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Die DDR als Fußnote der dt. Wirtschaftsgeschichte?. Potsdam: André Steiner, Zentrum für Zeithistorische Forschung,

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Die DDR als Fußnote der dt. Wirtschaftsgeschichte?. Potsdam: André Steiner, Zentrum für Zeithistorische Forschung, 09.05.2002-10.05.2002.

Reviewed by Matthias Judt

Published on H-Soz-u-Kult (July, 2002)

Am 9. und 10. Mai 2002 fand am Potsdamer Zentrum für zeithistorische Forschung (ZZF) eine Tagung zur Wirtschaftsgeschichte der DDR statt, bei der die Teilnehmer quasi in ”vertauschten Rol‐

len” agierten. Die anwesenden Fachleute agierten als Diskutanten, während als Referenten Wirt‐

schaftshistoriker auftraten, für die die DDR in ih‐

ren bisherigen Forschungen keine oder nur eine geringere Rolle gespielt hatte.

Intention des Organisators dieser von der Fritz Thyssen Stiftung geförderten Tagung, André Steiner (Potsdam), war es, die Sicht von ”außen”

unter den Experten der DDR-Wirtschaftsgeschich‐

te zur Diskussion zu stellen. Fragestellungen und Forschungserfahrungen aus anderen Wirtschafts‐

systemen und –räumen sollten auf Probleme der DDR-Wirtschaft angewandt werden, um deren teils spezifischen und teils ähnlichen Charakter herauszustellen bzw. vor dem Hintergrund inter‐

nationaler Entwicklungen deren Einordnung zu ermöglichen. Letztendlich sollte dies dazu dienen, die im Titel der Tagung gestellte Frage „Ist die DDR als Fußnote der deutschen Wirtschaftsge‐

schichte zu betrachten?“ einer Antwort zuzufüh‐

ren.

Nach der Begrüßung durch den Geschäftsfüh‐

renden Direktor des ZZF, Konrad Jarausch (Pots‐

dam/Chapel Hill, NC), leitete André Steiner die Ta‐

gung mit einem kurzen Überblick über die For‐

schungen zur DDR-Wirtschaftsgeschichte seit 1989 ein. Unter Verweis auf die große Anzahl ein‐

schlägiger Arbeiten stellte er fest, daß einerseits viele Fragestellungen der DDR-Forschung einer befriedigenden Antwort nähergebracht wurden.

Das betrifft unter anderem die Themen Reparatio‐

nen und Kriegszerstörungen, Entstehen und Festi‐

gung der Planwirtschaft sowie die Geschichte ei‐

niger Branchen, die zudem auch unter technolo‐

gie- und innovationshistorischen Gesichtspunkten beleuchtet wurde. Andererseits bestehen weiter‐

hin Forschungslücken. So fehlt etwa eine volks‐

wirtschaftliche Gesamtrechnung für die DDR. Zu‐

dem fanden einige Themen bisher nur das Inter‐

esse anderer Fachdisziplinen und wurden erst in letzter Zeit von Wirtschaftshistorikern aufgegrif‐

fen. Ein Beispiel hierfür ist das Untersuchungsfeld Lebensstandard der Bevölkerung. Somit bietet das breit gefächerte Spektrum der Forschungsthemen hervorragende Ansatzpunkte zum Vergleich mit innerdeutschen und internationalen Entwicklun‐

gen. Jedoch zeigen neuere Überblicksdarstellun‐

gen zur deutschen Wirtschaftsgeschichte, daß die DDR darin nicht den ihr gebührenden Nieder‐

schlag findet.

Diese Vergleichsmöglichkeit stellte den Grundtenor der folgenden sieben Referate dar, freilich mit sehr unterschiedlichem Ergebnis in der Bewertung.

So verwies Gerold Ambrosius (Bremen/Sie‐

gen) auf den unterschiedlichen Zugang, den Ord‐

nungstheoretiker und Ordnungshistoriker in der Bewertung der DDR wählen. Während die ersten

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ihre Wirtschaftsordnung oft als Übernahme des sowjetischen Modells definieren, sehen die zwei‐

ten im Entstehen und in der Festigung der Plan‐

wirtschaft einen längeren Prozeß. Dabei ent‐

sprang er in seinen theoretischen Grundlagen kei‐

neswegs originär und allein der kommunistischen und linkssozialistischen Theorie und war zudem in seiner langfristigen Entwicklung nicht durch Gradlinigkeit hin zu einem einmal anvisierten Stadium charakterisiert. So erfolgten die Verände‐

rungen in den Eigentumsverhältnissen in den ein‐

zelnen Wirtschaftsbereichen sehr unterschiedlich im Hinblick auf Ausmaß, Tempi und Ergebnisse:

Die frühzeitigen und umfassenden Verstaatli‐

chungen in der Industrie wurden tatsächlich erst mit der „Aufkaufaktion“ von 1972 abgeschlossen.

Sozialistische Genossenschaften wurden zunächst nicht, dann in der Landwirtschaft forciert gebil‐

det, während sie im Handwerk in geringerem Ausmaß eingeführt wurden. Private Einzelhänd‐

ler und Handwerker erlebten sowohl Phasen, in denen ihre Entwicklung behindert als auch sol‐

che, in denen diese gefördert wurde. In ähnlicher Weise zeigen die verschiedenen Reformen in der Planung und Lenkung, daß die DDR-Volkswirt‐

schaft immer wieder “abrupten Großexperimen‐

ten” ausgesetzt war (“Neues Ökonomisches Sys‐

tem”, “Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik”, Kombinatsbildung). Diese sind mit dem Bestreben einher gegangen, Wirtschafts- und Planungsbezie‐

hungen insgesamt zu “verrechtlichen”. Doch der Staatssozialismus in der DDR sah sich zunehmend mit der “Motivationsblockade” seiner Bürger kon‐

frontiert, weil der historische “Avantgardean‐

spruch” der SED in der DDR auf den “Obrigkeitss‐

taat getroffen” sei und demnach immer mehr an Wirkungskraft verlieren mußte. Statt des zu‐

kunftsorientierten Anspruches sei der real existie‐

rende Sozialismus Maßstab für seine Bewertung durch die DDR-Bürger geworden.

Hajo Riese (Berlin) stellte eingangs seines Bei‐

trages fest, daß er mit einer anderen Argumenta‐

tionslinie zu ähnlichen Ergebnissen wie Ambrosi‐

us kommt. In beiden deutschen Staaten, anders

als in anderen Ländern in Ost und West, domi‐

nierte jeweils eine Wirtschaftstheorie, die durch Dezisionismus geprägt war. Die sozialistische und die ordoliberale Wirtschaftstheorie verfügten da‐

bei über eine methodische Affinität, wobei die erste die “Vervollkommnung der Planung”, die zweite die “vollkommene Konkurrenz” zum Ideal erkoren hatte und das bei beiden notwendige

“Feindbild” in der jeweils anderen Lehre gefun‐

den werden konnte. Das Fehlen einer Theorie der sozialistischen Wirtschaft bei Karl Marx hat dazu geführt, daß diese später als “planwirtschaftliches Abbild der klassischen liberalen Ökonomie” ent‐

wickelt wurde, die ihre Protagonisten zwang, ihr Modell allein im Gewande der Kapitalismuskritik darzulegen. Dieser, im Prinzip “antimarxistische”

Ansatz verstärkte die Denkblockade bei vielen Wirtschaftstheoretikern der DDR, die überdies Karl Marx‘ “Masche, alles was ihm nicht in den Kram paßte“, als “Vulgärökonomie“ abzutun, fort‐

während anwendeten. Am Ende wurde die Wirt‐

schaftstheorie der DDR in ihrem Scheitern, eine Preis-, Geld- und Reproduktionstheorie zu entwi‐

ckeln, von der klassischen liberalen Ökonomie eingeholt. Aber im Gegensatz zur westdeutschen Wirtschaftstheorie, die so gut wie keinen Einfluß auf die tatsächliche Wirtschaftspolitik gewonnen hat, vermochte es die DDR-Theorie, wenigstens eine “Fußnote” wert zu werden. Weil aber der Ka‐

pitalismus bei der Lösung seiner inneren Proble‐

me nicht notwendigerweise auf die Wissenschaft angewiesen ist, der Sozialismus aber gerade die Verbindung von Theorie und Praxis betonte, ist die DDR an ihren inneren Problemen gescheitert, die auch nicht von ihrer Wirtschaftstheorie hät‐

ten gelöst werden können.

Albrecht Ritschl (ebenfalls Berlin) betonte in seinem Referat zu “Wirtschaft und Konjunktur”

die Kontinuitäten aus der Vorzeit der DDR und ihre fortgesetzte Wirkungsmächtigkeit. Die gege‐

bene Branchenstruktur, die besondere Art der Groß- und Schwerindustrie, Preiskontinuitäten und schließlich Pfadabhängigkeiten stellten für lange Zeit den Rahmen für die weitere Entwick‐

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lung. Daher sei auch ein direkter Vergleich von DDR und Bundesrepublik möglich, in dem Korre‐

lationen in den Wachstumsverläufen in beiden deutschen Staaten aufgezeigt werden. Umstritten blieb aber sein Versuch, auf der Grundlage der bisher vorhandenen Daten zum Bruttoinlands‐

produkt in der DDR die gegenseitigen Einflüsse auf die Wirtschaftsentwicklung in beiden deut‐

schen Staaten zu belegen.

Toni Pierenkemper (Köln) betonte, daß der

“Arbeitsmarkt” der DDR sich innerhalb der Plan‐

wirtschaft bewegen mußte, aber dennoch in sei‐

nem partiellen Entfalten marktwirtschaftliche Elemente zu erkennen gab. Sowohl hinsichtlich der genaueren Betrachtung bestimmter Perioden (so der Entstehungs- und Ausbreitungsphase in den 1950er Jahren) als auch im Hinblick auf ein‐

zelne Elemente des Beschäftigungssystems (zum Beispiel die individuell ausgehandelten Entloh‐

nungen, die von ursprünglichen Planvorgaben für bestimmte Berufsgruppen abweichen konnten), bieten sich dafür als Beleg an. Gleichwohl hat sich zu DDR-Zeiten ein Mentalitätswandel vollzogen, der zum Teil in den neuen Bundesländern fort‐

wirkt. Es wird nicht erkannt, so Pierenkemper, daß Effizienz und Gerechtigkeit keine “Alternati‐

ve, sondern ein Optimierungsproblem” darstellen.

Da der “Gerechtigkeit” in der DDR Vorrang einge‐

räumt wurde, die allerdings auf Kosten der Effizi‐

enz ging, liegt hierin eine Begründung für die

“Ostalgie”.

Indem das „effektiv einklagbare“ Recht auf Arbeit frühzeitig zum Gebot der Wirtschaftspolitik er‐

klärt worden war, mußte sich ein Unterschied zwischen beiden deutschen Nachkriegsstaaten herausbilden: die DDR erreichte relativ schnell Vollbeschäftigung und war sogar von Arbeitskräf‐

temangel betroffen, die BRD lernte wachsende Ar‐

beitslosigkeit kennen. Gleichwohl wahrte der Staat mit der Formel “freie Wahl des Arbeitsplat‐

zes entsprechend den gesellschaftlichen Erforder‐

nissen” Einflußmöglichkeiten, die indes den prin‐

zipiellen Vorteil des Beschäftigten in Verhandlun‐

gen in seinem Betrieb nicht kompensierten. Die

Arbeitsmarktpolitik in der DDR war somit von Er‐

folgen und Blockaden geprägt: Der Beseitigung der Arbeitslosigkeit – mit Ausnahme der fluktuati‐

onsbedingten, der Steigerung der Erwerbstätig‐

keit trotz Abwanderung in den Westen, dem Strukturwandel in der Beschäftigung zugunsten der industriellen Arbeitsplätze sowie der Verbes‐

serung der Qualifikation - blieb der Widerspruch zwischen ökonomischen und sozialen Zielen der Beschäftigungspolitik, das fehlende Anreizsystem, die Entkopplung von Lohn und Leistung sowie von Vermittlung und Einsatz der Arbeitskräfte ge‐

genübergestellt. War die Beschäftigungspolitik be‐

sonders für die anfängliche extensive Wirtschafts‐

entwicklung geeignet, mußte sie in den späten 1970er und 1980er Jahren zum Problem werden, als der Übergang zur Intensivierung in größerem Maße Freisetzungspotentiale offenbarte.

Auf das veränderte Beziehungsgeflecht zwi‐

schen Betrieben und Beschäftigten ging auch Werner Plumpe (Frankfurt/Main) ein. Die in der DDR etablierte Arbeitsorganisation folgte nicht dem sozialpartnerschaftlichen Modell, das Kir‐

chen und die SPD in der Bundesrepublik weiter‐

hin favorisierten, sondern setzte auf eine gänzlich andere Variante. Als Ersatz für die Tarifautono‐

mie kam ein Arbeitsrecht mit hoher Regelungs‐

dichte, das die Elemente Arbeitsgesetzbuch, Rah‐

men- und Betriebskollektivvertrag enthielt.

Gleichzeitig machte die “Durchstaatlichung” des Wirtschaftslebens die Ministerien und die Plan‐

kommission zu weiteren Vertretern der “Arbeitge‐

berseite” (neben den Unternehmen), während das Beseitigen der Betriebsräte und ihr Ersatz durch Institutionen des FDGB die Gewerkschaften als gegnerunabhängigen Verhandlungspartner aus‐

fallen ließ. Der klassische Gegensatz in den Ar‐

beitsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Unternehmer wurde gewandelt in einen zwischen den (staatlichen) Planbehörden auf der einen Sei‐

te und den Betrieben und den Beschäftigten auf der anderen Seite. Zwei Daten der DDR-Geschich‐

te waren in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. Einmal der 17. Juni 1953, der in der

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nachfolgenden Konsensorientierung, dem “Sys‐

tem der gegenseitigen Tolerierung von Beschäftig‐

ten und Betriebsleitungen” resultierte, und der 13. August 1961, der das Arbeitskräfteproblem in der DDR zu einem “internen” machte. Schließlich stellte die Begrenztheit der Konsummöglichkeiten in der Spätphase der DDR einen weiteren Faktor dar, der von den Partnern in den Arbeitsbezie‐

hungen wenig beeinflußt werden konnte. So wur‐

de von den Arbeitnehmern zunehmend ein Mehr an Freizeitmöglichkeiten einem Mehr an nicht umsetzbaren Einkommen der Vorzug gegeben.

In fünf Thesen faßte im Anschluß Manfred G.

Schmidt (Heidelberg) Bedingungen, Ziele und Er‐

gebnisse der DDR-Sozialpolitik zusammen. Ers‐

tens ist das verfassungsmäßig gesicherte Recht auf Arbeit – auch mit seinen letztendlich fatalen Folgen – zu benennen, das die “bedingungslos durchgefochtene prioritäre Vollbeschäftigungspo‐

litik” zur Folge hatte. Zweitens ist das hohe Maß an Politisierung und die “segmentierte Problem‐

sicht und Problemtherapie” in Betracht zu ziehen, die in eine Fehlerkorrekturunfähigkeit mündete.

Die Tatsache, daß die SED Avantgardefunktion und Machtanspruch für sich reklamierte, sorgte so dafür, daß andere “Vetopositionen und –spie‐

ler” (etwa autonome Verbände, Parteien oder auch die unabhängige Gerichtsbarkeit) nicht kor‐

rigierend auftreten konnten. Drittens ist auf die großen Wirkungen der Sozialpolitik zu verwei‐

sen, die vor allem in dem Wohlfahrtsstaat “be‐

achtlicher Größe” ihren Ausdruck findet. Lange Zeit herrschte in den Sozialwissenschaften hierzu der Eindruck vor, damit sei in der DDR eine “Brü‐

cke zwischen Herrschenden und Beherrschten”

geschlagen worden und eine gewisse Legitimität entstanden. Es ist indes festzustellen, daß damit auch eine “Entlegitimierung” eintrat, denn Vollbe‐

schäftigung und Grundversorgung seien von der DDR-Bevölkerung zwar geschätzt und genutzt worden, gleichwohl aber nicht – wie intendiert – als “soziale Errungenschaft” anerkannt worden.

Mehr noch: Im Hinblick auf nichterwerbsarbeits‐

zentrierte Sozialleistungen gab es sogar Wider‐

stände bei denjenigen, die nicht von ihnen profi‐

tieren konnten. Die in den 1970er Jahren pro‐

grammatisch angestrebte “Einheit von Wirt‐

schafts- und Sozialpolitik” der SED wurde tatsäch‐

lich nicht erreicht. Viertens hat genau dies regi‐

mespezifische politische Ursachen. Die SED be‐

gann als Wohlfahrtsstaatspartei, einer Position, von der sie – nicht zuletzt wegen der Erfahrungen damit in Ungarn und in Polen (und man mag er‐

gänzen: in der DDR selbst im Vorfeld des 17. Juni) schwerlich wieder abgehen konnte. Dies führte je‐

doch zu dem unlösbaren Zielkonflikt zwischen So‐

zialschutz und notwendiger Wirtschaftskraft.

Fünftens läßt sich die DDR als “autoritärer sozia‐

listischer Wohlfahrts- und Arbeitsstaat” charakte‐

risieren, der mit anderen Wohlfahrtsstaaten zwar Gemeinsamkeiten und Unterschieden aufwies, aber dennoch den “eigenständigen Weg” der DDR erkennbar macht. Daher ist also festzustellen, daß die DDR in der Tat eine “Fußnote der Wirtschafts‐

geschichte” war.

Christoph Buchheim (Mannheim) befaßte sich in seinem Beitrag schließlich mit der Außen‐

wirtschaft der DDR. Hierbei stellte er sie in den Kontext der internationalen Wirtschaftsgeschich‐

te und befaßte sich eingehend mit den Rahmenbe‐

dingungen der DDR-Außenwirtschaft. Das staatli‐

che Außenhandels- und Devisenmonopol stellte die Produktionsbetriebe von außenwirtschaftli‐

chen Einflüssen frei, was einen “Protektionismus in Potenz” bewirkte. Wegen der Planwirtschaft im eigenen Land wurde der „planbare“ Osthandel präferiert. Auch die Inkonvertibilität von Waren und Währungen (ausgedrückt zum einen in “har‐

ten” und “weichen” Waren, zum anderen in den bis zum Schluß wirksamen zwei Preissystemen – innerhalb des RGW und in bezug auf den Welt‐

markt) hatte die staatlich-monopolistische Außen‐

handelssteuerung erfordert. Im Ergebnis mußte die Außenwirtschaft der DDR aber gefangen blei‐

ben, zum einen im System von Bilateralverträgen zwischen den RGW-Staaten, die Parallelproduktio‐

nen nicht wirksam ausschloß, zum anderen in der verzögerten Wahrnehmung von Veränderun‐

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gen auf den Weltmärkten, die letztendlich in dem wachsenden Exportdumping seinen Ausdruck fin‐

den mußte: Immer mehr Waren mußten für die gleiche Menge westlicher Produkte zu immer ge‐

ringeren Preisen veräußert werden, um die wach‐

sende Verschuldung der DDR beherrschen zu kön‐

nen.

Die Tagung im ZZF war sehr erkenntnisreich und belegt, wie nützlich das Hineinbringen des

“fremden Blicks” ist – auch für andere Themen und Forschungsfelder. Wollte man indes erfah‐

ren, ob die Tagung zu einem eindeutigen Votum in der Beantwortung der Frage nach der DDR als Fußnote der Wirtschaftsgeschichte gekommen sei, muß das verneint werden. Gerade das Instrument des Vergleichs der DDR mit anderen politischen und Wirtschaftssystemen zeigt, daß der zweite deutsche Staat sich sowohl durch Originalität (was ihn zur “Fußnote” machte) als auch durch Gemeinsamkeiten mit anderen Staaten und Syste‐

men auszeichnete (was ihn zu einem Beispiel un‐

ter vielen in der deutschen und internationalen Wirtschaftsgeschichte machte). Schließlich offen‐

barte die Tagung, wie sehr Fragestellungen der Wirtschaftsgeschichte interessante Ansatzpunkte für die Darstellung ihrer politischen Geschichte liefern können und umgekehrt: wie wichtige Er‐

eignisse in der Politik und Ansprüche aus der Ideologie die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der DDR beeinflusst haben.

If there is additional discussion of this review, you may access it through the network, at http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/

Citation: Matthias Judt. Review of Die DDR als Fußnote der dt. Wirtschaftsgeschichte?. H-Soz-u-Kult, H- Net Reviews. July, 2002.

URL: https://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=27971

This work is licensed under a Creative Commons Attribution-Noncommercial-No Derivative Works 3.0 United States License.

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