Landesrichtlinie zu § 39 Absatz 2 SGB VIII
Gewährung eines Barbetrages zur persönlichen Verfügung
für junge Menschen in stationären Einrichtungen der
Jugendhilfe im Land Bremen
Stand: 01.03.2021
Impressum
Landesrichtlinie zu § 39 Absatz 2 SGB VIII
Die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport Referat 23
Bahnhofsplatz 29, 28195 Bremen www.soziales.bremen.de
Bremen, 19. Februar 2021
Diese Schrift beruht auf den Beschlüssen des Landesjugendhilfeausschusses vom 10.12.2020 und der staatlichen Deputation für Soziales, Jugend und Integration vom 11.02.2021.
Redaktion: Frau Dewenter
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1 Rechtsgrundlage
Wird Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelische Behinderte oder Hilfe für junge Volljährige in einer Einrichtung oder sonstigen betreuten Wohnform gewährt, ist vom
Jugendhilfeträger auch der notwendige Unterhalt sicherzustellen. Der Lebensunterhalt umfasst gemäß § 39 Absatz 2 Satz 2 SGB VIII auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung. Die Höhe des Betrages wird von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt, wobei die Beträge nach Altersgruppen gestaffelt werden sollen.
Zuständige Stelle ist gemäß § 13 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und
Jugendhilfegesetzes im Lande Bremen (BremAGKJHG) die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport als oberste Landesjugendbehörde.
2 Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Taschengeld)
2.1 Geltungsbereich, einheitlicher Barbetrag
Die Festsetzung gilt für junge Menschen, die in bremischen Einrichtungen, Erziehungsstellen oder sonstigen betreuten Wohnformen im Rahmen einer Hilfe nach §§ 27, 34, 35, 35a, 41 bzw. im Rahmen vorläufiger Schutzmaßnamen nach § 42 (Inobhutnahme) SGB VIII leben.
Der Barbetrag soll den jungen Menschen in der jeweiligen Altersstufe in gleicher Höhe ohne
Rücksicht darauf ausgezahlt werden, ob ihnen die Hilfe von einem Jugendamt des Landes Bremen oder einem anderen Jugendamt gewährt wird. Sie gilt auch für Kinder und Jugendliche, denen im Land Bremen Hilfe in einer Jugendhilfeeinrichtung durch den Sozialhilfeträger oder einen anderen Kostenträger gewährt wird.
Erhalten junge Menschen für ihren persönlichen Lebensunterhalt Leistungen analog der
Vorschriften des SGB XII, wie z.B. in Jugendwohngemeinschaften, im betreuten Jugendwohnen, in der Nachbetreuung, in der mobilen Betreuung bzw. in der intensiven sozialpädagogischen
Einzelbetreuung, so ist der Barbetrag zur persönlichen Verfügung im Regelsatz enthalten. Eine zusätzliche Auszahlung erfolgt nicht.
2.2 Anspruch
Das Taschengeld wird ab einem Alter von 3 Jahren monatlich gewährt. Für jüngere Kinder sind die mit dem Taschengeld abgegoltenen Bedarfe im Entgelt (Pflegesatz) enthalten, es besteht daher kein individueller Anspruch.
Das Taschengeld der jeweiligen Altersstufe wird ab dem Ersten des Monats gezahlt, in dem das entsprechende Lebensalter erreicht wird.
Bei Aufnahme des jungen Menschen nach dem 15. eines Monats oder Entlassung vor dem 15.
eines Monats halbiert sich der Anspruch. Bei unerwarteter Entlassung entscheiden die Jugendämter nach pflichtgemäßem Ermessen über die Rückforderung überzahlter Beträge.
2.3 Berechnungsgrundlage
Berechnungsgrundlage für das Taschengeld für Volljährige junge Menschen ist der jeweils gültige Regelsatz der Bedarfsstufe 1 für Leistungen nach SGB XII. Das Taschengeld beträgt 27% dieses Betrages.
