Adstringentia
Über die zusammen
ziehenden Arzneimittel
Erich Schmitt
D
ie traditionelle Arzneiheilkunde verfügt über einen sehr großen Arznei- mittelschatz. Diese mannigfaltigen Heilmittel können in verschiedene Arzneigruppen (mit Untergruppen) eingeteilt werden. In diesem Artikel geht es primär um Heilpflanzen, die relativ viel Gerbsäure enthalten und somit auch adstringierend wirken.A
dstringierende Lebensmittel, die man im Alltag kennt, haben immer eine säuerliche Komponente in ihrem Geschmack. Man denke da zum Beispiel an Zitrusfrüchte, Weinessig, But
termilch und Molke oder Apfelmost. Das Gefühl, dass sich der Mund etwas „zu
sammenzieht“, kennen wir aber auch von einigen Arzneimitteln – der Brombeer
blättertee wäre so ein Beispiel. Wie schon angedeutet, geht es hierbei um leichte Säuren bzw. um Mittel, die sanft und un
merklich ätzen können, je nach Konzen
tration und Einwirkungszeit. In diesem Zusammenhang spielt die Gerbsäure, die man im Pflanzenreich sehr häufig findet, eine große Rolle. In allen Kulturkreisen hat man schon frühzeitig gelernt, mithilfe von speziellen Pflanzenbrühen und Ähn
lichem Tierhäute zu gerben, um feste und wasserdichte Kleidung herstellen zu kön
nen. Die Begriffe Gerbstoff/Gerbsäure kommen aus dem uralten Gerberhand
werk.
Fast alle unserer Heilpflanzen haben mehr oder weniger Gerbstoffe in sich.
Heilpflanzen mit viel Gerbsäure wirken unter anderem auch zusammenziehend, daher werden sie als Adstringentia be
zeichnet. Darüber hinaus gibt es auch eine Reihe anorganischer Stoffe, die eben
falls adstringierend und gerbend wirken (Gerbwirkung auf Haut und Schleimhäu
te). Einige Beispiele: Eisenchlorid, Bismu
tum, Alaun (Aluminiumverbindung), Zinkoxid, Bleiazetat, Silbernitrat, Kupfer
vitriol und Kalkwasser.
Vor einigen Jahren wurden sämtliche allopathische Arzneimittel, die Alumi
nium oder Bismutum enthielten, vom Markt genommen (für innere Anwen
dungen). Das Zinkoxid wird auch heute noch zur Wundheilung eingesetzt, es ist häufig Hauptbestandteil von einfachen Wundsalben. Eine weitere Rezeptursub
stanz ist Tannin, die reine Gerbsäure (Aci
dum tannicum). Für Rezepturen ist das bräunliche Tanninpulver relativ gut zu handhaben, da es in Wasser, Alkohol und warmem Glycerin leicht löslich ist.
In der Heilkunst verwendet man die adstringierenden Mittel sehr häufig für äußere Anwendungen, aber durchaus auch internistisch: So zum Beispiel eine kalte Kompresse mit verdünnter Essig
saurer Tonerde (Aluminiumacetattart
ratLösung) bei einer akuten Schwellung durch einen Sportunfall1 oder innerlich in Form einer individuellen Teemischung mit adstringierenden Heilpflanzen bei MagenDarmSchwäche, bei Venenleiden und Hämorrhoiden. Auch bei Skrofulose und Altersdiabetes werden traditionell adstringierende Arzneimittel eingesetzt.
