• Keine Ergebnisse gefunden

UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND "

Copied!
24
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Heute auf Seite 3: Die Zerrüttung der Armee

UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND

Jahrgang 45 - Folge 37

EU:

Erscheint wöchentlich

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt 1 7 . S e p t e m b e r 1 9 9 4 ! :a n d s m a n n s c h a f t°s tPr e u ß e n e V-

Parkallee 84)86, 20144 Hamburg

C 5524 C

E i n s e i t i g e L i e b e

Bonn ratlos: Auch Frankreich gegen „Kern-Europa"?

,Der europäische Einigungsprozeß ist an ei- nen kritischen Punkt seiner Entwicklung ange- langt", eröffnete eine Denkschrift der Bonner CDU/CSU-Fraktion vom 1. September. Wie kritisch die Lage ist, sollte sich in den Reaktio- nen auf das Memorandum aus allen Teilen der E U sofort erweisen.

„Kerneuropa" oder auch „Europa der zwei Geschwindigkeiten" lautet das Zauberwort, das das völlige Scheitern der Maastricht-Uni- on in den Augen von Fraktionschef Wolfgang

Kohls Kerneuropa. Und an die Adresse Bonns gerichtet unterstrich Balladur die französische Haltung, daß in jeder Art von Europäischer Union die Nationalstaaten das wichtigste Ele- ment blieben, jetzt und in Zukunft. Mit der in Bonn verbreiteten Sicht, daß der Nationalstaat die Aufgaben der Zukunft nicht wird lösen können, scheint Deutschland sich weithin iso- liert zu haben.

Aber nicht nur dadurch: Während Paris sich mit undeutlichem Gerede von „konzentrischen Schäuble und dem Außenpolitischen Sprecher Kreisen" vornehm zurücknimmt, lädt Bonn den der Union, Karl Lamers, noch verhindern soll.

Während Deutschland, Frankreich und die drei Benelux-Länder in einer Fünfer-Gemein- schaft das Programm zu einer Art europäi- schem Bundesstaat voll durchziehen, sollen die anderen zurückbleiben. Warum ausge- rechnet Osterreich - mit der Bundesrepublik seit jeher wirtschaftlich enger verflochten als irgendein anderes Land - in den „Kern-Euro- pa "-Planspielen nicht vorkommt, wird leider nicht erklärt.

Von den zurückgestuften EU-Staaten hagel- te es prompt harsche Kritik. Großbritanniens Premier John Major war in der Vergangenheit einer solchen Kerneuropa-Idee zwar nicht ab- geneigt gewesen. Doch war sich der Londoner Regierungschef sicher gewesen, daß sein Insel- staat selbstverständlich zum erlauchten Kreis jener Kernstaaten zählen würde. Jetzt sah er sich von dem „Kohl-Plan" mit Griechenland oder Portugal glatt zur zweiten Garnitur ge- stempelt. In einer von der „Times" zitierten Stellungnahme wärmte Major sogleich die in England besonders beliebte Idee von einem

„Europa ä la carte" auf: „Es scheint völlig ge- sund für alle Mitgliedsstaaten, darin überein- zustimmen, daß einige sich schneller und en- ger in bestimmten Feldern integrieren", gab der Konservative zu Protokoll und fügte hin- zu: „Aber kein Mitgliedsstaat sollte ausge- schlossen sein von einem Feld der Politik, in dem er mitbestimmen kann und will".

Eine Art „Europa zum Ankreuzen" also - jedes Mitglied kann bei jeder Frage extra ent- scheiden, ob es mitmaent oder nicht. So ent- steht im Extremfall für jedes Feld der Wirt- schaft und Politik eine Sonderunion, die je- weils andere Mitglieder umfaßt. Was als „Uni- on" gedacht war, mutiert auf diese Weise zu einem völlig unübersehbaren und nicht mehr zu handhabenden Wirrwarr von sich kreuz und quer überlagernden Spezialbündnissen.

Das dies das Ende der Europäischen Union wäre, haben die Strategen der C D U / C S U wohl begriffen und versuchten, wenigstens die Mit- te der EU in das Rettungsboot einer Kernunion zu verladen.

Der Erfolg war niederschmetternd. Neben den zu erwartenden Protesten der zurückge- lassenen Sieben konnte die oben zitierte

„Times" auch noch triumphierend den franzö- sischen Ministerpräsidenten Edouard Balla- dur aufbieten. Der hatte sich ebenfalls vom

„Kohl-Plan" distanziert, was einem Dolchstoß gleichkommt - sollte Frankreich mit Deutsch- land doch die Basis für „Kern-Europa" bilden.

Zwar verteidigte er eine Idee der „konzentri- schen Kreise , was immer das heißen mag, betonte aber, daß dies nicht das gleiche sei wie

gesamten Arger von sieben EU-Staaten allein auf Deutschlands Schultern. Je „europäischer"

diese Republik sich gebärdet, desto unangeneh- mer scheint sie ihren Nachbarn zu werden.

Das schlimmste für Bonn aber bleibt, daß es jetzt sogar von seinem französischen Partner in den Regen gestellt wurde, wie aus den Balla- dur-Äußerungen zu dem im CDU/CSU-Pa- pier als „leere Hülse" abqualifizierten Natio- nalstaat zu entnehmen ist. So nimmt es kaum wunder, daß kurz nach dem Aufflammen der Proteste selbst der deutsche Außenminister Kinkel in Deckung ging und das C D U / C S U - Papier in Grund und Boden relativierte.

Nach dem Fehlschlag regieren nun wieder die wohlfeilen Allerweltsrormeln die Euro- Debatte. Noch ist nicht zu erkennen, welche Folgen der Schuß in den Ofen hinter den Kulis- sen naben wird. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie Bonn auf die Zurückweisung durch die so intensiv umworbenen Franzosen reagie- ren wird. In dem Papier wurde dem deutsch- französischen Verhältnis geradezu staatsfun- damentale Bedeutung beigemessen. Es sei der Gradmesser für Deutschlands „Zugehörigkeit zur politisch-kulturellen Wertegemeinschaft des Westens im Kontrast zu vor allen in intel- lektuellen Kreisen wiederauflebenden Ten- denzen eines deutschen Sonderweges". Ironie der Geschichte wohl, daß jene Sonderwegs-In- tellektuellen hinsichtlich ihrer Einschätzung des Nationalstaats den Franzosen viel näher stehen, als Bonns „Europäer", die im europäi- schen Ausland laufend Irritationen über Deutschlands wirkliche Ziele verursachen.

Davon abgesehen war das kurze Gewitter um das CDU/CSU-Papier ein Schlaglicht auf die schwindenden Zukunftsaussichten der Maastricht-Union. Hans Heckel

Königsberg:

Marschierten mit Fackeln über den Pariser Platz in Berlin: Marinesoldaten des Wachba- taillons der Bundeswehr, um die westlichen Siegermächte zu verabschieden. Damit ist die Hauptstadt und Mitteldeutschland wieder frei von Besatzungssoldaten Foto dpa

I c k g l o b e , j e w e e n t h a t k e e n e r

Nicht nur für die rheinischen Leser dürfte der Düsseldorfer Schneider Wippel noch ein fester Begriff sein, der bekanntlich während der langjährigen napoleonischen Fremdherr- schaft wegen der „Französisiererei" seiner Landsleute sein Mundwerk nicht zügeln konnte und deshalb in nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten kam, die erst durch den Ab- zug der Fremdlinge wieder ins rechte Lot ka- men. In Berlin war diese Fremdherrschaft kaum anders empfunden worden, nur wurde sie dort lakonischer kommentiert, wie ein un- bekannter Chronist überliefert hat. Auf die Frage, wie sich denn der Abzug der Franzosen vollzogen habe, antwortete der Bürgersmann knapp: „Ick globe, jeweent hat keener".

Hafen verliert drastisch Kunden

Litauen verlangt pro Tonne Fracht acht Schweizer Franken Gebühr

Aus dem Inhalt

Seite

Deutschlands Schuldenberg 2 Geistige Freiheit gefährdet 4 Österreichische Medienpolitik .... 5 Ostpreußische Architektur 9 Deutsches Schicksal H Immanuel Kants Ahnen 12 Westlich von Fischhausen 13 Umzuchtstätte des Teufels 19 Ehrung für Ina Kaul 23 42. Ehrenmalfeier Göttingen 24

Die Isolierung des russisch verwalteten nördlichen Ostpreußen nach dem Niedergang des Bolschewismus und der Wiederherstel- lung der nationalen Souveränität der balti- schen Staaten zeigt immer drastischere Folgen:

Der Frachtumschlag im Königsberger Hafen geht immer weiter zurück. Wie der stellvertre- tende Generaldirektor des Königsberger Han- delshafens, Wladimir Lawrentschuk, in einem Interview berichtete, rechne er in diesem Jahr nur noch mit einem Frachtaufkommen von höchstens 2,5 Millionen Tonnen, während 1992 noch über vier Millionen Tonnen Fracht verladen worden waren.

Die Ursache, so Lawrentschuk, seien die ho- hen Transittarife für russische Güter für den Transport durch Litauen. Die baltische Repu- blik verlange seit dem 1. Juli acht Schweizer Franken pro Tonne Fracht. Demgegenüber ko- ste der Transport zum litauisch verwalteten Memeler Hafen nur 2,7 Franken. Es sei abseh- bar, da seit der Einführung der Marktwirtschaft auch auf die früher oft vernachlässigte Kosten- Nutzenrechnung nun stärker geachtet werde, daß der Hafen von Königsberg auf längere Sicht wahrscheinlich geschlossen werden müsse.