Für Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 17 Jahren ist das Taschengeld altersgestaffelt. Es beträgt 5% bis 70% des Taschengeldes eines volljährigen jungen Menschen.
Der ermittelte Betrag wird auf volle Euro gerundet.
Prozentsatz für Kinder und Jugendliche im Alter von …
3 5%
4 7%
5 10%
6 15%
7 20%
8 25%
9 35%
10 40%
11 45%
12 und 13 50%
14 und 15 60%
16 und 17 70%
Die jeweils gültigen Eurobeträge sind in Anlage A dieser Richtlinie aufgeführt.
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3 Taschengelderhöhung, Zusatzbeträge
Neben dem Barbetrag zur persönlichen Verfügung (Taschengeld), das Bestandteil der Leistungen zum notwendigen Lebensunterhalt und damit unantastbar ist, werden unter den nachfolgend beschriebenen Voraussetzungen zur Abdeckung des angemessenen Lebensunterhaltes Zusatzbeträge gewährt.
3.1 Schule und Ausbildung
Das Taschengeld für Jugendliche (14 bis 17 Jahre) erhöht sich auf das 1,5-fache des für die Altersstufe geltenden Grundbetrages, wenn
sie mindestens die 10. Klasse besuchen oder
eine andere Schule nach 9 Schuljahren weiterbesuchen, um den Schulabschluss zu erwerben
oder
eine weiterführende, berufsbildende Schule besuchen oder
an einer berufsvorbereitenden Maßnahme oder an einem mindestens 6-monatigen Berufspraktikum teilnehmen.
Eine Taschengelderhöhung erfolgt nicht, wenn die Jugendlichen eine Ausbildungsvergütung erhalten und bei der Kostenbeitragsberechnung ein Freibetrag von mindestens 100 Euro berücksichtigt wurde.
Das Taschengeld für junge Volljährige beträgt unter den gleichen Bedingungen das 1,2-fache des Grundbetrages.
Die berechneten Beträge werden auf volle Euro gerundet.
3.2 Klassenfahrten, Erholungs- und Ferienmaßnahmen
Während einer mehrtägigen Klassenfahrt (mindestens 3 Übernachtungen) wird zusätzlich ½ Monatssatz des Taschengeldes der jeweiligen Altersstufe gezahlt. Das gleiche gilt bis zu zweimal jährlich für Erholungs- oder Ferienmaßnahmen von mindestens 7 Tagen Dauer.
3.3 Weihnachten
Im Monat Dezember wird für alle jungen Menschen mit Anspruch auf Taschengeld altersunabhängig zusätzlich ein Barbetrag in Höhe von 10 % des jeweils gültigen Regelsatzes der Bedarfsstufe 1 als Weihnachtsbeihilfe ausgezahlt. Der Betrag wird auf volle Euro gerundet. Abweichend von der Regelung unter 2.2 wird die Weihnachtsbeihilfe auch bei Beendigung einer Maßnahme im Monat Dezember in voller Höhe gewährt.
4 Verwendung
4.1 Verfügungsrecht des jungen Menschen
Das Taschengeld ist eine Leistung zur Abdeckung des notwendigen Lebensunterhaltes und ist damit unantastbar. Der junge Mensch hat einen Anspruch auf den Barbetrag und damit auch das Verfügungsrecht darüber. Das Taschengeld kann nicht versagt und ohne Einwilligung des
betroffenen jungen Menschen nicht gekürzt werden.
Im Einvernehmen mit dem jungen Menschen können Teile des Taschengeldes für
Schadensregulierungen, Geldbußen, Geldstrafen oder sonstige Verpflichtungen verwandt werden.
Es soll darauf geachtet werden, dass in diesen Fällen Teilzahlungen erfolgen, damit dem jungen Menschen ein Betrag erhalten bleibt, mit dem er seinen Mindestbedarf decken kann.
Der Grundsatz der eigenverantwortlichen Verwendung des Barbetrages beinhaltet, dass es Aufgabe der Pädagogen ist, den jungen Menschen bei der Einteilung und Verwendung des Barbetrages zu beraten.
