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Outsourcing / Insourcing - Sind Fremde immer besser?

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Academic year: 2022

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Das Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen des Programms Leonardo da Vinci durchgeführt.

Der Inhalt spiegelt nicht notwendigerweise die offizielle Auffassung der Europäischen Kommission wider.

Hochschule Anhalt (FH)

Hochschule für

angewandte Wissenschaften Fachbereich Landespflege, Ökotrophologie, Landwirtschaft Bernburg

Dessau Köthen

Qualitätsmanagement in Großhaushalten (Band 8)

Ergebnis eines Pilotprojektes “Leonardo da Vinci” im Auftrag der Europäischen Kommission

Outsourcing / Insourcing - Sind Fremde immer besser?

Prof. Dr. Margot Steinel

Dipl.-oec. troph. (FH) Anita Knappe Dipl.-oec. troph. (FH) Annegret Schade Bernburg 2000

(2)

Kontakt:

Hochschule Anhalt (FH) Frau Prof. Dr. Margot Steinel Strenzfelder Allee 28

D-06406 Bernburg

Tel.: ++49 (0) 3471 301-216 Fax: ++49 (0) 3471 301-218 E-Mail: steinel@loel.hs-anhalt.de

(3)

INHALTSÜBERSICHT

VORWORT SEITE 5

CURRICULUM ZUR SCHULUNG DER HAUSWIRTSCHAFTLICHEN

FÜHRUNGSKRÄFTE SEITE 9

BEGLEITHEFT ZUR ÜBUNG SEITE 77

CURRICULUM ZUR HAUSINTERNEN SCHULUNG DER HAUSWIRT-

SCHAFTLICHEN AUSFÜHRUNGSKRÄFTE SEITE 113

LITERATUR SEITE 122

(4)
(5)

Vorwort

Die Qualität hauswirtschaftlicher Leistungen im hauswirtschaftlichen Dienstleistungs- betrieb gewinnt zunehmend an Bedeutung. Nicht zuletzt wird die Qualität eines Al- tenpflegeheimes oder Krankenhauses durch die Qualität hauswirtschaftlicher Lei- stungen bestimmt.

Mit Einführung der Pflegeversicherung sind Altenpflegeeinrichtungen verpflichtet, sich an Qualitätssicherungsmaßnahmen zu beteiligen. Dies betrifft nicht nur die Pfle- ge, sondern auch Unterkunft und Verpflegung. Gleichzeitig nimmt der Kostendruck im Gesundheits- und Sozialwesen zu. Anfallende Kosten werden minimiert und Ar- beitsstellen gestrichen.

Um eine kontinuierliche und dauerhafte Verbesserung der Qualität hauswirtschaftli- cher Leistungen zu erreichen und die Qualität an die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden anzupassen, ist die Einführung von Qualitätsmanagementsystemen sinnvoll.

Durch ein gut funktionierendes Qualitätsmanagementsystem kann die Qualität stän- dig überprüft werden, fehlerhafte Leistungen und Schwachstellen im Produktionspro- zess können sofort erkannt und korrigiert werden, ohne dass dabei zusätzliche Ko- sten entstehen.

Zu dieser Thematik arbeitete die Hochschule Anhalt (FH), unterstützt durch die Euro- päische Union, an einem transnationalen Pilotprojekt, mit dem Titel:

Zusatzqualifizierung

„Qualitätsmanagement in Großhaushalten“

zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen für hauswirtschaftliche Mitarbeiterinnen.

Hauswirtschaftliche Führungskräfte interessierter Großhaushalte konnten an berufs- begleitenden Schulungen zum Thema „Qualitätsmanagement in der Hauswirtschaft“

teilnehmen und das zur Einführung von Qualitätsmanagementsystemen notwendige Fachwissen erwerben.

(6)

Die Zusatzqualifizierung besteht aus folgenden 10 Schulungskomplexen.

Schulungs- komplex

Titel

1 Qualität und Qualitätsmanagement - Worum es in der Hauswirt- schaft geht (4 Schulungstage1)

2 Management – Wie ist zu erreichen, was erreicht werden soll?

(3 Schulungstage)

3 HACCP & Co – Viele Wege führen zum Ziel (2 Schulungstage) 4 DIN EN ISO 9000 ff. – Muss es immer Zertifizierung sein?

(2 Schulungstage)

5 Qualitätsmanagement im Bereich Verpflegung – Gratwanderung zwischen Vollkornnudeln und Gänsebraten (4 Schulungstage) 6 Qualitätsmanagement im Bereich Wäschepflege – Wie kommt die

richtige Wäsche zur rechten Zeit an den rechten Ort?

(2 Schulungstage)

7 Qualitätsmanagement im Bereich Reinigung – Ist das Zimmer in 7,44 min wirklich sauber? (2 Schulungstage)

8 Outsourcing / Insourcing - Sind Fremde immer besser?

(2 Schulungstage)

9 Externe Beratung im Unternehmen – Vier Augen sehen mehr als zwei (1 Schulungstag)

10 Facility Management – Alter Wein in neuen Schläuchen?

(2 Schulungstage)

Die Schulung findet auf zwei Ebenen statt. Zunächst werden hauswirtschaftliche Füh- rungskräfte geschult. Diese geben ihr Wissen in einem zweiten Schritt in Form von hausinternen Schulungen an ihre Mitarbeiterinnen (hauswirtschaftliche Ausführungs- kräfte) weiter.

1 Ein Schulungstag entspricht 8 Unterrichtseinheiten zu je 45 Minuten.

(7)

Das Curriculum zur Schulung besteht aus 10 Bänden. Zu jedem der genannten Schulungskomplexe gibt es einen Band.

Die Bände 1-8 sowie 10 bestehen jeweils aus folgenden drei Teilen:

• Curriculum zur Schulung der hauswirtschaftlichen Führungskräfte

• Begleitheft zur Übung

• Curriculum zur hausinternen Schulung der hauswirtschaftlichen Ausführungs- kräfte.

Schulung der hauswirtschaftlichen Führungskräfte (extern)

Schulung der hauswirtschaftlichen

Ausführungskräfte (hausintern) Schulung der

hauswirtschaftlichen Ausführungskräfte

(hausintern) Schulung der

hauswirtschaftlichen Ausführungskräfte

(hausintern)

Outsourcing ist ein Schlagwort in vielen Einrichtungen, das eingesetzt wird, ohne seine genaue Bedeutung zu kennen. In dem folgenden Modul „Outsourcing- Insourcing“ soll geklärt werden, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt.

Es werden die verschiedenen Formen von Outsourcing vorgestellt. Weiterhin lernen die Schulungsteilnehmerinnen steuerrechtliche und personalrechtliche Probleme, die durch Outsourcing entstehen, kennen. Oft werden in der Leitungsebene sehr spon- tan Entscheidungen über Outsourcing getroffen. Um fachgerechte Entscheidungen zu treffen, wird den Schulungsteilnehmerinnen ein Entscheidungsverfahren bezüglich Outsourcing vorgestellt.

Weiterhin werden Anregungen gegeben, neue unternehmenseigene Geschäftsideen zu entwickeln und auszubauen.

Hinweise zur sprachlichen Regelung

Das vorliegende Projekt hat das Ziel, hauswirtschaftliche Mitarbeiterinnen im Quali- tätsmanagement zu schulen, um ihre Arbeitsmarktchancen im Vergleich zu männli- chen Bewerbern zu verbessern. Die Zielgruppe der vorliegenden Weiterbildungsmo- dule sind deshalb (weibliche) hauswirtschaftliche Mitarbeiterinnen. Sie sind Schu- lungsteilnehmerinnen, wenn sie Führungskräfte sind, oder hauswirtschaftliche Mitar- beiterinnen, wenn sie Ausführungskräfte sind.

Aus diesem Grund wird für die Zielgruppe des Projektes sprachlich immer die weibli- che Form gewählt. Das bringt Vor- und Nachteile.

Der Vorteil liegt darin, dass die beteiligten Frauen sprachlich direkt in Zusammen- hang gebracht werden mit Managementfunktionen. Dies kann helfen, der derzeitigen

(8)

unterdurchschnittlichen Beteiligung von Frauen in Managementfunktionen (im Ver- gleich zum Frauenanteil im Ausführungsbereich) entgegenzuwirken.

Der Nachteil liegt darin, dass männliche Mitarbeiter dadurch sprachlich ausgeschlos- sen werden, obwohl ein Qualitätsmanagementsystem nur dann erfolgreich eingeführt werden kann, wenn alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daran beteiligt sind und ge- schult werden.

Für männliche hauswirtschaftliche Mitarbeiter ist also eine Übertragung der Inhalte notwendig.

Für alle anderen Personengruppen (Kundinnen und Kunden, Bewohnerinnen und Bewohner usw.) wurde versucht, eine sprachliche Regelung zu finden, die männliche und weibliche Personen einschließt. Im Einzelfall wurde davon abgewichen, wenn dies zur Sinnentstellung oder Unlesbarkeit geführt hätte.

(9)

Curriculum

zur Schulung

der hauswirtschaftlichen

Führungskräfte

(10)
(11)

INHALTSVERZEICHNIS

1 Outsourcing 15

1.1 Meinungen über Outsourcing 15

1.2 Formen von Outsourcing - dargestellt am Beispiel Verpflegung- 16

1.2.1 Ausgliederungsfähige Leistungen 17

1.2.2 Rechtsformen von Outsourcing 23

1.2.2.1 Eigenregie (kein Outsourcing) 23

1.2.2.2 Fremdmanagement 24

1.2.2.3 Service-GmbH 25

1.2.2.4 Service-Verein 26

1.2.2.5 Catering 26

1.2.2.6 Pacht 27

1.2.2.7 Fernverpflegung 28

1.3 Steuerrechtliche und personalrechtliche Probleme 29 1.3.1 Umsatzsteuerrechtliche Probleme - dargestellt am Beispiel Verpflegung - 29

1.3.1.1 Umsatzsteuerpflicht 29

1.3.1.2 Steuersatz 30

1.3.1.2.1 Umsatzsteuersatz im Allgemeinen 30

1.3.1.2.2 Umsatzsteuersatz in der Außer-Haus-Verpflegung 31

1.3.1.3 Bemessungsgrundlage 33

1.3.1.3.1 Derzeit noch gültige Regelung 35

1.3.1.3.1.1 Bemessungsgrundlage bei Eigenregie 35

1.3.1.3.1.2 Bemessungsgrundlage bei Fremdregie und Direktgeschäft 36 1.3.1.3.1.3 Bemessungsgrundlage bei Fremdregie und Reihengeschäft 36 1.3.1.3.2 Geplante Neuregelung (derzeit verworfen) 37

1.3.2 Personalrechtliche Probleme (§ 613a BGB) 40

1.3.2.1 Personalrechtliche Folgen bei Betriebsübergang 41

1.3.2.1.1 Übergang des Arbeitsverhältnisses 41

1.3.2.1.2 Bestandsschutz für den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin 42 1.3.2.2 Vorliegen eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB 43 1.4 Entscheidungsverfahren bei Outsourcing - dargestellt am Beispiel

Reinigung 46

1.4.1 Leistungsbeschreibung 49

1.4.2 Ausschreibung 50

1.4.2.1 Öffentliche Ausschreibung 50

1.4.2.2 Inhalt von Ausschreibungsunterlagen 50

1.4.3 Angebot 55

1.4.3.1 Variationsmöglichkeit des Anbieters auf das Angebot 55

1.4.3.1.1 Zeitaufwand pro Reinigungstätigkeit 55

1.4.3.1.2 Kosten pro Arbeitsstunde 58

1.4.3.2 Kalkulation des Angebots 64

1.4.4 Auswahl des günstigsten Angebots 64

1.4.5 Zuschlag/Vertrag 65

1.4.5.1 Rechtscharakter des Vertrags 65

1.4.5.2 Inhalt des Vertrags 67

(12)

1.5 Kostenvergleichsrechnung an einem Praxisbeispiel (Vergabe von

Wäschereidienstleistungen) 67

1.6 Zusammenfassung – Vor- und Nachteile von Outsourcing 68

2 Insourcing 69

2.1 Mögliche Geschäftsideen 69

2.2 Wirtschaftliche Beurteilung neuer Geschäftsideen 69

2.3 Marketing 70

2.3.1 Marketing-Analyse 71

2.3.2 Ziele und Strategien 73

2.3.3 Marketing-Instrumente 74

2.3.4 Marketing-Mix 74

2.3.5 Ausrichtung der Organisation auf das Marketing 75

2.3.6 Kontrolle 75

2.4 Beurteilung möglicher Geschäftsideen 75

(13)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Geeignete und ungeeignete Leistungen für Outsourcing 15 Abbildung 2: Beziehung zwischen Betreiber - Bewirtschafter - Kunde 16 Abbildung 3: Ausgliederungsfähige Leistungen im Verpflegungsbereich 17 Abbildung 4: Rechtsformen der Leistungsabgabe (Direktgeschäft und Reihengeschäft) 34 Abbildung 5: Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a BGB 42 Abbildung 6: Entscheidung zwischen Eigen- du Fremderstellung 46

Abbildung 7: Entscheidung zwischen Frendfirmen 46

Abbildung 8: Ablauf der Vergabe von Reinigungsdienstleistungen 48

Abbildung 9: Berechnung der Personalkosten 60

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Die größten Cateringunternehmen in Deutschland (Gesamtmarkt) 20 Tabelle 2: Die größten Cateringunternehmen in Deutschland für Betriebsver-pflegung 21 Tabelle 3: Die größten Cateringunternehmen in Deutschland für Kliniken/Heime 22 Tabelle 4: Bemessungsgrundlage für USt nach der Bewirtschaftungsform und der

Rechtsform der Leistungsabgabe 35

Tabelle 5: Bemessungsgrundlage für die USt bei Eigenregie 35 Tabelle 6: Bemessungsgrundlage für die USt bei Fremdregie und Direktgeschäft 36 Tabelle 7: Berechnung der USt für Eigenregie und Catering am Beispiel Betriebskantine 37 Tabelle 8: Beispielrechnug für BASF Ludwigshafen zum Wegfall der Bindung an den

Sachbezugswert als Bemessungsgrundlage für USt für Arbeitnehmermahlzeiten 38 Tabelle 9: Fälle des Betriebsübergangs in Bezug auf § 613a BGB 42

Tabelle 10: Reinigungsgruppen im Krankenhaus 52

Tabelle 11: Einflussfaktoren auf die Reinigungskosten 55

Tabelle 12: „Hamburger Modell“ – Richtlinien über die Gebäudereinigung in Krankenhäusern und Dienststellen der Gesundheitsbehörde der freien Hansestadt Hamburg in der

Fassung vom 01.04.1978 56

Tabelle 13: Arbeitszeitbedarf bei der Reinigung von Fußböden 57 Tabelle 14: Beispielrechnung von Personalkosten für Reinigungskräfte bei SV- pflichtiger

und SV-freier Beschäftigung 62

Tabelle 15: Kalkulationsschema für die laufenden Gebäudeinnenreinigungsarbeiten 63

Tabelle 16: Marketingarten 73

Tabelle 17: Arten von Marketing-Instrumenten 74

ÜBERSICHTSVERZEICHNIS

Übersicht 1: Cateringmarkt in der BRD 1997 23

Übersicht 2: Gültigkeit des allgemeinen und ermäßigten Steuersatzes für Außer-Haus-

Verpflegung 32

Übersicht 3: Inhalt der Leistungsbeschreibung für Reinigungsdienstleistungen 51

Übersicht 4: Reinigungsarten 53

Übersicht 5: Definition von Reinigungsverfahren am Beispiel Polieren 53 Übersicht 6: Beispiele für tätigkeitsorientierte Leistungsbeschreibungen im Krankenhaus 54

(14)

Abkürzungsverzeichnis

AG Arbeitgeber

AN Arbeitnehmer

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

GmbH Gesellschaft mit begrenzter Haftung GuV Gewinn- und Verlustrechnung Kita Kindertagesstätten

KTBL Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V.

NGG Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten REFA Reichsausschuss für Arbeitszeitermittlung SV Sozialversicherung

USt Umsatzsteuer

UStG Umsatzsteuergesetz

VOL Verdingungsordnung für Leistungen

(15)

1 Outsourcing

Der Begriff „Outsourcing“ setzt sich aus den englischen Wörtern outside (außerhalb) resource (Mittel) using (Nutzung) zusammen. Ins Deutsche übersetzt bedeutet diese Wortzusammenstetzung Übertragung von Aufgabenbereichen, Wertschöpfungsakti- vitäten an Dritte bzw. unternehmensexterne Partner. Es erfolgt eine Nutzung von

„Außen-Mitteln“.

1.1 Meinungen über Outsourcing

Zunächst soll die Einstellung der Teilnehmerinnen zu Outsourcing festgestellt wer- den. Hierzu dient die Aufgabe 8/1 (Begleitheft zur Übung).

Welche Argumente sprechen für, welche gegen Outsourcing?

Es wird zu 13 Aspekten gefragt, ob sie besser durch Fremd- oder Eigenleistung rea- lisiert werden können. Anschließend werden für alle Teilnehmerinnen zusammenfas- send die Häufigkeiten der Einstellungen gezählt. Dabei werden die Antworten ohne Diskussion verglichen.

Einstellungen hinsichtlich der Vergabe von Leistungserstellungsprozessen an eine Fremdfirma entstehen oft sehr spontan. Ausgangspunkt für eine Überlegung der Leitung, ob ein bestimmter Bereich vergeben werden soll, sind meist Probleme in der Einrichtung. Dabei kommen in der Regel zwei Meinungen zum Tragen. Zum einen vertritt die Leitung die Auffassung, durch Fremdvergabe Kosten senken zu können.

Andererseits sind Fach- und Führungskräfte des betroffenen Bereiches der Auffas- sung, Fremdleistung sei auf keinen Fall qualitativ besser als Eigenleistung. Beide Standpunkte sind sehr allgemein festgelegt und können meist nicht mit eindeutigen betriebsspezifischen Argumenten begründet werden.

Ob Outsourcing in Frage kommt, hängt zudem von dem Bereich ab, der vergeben werden soll. Geeignet sind Leistungserstellungsprozesse, die hinsichtlich der betrieb- lichen Leistungserstellung keine grundlegende Bedeutung haben. Outsourcing ist weniger sinnvoll, wenn das Kerngeschäft vergeben werden soll. Die Vergabe der Leistungserstellung kann auf mehrere Bereiche unterschiedlichen Umfangs und un- terschiedlicher Intensität ausgeweitet werden.

Mögliche Einsatzfelder des Outsourcings in Altenhilfeeinrichtungen sind in Abbil- dung 1 dargestellt.

Geeignete Leistungen für Outsourcing

Ungeeignete Leistungen für Outsourcing

Gartenpflege, Fensterreinigung, Winterdienst

Wäschereinigung, Verpflegung der Heimbewohner/

-innen

Pflege der

Heimbewohner/-innen

Abbildung 1: Geeignete und ungeeignete Leistungen für Outsourcing

Zur Analyse der Situation von Outsourcing in den Einrichtungen der Schulungsteil- nehmerinnen wird Aufgabe 8/2 (Begleitheft zur Übung) durchgeführt.

(16)

Eine Vorraussetzung für die Entscheidung über Fremdvergabe ist das Vorhanden- sein von Fachkenntnissen über Outsourcing und den zu vergebenden Bereich.

1.2 Formen von Outsourcing - dargestellt am Beispiel Verpflegung

Mit Outsourcing kommt ein neuer Vertragspartner zu den bestehenden Partnern (Dienstleister und Kunde) hinzu. Die Rollen müssen deshalb neu definiert werden.

Folgende Begriffe werden dabei im Verpflegungsbereich verwendet (eine Übertra- gung auf die Bereiche Gebäudereinigung und Wäschepflege sind möglich):

Betreiber: Der Betreiber ist die Institution, in der eine Gruppe von Menschen ver- pflegt werden sollen.

Bewirtschafter: Unter Bewirtschaftung versteht man alle Aktivitäten, die mit der Verpflegung zu tun haben (z.B. das Einkaufen von Lebensmitteln, das Zubereiten von Speisen etc.). Der Bewirtschafter ist die Person oder die Firma, welche die Verpflegungsaktivitäten ausführt.

Abbildung 2: Beziehung zwischen Betreiber - Bewirtschafter - Kunde

Wenn der Betreiber zugleich der Bewirtschafter ist, spricht man von Eigenbewirt- schaftung oder Eigenregie. Wenn andere Unternehmen für den Betreiber die Ver- pflegung gestalten, wird von Fremdbewirtschaftung oder Fremdregie gesprochen.

Welche Leistungsarten outgesourct werden können, wird anschließend dargestellt.

Zwischen Eigen- und Fremdregie gibt es verschiedene Mischformen, deren rechtli- cher Charakter im Anschluss daran genauer betrachtet wird.

Bewirtschafter

Nutzer/

Nutzerin, Kunde/Kundin,

Gast

Betreiber

(17)

1.2.1 Ausgliederungsfähige Leistungen

Unter Betrachtung der Leistungsarten, die fremdvergeben werden können, gibt es verschiedene Möglichkeiten von Outsourcing. Es kann die Erstellung der Dienstlei- stung komplett nach außen vergeben werden oder es können Teile davon (Teillei- stungen) ausgegliedert werden. Im Folgenden soll für den Verpflegungsbereich dar- gestellt werden, welche Leistungen outgesourct (d.h. ausgegliedert) werden können.

Outsourcing im Verpflegungsbereich

Teilleistungen Komplettleistung

Ø Raumreinigung Ø Geschirrreinigung

Ø Lebensmittelvorbereitung

Ø Rezepturpflege, Nährwertberechnung und Speisenplanung

Ø Beschaffung und Einkauf Ø Lagerhaltung

Ø Speisenzubereitung

• Fremdes Personal in den eigenen Räumen mit den eigenen Geräten

• Verlagerung der gesamten Her- stellung nach außen (Fernverpfle- gung mit Warmkost)

• Einkauf von regenerierfertigen Speisen

Ø Leitung der Küche/ Verpflegungsein- richtung

Ø Gesamtaufgabe der Küchenbewirt- schaftung

Abbildung 3: Ausgliederungsfähige Leistungen im Verpflegungsbereich Vergabe von Teilleistungen:

Ø Raumreinigung war eine der ersten Dienstleistungen, mit denen die Outsourcing- welle in öffentlichen Betrieben begann. Dies geschah in den alten Bundesländern schon in den 70er Jahren.

(18)

Ø Geschirrreinigung wird seit Beginn der 90er Jahre von Fremdunternehmen über- nommen. Es werden nur die geleisteten Stunden entlohnt. Die Fremdlohnkosten liegen zwischen 27,00 und 30,00 DM/Stunde (im Jahr 1994/95) und damit weit unter den eigenen Personalkosten.

Ø Lebensmittelvorbereitung wird schon seit vielen Jahren in großem Umfang outge- sourct, auch wenn das nicht als Outsourcing bezeichnet wird. Kartoffeln werden geschält, Gemüse geputzt, Fleisch portioniert und evt. paniert und gewürzt einge- kauft. Daraus resultieren höhere Einkaufspreise für die Lebensmittel und niedrige- re Personalkosten im Verpflegungsbetrieb. Meist sind dadurch die Gesamtkosten im Verpflegungsbetrieb niedriger. Die Dienstleistung „Lebensmittelvorbereitung“

wurde von der Küche in den lebensmittelverarbeitenden Betrieb ausgelagert (out- gesourct).

Ø Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Rezepturpflege, Nährwertberechnung und Speisenplanung auszulagern. Das ist sinnvoll, um neueste ernährungswissen- schaftliche Kenntnisse bei der Speisenplanung zu berücksichtigen, insb. Dann, wenn keine entsprechende Fachkraft vorhanden ist. Eine solche Auslagerung ge- schieht derzeit jedoch nur sehr selten, weil hier befürchtet wird, dass die Kü- chenleiterin in ihrer eigenen Kreativität eingeschränkt wird.

Ø Prinzipiell besteht auch die Möglichkeit, Beschaffungsplanung und Einkauf nach außen zu verlagern. Aber auch dies geschieht nur selten. Gründe dafür sind zum einen vermutlich häufig persönliche Beziehungen zu Lieferanten und zum ande- ren fehlende Kontrolle über die Wirtschaftlichkeit des eigenen Einkaufs.

Ø Lagerhaltung kann nur bei sehr großen Lägern vergeben werden. Das ist in Deutschland in einigen wenigen Betrieben der Fall. Es ist zu beachten, dass durch die weite Verbreitung des just-in-time-Prinzips (einsatzsynchrone Beschaf- fung von Lebensmitteln) die Läger immer kleiner werden.

Ø Die Zubereitung der Speisen kann auf verschiedene Weise vergeben werden. Die erste Möglichkeit besteht darin, dass fremdes Personal in der eigenen Küche mit der vorhandenen Gartechnik Speisen zubereitet (z.B. Catering, Pacht, Gründung einer Service-GmbH). Eine zweite Möglichkeit ist der Einkauf von Fernverpfle- gung mit Warmkost. Hier wird die gesamte Speisenherstellung nach außen verla- gert, eine eigene Küche ist dann nicht mehr notwendig. Eine dritte Möglichkeit ist der Einkauf von regenerierfertigen Speisen (gekühlt oder tiefgekühlt), die dann in der eigenen Küche nur noch erhitzt werden.

Ø In seltenen Fällen wird die Leitung an ein anderes Unternehmen vergeben (Ma- nagement-Vertrag).

Bei den meisten Outsourcing-Maßnahmen geht es darum, eigenes Personal durch fremdes Personal zu ersetzen. Dies hat dann kostenmäßige Vorteile, wenn die Ko- sten für eigenes Personal höher sind als für fremdes Personal.

(Bober 1995, S. 5 ff.)

(19)

Vergabe der Komplettleistung:

Die Gesamtaufgabe der Küchenbewirtschaftung kann in mehreren Formen vergeben werden. Die wichtigsten sind:

• Catering

• Pacht

• Service-Verein

• Service-GmbH.

Sie werden in Abschnitt 1.2.2 ausführlich behandelt. Bei der Verwendung des Be- griffs Catering ist Folgendes zu beachten:

Catering ist ein Unternehmen, das einen Verpflegungsbetrieb unter eigener Verantwortung, aber auf Rechnung des Auftraggebers bewirtschaftet.

Der umgangssprachliche und internationale Sprachgebrauch ist ein anderer. Die ex- akte Definition von Catering ist wichtig, da dies wesentliche Auswirkungen auf die steuerrechtliche Behandlung hat.

Welche Marktmacht die Cateringunternehmen haben, verdeutlichen nachfolgend die Tabellen 1, 2, 3 und Übersicht 1.

(20)

Rang Unternehmen Umsatz in Mio. DM (ohne MwSt)

1999

Anzahl der Ob-

jekte

Mit- arbeiter

inkl.

Teilzeit

Tätigkeitsfelder

1 Compass Group Deutschland GmbH, Eschborn

966,0 817 11.000 Betriebsrestaurants, Kliniken, Heime, Schulen, Mensen, Kita 2 Pedus Service, Berlin 524,6 540 4.396 Betriebsrestaurants,

Kliniken, Heime 3 Aramark GmbH, Neu-

Isenburg

465,0 530 3.973 Betriebsrestaurants, Kliniken, Heime Cof- feeService

4 Sodexho GmbH,

Wiesbaden 268,0 288 3.000 Betriebsrestaurants,

Kliniken, Heime, Schulen, Mensen, Kita, Sonstige 5 K+S Catering GmbH,

Düsseldorf

162,0 93 2.600 Betriebsrestaurants, Kliniken, Heime, Schulen, Kita 6 Schubert Clinica Wirt-

schafts- und Catering- Systeme,

Düsseldorf

140,0 70 1.100 Kliniken, Heime, Son- stige

7 Apetito Catering GmbH, Rheine

119,2 214 1.275 Betriebsrestaurants, Kliniken, Heime, Schulen, Mensen, Kita, Sonstige 8 KGS GmbH, Düssel-

dorf

109,0 130 970 Betriebsrestaurants, Kliniken, Heime, Son- stige

9 Restorama Gruppe Deutschland gesamt, Engen

89,0 48 960 Betriebsrestaurants, Schulen, Mensen, Kita, Sonstige 10 Ahr Service, Ober-

hausen

73,0 62 500 Kliniken, Senioren-

heime

Summe 2.915,8 2.792 29.774

Tabelle 1: Die größten Cateringunternehmen in Deutschland (Gesamtmarkt) (Petry/Schmid 2000, S.19)

(21)

Rang Unternehmen Umsatz 1999 in Mio. DM

1. Eurest 800,0

2. Aramark 428,0

3. Pedus 1) 188,5

4. Sodexho 180,0

5. Restorama 75,0

6. Apetito 53,9

7. HSG 40,0

8. Otaro 30,2

9. KGS 30,0

10. Thyssen 28,9

11. Airport Cater 26,5

12. Sander 1) 24,4

13. ComforTable 21,5

14. Hänchen 20,6

15. Menü 2000 19,4

16. Hüls 17,5

17. L&D 17,0

18. Zorn 13,4

19. ZF 11,7

20. CVS 8,1

Restliche Unternehmen 19,9

Segment insgesamt 2054,5

Tabelle 2: Die größten Cateringunternehmen in Deutschland für Betriebsver- pflegung

(Petry/Schmid 2000, S.24)

1) Schätzzahl

(22)

Rang Unternehmen Umsatz 1999 in Mio. DM

1. Pedus 1) 325,6

2. CCS 160,0

3. K+S 158,0

4. Schubert 134,0

5. KGS 78,0

6. Ahr 73,0

7. Hawitas 68,8

8. Apetito 54,7

9. Sodexho 47,0

10. Procuratio 37,4

11. ComforTable 29,5

12. OSC 28,0

13. Aramark 25,0

14. Dorfner 17,4

Restliche Unternehmen 16,5

Segment insgesamt 1252,9

Tabelle 3: Die größten Cateringunternehmen in Deutschland für Kliniken/Heime (Petry/Schmid 2000, S.26)

1) Schätzzahl

(23)

Cateringmarkt in der BRD 1997

Daten der 35 größten Cateringunternehmen (ohne Airline Catering) Gesamtumsatz 3,0167 Mrd. DM (ohne MwSt.)

Umsatzverteilung nach Segmenten

• 60,8% Betriebsverpflegung

• 32,2% Klinik- und Heimverpflegung

• 3,6% Schulen/Mensen/Kitas

• 3,4% andere Dienstleistungen

Die drei umsatzgrößten Unternehmen repräsentieren

• 53% des gesamten 97er Umsatzes,

• 26,3% der Mehrerlöse,

• 49,7% aller Objekte und

• 50,8% aller Mitarbeiter inkl. Teilzeit.

Die zehn umsatzstärksten Unternehmen melden für ’97 einen Umsatz

• in der Betriebsverpflegung von 907.217,- DM und

• in der Klinikverpflegung 1,61 Mio. DM.

Übersicht 1: Cateringmarkt in der BRD 1997 (N.N. 1998, S. 24 f.)

1.2.2 Rechtsformen von Outsourcing

Die in der Praxis häufig angewandten Rechtsformen sind:

Ø Eigenregie (kein Outsourcing) Ø Fremdmanagement

Ø Service-GmbH Ø Service-Verein Ø Catering Ø Pacht

Ø Fernverpflegung.

Sie werden in den nachfolgenden Abschnitten genauer erläutert. Die Ausführungen stützen sich auf Bober (1995, S. 13 f.).

1.2.2.1 Eigenregie (kein Outsourcing)

Bei der Eigenregie bewirtschaftet der Betreiber den Verpflegungsbetrieb mit eigenem Personal, in eigenen Räumen und mit eigenen Mitteln. Die Mitarbeiterinnen sind dann Mitarbeiterinnen der übergeordneten Institution (des Krankenhauses, des Al- tenpflegeheims, der Maschinenfabrik etc.). Sie werden nach den dort geltenden Ta- rifen bezahlt (häufig: ÖTV oder IG-Metall).

(24)

Die Vorteile der Eigenregie sind folgende:

Ø Der Betreiber (Betreiber ist zugleich Bewirtschafter) hat unmittelbaren Einfluss auf die Führung des Verpflegungsbetriebs (insb. Qualität, Quantität, Preis der Spei- sen und Getränke).

Ø Die Mitarbeiterinnen des Unternehmens (der übergeordneten Institution) identifi- zieren sich stärker mit "ihrem" Verpflegungsbetrieb, sie werden von "ihrem Unter- nehmen" und von Kolleginnen bedient. Dieser Vorteil ist in der Personalverpfle- gung in Krankenhäusern und v.a. in der Betriebsverpflegung wichtig.

Ø Eigenregie hat eine geringere Fluktuation der Mitarbeiterinnen zur Folge als Cate- ring oder Pacht.

Ø Die Verdienstspanne eines Caterers oder Pächters muss nicht erwirtschaftet wer- den.

Ø Es besteht eine direkte Kommunikation zwischen der Mitarbeitervertretung (bzw.

Heimbeirat im Altenpflegeheim) und der Leitung des Verpflegungsbetriebs.

Ø Für die Küchenleiterin ergeben sich bei Eigenregie gute Entfaltungsmöglichkei- ten. Sie ist nicht durch die Vorgabe eines externen Betriebes eingeschränkt.

Die Nachteile der Eigenregie sind folgende:

Ø In Betriebskantinen oder auch Krankenhäusern ist der Verpflegungsbetrieb eine relativ fremdartige Abteilung (keine Kerndienstleistung) im Unternehmen. Die Fol- gen sind relativ schwierige Führung und Kontrolle dieser Abteilung. Beispielswei- se entscheidet für ein Krankenhaus ein Krankenhausdirektor (Mediziner) über die Notwendigkeit von Investitionen in der Küche.

Ø Eigenregiebetriebe von öffentlichen Trägern und im Metallbereich sind an relativ hohe Lohn- und Gehaltstarife gebunden, das gilt auch bei Hilfskräften. Eine Kü- chenhilfe bei IG-Metall erhält fast doppelt so viel Entgelt als eine Küchenhilfe bei einem Caterer.

Ø Die Küchen sind meist relativ kleine Betriebe. Daraus ergeben sich nur sehr ein- geschränkte Fortbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten für die Mitarbeiterinnen.

Ø Der Betreiber der Küche trägt das wirtschaftliche Risiko allein.

Derzeit ist Eigenregie in Deutschland (noch) am meisten verbreitet. In den neuen Bundesländern ist sie bereits stärker verdrängt als in den alten Bundesländern.

1.2.2.2 Fremdmanagement

Beim Fremdmanagement wird die Führung des Verpflegungsbetriebs aufgrund eines Werkvertrags (Managementvertrag) an ein anderes Unternehmen übertragen. Hier- bei ist nur die Führungskraft unternehmensfremd. Die Mitarbeiterinnen des Verpfle- gungsbetriebs bleiben weiterhin Mitarbeiterinnen des Betreibers. Sie sind der exter- nen Führungskraft fachlich und dem Betreiber disziplinarisch unterstellt. Für die Mit- arbeiterinnen des Verpflegungsbetriebs gilt der Tarifvertrag des Betreibers.

Fremdmanagement ist derzeit in Deutschland noch wenig verbreitet.

(25)

Die Vorteile des Fremdmanagements sind folgende:

Ø Durch Fremdmanagement kann Know-how (z.B. ernährungswissenschaftliches oder betriebswirtschaftliches Know-how) in den Verpflegungsbetrieb importiert werden.

Ø Fremdmanagement ist dann zweckmäßig, wenn eine wenig kompetente Leitung ersetzt oder unterstützt werden soll, alle anderen Mitarbeiterinnen aber als lei- stungsfähig eingestuft werden.

Ø Fremdmanagerinnen erstellen Kosten- und Erlösberichte in regelmäßigen Ab- ständen.

Ø Der Einkauf wird zentralisiert durch die Fremdmanagerin realisiert. Da eine Fremdmanagerin meist für mehrere Verpflegungsbetriebe arbeitet, kann meist ei- ne Kostensenkung beim Lebensmitteleinkauf durch Mengenrabatte erzielt wer- den.

Ø Nach einer Phase des Fremdmanagements ist eine Rückkehr zur Eigenregie re- lativ leicht möglich.

Die Nachteile des Fremdmanagements sind folgende:

Ø Da der größte Teil der Mitarbeiterinnen nach Tarifvertrag des Betreibers bezahlt wird, ergeben sich kaum Möglichkeiten zur Einsparung von Personalkosten.

Ø Die Managementgebühr ist in der Regel höher als das Gehalt der vorherigen Füh- rungskraft.

Ø Der Betreiber trägt das volle wirtschaftliche Risiko.

1.2.2.3 Service-GmbH

Eine Service-GmbH ist ein rechtlich unabhängiges Unternehmen, welches einen Be- wirtschaftungsvertrag mit einem weiteren Unternehmen abschließt, um dessen Kun- den/Kundinnen, Patienten/Patientinnen, Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen etc. zu verpfle- gen.

Häufig ist eine Service-GmbH eine Tochtergesellschaft der Institution, deren Klientel verpflegt wird. Dadurch entsteht eine kapitalmäßige Abhängigkeit der Service-GmbH und eine leichtere Beeinflussung der Betriebsführung seitens des Mutterunterneh- mens. Diese Situation nennt man Unternehmen im Unternehmen.

Neben der Verpflegung des Klientels des Mutterunternehmens kann eine Service- GmbH sehr leicht ihr Geschäftsfeld ausweiten und als Caterer oder Fernverpfleger, Party-Service oder ähnliches am Markt auftreten. Die Service-GmbH entwickelt sich dann zu einem Verpflegungsbetrieb, der unter anderem die Klienten/Klientinnen des Mutter-Unternehmens verpflegt.

Bei der Gründung einer Service-GmbH sind die Mitarbeiterinnen der Küche Mitar- beiterinnen der Service-GmbH. Die Bezahlung der Mitarbeiterinnen erfolgt unabhän- gig vom Tarifvertrag des Mutterunternehmens.

Die Betriebsführung erfolgt auf Gefahr und auf Rechnung der Service-GmbH.

Die Vorteile der Service-GmbH sind folgende:

Ø Fast alle Vorteile der Eigenregie gelten auch für die Service-GmbH.

Ø Im Gegensatz zur Eigenregie kann die GmbH autonomer handeln. Es gibt keine direkte Abhängigkeit der Leitung des Verpflegungsbetriebs von der Abteilungs- leitung des übergeordneten Betriebs.

(26)

Ø Die Haftung (z.B. Produkthaftung) ist beschränkt auf das Vermögen der GmbH.

Das heißt, das Mutterunternehmen haftet nicht bei einem Konkurs der Service- GmbH.

Ø Durch die Wahl des Tarifs können Personalkosten gesenkt werden.

Ø Da die Service-GmbH auf jeden Fall ein eigenes differenziertes Rechnungswesen hat, ist Controlling in vollem Umfang möglich.

Die Nachteile der Service-GmbH sind folgende:

Ø Die Service-GmbH ist auf jeden Fall zu einer eigenen, vom Mutterunternehmen getrennten Buchführung verpflichtet (Veröffentlichungspflicht der Bilanz und GuV gemäß Handelsrecht). Dies bedeutet zusätzlichen Verwaltungsaufwand.

Ø Die Senkung der Personalkosten kann in der Regel wegen § 613a BGB nicht so- fort erfolgen.

1.2.2.4 Service-Verein

Die Gründung eines Service-Vereins ist der Gründung einer Service-GmbH ähnlich.

Der Unterschied liegt in der Rechtsform der Neugründung.

Ein eingetragener Verein (e.V.) ist ebenfalls rechtlich unabhängig. Er bewirtschaftet die Verpflegungseinrichtung ebenfalls auf eigene Rechnung und Gefahr. Die Haftung liegt also bei dem eingetragenen Verein und ist auf das Vereinsvermögen be- schränkt. Der Unterschied zur Service-GmbH ist der, dass der Verein eine Perso- nengesellschaft ist, eine GmbH ist hingegen eine Kapitalgesellschaft. Die Vereinsfüh- rung ist somit sehr von den Vereinsmitgliedern geprägt. Insofern ist ein Service- Verein langfristig nicht immer so stabil wie eine Service-GmbH.

Ansonsten gelten für den Service-Verein die gleichen Vor- und Nachteile wie für die Service-GmbH. Nur die Beeinflussung durch das Mutterunternehmen sieht der Ser- vice-Verein nicht vor.

1.2.2.5 Catering

Der Caterer bewirtschaftet den Verpflegungsbetrieb des Auftraggebers (Betreibers) aufgrund eines Werkvertrags unter eigener Verantwortung, aber auf Rechnung des Auftraggebers. Der Betreiber stellt die Küche und die Betriebsmittel für die Speisen- zubereitung zur Verfügung. Die Bewirtschaftung der Küche erfolgt von dem fremden Unternehemen (Fremdbewirtschaftung). Der Tarifvertrag des Betreibers gilt meist für den Bewirtschafter nicht.

Dadurch ergeben sich folgende Vorteile für das Catering:

Ø Bei Betreibern, bei denen die Verpflegung nicht zum Kerngeschäft gehört und somit schwer zu managen ist (z.B. die Kantine in einer Bank), wird die Verpfle- gung an ein spezialisiertes Fachunternehmen vergeben.

Ø Die "großen" Caterer haben professionelle Führungs- und Kontrollsysteme, die bereits in vielen anderen Betrieben erprobt wurden. Durch regelmäßige Kosten- und Erlösberichte kann Transparenz geschaffen werden.

Ø Der Caterer steht im Wettbewerb mit anderen Caterern. Bei Ausschreibungen sind Betriebsvergleiche zwischen den Anbietern sehr leicht möglich. Dies kann zu Leistungsverbesserungen und Preissenkungen führen. Nur die effizienten Unter- nehmen bleiben am Markt bestehen.

(27)

Ø Die Personalkosten können gesenkt werden, weil die Caterer relativ niedrige Ta- rife (NGG-Tarif) oder gar keinen Tarif anwenden.

Ø Die Lebensmittelkosten können durch Zentraleinkauf geringer sein als bei Eigen- regie.

Ø Der Verwaltungsaufwand beim Betreiber kann gesenkt werden, weil der Caterer auch Personalbeschaffung und –verwaltung übernimmt.

Ø Bei günstiger Vertragsgestaltung ist das wirtschaftliche Risiko für den Betreiber begrenzt, denn der Caterer stellt die Budgets auf und garantiert für deren Einhal- tung.

Catering ist mit folgenden Nachteilen verbunden:

Ø Beim Wechsel von Eigenregie zu Catering ist mit Widerständen beim Küchenper- sonal und bei der Personalvertretung zu rechnen.

Ø Der Einfluss auf die Gestaltung des Speisenangebots ist bei Catering nicht mehr so einfach wie bei der Eigenregie. Bei Catering sollte das Mitspracherecht des Auftraggebers vertraglich geregelt werden.

Ø Im Vergleich zur Eigenregie ist bei Caterern mit einer höheren Fluktuationsrate beim Personal zu rechnen. Der Grund dafür ist die niedrigere Bezahlung der Mit- arbeiterinnen. Das gilt auch für Führungskräfte. Diese wandern zum Teil in eigen- regiebetriebene Verpflegungsbetriebe ab, in denen sie über mehr Entschei- dungsautonomie verfügen.

Ø Beim Wechsel von der Eigenregie zu einem Caterer bestehen Probleme bei der Mitarbeiterübernahme aufgrund § 613a BGB.

Ø Das Bewirtschaftungshonorar für den Caterer stellt zusätzliche Kosten dar.

Ø Nach einem Wechsel zum Catering ist die Rückkehr zur Eigenregie sehr schwie- rig.

1.2.2.6 Pacht

Bei einer Verpachtung bewirtschaftet ein Pächter den Verpflegungsbetrieb auf der Grundlage eines Pachtvertrags. Der Verpflegungsbetrieb ist eine Einrichtung des Betreibers, aber fremdbewirtschaftet. Der Pächter ist ein rechtlich selbständiger Un- ternehmer. Er verpflichtet sich in dem Pachtvertrag zur Abgabe von preiswerten Mahlzeiten. Der Verpächter (Betreiber) überlässt dem Pächter (Bewirtschafter) die Betriebsmittel (Küche, Gargeräte usw.) in der Regel kostenlos. Die Küchenmitarbei- terinnen sind Mitarbeiterinnen des Pächters. Der Tarifvertrag des Betreibers gilt des- halb nicht. Der Betrieb erfolgt auf Gefahr und Rechnung des Pächters.

Eine Verpachtung ist mit folgenden Vorteilen verbunden:

Ø Für jene Betriebe, in denen die Verpflegung nicht zum Kerngeschäft gehört, wird die "fremdartige" Unternehmensleistung an eine Fachkraft vergeben.

Ø Das Engagement des Pächters ist durch Gewinnorientierung gegeben. Seine unternehmerische Freiheit sollte nicht zu sehr eingeschränkt werden.

Ø Risiko und Kosten trägt der Pächter.

(28)

Die Nachteile der Verpachtung sind folgende:

Ø Die Risiken und Chancen der Verpachtung sind von einer natürlichen Person ab- hängig. Seine/ihre Bonität stellt die Grundlage des Erfolgs dar. Bei Krankheit oder Tod ist die kontinuierliche Weiterführung des Betriebs nicht gewährleistet.

Ø Aufgrund des Pachtvertrags hat der Betreiber nur begrenzten Einfluss auf den Verpflegungsbetrieb und auf die Angebotsgestaltung. Ebenso hat der Betreiber nur begrenzt Einsicht in die Kalkulationsgrundlagen.

Ø Preisvorteile beim Einkauf kommen nicht dem Betreiber, sondern nur dem Päch- ter zugute.

Ø Wenn Preisobergrenzen durch den Verpächter vorgegeben werden, besteht die Gefahr, dass der Pächter Personal- und Lebensmittelkosten so senkt, dass die Qualität darunter leidet.

Ø In der Praxis wurde beobachtet, dass die kaufmännische Qualifikation der Päch- ter für die optimale wirtschaftliche Führung eines Verpflegungsbetriebs häufig nicht ausreichend ist.

1.2.2.7 Fernverpflegung

Bei der Fernverpflegung werden verzehrfertige Speisen von einer anderen Küche kalt (z.B. Cook-and-Chill-System) oder heiß (z.B. in Thermophoren) angeliefert. Dies ist vor allem für kleine Verpflegungsbetriebe geeignet, die für die Fertigung der Me- nüs vor Ort nicht geeignet sind (z.B. Kindergärten, Schulen).

Die Fernverpflegung ist mit folgenden Vorteilen verbunden:

Ø Die Investitionskosten, Betriebskosten und Personalkosten sind niedriger als beim Betreiben einer eigenen Küche.

Ø Außerdem wird weniger Platz benötigt.

Die Fernverpflegung ist mit folgenden Nachteilen verbunden:

Ø Durch die langen Warmhaltezeiten ergeben sich Probleme mit der ernährungs- physiologischen und sensorischen Qualität. Bei Unterschreiten der erforderlichen Kerntemperatur ergeben sich außerdem hygienische Probleme.

Ø Da manche Speisen für eine Fernverpflegung nicht geeignet sind (einige Kurz- bratspeisen, Kartoffeln, frische Salate), ergibt sich ein begrenztes Speisenange- bot.

Ø Der Betreiber ist abhängig von der Zuverlässigkeit der Anlieferung. Bei schwer- wiegender Behinderung der Verkehrswege (längerer Stau, Hochwasser, etc.) ist die Anlieferung nicht garantiert.

Ø Das Bestellverfahren ist relativ aufwendig.

(29)

1.3 Steuerrechtliche und personalrechtliche Probleme

1.3.1 Umsatzsteuerrechtliche Probleme - dargestellt am Beispiel Verpflegung - Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von verschiedenen Outsourcing-Varianten sind folgende Fragen zu beantworten:

Frage 1: Liegt Umsatzsteuerpflicht vor?

Frage 2: Welcher Umsatzsteuersatz ist anzuwenden?

Frage 3: Für welchen Umsatz muss die Umsatzsteuer bezahlt werden (wie hoch ist die Bemessungsgrundlage)?

Diese Fragen werden in den nachfolgenden Gliederungspunkten bearbeitet.

1.3.1.1 Umsatzsteuerpflicht

Der Verkauf von Speisen stellt einen Umsatz dar, der umsatzsteuerpflichtig ist. Wenn ein neues Unternehmen hinzukommt, entsteht prinzipiell ein weiterer Verkaufspro- zess (z.B. Service-GmbH verkauft Essen an Krankenhaus) und damit steuerbarer Umsatz.

Generell umsatzsteuerbefreit ist Eigenregie (wird Eigenverbrauch genannt) in ge- meinnützigen Betrieben.

Gemeinnützige Unternehmen wie z.B. öffentliche Krankenhäuser, privat- gemeinnützige Altenheime sind umsatzsteuerbefreit, da sie ihre Leistungen an Hilfs- bedürftige abgeben. Es werden damit keine Leistungen zwischen zwei Unternehmen verkauft und somit entsteht kein steuerbarer Umsatz.

Eine Service-GmbH kann wie Eigenregie behandelt werden, wenn das Mutterunter- nehmen die oben genannten Bedingungen erfüllt und mindestens 51% Anteile der Service-GmbH hält. Solch eine Verflechtung nennt man Organschaft.

Die Umsatzsteuerbefreiung für öffentliche und gemeinnützige (mildtätige) Betriebe äußert sich so, dass keine Umsatzsteuer abgerechtet wird. Das heißt:

Ø Von den Umsätzen muss keine Umsatzsteuer abgeführt werden.

Ø Die Vorsteuer kann nicht geltend gemacht werden.

Daraus ergibt sich, dass in umsatzsteuerbefreiten Betrieben die Kosten für die einge- kauften Lebensmittel höher sind als in umsatzsteuerpflichtigen Betrieben.

Wie sich die Umsatzsteuerpflicht der Unternehmen auf die Kostenkalkulation aus- wirkt, wird im Nachfolgenden dargestellt.

(30)

Wirkung der Umsatzsteuerpflicht auf die Kostenkalkulation

1. Umsatzsteuerpflichtiger Betrieb

Gütereinkauf Güterverkauf

Warenwert

netto 862,07 DM netto 1.293,10 DM

USt

(Vorsteuer) 137,93 DM

Produktion

USt

(Mehrwertsteuer)

206,90 DM

Bruttopreis 1.000 DM Bruttopreis 1.500 DM

Umsatzsteuerpflicht:

206,90 DM – 137,93 DM = 68,97 DM

(Umsatzsteuer) (Vorsteuer) (Mehrwertsteuer)

Kostenrelevant beim Einkauf ist der Nettopreis.

2. Umsatzsteuerbefreiter Betrieb

Gütereinkauf Güterverkauf

Warenwert

netto 862,07 DM

USt 137,93 DM

Produktion Verkaufspreis (brutto=netto)

1.293,10 DM Bruttopreis 1.000 DM

Es erfolgt keine Abrechnung der Umsatzsteuer. Vorsteuer kann nicht geltend ge- macht werden.

Kostenrelevant beim Einkauf ist der Bruttopreis.

1.3.1.2 Steuersatz

1.3.1.2.1 Umsatzsteuersatz im Allgemeinen

Generell gilt in Deutschland der allgemeine Umsatzsteuersatz von 16 %. Das heißt, von 1 DM Umsatz müssen 0,16 DM Umsatzsteuer abgeführt werden.

Für einige Gütergruppen gibt es im deutschen Steuerrecht einen ermäßigten Steuer- satz von 7 %. Zu diesen Gütergruppen zählen (siehe Anlage zu § 12 UStG):

Ø Agrarprodukte und Lebensmittel, Ø Holz in bestimmter Form,

Ø kulturelle Veranstaltungen: Theater, Orchester, Filmvorführungen, Zoo, Zirkus, Ø Bücher, Zeitungen und Zeitschriften,

Ø einige medizinische Hilfsmittel, Ø Kunstgegenstände.

(31)

1.3.1.2.2 Umsatzsteuersatz in der Außer-Haus-Verpflegung

Zu dem Steuersatz bei Lebensmitteln sagt § 3 Abs. 9, Satz 4 ff. UStG:

„Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle ist eine son- stige Leistung. Speisen und Getränke werden zum Verzehr an Ort und Stelle abge- geben, wenn die nach den Umständen der Abgabe dazu bestimmt sind, an einem Ort verzehrt zu werden, der mit dem Abgabeort in einem räumlichen Zusammenhang steht, und besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitgehalten werden.“

Damit ist folgender Sachverhalt gemeint:

Wenn Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden, unterliegen sie dem allgemeinen Steuersatz (16 %). Der ermäßigte Steuersatz (7 %) wird berechnet, wenn Speisen und Getränke abgegeben werden, die nicht dazu be- stimmt sind, an Ort und Stelle verzehrt zu werden.

Dieser Unterschied wird beim Besuch eines Fast-Food-Restaurants deutlich, in dem die Speisen sofort verzehrt werden oder mitgenommen werden können. Beim Ver- kauf wird der Kunde/die Kundin gefragt, ob die Speisen mitgenommen werden. In diesem Fall beträgt der Steuersatz nur 7 %.

Zur Unterscheidung zwischen dem allgemeinen oder dem ermäßigten Steuersatz, ist folgendes Frageschema (Übersicht 2) hilfreich:

(32)

Speisen & Getränke

⇐⇐

⇐⇐

Ermäßigter Steuersatz laut An-

lage zum UStG? èèèè nein èèèè Allgemeiner Steuersatz 16 % Ja

Abgabe von Speisen und Ge-⇐ tränken zum Verzehr an Ort und Stelle an Dritte?

è è è

è nein èèèè Eigenverbrauch

Ja

⇐⇐

⇐⇐

Besteht ein räumlicher Zusam- menhang zwischen Abgabeort und Verzehrort, d.h. wird die Speise am Verzehrort vom Unternehmen in ihrer Markt- gängigkeit verändert?

è è è

è nein èèèè Der bestimmungsgemäße Ver- zehrort ist nicht in enger räumli- cher Nähe des Abgabeorts:

Ermäßigter Steuersatz 7 %

Ja

⇐⇐

⇐⇐

Umstände der Abgabe (Darrei- chungform) weisen auf einen Verzehr an Ort und Stelle hin?

è è è

è nein èèèè Darreichungsform der Mitnah- me:

Ermäßigter Steuersatz 7 % Ja

⇐⇐

⇐⇐

Besondere Vorrichtungen für den Verzehr an Ort und Stelle werden bereitgehalten?

èè

èè nein èèèè

Ja

Abgabe von Speisen und Ge-⇐ tränken zum Verzehr an Ort und Stelle: sonstige Leistung im Sinne von § 3 Abs. 9 S. 4 UStG Allgemeiner Steuersatz 16 %

Vorrichtungen werden allein vom Abnehmer oder unabhän- gig vom wirtschaftlichen Inter- esse des Unternehmens bereit- gehalten:

Ermäßigter Steuersatz 7 %

Übersicht 2: Gültigkeit des allgemeinen und ermäßigten Steuersatzes für Au- ßer-Haus-Verpflegung

(Thelen 1999, S. 14)

Die folgenden Beispiele zeigen, welche Konsequenzen diese Regelungen für die Praxis der Gemeinschaftsverpflegung haben.

(33)

Praxisbeispiele zum Verzehr an Ort und Stelle § 3 UStG

Beispiel 1: Die Cateringunternehmen von Frau Meier verabreicht in einer Schule aufgrund eines mit dem Schulträger geschlossenen Vertrages verzehrfertig angelie- fertes Mittagessen. Das Essen wird von den Schülerinnen und Schülern in einem Mehrzweckraum, der über Tische und Stühle verfügt, eingenommen. Frau Meier übernimmt mit eigenem Personal die Ausgabe des Essens, die Reinigung der Räu- me sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks. Es liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen der Frau Meier im Sinne des § 3 Abs. 9 Satz 4 und 5 UStG vor.

Dass die beim Verzehr benutzten Tische und Stühle nicht von Frau Meier bereitge- stellt wurden, ist wegen der weiteren Dienstleistungen im Darreichungsbereich uner- heblich.

§ 3 Abs. 9 Satz 4 UStG lautet: Die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle ist eine sonstige Leistung. Steuersatz: 16 %

Beispiel 2: Der Unternehmer Herr Müller (Betreiber eines Party-Services) liefert ver- zehrfähige Speisen für eine Gartenparty eines privaten Auftraggebers in dessen Pri- vathaus an. Er stellt dem Auftraggeber Tische, Stühle, Geschirr und Besteck zur Verfügung. Es liegen nicht begünstigte, sonstige Leistungen des Herrn Müller im Sinne des § 3 Abs. 9 Satz 4 und 5 UStG vor, weil Herr Müller besondere Vorrichtun- gen für den Verzehr an Ort und Stelle bereitstellt. Steuersatz: 16 %

Beispiel 3: Der Unternehmer Herr Schiller beliefert ein Krankenhaus mit Mittag- und Abendessen für die Patientinnen und Patienten. Er bereitet die nur teilweise ver- zehrfähig angelieferten Speisen bzw. Nahrungsmittel in der Küche des auftragge- benden Krankenhauses fertig zu und portioniert sie. Den Transport auf die Stationen und die Ausgabe der Speisen an die Patientinnen und Patienten übernimmt das Krankenhauspersonal. Es liegen begünstigte Lieferungen des Herrn Schiller im Sin- ne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor, weil Herr Schiller vor Ort keine Serviceleistungen gegenüber den Patientinnen und Patienten erbringt. Steuersatz: 7 %

(N.N. 2000, S. 15 ff.)

1.3.1.3 Bemessungsgrundlage

Unter der Bemessungsgrundlage versteht man den Betrag, von dem die Umsatz- steuer (16 % oder 7 %) berechnet wird. Das sind im Falle der Gemeinschaftsverpfle- gung nicht nur die tatsächlich angefallenen Umsätze, weil hier das Essen häufig ver- billigt, manchmal sogar unentgeltlich abgegeben wird. Die Bemessungsgrundlage wird deshalb auf einem anderen Weg bestimmt, der von der Bewirtschaftungsform (d.h. von der Rechtsform des Outsourcing) abhängig ist. Je nach Bewirtschaftungs- form gibt es unterschiedliche Rechtsformen der Leistungsabgabe und damit unter- schiedliche geschäftliche Beziehungen zwischen Gast/Betreiber/Bewirtschafter (sie- he Abbildung 4).

(34)

Reihengeschäft (Caterer) Betreiber Bewirtschafter Gast

Bewirt- schaftungs- vertrag Leistungserstellung

Kaufvertrag

Direktgeschäft (Pacht, Service-GmbH, Service-Verein) Betreiber Bewirtschafter Gast

Pacht- vertrag Kaufvertrag

Direktgeschäft (Eigenregie) Betreiber (=Bewirtschafter) Gast

Kaufvertrag

Abbildung 4: Rechtsformen der Leistungsabgabe (Direktgeschäft und Reihengeschäft)

(35)

Ø Beim Direktgeschäft besteht ein Vertragsverhältnis direkt zwischen dem Bewirt- schafter und dem Gast. Der Bewirtschafter kann das Unternehmen selbst, (Eigen- regie), oder eine Tochtergesellschaft (Service GmbH), aber auch Pächter, soweit er in eigenem Namen und auf eigene Rechnung handelt, sein.

Ø Beim Reihengeschäft besteht kein Vertragsverhältnis zwischen dem Bewirt- schafter und dem Gast. Der Bewirtschafter ist nur von dem Unternehmen, Kran- kenhaus usw. beauftragt, die Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter, Patientinnen/Patienten usw. zu verpflegen, das Entgelt dafür entgegenzunehmen und an den Auftragge- ber weiterzuleiten.

1.3.1.3.1 Derzeit noch gültige Regelung

Derzeit ist für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage zur Berechnung der Um- satzsteuer erheblich, ob es sich bei der Leistungsabgabe um ein Direktgeschäft oder Reihengeschäft handelt (siehe auch in Tabelle 4).

Bewirtschaftungsform Rechtsform der Leistungsabgabe

Bemessungsgrundlage für USt Eigenregie Direktgeschäft gezahlter Essenpreis, minde-

stens jedoch der amtliche Sach- bezugswert (2000: 4,77 DM) Fremdregie -

Service-GmbH, Service-Verein oder Pacht

Direktgeschäft gezahlter Essenpreis + evtl. Zuschuss

Fremdregie - Catering

Reihengeschäft Wareneinsatz + Personalkosten

+ Direkte Betriebskosten + Cateringentgelt

Tabelle 4: Bemessungsgrundlage für USt nach der Bewirtschaftungsform und der Rechtsform der Leistungsabgabe

1.3.1.3.1.1 Bemessungsgrundlage bei Eigenregie

Bei der Eigenregie ist die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung (wenn über- haupt Umsatzsteuerpflicht vorliegt) der Umsatz (der gezahlte Essenpreis), minde- stens jedoch der amtliche Sachbezugswert. Dieser eben genannte Sachverhalt ist in Tabelle 5 beispielhaft dargestellt.

Der amtliche Sachbezugswert für ein Mittagessen für alte und neue Bundesländer liegt im Jahre 2000 bei 4,77 DM. Er wird jedes Jahr von der Steuerverwaltung fest- gelegt.

Essenpreis [DM/Essen] Bemessungsgrundlage für

die USt [DM/Essen] USt [DM/Essen]

bei 16 % USt-Satz

0,50 4,77 0,76

1,20 4,77 0,76

4,00 4,77 0,76

4,77 4,77 0,76

4,90 4,90 0,78

5,50 5,50 0,88

Tabelle 5: Bemessungsgrundlage für die USt bei Eigenregie

(36)

1.3.1.3.1.2 Bemessungsgrundlage bei Fremdregie in Form von Direktgeschäft

Bei Fremdregie in Form von Direktgeschäften (Service-GmbH, Service-Verein, Pacht) ist der gesamte Umsatz des Dienstleisters die Bemessungsgrundlage. Dies schließt die Entgelte der Essenteilnehmer und eventuelle Zuschüsse des Auftragge- bers (Betreibers) mit ein. Essenzuschüsse des Betreibers unterliegen also beim Pächter, Service-Verein und bei der Service-GmbH der Umsatzsteuer.

Der amtliche Sachbezugswert braucht hier nicht angewendet werden, weil die Sum- me aus Zuschuss und Essenpreis immer über diesem liegen wird. Dieser Sachver- halt ist als Rechenbeispiel in Tabelle 6 aufgezeigt.

Essenpreis [DM/Essen]

Essenzuschuss [DM/Essen]

Bemessungs- grundlage für die

USt [DM/Essen]

USt [DM/Essen]

bei 16 % USt-Satz

0,50 4,50 5,00 0,80

1,20 4,00 5,20 0,83

4,00 1,50 5,50 0,88

4,80 1,00 5,80 0,93

4,90 4,00 8,90 1,42

5,50 0,00 5,50 0,88

Tabelle 6: Bemessungsgrundlage für die USt bei Fremdregie in Form von Di- rektgeschäft

1.3.1.3.1.3 Bemessungsgrundlage bei Fremdregie in Form von Reihengeschäft Bei Fremdregie und Reihengeschäft (Catering) ist die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer nach Auffassung der Finanzverwaltung die Summe der direkten Ko- sten:

Lebensmittelkosten + Personalkosten

+ direkte Betriebskosten + Cateringentgelt

= Direkte Kosten incl. Cateringentgelt

= Bemessungsgrundlage für Caterer.

Die anlagebedingten Betriebskosten (Raum, Heizung, Instandhaltung, Reparaturen) unterliegen nicht der Umsatzsteuer beim Caterer.

Dies führt zu einer wesentlichen Benachteiligung des Catering in der Besteuerung und seit vielen Jahren zu heftigen Diskussionen in der Fachpresse. Die Cateringun- ternehmen fordern eine steuerliche Gleichbehandlung mit einer Kopplung an den amtlichen Sachbezugswert.

Zur Verdeutlichung wird nachfolgend die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Direktgeschäft (z.B. Eigenregie) und Reihengeschäft (Catering) an einem Bei- spiel dargestellt.

Der Caterer arbeitet mit 20 % niedrigeren Personalkosten und das Cateringentgelt beträgt 8 % der Direktkosten.

(37)

Eigenregie Catering

Pro Tag Pro Jahr Pro Tag Pro Jahr

Produzierte Es- sen

800 200.000 800 200.000

Erlöse DM pro

Essen

DM pro Jahr

DM pro Essen

DM pro Jahr

Erlöse brutto 4,40 880.000 4,40 880.000

Kosten DM pro

Essen

DM pro Jahr

DM pro Essen

DM pro Jahr Wareneinsatz

netto 3,30 660.000 3,30 660.000

Personalkosten 4,29 858.000 3,43 686.400

direkte Betriebs- kosten

0,66 132.000 0,66 132.000

Cateringentgelt 0 0 0,59 118.272

Bemessungs- grundlage für Umsatzsteuer

4,77* 954.000 7,98 1.596.000

Umsatzsteuer 0,76 152.640 1,28 255.360

Summe der Ko-

sten 9,01 1.802.640 9,26 1.852.032

Tabelle 7: Berechnung der USt für Eigenregie und Catering am Beispiel Be- triebskantine

* amtlicher Sachbezugswert 2000

1.3.1.3.2 Geplante Neuregelung (derzeit verworfen)

Die letzte Gesetzesinitiative zur steuerlichen Gleichbehandlung von Direktgeschäft und Reihengeschäft fand 1998/99 im damaligen geplanten Steuerentlastungsgesetz unter Finanzminister Oskar Lafontaine statt. Das Gesetz sollte am 01.04.1999 rück- wirkend zum 01.01.1999 in Kraft treten.

Die wesentliche Änderung durch das geplante Gesetz betraf den Wegfall der Bin- dung der Bemessungsgrundlage für Leistungen an Arbeitnehmer an die Sachbe- zugsverordnung nach § 10 Abs. 4 UStG.

Bemessungsgrundlage für verbilligte oder unentgeltliche Bereitstellung von Mahlzei- ten vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer wäre dann nicht mehr der amtliche Sach- bezugswert, sondern die Summe der tatsächlichen Kosten. Alles, was der Betrieb zur Erstellung der Leistung aufwendet, darf zur Berechnung der Umsatzsteuer berück- sichtigt werden. Dazu gehören neben Lebensmittelkosten auch Personalkosten, Raumkosten, Nebenkosten incl. Abschreibungen.

Besonders Abschreibungen können die Kosten des Essens erheblich verteuern, wenn die Kantine in einem teuren Neubau betrieben wird (Schätzungen gehen von 30-40 DM zu versteuerndem Wert pro Essen aus).

(38)

Nachfolgend ist eine Beispielrechnung zur geplanten Neuregelung der Bemessungs- grundlage bei Eigenregie und Fremdregie-Direktgeschäft aufgeführt.

Kosten vor Steuer

Bemessungs- grundlage für

Steuern

Steuer- satz

Umsatz- steuer

Preis

alte Regelung 14,10 DM 4,77 DM 16% 0,76 DM 4,77 DM neue Regelung 14,10 DM 14,10 DM 16% 2,26 DM 6,27 DM

Veränderung 0,00 DM 9,33 DM - 1,50 DM 1,50 DM

Tabelle 8: Beispielrechnug für BASF Ludwigshafen zum Wegfall der Bindung an den Sachbezugswert als Bemessungsgrundlage für USt für Ar- beitnehmermahlzeiten

(Schmid 1999, S. 12)

Diese Neuregelung hätte zwar eine steuerliche Gleichbehandlung von Catering und den anderen Bewirtschaftungsformen zu Folge, jedoch nicht so, wie es in der Bran- che gewünscht war. Denn nach der Neuregelung würden alle Rechtsformen genauso schlecht (bzw. noch schlechter) gestellt als das Catering heute. Die Bemessungs- grundlage für die Besteuerung würde erheblich steigen.

Erhebliche Preissteigerungen (bis zu 30 %) ohne Qualitätssteigerung wären die Fol- ge gewesen. Möglicherweise hätte dies einen enormen Rückgang der Essenteilneh- mer/-innen verursacht.

Die Argumente auf Seiten des Gesetzgebers für die Neuregelung sind folgende:

Ø Bisher konnten die Arbeitgeber alle Aufwendungen in Verbindung mit der Ver- pflegung als Vorsteuer geltend machen (ca. 20 DM) und mussten nur 4,77 DM Sachbezugswert versteuern. Dadurch entgingen den Finanzbehörden große Steuerbeträge.

Ø In anderen EG-Mitgliedsländern ist die gleiche Regelung, eine Bindung an den amtlichen Sachbezugswert gibt es dort nicht. Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen Mitarbeiterverpflegung steuerlich bevorzugt wird.

(Dietz 1998, S. 14)

Die Neuregelung wurde aufgrund einer Berichterstattung in der BILD-Zeitung heftig diskutiert. Nach dem Rücktritt von Finanzminister Oskar Lafontaine (Frühjahr 1998) sind diese Pläne nicht mehr diskutiert worden. Eine erneute Diskussion dieser Pläne droht jedoch jederzeit.

Der Artikel aus der Bildzeitung ist nachfolgend abgedruckt.

(39)

BILD-Zeitung 14.01.1999

Von DIRK HOEREN

Prost Mahlzeit! Millionen von Arbeitnehmern drohen ab April beim Mittagessen höhe- re Preise: Das Kantinenessen wird teurer - Folge der Steuerreform! Im Kleinge- druckten des Gesetzes hat Finanzminister Oskar Lafontaine (SPD) eine Erhöhung der Umsatzsteuer für Kantinenessen des Arbeitgebers versteckt. Diese müssen sie in Zukunft auf den gesamten Selbstkostenpreis des Essens bezahlen - statt wie bis- her eine niedrige Pauschale. Die Wirtschaftsverbände in einer Stellungnahme an den Bundestagsfinanzausschuss: "Für Großunternehmen kommt es zu steuerlichen Mehrbelastungen in Millionenhöhe." Experten befürchten: Jedes Kantinenessen könnte um bis zu 2,50 Mark teurer werden.

Der Kantinenschock - rd. 8 Millionen Arbeitnehmer essen jeden Tag eine warme Mahlzeit der firmeneigenen Küche. Jetzt will Finanzminister Lafontaine die Essen stärker besteuern.

Das ist geplant: Bisher rechnet das Finanzamt jede Kantinen-Mahlzeit zu einem Preis von 4,70 Mark ab. Darauf muss das Unternehmen 16 % Umsatzsteuer zahlen - der- zeit also 75 Pfennig. In Zukunft soll die Pauschalsumme wegfallen, und die Steuer wird auf die tatsächlichen Vollkosten erhoben, die bei der Herstellung des Essens angefallen sind.

Im Klartext: Die Firmen müssen auch die Kosten für Personal, Kücheneinrichtung, Kantinenausstattung, Energie usw. einrechnen. Pro Essen kommen da leicht 20 Mark zusammen, auf die in Zukunft die Umsatzsteuer abgeführt werden müsste.

Geben die Unternehmen die höhere Steuer voll an ihre Mitarbeiter weiter, wird der Durchschnittspreis nach Berechnungen von Experten für ein Kantinenessen von der- zeit 5,50 Mark auf bis zu 8 Mark steigen.

Beispiel BMW (3,5 Millionen Kantinenessen/Jahr): Die höhere Umsatzsteuer auf die Mitarbeiter-Verpflegung kostet das Unternehmen rd. 7 Millionen Mark zusätzlich im Jahr. Der Preis pro Essen müsste um 2 Mark erhöht werden, wenn BMW die Steuer nicht selbst trägt.

Der stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsfinanzausschusses, Carl-Ludwig Thiele (FDP), zu BILD: "Langsam kommen die in der rot-grünen Steuerreform ver- steckten Steuererhöhungen ans Tageslicht. Es darf ja wohl nicht wahr sein, dass die Arbeitnehmer wegen der Steuerreform jetzt auch noch mehr Geld für das Kantine- nessen bezahlen sollen. Diese zusätzliche Belastung für Arbeitnehmer und Arbeitge- ber muss zurückgenommen werden."

PS: Finanzminister Lafontaine rechnet durch die höhere Kantinen-Steuer mit Mehr- einnahmen von rd. 300 Millionen Mark im Jahr. Das Gesetz muss noch von Bundes- tag und Bundesrat verabschiedet werden.

(40)

1.3.2 Personalrechtliche Probleme (§ 613a BGB)

Bezüglich personalrechtlicher Probleme hat der § 613a BGB je nach der Bewirt- schaftungsform unterschiedliche rechtliche und ökonomische Konsequenzen.

Die Vorschriften des § 613a BGB

Ø schützen bestehende Arbeitsverhältnisse bei Betriebsübergang Ø regeln die Haftung des neuen und alten Arbeitgebers

Ø regeln die Auswirkungen des Betriebsübergangs auf Tarifvertrag und Betriebs- vereinbarung.

Gesetzestext Bürgerliches Gesetzbuch - § 613a

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inha- ber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Über- gangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender bei- derseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags des- sen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner.

Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsge- sellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisheri- gen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergang eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhält- nisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Im Folgenden werden zunächst die personalrechtlichen Folgen bei Betriebsübergang geklärt. Anschließend wird dargestellt, in welchen Fällen Betriebsübergang vorliegt und § 613a BGB anwendbar ist.

(41)

1.3.2.1 Personalrechtliche Folgen bei Betriebsübergang Bei Betriebsübergang treten folgende Konsequenzen ein.

1.3.2.1.1 Übergang des Arbeitsverhältnisses

Ø Alle Arbeitsverhältnisse gehen "mit allen Rechten und Pflichten", wie sie zum Zeitpunkt des Übergangs bestanden, auf den neuen Betriebsinhaber (Caterer, Pächter, Service-GmbH etc.) über.

Ø Die vorangegangene Betriebszugehörigkeit wird auf den neuen Betrieb übertra- gen. Auch die Rechte der Arbeitnehmer aufgrund langjähriger Betriebszugehörig- keit (relativ lange Kündigungsfristen, Betriebsrentenansprüche) gehen auf den neuen Arbeitgeber über. Aber bei Einführung neuer Sozialleistungen muss der neue Arbeitgeber die Vordienstzeiten nicht berücksichtigen.

Ø Eine Kündigung durch den bisherigen oder neuen Arbeitgeber anlässlich des Be- triebsübergangs ist unwirksam. Das Recht auf Kündigung aus anderen Gründen bleibt bestehen - allerdings werden alle personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen im zeitlichen Zusammenhang mit dem Betriebsübergang sorgfältig geprüft, ob hier der § 613a umgangen wird.

Ø Eine Versetzung bisheriger Mitarbeiterinnen in andere Abteilungen ist bei Be- triebsübergang erlaubt.

Die Mitarbeiterin hat ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang des Arbeitsverhält- nisses. Das Arbeitsverhältnis geht nur dann über, wenn die Arbeitnehmerin bei An- kündigung des Übergangs bis zum Übergang nicht widerspricht. Bei Widerspruch bleibt sie Arbeitnehmerin des bisherigen Arbeitgebers. Sie geht jedoch das Risiko ein, dass ihr wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes gekündigt wird. Der Kündigungs- schutz des § 613a gilt in diesem Fall nicht.

(42)

A r b e i t n e h m e r in a lt e r

B e t r ie b s - i n h a b e r

n e u e r B e t r ie b s -

in h a b e r

A r b e its v e r t a g

B e t r ie b s ü b e r - g a n g

A r b e its v e r tr a g g e h t ü b e r g e m ä ß § 6 1 3 a B G B

Abbildung 5: Übergang des Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a BGB 1.3.2.1.2 Bestandsschutz für die Arbeitnehmerin

Grundsätzlich kann der neue Arbeitgeber die "Rechte und Pflichten" des Arbeitsver- trages nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs "zum Nachteil des Arbeitnehmers" ändern. Tarifrechtliche Regelungen des alten Arbeitge- bers müssen von dem neuen Arbeitgeber übernommen werden. Dies gilt dann nicht, wenn der neue Arbeitgeber einen anderen Tarifvertrag anwendet. Letzteres ist in der Praxis häufig der Fall, wenn der NGG-Tarif des Caterers den ÖTV-Tarif eines Kran- kenhauses ersetzt.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Arbeitnehmerin durch den Tarifvertrag hinreichend geschützt ist.

Es sind somit bei Arbeitsverhältnissen, für die ein Tarifvertrag besteht, drei Fallgrup- pen zu unterscheiden (siehe Tabelle 9).

alter Arbeitgeber neuer Arbeitgeber Folgen

Fall 1 Nicht tariflich gebunden Nicht tariflich gebunden Arbeitsvertrag mit dem neuen Arbeitgeber gemäß den Konditionen des alten Arbeitgebers

Fall 2 Tariflich gebunden Nicht tariflich gebunden Arbeitsvertrag mit dem neuen Arbeitgeber gemäß den Konditionen des alten Arbeitgebers

Fall 3 Tariflich gebunden Tariflich gebunden Arbeitsvertrag mit dem neuen Arbeitgeber ent- sprechend den Konditio- nen des Tarifvertrages des neuen Arbeitgebers

Tabelle 9: Fälle des Betriebsübergangs in Bezug auf § 613a BGB

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