Damit erweist sich abermals das unnatürli- che eines fremdverwalteten Gebietes, das ohne

bezug auf bewährte Traditionen allein an mili- tärischen Belangen orientiert (und daher auch staatlich subventioniert), auf längere Sicht kaum wirtschaftlich lebensfähig sein kann. Die Verwaltungsführung von Königsberg hatte erst vor kurzem noch gehofft, mit der Einfüh- rung einer Freien Wirtschaftszone einer Isolie- rung entgehen zu können. Es bleibt zu hoffen, daß die Führungskräfte in Königsberg und Moskau endlich zu zukunftsträentigen und wirtschaftlich tragfähigen Konzepten kom- men. Königsberg hat nur dann eine Zukunft, wenn es zu einer Koordination mit wirtschaft- lich interessierten Kräften in der Bundesrepu- blik kommt.

Es muß für Moskau dabei auch im Blick be- halten werden, daß sie dieses wirtschaftliche Interesse der bundesdeutschen Geschäftsleute wecken müssen, und nicht, im Sinne ihrer kommunistischen Propaganda, hinter jedem Interessenten auch gleichzeitig einen „Revan- chisten" oder wie immer die Schreckfiguren aus der alten Trickkiste benannt worden sind, vermuten. Dabei wäre die russische Verwal- tung sicherlich auch gut beraten, wenn sie auf die unersetzlichen Erfahrungen und Kenntnis- se der Landsmannschaft Ostpreußen zurück- griffen. A. Dubatow/P. F.

Letzte Woche zogen nun nach den Russen auch die Franzosen, Amerikaner und Briten aus unserer Hauptstadt ab, womit nicht nur Berlin, sondern auch ganz Mitteldeutschland endlich frei von Besatzungstruppen geworden ist.

„Sie kamen als Sieger und gingen als Freun- de", und mit ihrem Abzug „endete die Nach- kriegszeit", war im wesentlichen der Sinnge- halt der Regierungserklärungen und der loyal interpretierenden Presse.

Daß sie als Sieger kamen, bedarf kaum noch einer weiteren Interpretation, denn die Kriegs- ziele waren deutlich schon während der noch andauernden Kampfhandlungen formuliert worden. Sie richteten sich gegen eine zu stark werdende Wirtschaftskraft der Zentralmacht Europas, die insbesondere nach den wirt- schaftlichen Autarkieversuchen des Reiches eine britische Gegnerschaft fanden. Großbri- tannien, später unter Churchill federführend, konnte die Früchte seiner Anstrengungen zwar kaum einheimsen, denn es gehört in un- seren Tagen trotz Atomwaffen zu den Mittel- mächten. Frankreich, eher halbherzig in die polnische Beistandspolitik verwickelt, beugt sich endlich der Dynamik des Geschehens.

Amerika war neben seiner doppelten Auf- merksamkeit, die dem asiatischen und euro- päischen Markt galt, bestrebt, sich die an Groß- britannien verliehenen Gelder nicht entgehen zu lassen.

Es kann kaum einen Zweifel daran geben, daß die sich um Morgenthau rankenden Nach- kriegspläne zur Durchführung gekommen wären, wenn nicht das durch Einstein geschaf- fene Atombombenmonopol durch sowjetische Spionage ausgehebelt worden wäre. Fortan fanden aggressive sowjetische Propaganda und Außenpolitik in einer auf große Zeiträume angelegten Besatzungszeit der Amerikaner eine politisch folgenschwere Ergänzung. Denn diese Polarisierung der Weltmächte brachte es mit sich, daß alle anderen Länder, die faktisch kleiner und weniger mächtig als diese beiden waren, sich nunmehr je nachZugehörigkeit zu arrangieren hatten. Was Wunder, wenn das besiegte und gedemütigte Deutschland längs der Besatzungszonen nachziehen mußte. Ge- neralfeldmarschall Paulus, der Verlierer von Stalingrad, bastelte fortan über den Umweg einer kasernierten Volkspolizei an einer mittel-

(2)

Politik ^asöriptmßntülan

17. September 1994- Folge 37-Seite 2

deutschen „Nationalen Volksarmee", wäh- rend die Generale Speidel, Heusinger oder aber auch Gehlen das Rüstzeug für eine Bun- deswehr legten.

Die beiderseits der Demarkationslinie geüb- ten deutschen Loyalitäten fanden teilweise ihre Begründung in der Hoffnung auf eine Stunde Null, die die Einheit der Nation brin- gen würde, aber auch in den von den jeweili- gen Siegermächten praktizierten und geschür- ten Besatzungspolitik: Das Uran, das aus Sach- sen und Thüringen von den Sowjets geraubt wurde, schuf etwa für den Westdeutschen die Begründung, auf der besseren Seite der Sieger zu sein, ohne daß er damit etwa die Fremdnut- zung deutscher Patente durch die Amerikaner verhindern konnte. Der Vertriebene, der durch die Sowjets, Polen und Tschechen verjagt wor- den war, mochte sich vielleicht eher mit dem Bombenterror der Westallüerten abfinden, auch wenn er in dem Getöse neuer Schlagwör- ter, die von Freiheit und Selbstbestimmung handelten, kaum die Rückkehrmöglichkeit in die Heimat fand.

Wichtiger noch als diese der unmittelbaren Machtpolitik folgenden Prinzipien waren die Umerziehungsmaximen. Dabei liefen die Fä- den quer durch die Besatzungszonen: Je siche- rer erkennbar wurde, daß der Kommunismus kein alternatives Gesellschaftsmodell war, de- sto intensiver verfing sich die studentische Ju- gend Westdeutschlands in diesem Ideologie- netz, je mehr die SED gegen „westliche" (ame- rikanische) Musik und Mode anging, desto hartnäckiger wurde sie von den Mitteldeut- schen in einer Art politischer Widerstandshal- tung behauptet.

Auf Dauer war dies kaum eine angemessene geistige Auseinandersetzung mit dem eigenen deutschen Schicksal, sondern nur noch ein fata- les Nachahmen fremder Possen, das bis zur Preisgabe nationaler Identität ging. Als Ende der achtziger Jahre Schulklassen aus Wiesba- den Moskauer Schüler besuchten, wurden sie von diesen aufgefordert, deutsche Volkslieder zu singen. Die Schüler blickten betreten zu Bo- den, über ein paar gesummte Takte kamen sie nicht hinaus. Wenn nunmehr Berlin und Mit- teldeutschland frei sind, wird es darauf ankom- men, vorerst hier zumindest eine nationalkul- turelle Identität zu formen. Doch wie die Lage sich auch nach Abzug der Truppen darstellt, bedarf es dafür Mut und Zeit. Peter Fischer

Sachsen/Brandenburg:

Bundesrepublik:

Bereits 2089000000000 Mark Schulden

98 Milliarden Zinsleistungen / Die Last beträgt rund 60 Prozent der Bruttowertschöpfung

In einer Phase des wirtschaftlichen Auf- schwungs werden die langen Schatten einer verheerenden finanzpolitischen Vergan- genheit natürlich kürzer. Einheitskanzler Helmut Kohl spielt lieber den Sonnenkönig, als auf jene Schulden-Belastungen hinzu- weisen, die die nächste Generation zahlen muß. U n d überhaupt: Wer kann sich eine Milliarde noch vorstellen?

Kaum jemand kann etwas mit der Zahl 2,098 Billionen Mark anfangen. Das sind die Schulden, die unsere Politiker aufgehäuft haben. Vom Kind bis zum Greis müßte jeder Bundesrepublikaner 25 800 Mark auf den Tisch des Finanzministers legen, u m die Verbindlichkeiten z u begleichen. Anders

ausgedrückt: Die Schuldenlast beträgt etwa 60 Prozent der Bruttowertschöpfung, das heißt, die Deutschen und ihre Firmen müßten von Januar bis Anfang August nur für Theo Waigel arbeiten, handeln und produzieren, dann wären die Schulden weg.

Immer noch sehr schwer vorstellbar. Liebe Leser, dann schauen Sie doch einmal auf Ihre Uhr und lassen zehn Sekunden verstreichen.

In dieser Zeit hat der Staat allein 19 730 Mark neue Schulden angehäuft. Das entspricht etwa zehn Monatsrenten eines männlichen Durchschnittsrentners (West). V o n der in drei Minuten angehäuften Schuldenlast von 355 000 Mark könnte der Bundesbürger

Wie ANDERE es sehen

Auf ins Land der starken Männer

Parteienverdrossenheit auf mitteldeutsch: Nur Köpfe zählen noch

Parteien oder gar deren Programme haben of- fenbar jegliche Anziehungskraft auf den Wähler verloren. Starke Männer will das Land, und wenn sie noch väterlich daherkommen - um so besser. So scharten sich Sachsen und Brandenburger um ihre Landesfürsten und schössen die Opposition zum Mond. So viele wie nie gingen gar nicht zu den Urnen. Die einzige Ausnahme bildeten die Wähler der SED-Erben, auf die die Partei, die einst „immer Recht" hatte, noch einen gewissen Reiz auszuüben scheint. Wenn es nicht bloß die Enttäuschung über d ie ernüchternden Aspekte der Einheit war, die sie in die Hände der Linksradikalen trieb.

Einig sind sich in Bonn Regierungslager wie Opposition, daß Potsdam und Dresden keine Testwahlen für den Bund waren. Und da schei- nen sie ausnahmsweise einmal recht zu haben.

Die Bundesrepublik ist vielfältiger geworden seit der Vereinigung mit der DDR. Und wer noch bis eben glaubte, daß Mitteldeutschland irgend- wann einfach das würde, was Westdeutschland in vierzig Jahren geworden ist, der weiß es späte- stens seit dem vergangenen Sonntag besser.

Dieser Befund gilt natürlich auch in umgekehr- ter Richtung. Schon jetzt wieder die Totenglöck- chen für die F.D.P. zu läuten, wäre daher ver-

früht. Das parlamentarische Ende der Liberalen in Bonn aus dem sächsisch-brandenburgischen Doppelfiasko herzuleiten, ist mit ziemlicher Si- cherheit verfehlt. Zu einem drei bis vier Prozent starken Gewohnheitswählerbestand, auf den die F.D.P. in Westdeutschland verweisen kann, ge- sellen sich regelmäßig die sogenannten „funktio- nalen Wähler", die die Freidemokraten nur ins Parlament bringen, um der Koalition über die Runden zu helfen. Ein Wink des in seiner Popula- rität weit über seine Partei hinausreichenden Kanzlers, daß er es ohne die Dreipunktepartei nicht schaffen könnte, wird reichen, um den Libe- ralen ein genügendes Polster solcher „Funktions- wähler" zuzutreiben.

Bedenklich sind die jüngsten Wahlergebnisse aber dennoch nicht allein für Liberale oder Bünd- nis-Grüne. Wenn sich die Wähler in diesem Maße nur auf Einzelpersonen stürzen, ist dies eben nicht gerade ein Beleg für den Rückhalt, den die tragenden Institutionen der Zweiten Republik, zu denen laut Verfassung vor allem die Parteien zählen, bei den Bürgern genießen. Die rapide ge- sunkene Wahlbeteiligung wie die reine Persön- lichkeitswahl sind nur weitere Belege für die fort- dauernde Parteienverdrossenheit. H . T.

Zeichnung aus

„Frankfurter Allgemeine Zeitung"

schon ein Reihenhaus kaufen, auf dem Lan- de wenigstens.

Obwohl jeder weiß, daß die dramatische Verschuldungspolitik allein durch ihre Zinsbelastungen bereits z u m Würgegriff geworden ist, lächeln die Politiker immer noch, als werde ihnen eine Halsmassage zuteil. Dabei geht mit 98 Milliarden Mark im nächsten Jahr jede fünfte Mark aus dem Bon- ner Haushalt für Zinsleistungen drauf. Die Steigerung hält an und soll nach bisheriger Planung 1998 auf Zinszahlungen allein beim Bund von 106 Milliarden hinauslaufen. Län- der, Gemeinden und Staatsbetriebe gehen noch extra.

Das bedeutet: Diejenigen, die dem Staat das Geld leihen, indem sie Millionen in Zer- tifikaten und Schuldverschreibungen anle- gen, werden durch die Zinsen immer rei-

cher, während die, die keine oder nur eine geringe Kapitalvorsorge für das Alter tref- fen konnten, darum fürchten müssen, daß der Bund sich aus der Bezuschussung der Rentenkassen zurückziehen muß. Das ist die andere Seite der Medaille, mit de- ren Prägung allerdings - und das muß er- wähnt werden - z u SPD-Zeiten begonnen wurde.

Aber auch seit der Teilvereinigung Deutschlands gibt es niemanden, der Halt rufen würde. Das Institut der deutschen Wirtschaft z u m Beispiel vertritt die These, daß die Staatsdefizite „aus konjunktureller Sicht unvermeidlich hinzunehmen" sind.

Beinahe zynisch drückt sich die Düsseldor- fer Privatbank Trinkaus u n d Burkart aus:

„Die ,normale' Staatsverschuldung ist „bei realistischer Betrachtung als eine ,ewige' Schuld anzusehen, die lediglich von Zeit z u Zeit umgeschuldet wird und bei der ledig- lich das Tempo des Zuwachses, nicht jedoch die Möglichkeit einer Nettotilgung ernsthaft diskutiert w i r d . "

In dieser Situation befinden w i r uns der- zeit. Waigel hat eine mittelfristige F i - nanzplanung vorgelegt, die bis 1998 immer noch die Aufnahme weiterer Schulden und die Erhöhung des Schuldenturmes vor- sieht. Während den Bürgern eisernes Sparen vorgegaukelt wird, findet das Gegenteil statt. Nicht einmal der Wissenschaftliche Beirat des Finanzministers will die Fakten in seinem jüngsten Bericht zur Kenntnis nehmen, sondern empfiehlt nur, das Wachstumstempo der Verschuldung z u drosseln.

Dabei könnten sich die Politiker jeden Streit über Überprüfung oder Abschaffung des ab 1995 kommenden steuerlichen Soli- daritätszuschlages eigentlich sparen. Der kann zwar überprüft, aber nicht abgeschafft werden. Die Einnahmen (etwa 26 Milliarden Mark jährlich) werden wahrscheinlich jahr- zehntelang gebraucht, u m den „Erblastentil- gungsfonds" (Treuhand, Kreditabwick- lungsfonds, DDR-Wohnungswirtschaft) ab- zutragen. Bonn spricht verschämt von „ei- ner Generation".

Waigel, der sich jetzt i n der Öffentlichkeit wegen eines scheinbar soliden Haushalts- entwurfs für 1995 feiern läßt u n d es i m übri- gen gar nicht so ungern sieht, daß die Öffent- lichkeit lieber über Rudolf Scharpings Ver- hältnis zur PDS statt über die roten Zahlen im Haushalt diskutiert, ist u n d bleibt der Schuldenkönig der Nation: Seit seinem Amtsantritt im Jahre 1989 hat sich der Schul- denstand des Staates verdoppelt. H L

Königsberg:

E r s t e r F e s t k o m m e r s seit d e m K r i e g 120 Burschenschafter feierten Uni-Jubiläum in traditionellem Rahmen

UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND

Chefredakteur: Hugo Wellems

Verantwortlich für den redaktionellen Teil (o 32)

H

Politik, Zeitgeschehen:

Peter Fischer (W 37)

Heckel, K. Morawietz, J . Weber (IT 30) Kultur, Unterhaltung, Frauenseite:

Silke Osman («• 33) Geschichte, Landeskunde, Mitteldeutschland, Literatur:

Horst Zander, Hartmut Syskowski (ff 34)

Heimatkreise, Gruppen, Leserforum, Aktuelles:

Maike Mattem (ff 36) Ostpreußische Familie: Ruth Geede

Berlin: Martin Schütz Königsberg: Wilhelm Neschkeit

Wien/Bozen: Alfred von Arneth Bonn: Jürgen Mathus

Anzeigen (ff 41) und Vertrieb (ff 42): Rüdiger Müller Anschrift für alle: Parkallee 84/86,20144 Hamburg. Verlag: Landsmannschaft Ostpreußen e.V., Parkallee 86,20144 Hamburg. Das Ostpreußenblatt ist das Organ der Landsmannschaft Ostpreußen und erscheint wöchentlich zur Information der Mitglieder des Förderkreises der Landsmannschaft Ostpreußen. - Bezugspreis Inland 10,60 DM monatlich einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 13,50 DM monatlich, Luftpost 20,00 DM monatlich. Bankkonto: Landesbank Hamburg BLZ 200 500 00, Konto- Nr. 192 344. Postgirokonto für den Vertrieb: Postgiroamt Hamburg, Konto-Nr. 84 26-204; für Anzeigen:

A Postgiroamt Hamburg, Konto-Nr. 907 00-207. - Für unverlangte Einsendungen wird nicht / l \ 9e r i a^e t- Rücksendung erfolgt nur, wenn Porto beiliegt.

/^f\ Druck Gerhard Rautenberg, 26787 Leer (Ostfriesland), Telefon (04 91) 92 97-01 / lWr \ Für Anzeigen gilt Preisliste Nr. 22

T e l e f o n (0 40) 41 40 08-0 ( D u r c h w a h l - N u m m e r n s i e h e o b e n )

Fax Redaktion (0 40) 41 40 08 50 - Fax Anzeigen und Vertrieb (0 40) 41 40 08 51

Wenn es nach dem Bonner Auswärtigen Amt gegangen wäre, hätten sie gar nicht hier sein dürfen: So etwas sei nie geplant gewesen, wies Außenamtsvertreter Heide in Bonn die Frage eines Journalisten zurück, oh zu den 450-Jahr-Feiern der Königsberger Universität ein Burschenschafterkommers stattfände („Das Ostpreußenblatt" berichtete). Tatsäch- lich aber füllten jetzt rund 120 buntbemützte Korporierte mit ihren russischen Gästen den großen Saal der Königsberger Börse und be- gingen den ersten feierlichen Kommers in der ostpreußischen Hauptstadt seit dem Kriege - wie die Veranstalter von der „Deutschen Bur- schenschaft" stolz betonten.

Dem festlichen Abend vorausgegangen wa

Nord-Ostpreußen aktiv zu bleiben. Dabei wurde stets die Brückenfunktion zwischen Deutschen und Russen hervorgehoben, die die traditionsreiche Stadt ausßllen könne und solle.

Die russischen Gästen beeindruckte vor al- lem die ausgeprägte Traditionspflege, die ih- nen die deutschen Burschenschafter darboten.

„Bei uns werden alte Volkslieder kaum noch gesungen so wie hier", warf eine russische Beobachterin des Kommerses nachdenklich ein. Daß, wie es in gewissen Kreisen Bundes- deutschlands immer wieder beschworen wird, solch offenherzige Darstellung alter deutscher Traditionen zu Mißverständnissen führen konnte, war hier jedenfalls nicht zu spüren.

ren Vorträge und Diskussionen, auf denen die Russische Künstler revanchierten sich bei den Korporierten die Situation und Aussichten der

Region Königsberg von verschiedenen Seiten her beleuchteten. Heftige Diskussionen löste die Beurteilung der Bonner Haltung gegen- über Königsberg aus. Eine Seite warf der Bun- desregierung eine Verweigerungs-, ja sogar Verhinderungspolitik hinsichtlich des Auf- baus des nördlichen Ostpreußens vor. Andere verwarfen diese Sichtals „ungeheuerlich" und

Burschenschaftern mit russischen und deut- schen Gesangsdarbietungen.

Auch wenn die bunten Mützen und Bänder inden von Krieg und Sozialismus gezeichneten Straßen der einst blühenden Metropole noch ein wenig fremd wirkten, so nahmen doch alle das Gefühl mit, daß sich hier zwei über Generatio- nen einander fremd gewordene Kulturen wie- der etwas nähergekommen sind. Viele der Bur- Stimmung herrschte in dem Ziel, weiter in derzukommenÜ ' f

(3)

17. September 1994 - Folge 37 - Seite 3

Im Blickpunkt

Die Zerrüttung der Armee

Wie Bonn die Selbstdemontage der Bundeswehr betreibt

Üblicherweise wird eine Armee im Kriege vernichtet, wenn es denn zum Ausbruch eines sol- chen gekommen ist und der Gegner erfolgreicher operiert.

Neuland hingegen betritt ge- genwärtig die Bundesrepublik Deutschland: Hier zerschlägt ein Staat seine eigene Armee, genauer gesagt seine gesamten Streitkräfte, bestehend aus Heer, Luftwaffe und Marine.

D

er Patient Bundeswehr", so warnte im Februar vergangenen Jahres der Generalinspekteur der deutschen Streitkräfte, General Naumann, „kann eine Operation vertragen und die auch überle- ben, wenn er weiß, daß es die letzte, Gesun- dung bringende ist... Das ist der Zustand, in dem wir gegenwärtig sind. Weitere Ein- schnitte sind nicht verkraf tbar, ohne die Ver- teidigungsfähigkeit unseres Landes und damit auch unsere Berechenbarkeit i m Bündnis ernsthaft z u beeinträchtigen."

Worte eines besorgten Verantwortungsträ- ger, gleichwohl gesprochen in den Wind.

Die verantwortliche Staatsführung in Bonn betreibt mit einer Rasanz die Demon- tage der Bundeswehr und deren technischer Unterfütterung, der deutschen Rüstungsin- dustrie, die geradezu die Frage aufdrängt, ob diese ihrer Verantwortung überhaupt noch gewachsen ist. Getäuscht wird der Bür- ger, wie üblich, mit schöngerechneten Zah- len, die die ganze Katastrophe der deut- schen Verteidigungsplanung verwischen sollen. Der Bundeswenretat, so wird gegau- kelt, sei schließlich nur von 54 Milliarden Mark i m Jahre 1990 auf 48,6 Milliarden für das Jahr 1994 zurückgegangen. U n d gehor- sam nickt der Bürger z u dieser kleinen „Frie- densdividende", schließlich ist ja der Kalte Krieg vorüber und Deutschland laut Regie- rung und Opposition weltweit nur noch von Freunden umgeben.

Abgesehen davon, daß diese naive Sicht der Welt nicht den Realitäten entspricht -

die Politik kennt keine Freunde, sondern nur Interessen-, ist vor allem der falsche Ver- gleichsmaßstab auffällig. Die Etatplanung bis 1990 war noch die für die Bundeswehr des westdeutschen Teilstaates. Ein Betrag für die Verteidigung Mitteldeutschlands war darin nicht enthalten, denn der wurde auf der Gegenseite, bei der N V A , verbucht.

M a n stelle sich einmal vor, das Stozialrnini- sterium hätte seit 1990 auf jede Erhöhung seines Etatansatzes verzichtet und behaup- tet, keine Aufgaben seien hinzugekommen.

Denn die Wirklichkeit sieht einfach so aus, daß die Verteidigung eines Staates von 356 000 qkm mit 80 Millionen Einwohnern natürlich teurer ist als die von etwas über 60 Millionen auf 248 000 qkm. Allein dieser Aspekt bedeutet einen Rückgang der tat- sächlichen Verteidigungsaufwendungen

Roßtäuscherei beim Etat

um rund ein Viertel, die Inflation noch gar nicht berücksichtigt. Und man wundert sich, daß dieses Argument bislang nicht in die Debatte eingeführt ist. Vielleicht, weil die Wasserwerker und Aquariumsinsassen alle mit der gleichen Blindheit geschlagen sind?

Die Bonner Parteien liefern sich derzeit ein merkwürdiges Wettrennen, in dem jeder z u versuchen scheint, mit seiner Bundes- wehrplanung die der Konkurrenz noch zu unterbieten. Kühe will nur noch maximal 340 000 Mann, der SPD-„Sicherheitsexper- te" Kolbow führt die Zahl 300 000 im M u n - de, und FDP-Mann Koppelin peilt die 250 000 an. Bedenkt man, daß allein die westdeutsche Bundeswehr vor der Wieder- vereinigung 495 000 Soldaten umfaßte, der Zwei-plus-Vier-Vertrag auf 370 000 für Ge- samtdeutschland reduzierte, dann kann man nur konstatieren, daß Marschall bchu- kow die Zerschlagung der deutschen Hee- resgruppe Mitte 1944 kaum schneller ge- glückt ist.

V O N J O A C H I M F. WEBER Es gäbe eine einzige Rechtfertigung für

diese massive Demontage der Streitkräfte:

Sie hätten nichts mehr zu tun, folglich müßte kein Geld mehr für die Verteidigung ver- praßt werden. Aber hier liegt ja die ganze Ironie der Geschichte, oder sollte man besser sagen, der ganze Zynismus? - Dieselben Po- litiker in Bonn, die die Bundeswehr finanzi- ell austrocknen, fordern ja gleichzeitig im- mer neue Aufgaben una ihren Einsatz als Weltpolizei im Auftrag der U N O . Das be- deutet Kampfeinsätze, Transport, eine ge- waltige Logistik, eben Kosten, und gleich- zeitig werden die Mittel gekürzt. Allein der Somalia-Einsatz, für die beteiligten Soldaten zumeist eine gigantische Gammelei in einer afrikanischen Wüste, kostete ca. 600 Millio- nen Mark. Militärischer Ertrag: für ganze drei (!) Verbindungsoffiziere einer geplan- ten, aber dann nicht angerückten indischen Streitmacht wurde destilliertes Wasser pro-

ist fast ein Vierteljahrhundert im Einsatz, ebenso die um zwei Flugzeuggenerationen überholte Phantom, ein US-Oiaie, der keine Uberlebenschancen gegen moderne Jagd- flugzeuge mehr hat u n d der dringend durch den fast totgeredeten Jäger 90/Eurofighter 2000 ersetzt werden müßte. Die Flugabwehr der Luftwaffe gar schießt im Ernstfall mit dem 31 Jahre alten Raketensystem Hawk, das noch bis 2003 das deutsche Vaterland schützen soll.

Das Heer? Die Bilanz ist genauso ernüch- ternd. Neben dem Renommee-Stück Leo- pard II sind noch etwa 2000 Leopard I- Kampfpanzer von 1965 vorhanden, und der Typ soll bis 2005 im Einsatz bleiben. Verhee- rend sieht es aus bei der Artillerie, mehr denn je der Hauptträger des Feuerkampfs im Gefecht. Hier will die Bundeswehr mit einer 33 Jahre alten US-Panzerhaubitze be- stehen, die zum Zeitpunkt ihrer Einführung

Mit Museumsstücken in das dritte Jahrtausend

duziert; wahrhaft ein stolzer Literpreis und nicht eben ein Beispiel einer ökonomischen Militärpolitik in Zeiten knapper Kassen.

Aus politischen Gründen ist, und hier herrscht sicher Übereinstimmung, eine ver- änderte militärische Rolle Deutschlands in Europa und weltweit notwendig. Aber da- mit ergibt sich keine Rechtfertigung schlim- mer Roßtäuschereien. Wer nach deutschen Militäreinsätzen weltweit schreit, der muß sagen, wie er diese finanzieren will. Der Kuweitkrieg der US-Koalition hat ein- drucksvoll gezeigt, welche Kosten eine gro- ße internationale Militäroperation verur- sacht. Nur durch eine Bonner Finanzspritze von rund 20 Milliarden Mark, mithin fast die Hälfte des deutschen Verteidigungshaus- haltes, und noch höhere Summen von Japa- nern und Arabern waren die U S A zur Durchführung dieser Operation in der Lage.

Wo also sind, jenseits der Sonntagsreden, die Taten des Verteidigungsministers? Wo ist das neue Gerät, das die Bundeswehr für Einsätze außerhalb Mitteleuropas benötigt:

Hubschrauber und größere Transportflug-

schon veraltet war. (Man gebe sich für einen Moment der kuriosen Vorstellung hin, die deutsche Wehrmacht wäre 1939 ganz über- wiegend mit einer Feldkanone von 1906 zur Revanche angetreten.)

Bleibt die Marine. Bei ihr sieht die Überal- terung nicht ganz so hoffnungslos aus, aber sie wird von den Bonner Beschlüssen zur Verkleinerung der Streitkräfte am massiv- sten getroffen, so daß sogar zu Teilen die modernen Flugkörperscnnellboote außer Dienst gestellt werden müssen, weil deren Unterhalt nicht mehr bezahlt werden kann.

Eine wahrhaft imponierende Streitmacht, mit der Bonn den Satzungen der Vereinten Nationen weltweit zum Dhurchbruch verhel- fen will.

Ein gesunder Militäretat, so die Meinung der Fachleute, muß mindestens 30 Prozent investive Mittel für die Infrastruktur der Streitkräfte und für neues Gerät beinhalten;

kommen gänzlich neue Aufgaben hinzu, die neues Gerät erfordern, so muß dieser Anteil entsprechend steigen. Rühe, Bonns überfor- derter Verteidigungschef, ist jetzt bei 22 Pro-

Wenn der Wehrdienst von immer mehr jungen Menschen als eine Zeit der Sinnlosigkeit empfunden wird: Bundeswehr-Rekruten beim „Feierüchen Gelöbnis"

zeuge, luftbewegliches Großgerät, Tropen- ausrüstung, ein wirkungsvoller Jagdschutz durch die Luftwaffe? Die Antwort: nichts ist vorhanden, und schon gar nicht Geld, um die Lücken zu schließen. Was die Bundes- wehr hat, ist ausschließlich für die Verteidi- gung Mitteleuropas, gegen einen mit gepan- zerten Großverbänden angreifenden Feind, gedachtes Material. Und auch dieses könnte zu weiten Teilen dem Direktor eines wehr- technischen Museums mehr Freude machen als der Truppe. Denn die schafft es kaum mehr, ihr überaltertes Gerät bedrohungsge- recht einsatzfähig zu halten.

Die Luftwaffe etwa verfügt über einen ein- zigen modernen Flugzeugtyp, den Jagd- bomber Tornado. Der Transporter Transall

zent angekommen; Tendenz weiter fallend.

Beharrt die politische Führung in Bonn dar- auf, auf dieser materiellen Grundlage deut- sche Streitkräfte bei internationalen Krisen in den Einsatz zu schicken, dann gibt es nur eine zwingende Konsequenz; die Ausrü- stungsmängel werden durch viel Blut ihren

„natürlichen" Ausgleich finden. Auch wenn das Herrn Rühe und seine Experten viel- leicht nicht interessiert, so sei er schon jetzt sehr ernsthaft daran erinnert, daß die politi- sche Führung die volle Verantwortung für diese Mängel und alle damit verbundenen Folgen trägt.

Die materiellen Mängel einer Truppe kön- nen in gewissem Umfange durch den „Geist der Armee", also die (Kampf-)Moral der

Einsatzverbände, ausgeglichen werden. Die deutschen Weltkriegsneere bieten dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Und so mag der eine oder andere seine Hoffnung darin set- zen, daß der Sturm schon losbrechen würde, wenn die Bundeswehr gegen einen Aggres- sor das Schwert zöge. Allein, nicht nur der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundesta-

f

es kann da wenig Hoffnung machen: Die undeswehr, so Alfred Biehle in seinem all- jährlich erscheinenden Bericht, hier dem im März 1993 vorgelegten, sei schon 1992 nicht mehr einsatzfahig gewesen. Das rostige Schwert, es würde von einer ziemlich unlu- stigen Hand geführt.

Politische Führung, so mahnend der Wehrbeauftragte, könne nicht nur einge- klagt werden, sie müsse von den Trägern der Staatsgewalt auch ausgeübt werden. Biehle sieht die von den Bonner Parteipolitikern nach Lust und Laune herumgestoßene und gemolkene Armee als zutiefst verunsichert und „zunehmend in Bedrängnis". Die Sol- daten wüßten angesichts des Bonner Hick- hacks nicht einmal mehr, wo sie im nächsten Jahr stationiert würden, geschweige denn um Sinn und Zweck ihres Daseins.

Geradezu absonderlich, ja wie in einer schlechten Komödie, muten denn auch ein- zelne Passagen im Bericht des Wehrbeauf- tragten an. So hätten Soldaten bei der Ge- fechtsausbildung im Gelände auf Grund der durch Sparzwänge gestrichenen Manöver- munition den Waffeneinsatz gegen ihren Gegner durch lautes „Peng-Peng"- und

„Bum-Bum"-Rufen (bei Granat-Einschlag) simulieren müssen. Wohlgemerkt erwachse- ne Menschen, nicht eine Vorschulklasse beim Cowboy- und Indianer-Spiel. So sieht sich denn auch das Offizierskorps zunehmend der Verachtung der Verbündeten ausgesetzt.

„Frust" und „innere Kündigung", so Bieh- le, sei die Folge des diagnostizierten Ver- trauensverlustes gegenüber der militärisch- politischen Führung. Und die findet längst nicht mehr statt. Statt dessen wird seit 1990 hin- und herdiskutiert, nicht nur über Geräte (Jäger 90 - ja oder nein?), sondern darüber, wozu die Armee da sein soll, in welcher Stär- ke, an welchen Standorten, für welche Auf- gaben, mit oder ohne Wehrpflicht. Und nach einigen Monaten wird dann wieder verkün- det, jetzt sei die endgültige Lösung gefun- den; doch ein halbes Jahr später wird festge-

Debatten ohne Ergebnis

stellt, so ginge es nicht, und alles wird wie- der umgestoßen. Pech für die Berufs- und Zeitsoldaten, die ihre Existenz der Verteidi- gung dieses Staates gewidmet haben, aber mehr und mehr als Fußabtreter der Nation fungieren.

Wohin die Reise geht, ist auch jetzt, im Sommer 1994, nicht absehbar. Die Regie- rung hat sich vom Bundesverfassungsge- richt grünes Licht geben lassen für die welt- weiten sogenannten „out of area"-Einsätze.

Aber keines der eben benannten Sachproble- me ist damit gelöst. Sicher ist nur, daß eine Abstimmung mit den Füßen im Gange ist.

Die von der Unionsregierung eingerührte Wehrdienstverweigerung quasi per Post- karte wird in absehbarer Zeit zum Erlöschen der allgemeinen Wehrpflicht führen, die schon jetzt nur noch eine Chimäre ist. Voll- bezahlte Berufssoldaten aber sind wesent- lich teurer als mit einem Taschengeld verse- hene Wehrdienstleistende.

Überhaupt bleibt jede Bundeswehrreform zum Scheitern verurteilt, wenn sich das Volk nicht mehr verteidigen will: Die jungen Männer nicht als Soldaten und die Verdie- ner nicht mehr als Financiers einer Bürgerar- mee der deutschen Republik. Keine fünfzig Milliarden Mark im Jahr für die Selbstbe- hauptung des deutschen Volkes, aber 150 Milliarden Mark jährlich für Sozialleistun- gen, 30 Milliarden für Asylmißbrauch und 100 Milliarden Mark an Zinsen und Tilgung, um die Verschleuderungspolitik Bonns am Leben zu erhalten. Ob das so fortgesetzt wird, kann der Wähler entscheiden. Aber er sollte nicht vergessen, was die Geschichte lehrt: Jeder Staat hat eine Armee, und ist es nicht die eigene, dann wird es - über kurz oder lang - eine fremde sein.

(4)

Politik

£ 0 5 £fiprm&mb(flii 17. September 1994-Folge 37-Seite4

Andere Erinnerungen

Die Beibehaltung der Ergebnisse der Bodenreformen 1945/49 habe nicht zu den Zielen der sowjetischen Führung bei den Gesprächen über die Wiedervereinigung gehört, erklärte der einstige Außenmini- ster der UdSSR, Schewardnadse, und w i - dersprach damit der Behauptung seines früheren Amtskollegen, des Bundesau- ßenministers Genscher, wonach es der So- wjetunion „bis zur letzten Stunde der Zwei-plus-vier-Verhandlungen wichtig war, den Enteignungen i n der Ex-DDR Dauer z u geben". Die Moskauer Führung habe bei den Gesprächen von 1990 „immer wieder darauf bestanden", i n den Eini- gungs-Vertrag eine Enteignungsklausel aufzunehmen, so der FDP-Politiker.

Vertriebene rufen

Zum vierten Jahrestag der Vereinigung der beiden deutschen Staaten ruft der Landesver- band des Bundes der Vertriebenen in Thürin- gen zu einer Großkundgebung „Vier Jahre deutsche Einheit - Die Vertriebenen in Mit- teldeutschland" auf. Die Veranstaltung fin- det am 3. Oktober um 14 Uhr in der Erfurter Thüringenhalle statt. Als Redner treten unter anderen auf Paul Latussek, Vizepräsident des BdV und Landesvorsitzender des BdV- Thüringen, Hans-Günther Parplies, Vizeprä- sident des BdV und Landesvorsitzender des BdV-Nordrhein-Westfalen, und Rudolf Wer- ner, Landesvorsitzender des BdV-Hessen.

Für kulturelle Umrahmung der Veranstal- tung sorgen der BdV-Chor aus Ilmenau und die Schlesische Tanz- und Trachtengruppe aus Wiesbaden.

An unsere Leser im Norden

Z u m Thema „Enttäuschung der kon- struktiven Versuche einer geschichtlichen Entlastung Deutschlands" spricht Dr. R i - chard Pemsel am 15. September um 19.30 Uhr i n der „Provinzialloge Niedersach- sen", Moorweidenstraße 36, 20146 Ham- burg. Dr. Pemsel, Jahrgang 1925, studierte nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefan- genschaft Rechtswissenschaften i n Re- , gensburg und Erlangen. Seit 1954 prakti-

ziert er als freier Rechtsanwalt i n Hers- bruck. Dr. Pemsel nahm an mehreren grö- ßeren NS-Prozessen mit Zeugenvernahme in Israel und den Vereinigten Staaten teil.

Der Eintritt z u dieser Veranstaltung, die von der „Staats- und Wirtschaftspoliti- schen Vereinigung e. V . " i n Zusammenar- beit mit dem „Ostpreußenblatt" organisiert wird, ist frei.

Schleswig-Holstein:

Meinungsäußerung:

Gefahr für die geistige Freiheit"

Verschärfung der Strafgesetzbuch-Paragraphen 130 und 131 würde ein Grundrecht einschränken 9?

In einem umfangreichen Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung v o m 23.

August hat der emeritierte Ordinarius für neuere Geschichte an der Freien Universi- tät Berlin, der international renommierte Faschismus-Forscher Prof. Dr. Ernst N o l - te, seine Bedenken angemeldet gegen die geplante Verschärfung der Paragraphen

„Das Gesetz gegen die sogenannte ,Auschwitz-Lüge bedroht eine M e i n u n g mit Strafe, sobald sie geäußert w i r d , ob- wohl das Äußern von Meinungen z u m Begriff der Meinungsfreiheit gehört", so Nolte.

Es gäbe w o h l niemanden, der leugnet, daß che Juden i n Deutschland zwischen 30 u n d 131 des Strafgesetzbuches mit 1933 u n d 1945 verfolgt worden seien. G e

gen sie also könne sich das Gesetz nicht richten, weil es dann überflüssig wäre. „Es muß das Leugnen der systematischen Ver- nichtung der Juden betreffen." Nolte ruft die i n der Wissenschaft allgemein bekann- te Tatsache i n Erinnerung: es gibt zahlrei- che nicht geklärte Fragen, etwa die, ob die Massenvernichtung v o n A n f a n g an u n d planmäßig v o n der Staatsführung herbei- geführt u n d angeordnet worden ist oder ob sie eine Folge v o n Einzelentschlüssen untergeordneter Stellen war. Er führt aus, daß es keine anerkannte Historiker-Schu- le gäbe, die die Massentötung leugne, daß es w o h l aber i n Frage gestellt werden kön- ne, was Augenzeugen („gering an Zahl u n d unverläßlich", wie Nolte einen ange- sehenen amerikanisch-jüdischen Histori- ker zitiert) über die Vergasungen z u be- richten wußten. Es sei Aufgabe der Wis- senschaft, v o n Legenden u n d Phantasien z u m Kern des Wirklichen vorzudringen.

Nolte möchte, daß ein solches Gesetz strikt unterscheidet zwischen rationaler Argumentation, die nicht bestraft werden dürfte, u n d kenntnisloser Agitation, die v o m Strafrecht erfaßt werden sollte.

D a z u gehört auch seine Feststellung:

„Die Frage nach der Zahl der Opfer sollte dem Ziel, die sogenannte „Auschwitz-

Lüge" härter als bisher z u bestrafen.

Im März 1994 stellte der Bundesge- richtshof (BGH) i n einem Urteil fest, daß jemand, der den sogenannten „Holo- caust" leugnet, lediglich wegen Beleidi- gung bestraft werden könne, nicht aber wegen Volksverhetzung.

Der Angeklagte hatte den Vortrag eines Fachmannes für Gaskammern (er baut in den U S A die i n einigen Bundesstaaten für den V o l l z u g der Todesstrafe üblichen Gaskammern) übersetzt, der z u dem Schluß gekommen war, in Auschwitz hät- ten die technischen Voraussetzungen für Massenvergasungen gefehlt. Das sei nach Auffassung des B G H nicht ein Angriff auf die Würde der betroffenen Menschen ge- wesen, wie er Voraussetzung für eine Ver- urteilung wegen Volksverhetzung gewe- sen wäre.

Es w u r d e argumentiert, ein solches U r - teil stoße allgemein auf Unverständnis, weshalb man das Strafgesetzbuch ändern müsse. Das soll i m Rah men des Verbre- chensbekämpfungsgesetzes geschehen.

Die Bundestagsfraktionen haben sich ge- einigt, daß mit Freiheitsstrafe bis z u drei Jahren oder mit Geldstrafe z u bestrafen ist, wer eine unter der Herrschaft des Natio- nalsozialismus begangene H a n d l u n g i n einer Weise, die geeignet ist, den öffentli- chen Frieden z u stören, öffentlich oder i n einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.

Prof. Nolte, ein kompromißloser Libera- ler, der die Bewahrung der i m Grundge- setz festgeschriebenen Grundrechte über alles stellt, weist i n seinem FAZ-Beitrag darauf hin, daß i n liberaldemokratischen Staaten die Freiheit der Meinungen ver- fassungsmäßig gewährleistet sei. A u c h offensichtlich falsche Meinungen unterlä- gen keiner Strafandrohung.

nicht v o n vornherein einem Verdacht aus- gesetzt w e r d e n . " Nolte faßt zusammen:

„Diejenigen, die die Singularität der End- lösung i n einer Einmaligkeit der Greuel u n d in der vollständigen Verworfenheit der Urheber - sei es Hitlers, sei es des J ä - tervolkes' - sehen wollen, kämpfen in Wahrheit für eine Quasi-Religion, u n d sie brauchen das absolut Böse i n der Vergan- genheit, u m anderes Böses i n der Vergan- genheit oder Gegenwart nicht ernst neh- men z u müssen. Sollte die Verschärfung des Strafrechtes i n diesem Punkte i n Kraft treten, dann sieht Nolte darin „eine Gefahr für die geistige Freiheit i n Deutschland".

Natürlich riefen die Worte dieses non- konformen Wissenschaftlers Widersprü- che wach. Der ehemalige hessische M i n i - sterpräsident W a l l m a n n behauptete etwa, Nolte habe einen „Streit u m Unbestreitba- res" begonnen, wobei er übersieht, daß es in einer Gesellschaft nach der Aufklärung Unbestreitbares nur i m Bereich des Glau- bens gibt, damit Noltes H i n w e i s auf die

„Quasi-Religion" bestätigend, die sich hinter der Bestrafung der „Auschwitz- Lüge" verbirgt. Für W a l l m a n n zählt die systematische Vernichtung der Juden z u m „Grundwertebewußtsein" unserer Gesellschaft, deren Infragestellung oder Leugnung unsere demokratische Stabili- tät gefährde.

M i t Hilfe v o n Gesetzen festschreiben z u wollen, was i m Bereich der Wissenschaf- ten als unbestreitbar z u gelten hat, ist nicht ohne Risiko. W e r erinnert sich da nicht an das „Ministerium für Wahrheiten" aus Orwells „1984"? Hans-Joachim v. Leesen

Gedenkfeier:

Hand zum Ausgleich ausgestreckt

Messe für Westerplatte-Verteidiger/„Den Deutschen verzeihen!"

Kein Geld für Aussiedlerbetreuung

SPD-Regierung streicht die Zuwendungen für LvD-Beratungsstellen

Die Absicht, dem LvD die finanzielle Grund- Jahrelang hat der „Landesverband der vertrie-

benen Deutschen" (LvD) in Schleswig-Holstein in allen Kreisen und kreisfreien Staaten Bera- tungsstellen für Spätaussiedler unterhalten. 15 Frauen und Männer, überwiegend selbst Aus- siedler, von denen die meisten die polnische oder russische Sprache beherrschen, standen den Spätaussiediern mit Rat zur Seite. Jetzt will die schleswig-holsteinische Landesregierung unter der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Heide Simonis dem LvD die Spätaussiedlerbera- tung und damit auch die damit verbundenen Landeszuwendungen wegnehmen. Begrün- dung: Der LvD soll„kein Monopol" mehr auf die Betreuung haben.

Die Berater des LvD haben mit ihrem Verband Arbeitsverträge über Halbtagsbeschäftigungen (übrigens zu einem Stundenlohn, für den kein Landesbediensteter arbeiten würde). In Wahr- heit sind sie fast Tag und Nacht für die Spätaus- siedler da. Im vergangenen Jahr konnten sie 57 000 mal den Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion, die mit deutschen Verhältnissen, vor allem mit den Behörden, überhaupt nicht vertraut sind, zur Seite stehen. Es gab keine einzi- ge Beschwerde - im Gegenteil wurden immer wieder die LvD-Berater gelobt wegen ihrer Sach- kenntnis und ihrer Einsatzfreude.

Die Behauptung des schleswig-holsteinischen Innenministeriums, es lägen Bewerbungen von drei Wohlfahrtsverbänden für die Übernahme der Beratungsstellen vor, erwies sich als falsch.

Politische Beobachter sehen in der Kündigung der Vereinbarung der Landesregierung mit dem Landesverband der vertriebenen Deutschen al- lein politische Hintergründe. Vielen linken Sozi- aldemokraten, und sie haben in der schleswig- holsteinischen Landesregierung starken Einfluß, passen die Vertriebenenverbände nicht, die sie als „revanchistisch" ansehen.

läge zu entziehen, paßt in die jüngsten Akti- vitäten der SPD-Regierung, politisch nicht links stehenden Verbänden die Landesmittel so stark zu kürzen, daß sie möglichst noch vor den nächsten Landtagswahlen kaputtgehen. So zer- schlägt man den „Deutschen Grenzverein" in Rensburg, der Träger sowohl des deutschen Bü- chereiwesens als auch der Erwachsenenbildung war (und noch ist), vermutlich weil man der Ansicht ist, Grenzen seien heute überholt und die Dänen sowieso die besseren Menschen.

Dem Schleswig-Holsteinischen Heimatbund („Heimat ist reaktionär") werden die jahrzehnte- lang gezahlten Landesmittel so brutal gekürzt, daßer einen Großteil seiner Aktivitäten einstellen muß. Jochen Arp

In der Folge 35 des „Ostpreußenblattes"

berichteten w i r unter Bezug auf die War- schauer „Gazeta Wyborcza" über die Boy- kottpläne für die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 55. Jahrestag des Ausbruchs des Z w e i - ten Weltkrieges, für die die Vorsitzende des Westerplatte-Veteranen-Komitees, Stanislawa Gornikiewicz, warb. Ihre Be- mühungen fanden i n weiten Teilen der polnischen Öffentlichkeit keine Reso- nanz, teilte unserer Zeitung Johannes Gehrmann, Lagerpfarrer i m Grenzdurch- gangslager Bramsche/Hesepe und M i t - glied einer offiziellen Westerplatte-Dele- gation, mit:

Frau Stanislawa Gornikiewicz war zur kommunistischen Zeit eine Beamtin des kommunistischen Sicherheitsdienstes in Po- len, sie hatte den Rang eines „Kapitäns". Vor der Wende observierte sie die Westerplat- tenveteranen. Nach der Wende machte sie sich bei ihnen dadurch „lieb K i n d " , daß sie ihnen Veteranenuniformen, Auszeichnun- gen u. ä. besorgte.

Im vorigen Jahr machte sie mir das Leben schwer, weil ich mit acht deutschen Vetera- nen in Danzig anreiste. In Polen gab es we- gen des Protestes von Frau Gornikiewicz ei- nen Skandal und eine heftige öffentliche Dis- kussion.

ANDERE Wie es sehen:

Die Jagd-Saison ist eröffnet

Zeichnung aus

„Kölnische Rundschau"

In diesem Jahr war es umgekehrt. Mein Bemühen u m Versöhnung wurde von höch- sten kirchlichen und staatlichen Stellen be- lohnt. W i r wurden offiziell eingeladen. W i r erlebten in Danzig, Hermannsbad/

Ciechpcinek und Warschau ergreifende Fei- ern. Überall wurde ich von den Bischöfen zur Konzelebration der Gottesdienste einge- laden. Die Predigten handelten ausschließ- lich von der Versöhnung unserer Völker.

Ein großartiges Versöhnungszeichen war, daß ich von der Witwe des am Tage vor un- serer Ankunft plötzlich verstorbenen rang- ältesten Westerplattenverteidigers Oberst Stanislaus Trela, Stefanie Trela, gebeten wurde, die Totenmesse und Predigt z u hal- ten. Beim Friedensgruß ging sie z u den deut- schen Veteranen und sagte: „Ich reiche Euch im Namen meines verstorbenen Mannes, der Euch i m vergangenen Jahr die Hand zur Versöhnung ausstreckte, wiederum die Hand, denn er kann es nicht mehr und er hätte es doch so gerne erneut getan." Eine beachtliche Anzahl polnischer Veteranen war bei der Feier zugegen. Die Trauerfeier fand mit höchsten militärischen Ehren statt.

Der Sekretär des Danziger Wojwoden, Bernard Mathea, der die Feierlichkeiten or- ganisierte, sagte mir beim Vorgespräch: „Ich lade Sie mit Ihrer Delegation ein. Frau Gorni- kiewicz wird von uns nicht eingeladen, denn was sie macht, das ist ihre private Sa- che." Das von Ihnen genannte „Westerplat- te-Veteranen-Komitee" ist eine private Er- findung von Frau Gornikiewicz.

Bei der Kranzniederlegung am Grabmal des unbekannten Soldaten in Warschau rief ein Pole: „Przebaczymi niemcom - W i r ver- zeihen den Deutschen!" - Die Mehrzahl der Anwesenden klatschte anhaltenden Beifall.

Das ist die Wirklichkeit, die mehr Würdi- gung finden sollte. Ein Westerplattenvete- ran sagte, so habe ich es in einer polnischen Zeitung gelesen: „Frau Gornikiewicz soll ihren Kopf auf eine Eisenbahnschiene legen und sich vom Z u g überfahren lassen."

Die ehemalige Sicherheitsbeamtin ver- steht ihr „Geschäft" noch heute offensicht- lich sehr gut.

(5)

Aus aller Welt

Osterreich:

Was Wien unter Presseförderung versteht

Ohne staatliche Subventionen müßte in Kürze mehr als ein Drittel der Zeitungen aufgeben

Während die „besondere Presseförde- r u n g " zur „Erhaltungder Medienvielfalt"

gewährt und nur an Tageszeitungen aus- geschüttet w i r d , steht die „allgemeine Presseförderung" grundsätzlich jedem Organ offen. Diese Subvention bewegt sich bei Tageszeitungen i n einer durch- schnittlichen Höhe von 600 000 Mark, i m Verhältnis z u den vorhin genannten Sum- men also ein Butterbrot. Insgesamt wur-

Presseförderung 1994

Besondere Förderung in Schilling"

Tageszeitungen

schaff ohne

S E Ä i ^

G e s e 1 1- m i s s i o n i s t'd i e ü b e r d i e V e rg * b e der Sub-

S T f e Ä h T ^ t e ^ ^ t e

1 1 1

^ -

v e n* i o n e n entscheidet. - Ein Schelm, wer t h l n Rf n i l « u v fn. d e m< ^ a t i e p o l i t i - schlecht davon denkt!

sehen Binsenwahrheiten. Weniger be- wußt ist schon die Tatsache, daß Medien nur dann wirklich unabhängig sein kön- nen, w e n n sie auch wirtschaftlich selb- ständig sind.

In diesem Sinne steht es u m die Freiheit der österreichischen Presse nicht z u m be- sten; denn abgesehen v o n den Boulevard- Zeitungen u n d einigen westösterreichi- schen Tageszeitungen hängt das Überle-

ben eines Großteils dieser Organe von der d e n 1 9 9 4 u n t e r dem Titel der Presseförde- jährlich wiederkehrenden staatlichen För-

derung ab.

1994 erhielten neun Tageszeitungen ins- gesamt 34,2 Millionen M a r k unter d e m Titel der „besonderen Presseförderung".

Vergeben werden diese Mittel durch eine Kommission, deren Mitglieder v o m Bun- deskanzler, v o m Verband der Zeitungs- herausgeber u n d v o n der Journalistenge- werksenaft z u bestellen sind, eine K o n - struktion, die zwangsläufig z u gewissen Begünstigungen führen muß. So erhielt die nicht gerade österreichweit bekannte Grazer Tageszeitung „Neue Zeit", deren Blattlinie als „unabhängig, sozialdemo- kratisch" beschrieben w i r d , 1994 mit einer geprüften Auflage von 70 000 Stück mehr als 5 Millionen Mark. Der weit populärere

„Standard" kam dagegen „nur" auf etwa 4,2„Millionen Mark. Generell bekamen SPO-nahe Organe mehr Geld als ihre OVP-nahen Kollegen; einzige Ausnahme bildet „Die Presse , die mit fest sechs M i l - lionen Mark an der Spitze der Subventi- onsempfänger steht.

Für die üppigen Zuwendungen an die

„Neue Zeit" (NZ) hat M a x Dasch, Ge- schäftsführer der „Salzburger Nachrich- ten", eine plausible Erklärung, indem er darauf verweist, daß NZ-Gescnäftsführer Josef Riedler auch Vorsitzender der Kom-

„permanenten Marktverzerrung" führt.

Daß der Präsident des Verbandes der Zei- tungsherausgeber dieses System grund- sätzlich bejaht, ist angesichts der mehr- heitlichen Schwäche seiner Mitglieder verständlich. Immerhin sei die Hälfte der österreichischen Tageszeitungen defizi- tär, betont Schrotter.

Erfunden wurde die Presseförderung Mitte der siebziger Jahre bei der Einfüh- rung der Mehrwertsteuer. Zunächst ging es darum, diese neue Steuer auszuglei- chen und zumindest teilweise z u refun- dieren. Nach zwei Jahren kam z u dieser

KTZ - Kärntner Tageszeitung 22 903 968,77 Neue Vorarlberger Tageszeitung 17 514 221,31

Neue Zeit 36 383 348,34

Neues Volksblatt 17 960 429,84

Obel-österreichische Nachrichten abgelehnt

Die Presse 39 557 530,85

Salzburger Nachrichten abgelehnt

Der Standard 30 730 309,31

SVZ - Salzburger Volkszeitung 14 950 191,60

Summe 180 000 000,02

Quelle: Bundeskanzleramt

»1 D M = 7 Schillinge

Hängen am

staatlichen Geldtropf:

Mit hohen Zuwendungen unterstützt Österreich seit Mitte der 70er Jahre die wichtigsten

Tageszeitungen des Landes

rung 43 Millionen Mark ausgegeben. D a die Besondere Förderung gleichsam nur als Nachweis der Schwäche nicht überle- bensfähiger Zeitungen gewährt w i r d und so schlechte Marktpositionen u n d Verlu- ste honoriert, bleibt sie etwa den „Salzbur- ger Nachrichten" sowie anderen gesun- den westösterreichischen Zeitungen ver- schlossen. M a x Dasch kritisiert denn auch, daß diese Subventionspolitik z u einer

Kriminalität:

Polnische Polizei ist überfordert

In zehn Jahren hat sich die Zahl der Straftaten nahezu verdoppelt

Nahezu verdoppelt hat sich in den vergan- genen zehn Jahren die Zahl der von den pol- nischen Ermittlern registrierten Straftaten.

Kamen 1983 insgesamt rund 446 000 Delikte ans Licht, so bezifferte man in der offiziellen Statistik für 1993 die Zahl der Verbrechen mit über 852 000. Polnische Kriminologen schätzen indes, daß derzeit rund eine M i l - lion Menschen schwere Verbrechen bege- hen. Längst ist in den Statistiken nicht das ganze Ausmaß der Kriminalität erfaßt. Die Dunkelziffer müsse ums Mehrfache multi- pliziert werden, wissen die Verbrechensbe- kämpfungsspezialisten zu berichten.

Steigende Kriminalitätsraten sind aller- dings Keinesfalls ein rein polnisches Phäno- men. Sie spiegeln vielmehr einen weltweit zu beobachtenden Trend wider. Was jedoch im Fall Polens besonders brisant erscheint, ist die unaufhaltsame Dynamik, mit der sich das Verbrechen ausbreitet. Allein in der letz- ten Dekade stieg z u m Beispiel die Zahl von Diebstählen u m ganze 63 Prozent, die der Überfälle erhöhte sich im gleichen Zeitraum um insgesamt 18 Prozent.

In einem sind sich die Fachleute jenseits der Oder und Neiße einig: die Kriminalität ist nicht erst in den Jahren nach der kommu- nistischen Wende entstanden. Sie tritt zwar seit Ende der 80er Jahre immer deutlicher zum Vorschein, doch liegt der Ausgangs- punkt für kriminelle Karrieren der heutigen Schwerstverbrecher noch in den Zeiten der Volksrepublik. Die" gefährlichsten Banden- chefs rekrutieren sich überwiegend aus den Reihen der einstigen Devisenschieber und illegalen Händler, die nach und nach ein re- gelrechtes kriminelles Imperium aufgebaut haben.

Zwischen 35 und 40 große und gut organi- sierte Banden sind derzeit zwischen Ostsee und Tatra aktiv. Der „Führungsstab der Verbrechergruppen setzt sich nach Erkennt- nissen der Fahnder aus etwa 400 Personen zusammen. Zusätzlich begünstige die Libe- ralisierung des Grenzverkehrs zwischen

Polen und anderen Staaten des einstigen Ostblock die Internationalisierung der Kri- minalität. Seit langem schon arbeiten Russen, Ukrainer, Litauer und-Bürger des früheren Jugoslawien mit polnischen Ban- den zusammen.

Die Behörden in Warschau und andern- orts werden noch lange das sich geschwulst- artig ausbreitende Verbrechen kaum ein- dämmen können. Z u m Teil deshalb, weil inzwischen manche der Banden über regu- läre „Soldatenhundertschaften" verfügen, denen die polnischen Polizisten nicht ge- wachsen sind. Die Beamten seien angesichts der Organisation und Ausstattung der Gangs schlicht überfordert, heißt es in einem Artikel des Posener Magazins „Wprost".

Doch die Gründe für die schwachen Aufklä- rungserfolge liegen oft woanders.

Das polnische Gesetzessystem etwa stammt noch aus der kommunistischen Zeit und ist den aktuellen Anforderungen längst nicht mehr gewachsen. Neue, bis dahin praktisch unbekannte Delikte stehen mitt- lerweile auf der Tagesordnung: Wirtschafts- verbrechen, Terrorakte, Mord „auf Bestel- lung", Geld- und Urkundenfälschung, A u - todiebstahl, Kunstraub, Raubüberfall oder Drogenkriminalität zählen dabei zu jenen Straftaten, mit deren Bekämpfung die polni- sche Polizei bislang nicht konfrontiert war.

Die Schwäche der Staatsorgane, einfach zu umgehende Gesetzeslücken und vor allem der Rückgang des Lebensstandards bei gro- ßen Teilen der Bevölkerung sind nach Auf- fassung des Kriminologen Professor Bruno Holys die Hauptgründe dafür, daß manche Polen auf illegalem Wege ihre materielle Si- tuation z u verbessern suchen. Zusätzlich dürften aber juristische und organisatori- sche Hindernisse eine wirksame Verbre- chensbekämpfung noch lange erschweren.

Die straff organisierten kriminellen Struktu- ren bleiben für die polnischen Behörden auf Dauer eine wahre Herausforderung.

Karin Morawietz

„ordentlichen Presseförderung" noch eine „besondere" hinzu. Sie sollte die Marktnachteile kleiner Zeitungen ausglei- chen u n d das Überleben vor allem der Parteizeitungen sichern, ein Versuch, der weitgehend gescheitert ist.

Ob das gesamte System als gescheitert bezeichnet werden muß, ist umstritten.

Das Überleben der Parteiorgane konnte damit jedenfalls ebensowenig gesichert wie die Pressekonzentration verhindert werden. Gewährleistet w u r d e jedoch das Fortbestehen v o n etwa einem Drit- tel der österreichischen Tageszeitungen - allerdings z u welchem Preis. Denn angesichts der Abhängigkeit dieser M e - dien v o m jährlich wiederkehrenden Goldregen, d e n die staatliche „Frau H o l l e " ausschüttet, kann v o n einer wirklich regierungskritischen Bericht- erstattung dieser angeblichen „vierten G e w a l t " i m Staate w o n l keine Rede sein.

Die österreichische Demokratie ist wahrlich ein beinahe perfektes System, wenn man etwa daran denkt, z u welch weitgehend archaischen Mitteln noch weiland Fürst Metternich greifen muß- te, u m die Presse z u zensurieren.

Alfred von Arneth

Schweden:

Leserbriefe

Einfach Mitleid haben?

Betr.: Folge 26/94, Seite 2, PDS attackiert

„Das Ostpreußenblatt"

Im Westen gab es nicht gerade viele Politi- ker, denen neben zweifelhaften Pflicht-Lip- penbekenntnissen hinsichtlich Wiederver- einigung echtes Wollen und Wünschen nachgesagt werden konnte. Die Menschen in Mitteldeutschland, berechtigt verständ- nislos, stellen nun fest, daß jegliche demo- kratische Errungenschaften, ihre Wünsche und Hoffnungen, ihre Träume für eine ge- rechte Zukunft nur noch über die Inan- spruchnahme von Wahlurnen möglich ist.

Bevor nun gewisse Bonner Politiker, ge- wisse Parteien, die einst und sicher noch heute dem vergangenen kommunistischen System nachweinen, wach werden, hat schon als Nachfolgepartei und Erbin der SED die PDS die Gunst der Stunde erfaßt, um sich als alternatives „Sprachrohr" anzu- bieten.

Nun scheint die „Pseudo-SED" zu versu- chen, bei ihren „demokratischen" Rundum- schlägen auch die Heimatvertriebenen, vor allem aber eine ihrer wichtigsten, weit vor- ausschauenden, analytischen Publikationen

„Das Ostpreußenblatt", madig zu machen.

Gab es nicht in der Vergangenheit der west- deutschen Geschichte volksfrontartige „po- litisch-geistige Ergüsse" auch von westdeut- schen Volksvertretern, die in Ermangelung einer politisch geistigen Vitalität bei Bedarf politisch-geistig rülpsten. Kann man daher für diese momentanen „Salon-Kommuni- sten", die sich im Augenblick als Sozialisten bezeichnen, nicht einfach Mitleid haben?

Gerhard Grüning, Duisburg

Eine unübliche These

Betr.: Folge 30/94, Seite 3, „In Europa gingen die Lichter aus"

In dem aufschlußreichen Artikel erinnerte der bekannte Historiker Dr. Alfred Schickel an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Darin schildert er die Geschehnisse der schicksalhaften Jahre 1914 bis 1945. Seinem gut fundierten geschichtlichen Rückblick gibt er den treffenden Untertitel „Vor 80 Jah- ren begann der ,Zweite Dreißigjährige Krieg' Europas".

Über diese, zugegebenermaßen unübliche These werden manche Leser erstaunt gewe- sen sein. Sie ist aber keineswegs eine neue Sprachreglung, wie solche oft in den Medien festgestellt werden können. Sie ist vielmehr das Ergebnis einer objektiven Betrachtung der hier beschriebenen Epoche. Auch dama- lige Gegner des Deutschen Reiches, wie z. B.

Winston Churchill und Charles de Gaulle, waren zur gleichen Ansicht gelangt.

Ausführlich befaßte sich Dr. Schickel auch mit der verfehlten Friedensordnung von Versailles und machte deren Folgen deut- lich. In der Tat: Die Pariser Vorortverträge atmeten den Geist der Unversöhnlichkeit und haben, wider alle Vernunft, eine für Europa unheilvolle Entwicklung eingeleitet.

Hermann Langer, Pappenheim

Kein zurück zu Sozialdemokraten

Umfragen: Vor der Wahl legt bürgerliche Koalition deutlich zu

Wie sich die Bilder gleichen. Vor Monaten endgültig totgesagt zieht die bürgerliche Koalition unter Schwedens Ministerpräsi- dent Carl Bildt den oppositionellen Sozial- demokraten in den Umfragen davon. So si- cher war sich der sozialdemokratische Her- ausforderer Bildts, Carlsson, seines Sieges, daß er nicht einmal zu einem Fernsehduell mit dem Premier bereit war. Als er es jetzt - kurz vor den Reichstagswahlen und sicht- lich in die Defensive gedrängt - endlich doch noch wagte, schnitt er ziemlich kläglich ab.

Bildt ließ seinen Gegenspieler mit leichter Hand auflaufen.

Woher der plötzliche Meinungsum- schwung der Schweden rührt, ist nur zu deuten. Sicher ist nur, daß die seit Jahren dauernde Misere des einstigen „Modells Schweden" die Erbschaft jahrzehntelanger sozialdemokratischer Umverteilungspoli- tik ist. Jetzt hat das Acht-Millionen-Volk 400 000 Arbeitslose zu versorgen. Die Staats- verschuldung hat existenzbedrohende Aus- maße angenommen, ohne daß das einst so reich Land eine Vereinigung zu bewältigen hätte wie etwa Deutschland.

Neben dem einst auch von deutschen So- zialdemokraten als Vorbild gefeierten aus- ufernden Sozialstaat macht den Schweden ein historisches Versäumnis aus der Nach- kriegszeit zu schaffen: Vom Zweiten Welt- krieg völlig ungeschoren konnten die Skan- dinavier nach dem Weltbrand sofort in die massenhafte Produktion für die im Aufbau befindlichen Volkswirtschaften Europas einsteigen und exportieren, was die Fabri- ken hergaben. Die Schweden verstanden es jedoch nicht, diesen Vorsprung auf lange Sicht zu nutzen und zu halten.

Für Deutschland ist Schweden so etwas wie der Blick auf eine Zukunft, die uns gera- de noch erspart werden könnte - wegen des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik. Die enormen Belastungen aus der SED-Erblast legten die längst auf schwedischen Pfaden wandelnden Fehlentwicklungen in West- deutschland schonungslos offen - vielleicht noch rechtzeitig, u m sie zu korrigieren.

Doch trotz aller Erfolge im bisherigenVerei- nigungsprozeß scheint Deutschland dem zu

„schwedischen Verhältnissen" herunterge- wirtschafteten einstigen „Modell" näher, als uns lieb sein kann. Jan Bremer

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Möglicher- weise wurden sie 1948 nach Deutschland ausge- wiesen; aber auch die Unterbringung (Adopti- on?) bei russischen Familien hält die Archiv-Di- rektorin für möglich. Eine

W e l t k r i e g einverleibte, wurden nicht nur in Großensaß, sondern auch in Innichen und am Reschen „Beinhäuser&#34; für gefallene italieni- sche Soldaten gebaut. Damit sollte

nachdenklich stimmen. Zwar war er auf seiner Lateinamerika-Reise jederzeit über die Vorkommnisse und Verhältnisse zu Hause unter- richtet, aber das Ambiente war ein anderes: Er

Geschäftsstelle: Stadt Biele- feld (Patenschaft Gumbin- nen), Niederwall 25,33602 Bie- lefeld, Tel. Mai, Treffen der Landsleute aus dem Dorf und Bezirk Branden im Gemeindehaus

? reußen, wo sie mit einem anderen awener in Gilge war. Von Gilge hät- ten sie versucht, zu Fuß nach Tawe zu gelangen, weil Herr Bednarz im Fern- sehenbehauptet hat, daß dieses nicht

Was nimmt man mit, wie wird es sein am Urlaubsort, werden wieder die netten Leute aus XY- mannsburg da sein, wird das Wetter mit- spielen ...Da ist aber auch der andere, dem

Prunskiene, die frühere Ministerpräsiden- tin des Landes, die sich zur Zeit wegen KGB-Kontakten „als Wendehals&#34; verant- worten muß. Der gerade neugewählte M i -

Kinder aus der Dritten Welt werden adop- tiert und integriert. Schlagertexte werden fast aus- schließlich in nichtdeutscher Sprache dar- geboten. U n d vollends im Sport sind