4.2 Verwendung
Der Einsatz für Ausgaben, die durch den Pflegesatz der Einrichtung oder durch regelmäßige und einmalige Beihilfen neben dem Pflegesatz gedeckt sind oder sein sollten, darf nicht verlangt werden.
Hierzu zählen beispielhaft Maßnahmen, die zu dem Erziehungsprogramm der Einrichtung gehören, vielseitige Freizeitbetätigungen (Werken, Spiel, Sport, Musizieren u.a.), Teilnahme an kulturellen, fortbildenden und sportlichen Veranstaltungen auch außerhalb des Heimes, Ausflüge, Ferienfahrten, Zeltlager u.ä., Fahrgeld für Heimfahrten und Fahrgeld, um Standortnachteile des Heimes
auszugleichen.
Beispiele für die Verwendung der Barbeträge zur persönlichen Verfügung sind:
zusätzliche Genusswaren (Erfrischungsgetränke, Süßigkeiten u.a.)
zusätzliche Körper-, Haarpflege- und Kosmetikartikel
zusätzlicher Hobbybedarf und zumutbare Vereinsbeiträge
individuelle Bedürfnisse bei freiem Ausgang
zusätzliche und besondere Kleidung sowie modische Kleinigkeiten
Geschenke
Briefpapier, Porto und Telefongebühren, ausgenommen für den Briefwechsel mit Behörden
Fahrtkosten, die für individuelle Bedürfnisse anfallen
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5 Verwaltung und Abrechnung
Der Barbetrag ist dem jungen Menschen monatlich ganz oder in angemessenen Teilbeträgen zur eigenverantwortlichen Verwaltung jeweils im Voraus bar auszuzahlen.
Die Einrichtung führt für jeden jungen Menschen ein Barbetragskonto, aus dem die ausgezahlten Beträge jederzeit zu ersehen sind. Die Auszahlungen sind von dem jungen Menschen
gegenzuzeichnen. Der Barbetrag wird als Nebenkostenbestandteil zum Pflegesatz abgerechnet.
6 Beschwerderecht
Der junge Mensch hat das Recht, sich über nach seiner Meinung nicht korrekten Umgang der Einrichtung mit den Barbeträgen in Hinsicht auf die Auszahlung und die Höhe zu beschweren.
Beschwerdeinstanz ist der fallführenden Sozialarbeiter / die fallführende Sozialarbeiterin. Der junge Menschen kann sich mit seiner Beschwerde auch an das Landesjugendamt wenden.
Die jungen Menschen sind in altersgemäßer Form über die Beschwerdemöglichkeiten zu informieren.
7 Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am 01.03.2021 in Kraft. Gleichzeitig werden die Richtlinien des
Landesjugendamtes Bremen über die Gewährung von Taschengeld unter Berücksichtigung der pauschalierten Nebenkostenbeträge für junge Menschen in Einrichtungen und sonstigen Betreuten Wohnformen ab 1. Juli 1997 aufgehoben.
Bremen, den 19. Februar 2021
Anlagen:
Anlage A Tabellarische Übersicht der Beträge
Anlage A
der Landesrichtlinie zu § 39 Absatz 2 SGB VIII Gewährung eines Barbetrages zur persönlichen Verfügung für junge Menschen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe
im Land Bremen
Barbetrag für Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe ab 01.03.2021
Alter Betrag in Euro
Erhöhter Betrag bei Schul- oder Berufsausbildung
3 Jahre 6,00 -
4 Jahre 8,00 -
5 Jahre 12,00 -
6 Jahre 18,00 -
7 Jahre 24,00 -
8 Jahre 30,00 -
9 Jahre 42,00 -
10 Jahre 48,00 -
11 Jahre 54,00 -
12 Jahre 60,00 -
13 Jahre 60,00 -
14 Jahre 72,00 108,00
15 Jahre 72,00 108,00
16 Jahre 84,00 126,00
17 Jahre 84,00 126,00
18 Jahre 120,00 144,00
Bremen, den 19. Februar 2021
Die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport