen, dass die Erinnerung an den Holocaust niemals verblasst.

Wenn ich mich unter den über 300 Delegierten umschaue, die zusammen das IHRA-Netzwerk bilden, bin ich inspiriert von ihrer Leidenschaft und den tiefen fachlichen Kenntnissen, die alle unsere Delegierten einbringen. Allerdings habe ich eines im Laufe meiner Karriere gelernt;

und zwar, dass Leidenschaft und Wissen alleine nicht genügen. Auch herausragende Initiativen der Zivilgesellschaft reichen nicht aus. Notwendig sind auch politische Verpflichtungen von Seiten der Regierungen, deren Verantwortung es ist, breite Bildung in ihren Gesellschaften sicherzustellen. Lehrende zählen darauf, dass diese politische Unterstützung ihre

ausgezeichnete Arbeit fördert und ermutigt.

Überall in unseren Mitgliedsstaaten arbeitet eine Vielzahl von Institutionen – einschließlich unserer internationalen Partnerorganisationen – unermüdlich daran, Schülerinnen und Schülern zu unterrichten sowie Lehrende aus- und weiterzubilden. Dank dieser Institutionen können wir auf eine Vielzahl hochwertiger Lehrmaterialien in unseren Mitgliedsstaaten und darüber hinaus zugreifen. Es freut mich, dank unserer Delegierten die IHRA-Empfehlungen für das Lehren und Lernen über den Holocaust präsentieren zu dürfen, die damit ihren Platz unter den verfügbaren Ressourcen einnehmen. Ich bin erfreut, dass dieser Band in Kooperation mit der UNESCO veröffentlicht wird, und hoffe, dass weitere Organisationen unsere Bemühungen um Verbreitung unterstützen werden. Die vorliegenden Empfehlungen stellen eine große Leistung unserer Fachleute dar, und ich möchte mich bei allen Beteiligten für ihre Expertise und wohlüberlegten Beiträge bedanken.

Die Stockholm Deklaration besagt: „Wir werden die Aufklärung über den Holocaust an unseren Schulen und Universitäten sowie in unseren Gemeinden fördern und sie in anderen Einrichtungen unterstützen.“ Diese Empfehlungen für das Lehren und Lernen über den Holocaust bringen uns dem Ziel einen Schritt näher, dieser Verpflichtung gerecht zu werden.

„ Es ist einmal geschehen. Es hätte nicht geschehen dürfen, aber es geschah. Es darf nicht wieder geschehen, aber es könnte

geschehen. Deswegen ist Unterricht über den

Holocaust fundamental.“

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4 ZUSAMMENFASSUNG 8 EINLEITUNG

12 WESHALB SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

16 WAS SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

24 WIE SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

48 GLOSSAR

54 STOCKHOLM DEKLARATION UND IHRA-ARBEITSDEFINITIONEN 60 WEITERE RESSOURCEN

INHALTS­

VERZEICHNIS

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14 SCHLÜSSELARGUMENTE FÜR DEN UNTERRICHT ÜBER DEN HOLOCAUST

19 REICHWEITE UND AUSMASS DES HOLOCAUST 19 WARUM UND WIE ES SOWEIT KAM

19 KONTEXTE UND ENTWICKLUNGEN 21 KONZEPTUELLES VERSTÄNDNIS

26 ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

29 LERNAKTIVITÄTEN UND GANZHEITLICHE ZUGÄNGE 34 KRITISCHES DENKEN UND SELBSTREFLEXION

38 QUELLEN UND RESSOURCEN FÜR EFFEKTIVES LEHREN UND LERNEN 45 GEGENWARTSBEZÜGE: DER HOLOCAUST, VÖLKERMORDE UND

MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN

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3

WESHALB

SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

WAS SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

WIE SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

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4

Der Holocaust war die staatlich organisierte systematische Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden durch NS-Deutschland und seine Kollaborateure zwischen 1933 und 1945. Ein Völkermord, der einen ganzen Kontinent umfasste und nicht nur Individuen und Familien, sondern auch über Jahrhunderte gewachsene Gemeinschaften und Kulturen zerstörte. Parallel zum Holocaust fand unter nationalsozialistischer Führung die Verfolgung und Ermordung vieler anderer Gruppen statt. Unterrichtseinheiten und andere pädagogische Aktivitäten sollten immer darauf abzielen, dass Schülerinnen und Schüler ihr Wissen über diese beispiellose Zerstörung mehren und das Andenken an die verfolgten und ermordeten Individuen und Gruppen wahren können. Lehrende und Lernende sollen ermutigt und befähigt werden, durch den Holocaust aufgeworfene moralische, politische und soziale Fragen und deren heutige Relevanz zu reflektieren.

Die Empfehlungen der IHRA für das Lehren und Lernen über den Holocaust haben von der Expertise von Delegierten aus mehr als 30 Mitgliedsstaaten profitiert. Sie sind als Grundlage für politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, Fachleute und Lehrende gedacht und werden sie bei folgenden Tätigkeiten unterstützen:

1. Fachwissen über den Holocaust zu fördern, für akkurates Wissen und Verständnis zu sorgen und Bewusstsein für die möglichen Auswirkungen von Antisemitismus zu schaffen;

2. ein motivierendes Unterrichtsklima beim Lernen über den Holocaust zu gestalten;

3. kritisches und reflektiertes Denken über den Holocaust zu fördern, einschließlich der Fähigkeit, Holocaustleugnung oder Verharmlosung entgegenzutreten;

4. zur Menschenrechtsbildung und zum Unterricht über Genozidprävention beizutragen.

ZUSAMMENFASSUNG

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WESHALB SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

Neben der Vermittlung von Wissen über ein Ereignis, das die menschliche Wertordnung in ihren Grundfesten erschüttert hat, bietet Lernen über den Holocaust Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, einige Mechanismen und Prozesse zu verstehen, die zu einem Genozid führen, sowie Entscheidungen, die den Prozess von Verfolgung und Mord beschleunigten, akzeptierten oder ihm Widerstand entgegensetzten. Hierbei ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass manche dieser Entscheidungen unter extremen Umständen getroffen wurden.

Der Abschnitt „Weshalb soll über den Holocaust unterrichtet werden?“ formuliert eine Reihe dieser tieferen Einsichten. Sie können Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungs- trägern im Bildungsbereich dazu dienen, die Auseinandersetzung mit diesem Ereignis der Vergangenheit mit der Frage zu verbinden, wie es die Gegenwart beeinflusst. Das Lehren und Lernen über den Holocaust bietet eine wichtige Möglichkeit, kritisches Denken, gesellschaftliches Bewusstsein und die Entwicklung der Persönlichkeit zu fördern.

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WAS SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

Die Empfehlungen zielen darauf, das Begreifen des Holocaust zu vertiefen, indem zentrale Fragen gestellt werden, die den historischen Kontext des Holocaust, seine Reichweite und sein Ausmaß betreffen sowie seine Ursachen und den Verlauf des Geschehens. Dieses Kapitel stellt eine Reihe kritischer Fragen, die Pädagoginnen und Pädagogen bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Holocaust leiten können. Vier wesentliche Fragestellungen werden vorgeschlagen:

● Welches waren die historischen Voraussetzungen und die entscheidenden Schritte im Verlauf dieses Völkermords?

● Warum und wie haben sich Menschen an diesen Verbrechen beteiligt oder sind zu Komplizen geworden?

● Wie reagierten Jüdinnen und Juden auf die Verfolgung und die Massenmorde?

● Warum und wie konnten einige Menschen diesen Verbrechen Widerstand entgegensetzen?

Mit Hilfe detaillierter Fragestellungen können sich Schülerinnen und Schüler mit den Ursachen und dem Verlauf des Holocaust aus einer Vielzahl von Perspektiven auseinandersetzen.

Weitere Fragen regen eine Untersuchung der Bedingungen sowie der Verhaltensweisen vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg an. Sie regen an, die Beziehungen zwischen dem Holocaust und anderen von den Nationalsozialisten und ihren Helfern begangenen Massenverbrechen wie dem Völkermord an den Roma und Sinti zu untersuchen. Sie sollen Lehrkräfte dabei unterstützen, den Fragen nachzugehen, wer verantwortlich und wer mitschuldig war und wodurch das Verhalten der Täter, Kollaborateure, Zuschauer und Retter motiviert war. Sie heben hervor, wie verschieden die Reaktionen der Opfer waren.

Außerdem sollen sie zu Diskussionen über die Frage einladen, wie relevant die Geschichte des Holocaust für zeitgenössische Themen wie zum Beispiel die Flüchtlingspolitik, die Folgen von Menschenrechtsverletzungen und die Bemühungen um Genozidprävention ist.

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WIE SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST UNTERRICHTET WERDEN?

Allem voran: Pädagoginnen und Pädagogen sollten zuversichtlich sein, dass mit sorgfältiger Planung und geeigneten Materialien ein effektiver und erfolgreicher Unterricht über den Holocaust gelingen kann. Der Abschnitt „Wie soll über den Holocaust unterrichtet werden?“

diskutiert Möglichkeiten und Herausforderungen beim Lehren und Lernen über den Holocaust, indem praktische Zugänge und Methoden vorgestellt werden, welche sowohl im schulischen wie im außerschulischen Bereich anzuwenden sind. Hierbei wird die Wichtigkeit von Korrektheit und Genauigkeit bezüglich historischer Fakten, historischer Vergleiche und des Sprachgebrauchs betont. Dieses Kapitel ermutigt zu einer an den Lernenden orientierten Vorgehensweise, die kritisches Denken und Reflektieren unterstützt. Besondere Aufmerksamkeit wird der sorgfältigen, für die Lernenden passenden Auswahl von Primär- und Sekundärquellen gewidmet, die den Schülerinnen und Schülern die Individualität und Handlungsfähigkeit historischer Akteure aufzeigen. Außerdem wird in diesem Kapitel gezeigt, wie wichtig es ist, den jeweiligen historischen Kontext zu berücksichtigen und ahistorische Vergleiche zu vermeiden, vor allem wenn der Holocaust im Kontext anderer Themenfelder wie der Genozidprävention oder der Menschenrechte behandelt wird.

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„Wir haben die gemeinsame Verpflichtung, das Studium des Holocaust in allen seinen Dimensionen anzuregen.

Wir werden die Aufklärung über den Holocaust an unseren Schulen und Universitäten sowie in unseren Gemeinden fördern und sie in anderen Einrichtungen unterstützen.“

– 5. Artikel der Stockholm Deklaration, 2000.

GRUNDGEDANKE UND BEGRÜNDUNG

Der Holocaust war ein Wendepunkt der Weltgeschichte. Er griff über geografische Grenzen hinaus und veränderte alle gesellschaftlichen Bereiche, mit denen er in Berührung kam.

Auch nach Jahrzehnten ringen Gesellschaften noch immer mit der Erinnerung und der historischen Hinterlassenschaft des Holocaust, die sich in vielerlei Hinsicht in den heutigen Realitäten wiederfinden. Lehren und Lernen über den Holocaust bietet eine wesentliche Möglichkeit, kritisches Denken, gesellschaftliches Bewusstsein und die Entwicklung der Persönlichkeit anzuregen. Allerdings stellt dieses schwerwiegende Thema auch

anspruchsvolle Herausforderungen an die Lehrenden aufgrund seiner traumatischen Natur, seiner großen Reichweite und der gefährlichen Einstellungen und Verhaltensweisen wie Rassismus und Antisemitismus, die dabei eine wichtige Rolle spielen.

Die „International Holocaust Remembrance Alliance“ (IHRA) vereinigt Regierungen, Expertinnen und Experten aus mehr als 30 Mitgliedsstaaten, um Lernen und Forschen zum Holocaust und die Erinnerung an dessen Opfer weltweit voranzubringen und zu unterstützen. Die IHRA befindet sich in der einzigartigen Position, umfassende Empfehlungen für das Lehren und Lernen über den Holocaust, die auf der Expertise ihrer internationalen Delegierten beruht, anbieten zu können. Lehre und Lernen über den Holocaust haben sich hinsichtlich der Professionalisierung, Institutionalisierung und Globalisierung weiter- entwickelt. IHRA-Mitglieder bringen neue historische Erkenntnisse ein und verstärken das Engagement für den Unterricht, die Erinnerung und die Forschung über den Holocaust.

Allerdings hat die Studie der IHRA zur empirischen Erforschung des Lehrens und Lernens über den Holocaust einige Problemfelder aufgezeigt. Gravierende Wissens- und Verständnislücken hinsichtlich des Holocausts, weitverbreitete Missverständnisse, Fehlvorstellungen und Mythen sowie eine Tendenz zum Vermeiden schwieriger Fragen bezüglich nationaler Geschichtsschreibung wurden allesamt als Herausforderungen beim Unterrichten über den Holocaust kenntlich gemacht. Zudem gibt es Unterschiede in der Geschichte der Nationen und unterschiedliche legitime Narrative zum Holocaust sowie unterschiedliche Bildungssituationen, pädagogische Zugänge und Traditionen, die berücksichtigt werden müssen.

EINLEITUNG

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9 Basierend auf den gemeinsamen Erfahrungen und Sichtweisen der Experten und

Expertinnen sowie dem Feedback von Lehrpersonen aus IHRA-Mitgliedsstaaten bilden die folgenden aktualisierten Empfehlungen einen Orientierungsrahmen für politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, Fachleute und Lehrkräfte für den Unterricht über den Holocaust. Die vorliegenden Empfehlungen sind nicht dazu gedacht, umstandslos umgesetzt und umfassend realisiert zu werden. Vielmehr sollen sie Zugänge eröffnen und eine Grundlage für die Zusammenarbeit von Lehrenden und Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern bilden.

ZIELE DIESER EMPFEHLUNGEN

Als Aktualisierung zu den bisherigen IHRA-Unterrichtsempfehlungen über den Holocaust sollen diese erneuerten Empfehlungen zu einer anhaltenden Diskussion zwischen Forschenden, Entscheidungsträgern und Fachleuten sowie mit der Gesellschaft insgesamt über die Relevanz und Bedeutung des Lehrens und Lernens über den Holocaust

beitragen. Die Empfehlungen sind als Grundlage für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, Fachleute und Lehrende gedacht und werden sie dabei unterstützen,

1. Fachwissen über den Holocaust zu fördern, für korrektes Wissen und akkurates Verständnis zu sorgen und ein Bewusstsein für die möglichen Auswirkungen von Antisemitismus zu schaffen;

2. ein motivierendes Unterrichtsklima beim Lernen über den Holocaust zu gestalten;

3. kritisches und reflektiertes Denken über den Holocaust zu fördern, einschließlich der Fähigkeit, Holocaustleugnung oder Verharmlosung entgegenzutreten;

4. zur Menschenrechtsbildung und zum Unterricht über Genozidprävention beizutragen.

DEFINITION DES HOLOCAUST

Wie in Kapitel 3.1 klargestellt wird, erfordert sinnvoller Unterricht über den Holocaust eine konsistente und genaue Verwendung von Begriffen. Die Begriffe „Holocaust“ und „Shoah“

beziehen sich auf ein spezifisches Ereignis in der Geschichte des 20. Jahrhunderts: die staatlich organisierte systematische Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden durch NS-Deutschland und seine Kollaborateure zwischen 1933 und 1945. Den Höhepunkt erreichten die Verfolgungsmaßnahmen und Morde im Verlauf des Zweiten Weltkriegs, und der Völkermord fand im Zusammenhang mit der von Nationalsozialisten organsierten Verfolgung und Ermordung von Angehörigen anderer Gruppen wie dem Völkermord an den Roma und Sinti statt.

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Unterricht über den Holocaust stellt die Diskriminierung, Verfolgung und systematische Ermordung von Jüdinnen und Juden durch das nationalsozialistische Regime und seine Kollaborateure in den Mittelpunkt und schließt das Wissen über NS-Verbrechen, die gegen nichtjüdische Menschen gerichtet waren, als wesentlich für ein Verstehen des Holocaust ein.

Da die NS-Aggression sich über die Grenzen Kontinentaleuropas hinaus nach Nordafrika erstreckte, kann das Lehren und Lernen über den Holocaust auch die Befassung mit der Verfolgung der nordafrikanischen Juden einbeziehen.

Grundsätzlich können die vorliegenden Empfehlungen auch für das Lehren und Lernen über den Völkermord an den Roma und Sinti verwendet werden, auch wenn solcher Unterricht spezifisches Wissen über die Geschichte dieser Minderheit und Grundkenntnisse über Antiziganismus sowie über die NS-Verfolgung und Vernichtungspolitik samt ihrer Wurzeln in der Rassenideologie voraussetzt. Es ist wichtig zu erkennen, dass Vorurteile und Ressentiments gegen Sinti und Roma tief in der Geschichte Europas verwurzelt sind und der Völkermord an den Roma und Sinti nach Kriegsende vernachlässigt und geleugnet wurde. Offiziell wurde er erst 1982 anerkannt. Das mit dem Völkermord an den Roma befasste IHRA-Komitee bemüht sich, den Völkermord an den Roma während der Zeit des Nationalsozialismus bekannter zu machen und das IHRA-Engagement darin zu verstärken, über den Völkermord an den Roma zu informieren, zu lehren, zu forschen und daran zu erinnern (siehe weitere Ressourcen).

UNTERRICHT

Grundsätzlich sollte das Lehren und Lernen über den Holocaust

Wissen über diese beispiellose Vernichtung fördern;

● das Andenken an die Individuen und einzelnen Gruppen, die verfolgt und ermordet wurden, wahren;

● Lehrende und Lernende zur Reflexion über moralische, politische und geistige Fragen anregen, die durch den Holocaust aufgeworfen worden sind.

GLIEDERUNG

Die Empfehlungen sind in folgende Kapitel gegliedert:

1. Grundgedanke und Begründung: Weshalb soll über den Holocaust unterrichtet werden?

2. Inhalt: Was soll über den Holocaust unterrichtet werden?

3. Pädagogik: Wie soll über den Holocaust unterrichtet werden?

4. Weitere Ressourcen: Informationen über andere Organisationen, die Materialien für Unterricht über den Holocaust bereitstellen, und ein Glossar.

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FÜR WEN KÖNNEN DIESEN EMPFEHLUNGEN VON NUTZEN SEIN?

Die Empfehlungen sind gedacht für politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungs- träger im Bildungsbereich, für Schulleitungen und Lehrende in schulischen und außer- schulischen Institutionen. Zwar haben Fachleute unterschiedliche Rollen in ihrem jeweiligen Bildungsumfeld inne, doch können alle von einer kritischen Reflexion über die Fragen profitieren, weshalb, was und wie über den Holocaust unterrichtet werden sollte.

Lehrenden wird geraten, die Abschnitte 1 und 2 zu lesen, bevor sie ihren Unterricht planen, und den Abschnitt 3, wenn sie sich für die Unterrichtsmethodik entscheiden. Zudem kann das dritte Kapitel Lehrenden als Werkzeug zur Reflexion und Evaluierung von Unterricht dienen. Auf diese Weise können die Empfehlungen sowohl erfahrenen Lehrenden eine Hilfe sein wie auch jenen, die erst begonnen haben, über den Holocaust zu unterrichten. Das untenstehende Diagramm zeigt den Prozess modellhaft.

Abbildung 1. Wie diese Empfehlungen zu verwenden sind

Anwendung von Evaluierung und Reflexion auf künftige Kontexte

Planung Unterricht Evaluierung / Reflexion

Wie diese Empfehlungen zu verwenden sind

Kapitel 1: Weshalb soll über den Holocaust unterrichtet werden?

Kapitel 2: Was soll über Holocaust unterrichtet

werden?

Kapitel 3: Wie soll über Holocaust unterrichtet

werden?

Wie können Lernende die Relevanz dieses Unterrichtsgegenstands

formulieren?

In welchen Bereichen ist ein Zuwachs an Wissen und Verständnis zu verzeichnen?

Wie kann mein Unterricht in Zukunft verbessert werden?

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1

WESHALB

SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST

UNTERRICHTET WERDEN?

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Es ist wichtig zu überlegen, wie jede Auseinander- setzung mit dem Holocaust für die Lernenden in ihren nationalen Kontexten am besten sinnvoll und relevant zu machen ist. Dieses Kapitel soll politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, Schulleitungen, Lehrenden und anderen an Bildungs- fragen Interessierten bei der Formulierung von

Beweggründen, warum der Holocaust unterrichtet werden soll, helfen, indem eine Vielzahl von Zielen

benannt werden, um die es bei der Auseinandersetzung mit dem Holocaust gehen kann. Dies ist besonders für IHRA-Mitgliedsstaaten wichtig, die sich ja verpflichtet haben, den Holocaust in ihren Ländern zu unterrichten.

Lehren und Lernen über den Holocaust bietet eine wichtige Möglichkeit, kritisches Denken, gesellschaftliches Bewusstsein und die Entwicklung der Persönlichkeit zu fördern. Der Holocaust war ein Wendepunkt der Weltgeschichte. Er griff über geografische Grenzen hinaus und veränderte dabei alle gesellschaftlichen Bereiche, mit denen er in Berührung kam. Mit der Erinnerung und der historischen Hinterlassenschaft des Holocaust ringen Gesellschaften im Kontext heutiger Herausforderungen auch noch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu diesen Herausforderungen gehören anhaltender Antisemitismus und Xenophobie, drohende Völkermorde, die fortdauernde Migrationskrise und die Bedrohung vieler demokratischer Normen und Werte. Dies ist insbesondere angesichts der

Zunahme autoritärer Regierungen sowie populistischer und extremistischer Bewegungen in (liberalen) Demokratien von Bedeutung.

Lehrende in Institutionen (wie z. B. in Schulen) und informellen Umfeldern (wie z. B. in Museen und vergleichbaren Einrichtungen) können Lernende durch interdisziplinäre Zugänge, die auf gesichertem historischem Wissen basieren, motivieren. Auch wenn der Holocaust seinerzeit einzigartig war, war er doch ein von Menschen verursachter Prozess, der schwierige Fragen aufwirft:

über individuelle und kollektive Verantwortung, die Bedeutung aktiver politischer Teilnahme und über die Strukturen und gesellschaftlichen Normen, die für einzelne Gruppen sowie für die Gesellschaft als Ganzes zur Gefahr werden können.

WESHALB

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SCHLÜSSELARGUMENTE FÜR DEN UNTERRICHT ÜBER DEN HOLOCAUST

● Der Holocaust war der beispiellose Versuch, alle europäischen Jüdinnen und Juden zu ermorden und so ihre Kultur auszulöschen. Er hat die menschliche Wertordnung in ihren Grundfesten erschüttert.

● Die Holocaust-Forschung hebt hervor, dass ein Völkermord kein spontanes oder unvermeidbares Ereignis ist, sondern ein Prozess, der bekämpft und womöglich auch angehalten werden kann. Der Holocaust zeigt, wie eine Nation die Strukturen ihrer Verwaltung, deren Verfahren und technische Fähigkeiten unter aktiver Mitwirkung vieler Teile der Gesellschaft für Praktiken einsetzen kann, die von Ausgrenzung und Diskriminierung bis zum Völkermord reichen.

● Die Erforschung der Holocaustgeschichte kann die Rolle historischer, sozialer, religiöser, politischer und wirtschaftlicher Faktoren bei der Aushöhlung und dem Verfall demokratischer Werte und Menschenrechte verdeutlichen. Eine solche

Untersuchung kann die Schülerinnen und Schüler zu einem Verständnis der Mechanismen und Prozesse führen, die Völkermord verursachen, und sie im Gegenzug zur

Reflexion über die Bedeutung von Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Institutionen veranlassen. Dies kann die Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, jene Umstände zu identifizieren, die zur Aushöhlung solcher Strukturen beitragen, und über ihre eigene Rolle und Verantwortung beim Schutz dieser Prinzipien nachzudenken, um so Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen, die Massenmord den Weg bereiten können.

● Unterricht und Lernen über den Holocaust bieten die Gelegenheit, Entscheidungen und Aktionen zu analysieren, die von zahlreichen Menschen in einer sich zuspitzenden Krise getroffen (oder nicht getroffen) wurden. Dies soll der Erinnerung dienen, dass Entscheidungen Konsequenzen haben, und zwar unabhängig von der Komplexität der Umstände, unter denen sie getroffen wurden. Zahlreiche Einzelpersonen, Institutionen, Organisationen und staatliche Behörden waren am Holocaust auf lokaler, nationaler, regionaler und globaler Ebene beteiligt. Die Analyse und das Verstehen von ausgeführten oder unterlassenen Handlungen auf verschiedenen Ebenen während des Holocaust wirft schwierige Fragen in Bezug auf die Art und Weise auf, wie Individuen und Gruppen auf die Geschehnisse des Holocaust reagierten. Ob der Fokus auf dem politischen Kalkül von Staaten oder auf den alltäglichen Sorgen und Interessen einzelner Personen (wie z. B.

Angst, Gruppenzwang, Habgier oder Gleichgültigkeit) liegt – es wird klar, dass Dynamiken, die bekannt und ganz gewöhnlich scheinen, außerordentliche Auswirkungen hatten.

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● Unterricht über den Holocaust kann die Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, kulturelle Ausdrucksformen und Darstellungen dieses Ereignisses kritischer zu interpretieren und zu beurteilen. Dadurch kann die Gefahr der Manipulation verringert werden. In vielen Ländern ist der Holocaust zu einem Thema oder Motiv geworden, das sich sowohl in populärer Kultur als auch im politischen Diskurs, oftmals durch Repräsentation in den Medien, widerspiegelt. Lehren und Lernen über den Holocaust kann Schülerinnen und Schülern dabei helfen, Verharmlosungen und Fehler zu bemerken, wenn der Holocaust als rhetorisches Mittel für soziale, politische oder moralische Agenden verwendet wird.

Die Analyse des Antisemitismus im Kontext der NS-Ideologie wirft ein Licht darauf, wie sich Vorurteile, Stereotype, Xenophobie und Rassismus manifestieren und auswirken. Antisemitismus überdauerte den Holocaust und nimmt nachweislich wieder zu. Unterricht über den Holocaust schafft Raum für die Befassung mit der Geschichte und Entwicklung des Antisemitismus – eines wesentlichen Faktors, der den Holocaust möglich machte. Wenn man verschiedene Mittel untersucht, die verwendet werden, um Antisemitismus und Hass zu schüren, wie Volksverhetzung, Propaganda, Manipulation der Medien und gezielte Gewalt gegen bestimmte Gruppen, so kann das Schülerinnen und Schülern dabei helfen, die Mechanismen zu verstehen, die eingesetzt werden, um Gesellschaften zu spalten.

● Unterricht über den Holocaust kann Schülerinnen und Schülern auch dabei unterstützen, der Holocaust-Opfer zu gedenken, was in vielen Ländern bereits kulturelle Praxis ist. Oftmals werden Schülerinnen und Schüler im Rahmen schulischer Veranstaltungen zur Teilnahme an internationalen und lokalen Gedenkveranstaltungen eingeladen. Gedenken kann Lernen über den Holocaust nicht ersetzen – aber die Schülerinnen und Schüler brauchen die Auseinandersetzung mit dem Holocaust, um sich das Wissen und Verständnis anzueignen, das nötig ist, um heute auf sinnvolle Weise zu gedenken und diese kulturelle Praxis auch in Zukunft fortzusetzen. Auch kann Gedenken den Teilnehmenden dabei helfen, sich emotional mit dem Geschehen auseinanderzusetzen. Die Bearbeitung belastender oder traumatischer Geschichte erfordert Einfühlsamkeit und kann Raum für philosophische, religiöse oder politische Reflexion schaffen, die in den Lehrplänen womöglich schwer unterzubringen ist.

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22

WAS

SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST

UNTERRICHTET WERDEN?

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17

Lehren und Lernen über den Holocaust wird je nach nationalem und lokalem Kontext variieren. Dieser Kontext wird auch Einfluss darauf haben, welche Fragestellungen eingehender und welche eher knapp bearbeitet werden.

Die Zeit, die für den Unterricht über den Holocaust vorgesehen ist, muss jedoch ausreichen, um Schülerinnen und Schüler zu befähigen, auf die folgenden Fragen nicht nur oberflächliche, sondern aussagekräftige Antworten zu geben:

● Welches waren die historischen Voraussetzungen und die entscheidenden Schritte im Verlauf dieses Völkermords?

● Weshalb wurden Menschen zu Täterinnen und Tätern oder Mitwirkenden bei diesen Verbrechen und wie beteiligten sie sich?

● Wie reagierten Jüdinnen und Juden auf die Verfolgung und die Massenmorde?

● Warum und wie konnten einige Menschen diesen Verbrechen Widerstand entgegensetzen?

Die in diesem Kapitel angesprochenen Themen und Fragestellungen sind nicht als erschöpfend anzusehen, sondern zielen vielmehr darauf, zentrale Lernziele und Inhalte zu benennen. Zudem gilt es zu beachten, dass sich thematische Interessen, die den Holocaust betreffen, mit der Zeit verändern werden; Fragestellungen, die heute nicht relevant erscheinen, können in Zukunft sehr wichtig werden. Unter diesen Vorbehalten sollen Lehrpersonen ermutigt werden, die Schülerinnen und Schüler dabei zu unterstützen, die folgenden Themen und Fragestellungen zu erkunden.

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Vorstufe Aufstieg des

Nationasozialismus Zweiter Weltkrieg Nachwirkungen in der Nachkriegs- zeit

– europäischer Antijudaismus – die Entwicklung von

Antisemitismus und Rassismus – der Einfluss des

Ersten Weltkriegs

– Jüdinnen und Juden in der NS-Ideologie und Propaganda

– Reaktionen der deutschen Gesellschaft auf den Nationalsozialismus vor und nach der Machtübernahme – weltweite Reaktionen

auf das NS-Regime und dessen Politik

– die Auswirkungen des Krieges auf die Juden- verfolgungen

– Widerstand und Rettung – die Tötungsoperationen der

Einsatzgruppen

– der Prozess der Entscheidung, die europäischen Juden auszulöschen

– die Rolle der Lager in der

„Endlösung“

– die Auswirkungen des Kriegsendes

– die Lage der Überlebenden nach der Befreiung – transitional

justice

(Strafverfolgung, Entschädigung, historische Aufarbeitung, Vorkehrungen gegen eine Wiederholung)

Abbildung 2. Was unterrichten: zentrale historische Inhalte

Was waren die zentralen Etappen, Wendepunkte und Entscheidungen im Prozess

des Völkermords? Weswegen und wie begingen Menschen diese Verbrechen, nahmen an ihnen teil oder wurden an ihnen mitschuldig? Wie reagierten Jüdinnen und Juden

auf die Verfolgung und die Massenmorde?

Der Holocaust war die staatlich organisierte systematische Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden durch NS-Deutschland und seine Kollaborateure zwischen 1933 und 1945. Ein

Völkermord, der einen ganzen Kontinent umfasste und nicht nur Individuen und Familien, sondern auch über Jahrhunderte gewachsene Gemeinschaften und Kulturen zerstörte.

Was unterrichten: historischer Inhalt

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2.1 REICHWEITE UND AUSMASS DES HOLOCAUST

Die Lernenden sollen wissen und verstehen, dass der Holocaust ein den ganzen Kontinent umfassender Völkermord war, der nicht nur Einzelpersonen und Familien, sondern auch über Jahrhunderte gewachsene Gemeinschaften und Kulturen zerstörte.

2.2 WARUM UND WIE ES SOWEIT KAM

Die Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit erhalten, der Frage nachzugehen, warum und wie der Holocaust geschah:

● Was waren die wichtigsten Etappen, Wendepunkte und Entscheidungen im Prozess des Völkermords?

● Weshalb wurden Menschen zu Täterinnen und Tätern oder Mitwirkenden bei diesen Verbrechen und wie beteiligten sie sich?

● Wie reagierten Jüdinnen und Juden auf die Verfolgungen und Massenmorde?

2.3 KONTEXTE UND ENTWICKLUNGEN

Um zu verstehen, wie der Holocaust möglich war, muss man ihn aus verschiedenen

Perspektiven und im Kontext verschiedener Prozesse betrachten, wobei die folgenden Fragen als Ausgangspunkte dienen können. Es ist durchwegs wichtig, Querverbindungen zu und Untersuchungen von nationalen und lokalen Kontexten einzubeziehen.

2.3.1 Vorgeschichte des Holocaust

● Was war europäischer Antijudaismus und in welcher Beziehung stand er zur christlichen Lehre?

● Wie entwickelten sich Antisemitismus und rassistisches Denken im neunzehnten Jahrhundert und in welchem Verhältnis standen sie zu nationalistischen Ideologien?

● Wie wirkten sich der Erste Weltkrieg und die politischen Entwicklungen im Europa der Zwischenkriegszeit auf die Beziehungen zwischen Nichtjuden und Juden aus?

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20

2.3.2 Der Aufstieg des Nationalsozialismus, sein Weltbild, seine Rassenideologie und politische Praxis

● Wie und warum machten die Nationalsozialisten in ihrer Propaganda und Politik Juden und andere Menschen zur Zielscheibe?

● Wie hat die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur, insbesondere die Abschaffung der Grundrechte und die Pervertierung des Rechtsstaates, den Weg zum Holocaust geebnet und wie hat die deutsche Gesellschaft auf diesen Prozess reagiert?

● Auf welche Weise sind die Nationalsozialisten in der Vorkriegszeit gegen die Rechte und das Eigentum der Jüdinnen und Juden vorgegangen?

● Wie reagierte die Welt auf die nationalsozialistische Herrschaft und Politik?

2.3.3 Verlauf und Entwicklung des Holocaust im Kontext des Zweiten Weltkrieges

● Wie radikalisierten die Nationalsozialisten die Judenverfolgungen, nachdem NS- Deutschland den Zweiten Weltkrieg begonnen hatte, und wie wurde dies durch den Kriegsverlauf beeinflusst?

● Wie und warum haben die Nationalsozialisten die Enteignung der Jüdinnen und Juden organisiert und wie wirkte sich dies auf deren Überlebenschancen aus?

● Welche verschiedenen Arten von Ghettos gab es und wie wurden sie zur Segregation, Konzentration und Verfolgung von Gemeinden genutzt?

● Wie waren die Einsatzgruppen in der Lage, innerhalb eines halben Jahres nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, Hunderttausende Jüdinnen und Juden zu ermorden?

● In welcher Phase trafen die Nationalsozialisten die Entscheidung, den Versuch zu unternehmen, alle europäischen Jüdinnen und Juden zu ermorden?

● Wie ebnete der Massenmord an Menschen mit Behinderungen den Weg für die systematische Tötung von Jüdinnen und Juden?

● Wie nutzten die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten Vernichtungslager und andere Lager, um die beabsichtigte „Endlösung der europäischen Judenfrage“ zu verwirklichen?

● Welchen Einfluss auf die Verfolgung hatte die Kollaboration mit bzw. der Widerstand gegen das NS-Regime in verbündeten oder in besetzten Ländern?

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● Wie lässt sich der Zusammenhang zwischen der Niederlage NS-Deutschlands und seiner Verbündeten mit der Beendigung des Holocaust beschreiben?

2.3.4 Unmittelbare Nachwirkungen in der Nachkriegszeit

● Mit welchen Herausforderungen sahen sich die Überlebenden des Holocaust nach der Befreiung konfrontiert? Wie unterschied sich die Situation der überlebenden Jüdinnen und Juden nach der Befreiung von der Situation der nichtjüdischen Opfer von Verfolgung und Krieg?

● Welche Elemente von transitional justice wurden nach dem Ende des NS-Regimes und des Krieges in Europa geschaffen? In welcher Hinsicht waren sie erfolgreich? Was wurde nicht erreicht?

2.4 KONZEPTUELLES VERSTÄNDNIS

Die Lernenden sollten in der Lage sein, zwischen den verschiedenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von den Nationalsozialisten und ihren Kollaborateuren begangen wurden, zu unterscheiden, wobei jedes Verbrechen seine eigenen Ursachen und Auswirkungen hatte.

Dazu können u. a. folgende Fragen bearbeitet werden:

● Welche Gruppen wurden aus welchen Motiven und mit welchen Auswirkungen Opfer von Verfolgung und Massenmord durch die Nationalsozialisten?

● In welchem Verhältnis steht der Genozid an den Jüdinnen und Juden zu den anderen von den Nationalsozialisten und ihren Kollaborateuren begangenen Gräueltaten, einschließlich des Völkermords an den Roma und Sinti?

2.4.1 Verantwortlichkeit

Wenn die Schülerinnen und Schüler beginnen sollen zu verstehen, wie der Holocaust möglich wurde, und zu überlegen, welche Fragen dies für heutige Gesellschaften aufwirft, dann müssen sie erkennen, dass es nicht ausreicht, die Verantwortung für diese Verbrechen auf Adolf Hitler und die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten zu beschränken.

Dazu können u. a. folgende Fragen bearbeitet werden:

● Wer war verantwortlich und wer war mitschuldig und was waren die Beweggründe?

Was sind die Unterschiede zwischen Verantwortung und Mittäterschaft?

● An den Tötungsaktionen waren überwiegend Männer beteiligt, aber welche unterstützende Rolle spielten Frauen und welche Verantwortung trugen Frauen für diese Verbrechen?

(28)

22

● Welche Rolle spielten Angehörige der nichtjüdischen und jüdischen Bevölkerung vor Ort (einschließlich Kollaboration und Rettung) bei diesen Verbrechen?

● Welche Haltung nahm die Mehrheit der Bevölkerung in besetzten Ländern gegenüber der Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden ein?

● Wer waren die Einzelpersonen und Gruppen, die das Risiko eingingen, Jüdinnen und Juden zu helfen und sie zu retten? Was motivierte sie? Was hat andere davon abgehalten oder entmutigt, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen?

● Was wusste man wann über die Verfolgung und Ermordung der Jüdinnen und Juden?

● Wie reagierte die Welt auf Informationen über die Verfolgung und Ermordung der Jüdinnen und Juden?

● Was wusste man über den Völkermord an den Roma, und warum fand er außerhalb der von den Nationalsozialisten beherrschten Gebiete keine Beachtung?

● Was unternahmen die Alliierten, neutrale Länder, Kirchen und andere, um Opfer von NS-Verbrechen zu retten? Hätten sie mehr tun können?

2.4.2 Die Handlungsfähigkeit der Opfer

Es ist wichtig, dass der Holocaust nicht nur aus der Perspektive der Quellen, Handlungen oder Erzählungen der Täterinnen und Täter gesehen wird. Jüdinnen und Juden und weitere anvisierte Opfer müssen auf der historischen Bühne als Individuen und Gemeinschaften mit ihrem eigenen Kontext und ihrer eigenen Geschichte und nicht als passive Objekte, die massenhaft ermordet werden sollten, auftreten. Daher müssen die Lehrkräfte sicherstellen, dass die Lernenden erkennen, dass die Opfer handlungsfähig waren und auf die sich entfaltenden Verbrechen im Rahmen ihres bisherigen Verständnisses der Welt, ihres Platzes in ihr und der damals verfügbaren Informationen so gut wie möglich reagierten.

Leben in der Vorkriegszeit

● Wie lebten die Jüdinnen und Juden in ihren Heimatländern und wie wurde ihr Leben von der Verfolgung durch die Nationalsozialisten, ihre Verbündeten und Kollaborateure beeinflusst?

Reaktionen und Widerstand

● Wie haben die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten die Jüdinnen und Juden vom Rest der Gesellschaft isoliert? Wie reagierten die betroffenen Jüdinnen und Juden auf diese Isolation?

● Was kennzeichnete die jüdische Führung, das Bildungswesen, die Gemeinden, die religiöse Praxis und Kultur während des Holocaust?

(29)

23

● In welchem Ausmaß und auf welche Weise konnten Jüdinnen und Juden Widerstand leisten? In welchem Umfang taten sie dies? Was hat sie bei diesen Entscheidungen und Handlungen behindert oder gestärkt?

● Wie waren Männer, Frauen und Kinder von der Verfolgung durch die Nationalsozialisten unterschiedlich betroffen und wie reagierten sie darauf?

2.4.3 Relevanz des Holocaust für zeitgenössische Fragestellungen

Lernende sollten die Möglichkeit haben, die Relevanz der historischen Erfahrung des Holocaust für die Gegenwart zu diskutieren. Dazu können u. a. folgende Fragen bearbeitet werden:

● Wie kann die Untersuchung der Verfolgung der Opfer der NS-Ideologie das Verständnis der Auswirkungen von Menschenrechtsverletzungen auf die heutigen Gesellschaften fördern? Was kann uns dies insbesondere über die Beziehungen zwischen Stereotypen, Vorurteilen, der Erklärung zum Sündenbock, Diskriminierung, Verfolgung und Völkermord sagen?

● Wie kann das Wissen über jüdische Flüchtlinge vor, während und nach dem Holocaust für das Verständnis heutiger Flüchtlingskrisen relevant sein?

● Was kann uns die Befassung mit dem Holocaust über den Verlauf eines Völkermords, die Warnzeichen und Interventionsmöglichkeiten sagen, das für die gegenwärtigen Bemühungen, Genoziden vorzubeugen, hilfreich sein könnte?

● Gibt es Kontexte, in denen die Verwendung von Holocaust-Bildern und -Diskursen nicht hilfreich oder schädlich ist? Gibt es Darstellungen des Holocaust, die besonders problematisch sind?

(30)

3

WIE

SOLL ÜBER DEN HOLOCAUST

UNTERRICHTET WERDEN?

(31)

25

Die „richtige“ Art zu unterrichten gibt es nicht.

Für kein Fach gibt es eine Unterrichtsmethode, die für alle Lehrenden und ihre Schülerinnen und Schüler ideal ist. Die hier angebotenen Empfehlungen basieren jedoch auf praktischen Erfahrungen und sollen

Lehrkräfte sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schulen bei der Erstellung ihrer eigenen Planung

unter Berücksichtigung der Lernbedürfnisse der Einzelnen

behilflich sein.

(32)

26

3.1 ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

3.1.1 Der Holocaust kann erfolgreich unterrichtet werden;

scheuen Sie sich nicht vor diesem Thema

Einige Lehrende zögern, sich mit der Geschichte des Holocaust zu befassen, da sie Unterricht über dieses Thema für schwierig und heikel erachten. Einige fragen sich, wie sie das Ausmaß der Tragödie, die enorme Zahl der Betroffenen und den Tiefpunkt, auf den die Menschheit sinken kann, vermitteln können. Sie fragen sich, wie sie ihre Schülerinnen und Schüler einbeziehen können, ohne sie zu traumatisieren, oder sie fürchten mögliche Reaktionen auf das Thema. Vor allem wollen Lehrende auf eine Reihe von Verhaltensweisen und Reaktionen vorbereitet sein, die durch die eindringliche Wirkung des Gegenstands ausgelöst werden können.

Lernende unterschiedlicher Altersstufen können an die Geschichte des Holocaust

herangeführt werden, wenn Methode und Inhalt altersgerecht sind. Ein Fokus auf persönliche Geschichten über Opfer von Verfolgung, über Flucht und Rettung kann für ein jüngeres Publikum angemessen sein. Ältere Schülerinnen und Schüler können bereits mit komplexeren und anspruchsvolleren Materialien arbeiten und dabei verstärkt auf geeignete Primärquellen zurückgreifen. Die Auswahl der Quellen und Lehrbücher sollte unter Bezugnahme auf diese Empfehlungen sowie unter Berücksichtigung der emotionalen Bedürfnisse und besonderen Umstände der Lernenden erfolgen.

Scheuen Sie sich nicht davor, sich diesem Thema zu nähern. Es mag zwar entmutigend erscheinen, aber die Erfahrung hat gezeigt, dass der Holocaust den Lernenden erfolgreich und mit positiven Ergebnissen vermittelt werden kann. Sehen Sie sich das breite Spektrum an Materialien an, das Methoden sowie bewährte Praktiken und spezifische Unterrichtsstrategien beschreibt, die bei der Planung, Gestaltung und Durchführung von Unterricht und

Bildungsangeboten hilfreich sein können, und nutzen Sie es.

3.1.2 Seien Sie präzise im Sprachgebrauch und definieren Sie den Begriff Holocaust

● Eine präzise sprachliche Erläuterung von Begriffen und Aktivitäten kann den Schülerinnen und Schülern helfen, Verallgemeinerungen zu vermeiden, die Unterscheidungen und Erklärungen undeutlich machen. Der Begriff „Lager“ wird zum Beispiel für eine Vielzahl von Orten und Schauplätzen verwendet. Obwohl in vielen von den Nationalsozialisten und

(33)

27 ihren Kollaborateuren errichteten Lagern Menschen starben und ermordet wurden, wurden

nicht alle Lager mit der Absicht errichtet, als Tötungszentren oder Vernichtungslager zu dienen. Verschiedene Lager funktionierten zu verschiedenen Zeiten auf unterschiedliche Weise. Dazu gehörten Konzentrationslager, Zwangsarbeitslager und Durchgangslager, um nur einige zu nennen. Präzise Definitionen helfen, Missverständnissen vorzubeugen, indem sie für Genauigkeit sorgen.

● Die Verwendung einer klaren Definition des Begriffs „Holocaust“ (oder „Shoah“) kann Verwirrung von Anfang an minimieren. Die IHRA verwendet den Begriff „Holocaust“, um die staatlich organisierte systematische Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden durch das nationalsozialistische Deutschland und seine Kollaborateure zwischen 1933 und 1945 zu benennen. Den Höhepunkt erreichte die Verfolgung und Ermordung im Verlauf des Zweiten Weltkriegs. Einige Organisationen – sogar einige maßgebliche Institutionen – verwenden den Begriff „Holocaust“ in einem sehr weiten Sinne, so dass er alle Opfer der NS-Verfolgung umfasst. Die meisten Historikerinnen und Historiker verwenden jedoch eine präzisere Definition. Diese berücksichtigt, dass Jüdinnen und Juden in einer Weise verfolgt und ermordet wurden, die ihr Schicksal von dem anderer unterscheidet, mit der möglichen Ausnahme von Sinti und Roma (einer Opfergruppe, deren Mitglieder von Säuglingen bis hin zu älteren Menschen zur Vernichtung bestimmt waren). Seien Sie sich bewusst, wie unterschiedlich verschiedene Quellenmaterialien den Begriff verstehen und verwenden können. Stellen Sie sicher, dass die Verwendung von Begriffen konsistent und korrekt ist.

● Erklären Sie, dass der Begriff „Holocaust“ für viele Menschen problematisch ist. Das Kompositum aus zwei griechischen Wörtern suggeriert, es ginge um die Darbringung eines Opfers durch Verbrennung. Der Begriff kann so fälschlicherweise implizieren, dass der Massenmord an den Jüdinnen und Juden eine Form des Märtyrertums und nicht das Ergebnis eines Völkermords war. Aus diesem Grund ziehen es viele vor, das hebräische Wort „Shoah“ zu verwenden, das übersetzt „Katastrophe“ bedeutet.

● Geben Sie den Lernenden die Möglichkeit, die Terminologie kritisch zu diskutieren. Machen Sie zum Beispiel deutlich, dass Begriffe wie „Endlösung“ oder „Judenproblem“ nicht in einer neutralen Sprache vergangene Ereignisse unparteiisch beschreiben; vielmehr sind sie Euphemismen, die von den Täterinnen und Tätern im historischen Moment geschaffen und verwendet wurden, um ihre Weltsicht zu artikulieren. In ähnlicher Weise sollten Begriffe wie

„Ghetto“ dekonstruiert werden, um die unterschiedlichen Bedeutungen des Sprachgebrauchs vor, während und nach der NS-Herrschaft offenzulegen.

(34)

28

● Die Lehrenden werden ermutigt, die Art und Weise zu berücksichtigen, wie Gesellschaften und Kunstschaffende über den Holocaust sprechen, da diese gesellschaftlichen

Vorstellungen das Verständnis der Schülerinnen und Schüler beeinflussen können.

Durch populäre Kultur und Diskurse können Mythen und falsche Vorstellungen über die Geschichte des Holocaust tradiert werden. An Beispielen zu lernen, Sprache konsistent, genau und treffend zu verwenden, kann dazu beitragen, vorgefasste Meinungen aufzubrechen.

3.1.3 Behandeln Sie dieses Thema umfassend und kontextualisieren Sie die Geschichte

Der Holocaust bestand aus einer Reihe miteinander verbundener Vorgänge, die im Laufe des Krieges über nationale Grenzen hinweg stattfanden. Somit sind die Ereignisse nach wie vor Teil vieler verschiedener europäischer und globaler historischer Prozesse und Geschichtserzählungen. Die Lernenden sollten in der Lage sein zu erkennen, dass sich der Holocaust von Land zu Land auf unterschiedliche Weise ereignete. Darüber hinaus haben verschiedene kurz-, mittel- und langfristige Faktoren in der europäischen und globalen Geschichte den Völkermord ermöglicht. Durch das Betrachten dieser Faktoren im breiteren Kontext, in dem sich die Ereignisse des Holocaust ereignet haben, geben Sie Ihren Schülerinnen und Schülern so Gelegenheit, diese Faktoren zu untersuchen.

Diese Dimensionen sind ausgiebig wissenschaftlich erforscht worden. Beim Entwurf von Arbeitsprogrammen und der Planung einzelner Unterrichtseinheiten sollten

Sie versuchen, sich auf jüngst erschienene verlässliche Forschungsarbeiten zu stützen, die verschiedene Aspekte des Völkermords und seiner Entwicklung behandeln.

(35)

29

3.2 LERNAKTIVITÄTEN UND GANZHEITLICHE ZUGÄNGE

3.2.1 Gestalten Sie ein positives Lernumfeld, mit einer aktiven Pädagogik und einem Ansatz, bei dem die Lernenden im Mittelpunkt stehen

Versuchen Sie, eine offene und sichere Lernumgebung zu schaffen, in der die Lernenden Raum und Zeit zum Nachdenken erhalten, in der sie ermutigt werden, Fragen zu stellen, ihre Gedanken und Ängste zu besprechen sowie Ideen, Meinungen und Bedenken auszutauschen.

Der Holocaust stellt viele Auffassungen infrage, die junge Menschen vielleicht vom Wesen der Gesellschaft, vom Fortschritt, von der Zivilisation oder vom menschlichen Verhalten haben. Die Schülerinnen und Schüler können Abwehrreaktionen, negative Gefühle oder eine mangelnde Bereitschaft zeigen, sich in die Geschichte der NS-Zeit oder des Holocaust zu vertiefen. Darüber hinaus können zu ihren Reaktionen alternative Sichtweisen und Einstellungen gehören. Ein positives und vertrauensvolles Lernumfeld ist wichtig, damit solche Probleme offen angesprochen und diskutiert werden können.

Die Lernenden entwickeln ihr Weltverständnis vor allem durch eigene Entdeckungen und Kommunikation mit anderen und nicht einfach durch die Wissensweitergabe seitens der Lehrperson an den Lernenden. Wählen Sie einen Ansatz, bei dem die Lernenden im Mittelpunkt stehen und die Rolle des Unterrichtenden darin besteht, Entdeckungen zu erleichtern und die Lernenden dazu zu ermutigen, eine aktive Rolle in ihrem eigenen Lernprozess zu übernehmen, anstatt dass Sie lediglich Wissen weitergeben.

3.2.2 Achten Sie auf die einzelnen Lernenden mit ihren Erfahrungen, Emotionen und Bedenken

Klassenräume sind selten homogen, weder in Bezug auf die religiöse oder kulturelle, noch auf soziale oder ethnische Herkunft. Die einzelnen Lernenden bringen ihre eigenen Erfahrungen, Vorurteile, persönlichen Empfindungen und Sorgen mit. Darüber hinaus beeinflussen die öffentliche Debatte und aktuelle politische Fragen die Art und Weise, wie die Lernenden an das Thema herangehen. Die Vielfalt in den Klassen und die derzeitigen öffentlichen Debatten bieten vielfältige Möglichkeiten, den Holocaust für die Lernenden relevant zu machen und sie auf diese Weise für das Thema zu motivieren.

Seien Sie sensibel gegenüber den Gefühlen und Ansichten der Lernenden, insbesondere bei Themen, die sie wirklich betreffen. Schaffen Sie Gelegenheiten, diese Fragen frei zu diskutieren. Seien Sie darauf vorbereitet, andere Geschichten von Genoziden, Rassismus, Versklavung, Verfolgung oder Kolonialismus in der modernen Welt zu behandeln. Achten Sie auf eine klare Unterscheidung zwischen den einzelnen Vorfällen, einschließlich der Ursachen und der Art der jeweiligen Ereignisse. Diskutieren Sie den Unterschied zwischen dem

„Vergleichen“ und dem „Gleichsetzen“ historischer Ereignisse.

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30

Einige Lernende, die das Gefühl haben, dass das historische oder gegenwärtige Leiden und die Verfolgung von Gruppen, mit denen sie sich identifizieren, nicht thematisiert worden sind, leisten möglicherweise Widerstand dagegen, etwas über die Verfolgung und Ermordung anderer zu erfahren. Stellen Sie sicher, dass die Lernenden die Möglichkeit haben, sich über andere derartige Themen in unterschiedlichen Lernkontexten zu informieren. Stellen Sie sicher, dass solche Betrachtungen nicht dazu führen, dass versucht wird, das Leid einzelner Gruppen mit dem anderer abwägend zu vergleichen (siehe 3.5.2).

3.2.3 Überlegen Sie, warum und mit welchem Ziel Sie Texte und visuelle Materialien verwenden – insbesondere, wenn es sich um schreckliche Bilder handelt

Bilder und Texte sollten mit Sorgfalt und im Hinblick auf den beabsichtigten didaktischen Nutzen ausgewählt werden. Der Respekt, sowohl den Opfern des Holocaust als auch den Schülerinnen und Schülern gegenüber, erfordert einen sensiblen Umgang und sorgfältige Überlegungen zur Auswahl geeigneter Materialien. Die Verwendung schrecklicher Bilder mit der Absicht, zu schockieren und Entsetzen hervorzurufen, ist für die Opfer erniedrigend und kann die stereotype Wahrnehmung von Jüdinnen und Juden als Opfer verstärken.

Die Verwendung solcher Bilder kann auch gefühllos sein gegenüber der Empfindlichkeit oder Schamhaftigkeit, mit der anwesende Schülerinnen und Schüler auf menschliche Traumata reagieren. Der Holocaust kann effektiv gelehrt werden, ohne dass schreckliche Fotos oder entsprechendes Filmmaterial verwendet werden.

Ähnlich wie bei der Verwendung von Begrifflichkeiten (siehe 3.1.2) ist bei ausgewählten Materialien die Herkunft zu beachten. Viele Fotos, Filme und Dokumente haben die Täter erstellt. Sie können nützliche pädagogische Ressourcen sein, vorausgesetzt, dass der Kontext deutlich gemacht wird. Lehrende sollten ihren Gebrauch von Quellen ständig hinterfragen und sich überlegen, welche Lernziele durch die Verwendung bestimmter Materialien erreicht werden können.

3.2.4 Individualisieren Sie die Geschichte, indem Sie Statistiken in persönliche Erzählungen übersetzen.

Geben Sie den Lernenden die Möglichkeit, die von den Nationalsozialisten verfolgten Personen als Individuen zu sehen. Lehrkräfte können Methoden finden, um das Ausmaß des Holocaust und die Zahl der Verfolgten für ihre Schülerinnen und Schüler greifbar zu machen. Viele Menschen werden es schwierig finden, sich zur Tragödie des Holocaust in Beziehung zu setzen, wenn sie nur statistisch dargestellt wird. Wiederholte Hinweise auf

„die sechs Millionen“ erzeugen die Gefahr, dass Gemeinschaften und Einzelpersonen zu

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31 einer gesichtslosen Masse werden, und Versuche, sich die enorme Zahl vor Augen zu führen,

können zu einer weiteren Depersonalisierung und Entmenschlichung führen.

Wo immer möglich, sollten stattdessen Fallstudien, Zeugenaussagen von Überlebenden sowie Briefe und Tagebücher aus dieser Zeit herangezogen werden, um die Erfahrungen der Menschen zu zeigen. Die Schülerinnen und Schüler sollten in der Lage sein, Beispiele dafür zu geben, dass hinter jeder „Statistik“ reale Personen mit einem Leben vor dem Holocaust stecken, die in einem sozialen Rahmen von Familie, Freunden und Gemeinschaft existierten.

Betonen Sie jeder Zeit die Würde und Menschlichkeit der Opfer.

3.2.5 Schaffen Sie Gelegenheiten, die komplizierte Natur der von Menschen gespielten Rollen zu untersuchen, anstatt Stereotype zu verstärken

Lernenden kann die Geschichte des Holocaust unmittelbarer und interessanter und für ihr heutiges Leben relevanter vermittelt werden, wenn man sich auf die Geschichten von Einzelpersonen, moralische Konflikte und Entscheidungen konzentriert.

Stellen Sie historische Ressourcen bereit, die es den Lernenden ermöglichen, die komplexen Faktoren, die das menschliche Handeln beeinflussen, zu erschließen. Zeigen Sie, dass es reale Menschen waren, die die Entscheidungen trafen, die zu jenen Ereignissen führten, und dass das Handeln der Menschen von einer Vielzahl von Faktoren wie von gesellschaftlichen Strukturen, Wirtschaft, Ideologie und persönlichen Überzeugungen und Motivationen beeinflusst wurde. Begriffe wie „Täterin“ und „Täter“, „Zuschauerin“ und „Zuschauer“,

„Opfer“ und „Retterin“ und „Retter“ haben sich im Laufe der Zeit in der Holocaust-Forschung entwickelt, um bestimmte Typen von historischen Akteuren zu klassifizieren und zu beschreiben. Stellen Sie sicher, dass die Lernenden verstehen, dass diese Kategorien der Vergangenheit übergestülpt wurden und nicht direkt aus ihr stammen. Menschliches Verhalten ist normalerweise nicht eindeutig zuzuordnen und veränderlich: Eine Person, die in einem Kontext als „Zuschauerin“ beschrieben wird, kann in einer anderen Situation eine „Täterin“ und wieder einer anderen sogar ein „Opfer“ gewesen sein.

Hüten Sie sich davor, Stereotype zu verstärken, die suggerieren, alle Retterinnen und Retter wären heroisch, gut und nett, alle Zuschauerinnen und Zuschauer teilnahmslos und alle Täterinnen und Täter sadistisch gewesen. Betonen Sie insbesondere, dass die „Opfer“ nicht schwach waren, sondern vielmehr auf schwierige und extrem belastende Situationen auf eine Art und Weise reagierten, die durch ihr Alter, ihren Hintergrund und die Gegebenheiten bedingt war. Im Besonderen sollte darauf geachtet werden, sicherzustellen, dass leichtfertige Generalisierungen im Hinblick auf einen „Nationalcharakter“ vermieden und sofort hinterfragt werden, sollten sie auftauchen.

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32

3.2.6 Stellen Sie die Täterinnen und Täter nicht als ‚unmenschliche Monster‘ dar, als ob sich ihre Taten so erklären ließen

Die Beweggründe der Täterinnen und Täter müssen eingehend untersucht werden: Die Lernenden können Primärquellen, Fallstudien und individuelle Biografien nutzen, um die Bedeutung verschiedener Faktoren abzuwägen. Gesellschaftliche Strukturen, Wirtschaft, Ideologie, Vorurteile, Propaganda, Xenophobie, Entmenschlichung, Gruppenzwang, kriminelle Psychopathologie und Motivationsfaktoren wie Angst, Machtstreben oder Gier spielten eine Rolle bei der Entscheidung des Einzelnen, sich am Holocaust zu beteiligen oder sich der Mittäterschaft schuldig zu machen. Hierbei geht es nicht um Normalisierung, sondern darum zu verstehen, wie Menschen dazu kamen, zu tun, was sie taten. Zu verstehen heißt nicht zu billigen.

Der Holocaust war ein menschliches Ereignis mit menschlichen Ursachen. Auch wenn die Täterinnen und Täter unmenschliche Taten begingen, waren die meisten von ihnen keine sadistischen Psychopathen. Sie als „böse“ zu bezeichnen, ist keine ausreichende Erklärung für den Holocaust. Stattdessen sollten die Lehrenden versuchen, den Lernenden zu helfen, eine ganz andere und anspruchsvollere Frage zu stellen: Wie war es menschenmöglich, dass gewöhnliche Männer und Frauen, darunter liebevolle Väter und Ehemänner, hingebungsvolle Ehefrauen oder Mütter, diese grausamen Taten und Morde an anderen Menschen,

einschließlich Frauen und Kindern, begingen?

3.2.7 Vorsicht bei der Verwendung von Simulationen und Rollenspielen

Hüten Sie sich vor Simulationen, kreativem Schreiben oder Rollenspielübungen, die die Schülerinnen und Schüler dazu ermutigen, sich vorzustellen, sie wären direkt in den Holocaust involviert. Der Versuch, „eine Beziehung herzustellen“, kann zu falschen Gleichsetzungen oder zur Verharmlosung führen, wenn die Lernenden versuchen, Vergleiche zu ihrem eigenen Leben zu finden. Einige junge Menschen identifizieren sich möglicherweise zu sehr mit den Ereignissen des Holocaust und sind von der Macht und sogar vom „Glamour“

der Nationalsozialisten begeistert. Manche zeigen vielleicht eine morbide Faszination angesichts des Leidens der Opfer. Lernende mit traumatischen Lebenserfahrungen oder Familiengeschichten können auch intensive Belastungssituationen erfahren, wenn sie durch die historische Betrachtung wieder mit diesen Episoden ihres Lebens in Kontakt kommen.

Ziehen Sie Aktivitäten mit „Beobachtungspositionen“ in Betracht, die unsere Haltung gegenüber der Vergangenheit genauer widerspiegeln. Beispielsweise könnten die Lernenden gebeten werden, die Rolle einer Person aus einem neutralen Land zu übernehmen und auf diese Ereignisse zu reagieren: vielleicht eine Journalistin, die für ihre Zeitung einen Artikel über die Verfolgung der Jüdinnen und Juden schreibt; ein besorgter Bürger, der an seinen Abgeordneten schreibt; oder eine Aktivistin, die versucht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Solche Aktivitäten können für das Lernen motivieren und auch mögliche Vorgehensweisen für Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf Ereignisse, die sie in der heutigen Welt betreffen, aufzeigen. Lehrkräfte können durch persönliche Geschichten, Fallstudien und Zeugnisse von Überlebenden echte Empathie fördern.

(39)

33 Achten Sie darauf, die Lernenden nach jedem Rollenspiel, jeder Simulation oder Übung

zur Förderung der Imagination zu einer Nachbesprechung zu motivieren. Es ist wichtig, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie die Schülerinnen und Schüler auf solches Material reagieren und es verarbeiten.

3.2.8 Fördern Sie die Auseinandersetzung mit lokaler, regionaler, nationaler und globaler Geschichte und Erinnerung

In den Ländern, in denen Ereignisse des Holocaust stattgefunden haben, sollten die dortigen Vorgänge im Kontext der nationalen Geschichte dieser Zeit hervorgehoben werden, ohne jedoch die europäische Dimension des Holocaust zu vernachlässigen. Diese Betrachtung kann die Erfahrungen von Opfern, Retterinnen und Rettern, Tätern, Kollaborateuren, Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern sowie Zuschauerinnen und Zuschauer einschließen. Die Lehrenden sollten die Auseinandersetzung mit gängigen „nationalen“

Erzählungen über diese Zeit anregen und unterstützen.

3.2.9 Ein interdisziplinärer Ansatz kann das Verstehen des Holocaust erweitern

Die Ereignisse des Holocausts offenbaren Extreme menschlichen Verhaltens, die viele Bereiche menschlicher Erfahrung zugleich betreffen. Daher ist das Thema für Lehrkräfte aus verschiedenen Fachrichtungen relevant. Ein interdisziplinärer Ansatz kann das Verständnis der Schülerinnen und Schüler für den Holocaust fördern, indem er auf unterschiedliches Fachwissen zurückgreift, sich dem Holocaust aus verschiedenen Perspektiven nähert und auf Ideen und Wissen aufbaut, das in verschiedenen Forschungsbereichen gewonnen wurde.

Das Lernen über den Holocaust im Geschichtsunterricht ruft starke Emotionen hervor.

Poesie, Kunst und Musik können den Lernenden helfen, diese kreativ und fantasievoll zum Ausdruck zu bringen. Der Holocaust wirft wichtige moralische, theologische und ethische Fragen auf, die die Schülerinnen und Schüler im Rahmen ihres Religions-, Politik- oder Staatskundeunterrichts behandeln können. Pädagogische Projekte und Programme im nationalen und internationaler Rahmen, die die Lernenden zum Austausch mit Gleichaltrigen aus anderen Landesteilen oder anderen Staaten zusammenbringen, können zu einem besseren Verständnis der lokalen, regionalen und globalen Geschichte des Holocaust beitragen.

Dies erfordert den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen aus

verschiedenen Fachrichtungen und vielleicht auch an verschiedenen Orten, um realistische Lernziele und ergänzende Aktivitäten im Rahmen eines Konzepts auszuarbeiten, das eine logische Entwicklung von Wissen und Verständnis gewährleistet. Digitale Lernplattformen und Kommunikationsmittel können Lernaktivitäten von Lernenden in verschiedenen Fächern und an verschiedenen Orten unterstützen.

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34

3.3 KRITISCHES DENKEN UND SELBSTREFLEXION

3.3.1 Zeigen Sie, dass der Holocaust nicht unvermeidlich war

Dass ein historisches Ereignis stattgefunden hat und dokumentiert worden ist, bedeutet nicht, dass es eintreten musste. Der Holocaust fand statt, weil Einzelpersonen, Gruppen und Staaten sich entschieden, gewisse Handlungen zu unternehmen oder zu unterlassen.

Eine Fokussierung auf diese Entscheidungen ermöglicht Einblicke in die Geschichte und die menschliche Natur und hilft den Lernenden, kritisch über das Thema nachzudenken.

3.3.2 Diskutieren Sie über die Komplexität der Geschichte

Erinnern Sie die Schülerinnen und Schüler daran, dass so komplexe Ereignisse wie der Holocaust oft eher Fragen aufwerfen als einfache Antworten bereitzuhalten. Der Wunsch,

„Lehren“ aus dem Holocaust zu ziehen, birgt die Gefahr direkter Rückschlüsse auf richtiges und falsches Handeln – der Holocaust geschah, weil Menschen dabei versagt haben, die richtigen moralischen Entscheidungen zu treffen –, und er führt zu einer oberflächlichen Interpretation der Geschichte. Die Auseinandersetzung mit dem Holocaust wirft vielmehr Fragen über die Natur individueller Entscheidungen, das „Problem des Bösen“ und die Art und Weise auf, wie der Einzelne mit der Vergangenheit umgeht – oder sie vermeidet.

Geben Sie den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, den Holocaust eingehend zu behandeln und zu untersuchen, einschließlich der Fragen, die im Kapitel „Was soll über den Holocaust unterrichtet werden?“ im Abschnitt zu den Dilemmata der Opfer, Retterinnen und Retter, Täterinnen und Zuschauerinnen und Zuschauer formuliert sind.

Diskutieren Sie außerdem mit den Lernenden, dass historische „Antworten“ – zum Beispiel wegen verlorenen oder noch zu entdeckenden Quellenmaterials – vorläufig sind. Ermutigen Sie die Schülerinnen und Schüler, ihre Auffassung vom Holocaust eher als ein vorläufiges Verständnis und nicht als eine endgültige Feststellung zu betrachten.

Schließlich können Gedenkpraktiken, auch wenn der Unterschied zwischen Gedenken und Unterricht aufrechterhalten werden soll, eine wertvolle Möglichkeit sein, nach einem anspruchsvollen Lernprozess auf die emotionalen Bedürfnisse der Lernenden einzugehen.

3.3. 3 Unterstützen Sie die Lernenden dabei, sich mit Interpretationen und Erinnerungen an den Holocaust zu befassen und ihr

Geschichtsbewusstsein zu differenzieren

Ermutigen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler, unterschiedliche Interpretationen des Holocaust kritisch zu analysieren.

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