Heilpflanzen mit Gerbsäure
1. Originäre Gerbstoffpflanzen
Galläpfel, Eichenrinde, Ulmenrinde, Blutwurz, Ratanhia, Zaubernuss, Spitz wegerich, Frauen mantel, Okou
bakabaum
2. Bittere Gerbstoffpflanzen
Rosskastanie, Weidenrinde, Walnuss
blätter, Färberkrapp, Bärentraube, Heilziest, Ehrenpreis, Odermennig, Mariendistel, Kalmus, Rhabarber, Braunwurz, Ruprechtskraut, Gunder
mann, Bärentraube, Chinesischer Tee 3. Aromatische Gerbstoffpflanzen
Nelkenwurz, Salbei, Melisse, Gewürz
sumach, Thymian, Majoran, Bohnen
kraut, Rosmarin, Augentrost, Rain
farn, Johanniskraut, Ysop, Boldo, Färberginster
4. Balsamische Gerbstoffpflanzen Birkenblätter, Gänsefingerkraut, Schaf
garbe, Sonnentau, Grindeliakraut, Be
senginster, Bibernelle, Sabal, Syzygium 5. Saponinhaltige Gerbstoffpflanzen Goldrute, Indischer Nierentee, Birken
blätter, Holunder, Bruchkraut, Taub
nessel, Wiesenknopf, Sanikelkraut, Stiefmütterchen
6. Schleimhaltige Gerbstoffpflanzen Beinwell, Huflattich, Malve, Borretsch, Hauswurz
7. „Saure“ Gerbstoffpflanzen
Weißdorn, Walnussblätter, Weinblät
ter, Weidenrinde, Schlehe, Saueramp
fer, Heidekraut, Rosenblätter, Heidel
beere, Brombeere, Himbeere, Wald erdbeere, Bärentraube
8. Cholinhaltige Gerbstoffpflanzen Johanniskraut, Holunder, Ysop, Bein
well
9. Rutinhaltige Gerbstoffpflanzen Weißdorn, Rosskastanie, Gartenraute 10. Cumarinhaltige Gerbstoffpflanzen
Gartenraute, Meisterwurz, Steinklee, Bibernelle, KaplandPelargonie
Therapeutische Arzneigruppen
1. Tonisierende Gerbstoffpflanzen Chinarinde, Arnika, Rosskastanie, Nelkenwurz, Salbei, Johanniskraut, Rosmarin, Odermennig, Eisenkraut 2. Harntreibende Gerbstoffpflanzen
Goldrute, Indischer Nierentee, Birken
blätter, Bärentraube, Hauhechel, Klet
te, Hagebutte, Färbeginster
3. Schweißtreibende Gerbstoffpflanzen Holunder, Mädesüß, Birkenblätter, Eisenkraut
4. Blutstillende Gerbstoffpflanzen Zaubernuss, Schafgarbe, Sanikelkraut, Frauenmantel
5. Schleimlösende Gerbstoffpflanzen Thymian, Salbei, Spitzwegerich, Be
senginster, Färberginster, Grindelia
kraut
6. Gerbstoffpflanzen bei Diarrhöe Brombeerblätter, Schafgarbe, Oder
mennig, Fieberklee, Blutwurz, Chine
sischer Tee
7. Gerbstoffpflanzen bei Verdauungs- schwäche
Kalmus, Salbei, Wacholder, Rosmarin, Majoran, Benediktendistel, Johannis
kraut, Gänsefingerkraut, Mariendis
tel, Syzygium
8. Gerbstoffpflanzen bei Herz-Kreis- lauf-Schwäche
Weißdorn, Arnika, Rosskastanie, Be
senginster, Herzgespann, Gartenraute, Rosmarin
9. Gerbstoffpflanzen bei Schleimhaut- schwäche
Schafgarbe, Salbei, Blutwurz, Malve, Huflattich
10. Gerbstoffpflanzen bei Skrofulose (auch exsudative Diathese)
Walnussblätter, Eichenrinde, Braun
wurz, Ehrenpreis, Kalmus, SalbeiGa
mander, Eberraute, Stiefmütterchen 11. Gerbstoffpflanzen bei Unterleibs-
schwäche (auch Frauenleiden) Schafgarbe, Zaubernuss, Frauenman
tel, Taubnessel, Odermennig, Bene
diktendistel, Rosmarin, Majoran, Wa
cholder, Arnika
12. Gerbstoffpflanzen bei Venenschwä- che (auch Hämorrhoiden)
Rosskastanie, Zaubernuss, Schafgarbe, Gänsefingerkraut
13. Gerbstoffpflanzen für Wundheilung (Externas)
Zaubernuss, Johanniskraut, Ringel
blume
14. Gerbstoffpflanzen bei Sportverlet- zungen (Externas)
Arnika, Zaubernuss, Spitzwegerich, Beinwell, Johanniskraut
15. Gerbstoffpflanzen für Gurgelmittel Salbei, Thymian, Blutwurz, Ratanhia, Spitzwegerich, Bibernelle, Odermen
nig
Diese Gruppeneinteilung ist nur eine mögliche Variante, sie könnte auch etwas anders strukturiert sein, und es könnten auch noch andere Heilmittel aufgelistet werden.
Wirkungsweise der gerbstoff
haltigen Heilpflanzen
Gerbstoffe verhalten sich in ihrer chemi
schen Eigenschaft wie schwache Säuren – sie sind in Wasser und Alkohol gut lös
lich. Wenn konzentrierte Gerbsäure mit einer eiweißhaltigen Flüssigkeit gemischt wird, kommt es zu einer sogenannten Ausfällung, es entstehen kleine Verklum
pungen. Vom medizinischen Blickwinkel her gesehen denke man hierbei an frische Wunden, Schleimhautsekrete und Haut
schweiß. Bringt man ganz bewusst eine dünne Gerbsäurelösung (verdünnte Heil
pflanzentinktur oder Ähnliches) auf Schleimhäute oder nässende Wunden, gibt es meist keine sichtbaren Eiweißaus
fällungen. Vielmehr kommt es hierbei zu einer Art Filmbildung, welche man als Abdeckung bezeichnet. Man kann sagen, dass wohldosierte Gerbstofflösungen auf feuchten Oberflächen (Häute aller Art und Wunden) zu einer sogenannten Ab
dichtung führen.
Zu der angesprochenen Filmwirkung/
Abdeckung kommt noch der Aspekt der örtlichen Adstringierung, das heißt, das örtlich behandelte Gewebe zieht sich et
was zusammen und erhöht somit seine Widerstandskraft: So wird zum Beispiel das Eindringen von Erregern dadurch er
schwert. Wenn wir uns die Darmschleim
haut gesondert anschauen, kann gemut
maßt werden, dass mithilfe gerbstoff
haltiger Heilpflanzen der Darm weniger anfällig für Entzündungen aller Art ist, nicht so leicht erschlafft und auch nicht so leicht „undicht“ wird. Zudem haben die Gerbstoffe hemmenden Einfluss auf die Darmdrüsen, sodass eine erhöhte Sekretion bei Darmentzündungen positiv gemindert wird. Bei Tendenz zu Durch
fällen können gerbstoffhaltige Heilpflan
zen den Darm beruhigen und zu einer Normalisierung der Darmperistaltik bei
tragen.
Wie schon angedeutet, wirken die Gerbstoffe auch auf die Blutgefäße in der Darmschleimhaut (mittlere Schleimhaut
schicht) und auf das Lymphsystem. Hier
zu drei Stichpunkte: Adstringierung der Gewebe, Erhöhung der Spannkraft und Umstimmung der Organfunktion. Auf konsensuelle Weise können solche örtli
chen Wirkungen auch Allgemeinwirkun
gen erzeugen. Daher sagt man den gerb
stoffhaltigen Heilpflanzen nach, dass sie tonisierende Kräfte entfalten können. Um noch einmal auf die örtliche Wirkung zu
rückzukommen, seien hier beispielsweise Zaubernuss, Spitzwegerich oder Arnika als äußerliche Mittel bei Sportverletzun
gen angeführt. Über ihre zusammenzie
hende Kraft wirken sie abschwellend, entzündungswidrig und somit heilför
dernd. Hierbei wird der Bluteindrang ins Gewebe (Gewebsschwellung mit und ohne Hämatom) gestoppt oder zumin
dest gemindert.
Am Beispiel der Darmschleimhaut wurde schon beschrieben, dass gerbstoff
haltige Arzneimittel Katarrhe und Ent
zündungen bekämpfen können. Inner
halb einer naturheilkundlichen Therapie muss man sich aber immer fragen, ob jene Entzündung bzw. jener Katarrh einen möglichen Heilzweck verfolgt. Sofern dieses der Fall sein, sollte man diesen Ausscheidungskatarrh nicht vehement unterdrücken, sondern die wahre Ursa
che ergründen und, wenn möglich, auch beheben. Das allseits bekannte Beispiel sei hier erwähnt: Wenn man Fußschweiß oder entzündliche Hautausschläge mit adstringierenden Mitteln abdeckt und so
mit unterdrückt, kann sich das Geschehen auf innere Organe verlagern – nicht selten sind auf solch eine Weise Asthma (spasti
sche Bronchitis) oder eine chronische Gas
tritis (Ausscheidungsgastritis) entstan
den. Daher sollte vor örtlichen Behand
lungen (oder parallel) erst einmal der All
gemeinzustand des Patienten verbessert werden. Im Regelfall wird man bei krank
haften Hautausscheidungen die allgemei
ne Stoffwechsellage verbessern und die primären Ausscheidungsorgane anregen.
Wie bereits beschrieben, haben die adstringierenden Arzneimittel positive Heilwirkungen auf krankhafte Gewebs
strukturen. Leider ist es aber so, dass fast alle Adstringentia mehr oder weniger
trocknend wirken, was auf Dauer nicht positiv sein kann. Daher sollten diese Arzneimittel nicht unkritisch zur Dauer
medikation eingesetzt werden. Gerade in der Geriatrie ist dies ein wichtiges The
ma, da der ältere Mensch zur Austrock
nung neigt. Ein weiterer kritischer Punkt ist die „Verwöhnung“ der Gewebe (Ge
wöhnung und Verwöhnung): Wenn stän
dig zusammenziehende Arzneimittel ein
genommen werden, ist die Gefahr gege
ben, dass es zu einer gewissen Verweich
lichung der Organsysteme kommt. Es ist ratsam, das Arzneimittel abzusetzen, wenn es seine Arbeit getan hat, oder wenigstens die Mittel zu wechseln – auch einige Einnahmepausen können sinnvoll sein. Allerdings: Wenn man mithilfe ad
stringierender Arzneimittel allgemeine Tonisierung betreiben will, müssen diese Mittel schon eine gewisse Zeit eingenom
men werden, damit sich ein Erfolg ein
stellen kann. Man denke da zum Beispiel an den Weißdorn.
An dieser Stelle seien einige Hinweise bezüglich Kontraindikationen bzw. Un
verträglichkeiten gegeben. Wie wir alle wissen, kann fast jedes Arzneimittel un
erwünschte Wirkungen entfalten. Diese Wirkungen sind immer auch abhängig von der Verfassung des jeweiligen Patien
ten. Wenn es sich zum Beispiel um einen echten Plethoriker handelt, sollte man Adstringentia eher vorsichtig einsetzen.
Das Gleiche gilt auch für die erethischen Typen, da diese häufig ein übersteigertes
Gefäß und Nervensystem haben. Patien
ten mit einem nervösen Reizmagen rea
gie ren meist schon nach einigen Tagen auf adstringierende Arzneimittel mit akuten Magenbeschwerden.
Bei Neigung zur Obstipation ist eben
falls Vorsicht geboten. Die Gefahr der Ge
websaustrocknung wurde schon ange
sprochen. Wenn zum Beispiel bei einem Magengeschwür das Gerbmittel zu lange gegeben wird, kann es zu Gewebstrock
nung und Gewebsschrumpfung führen.
Man kann sehen, dass die Selbstmedikation nicht immer unproblematisch ist. Betreuung
durch einen erfahrenen Therapeuten ist in solchen und ähnlichen Fällen immer
wünschenswert.
Zusammenfassung
Adstringierende Arzneimittel entfalten eine örtliche zusammenziehende Kraft.
Zum einen stärken sie die Kohäsion der Fasern, und zum andern mindern sie un
natürliche Absonderungen, was bei Schwellungen und Entzündungen von großem Nutzen ist. Die Adstringentia können auch als allgemeine Tonika einge
setzt werden – indirekte Stärkungsmittel.
Sogenannte Gewebserschlaffungen kön
nen mithilfe von adstringierenden Heil
mitteln wieder etwas gestrafft werden.
Bei Patienten mit einer atonischen Schwä
che wirken adstringierende Mittel meist gut. Gerbsäurelösungen haben die Eigen
schaft, Eiweiße zu lösen bzw. Ausfällun
gen in eiweißhaltigen Flüssigkeiten zu er
zeugen. Über diesen Mechanismus kön
nen schwache Gerbsäurelösungen eine Art Schutzfilm auf Haut und Schleimhaut erzeugen. Daher werden diese Mittel bei Schleimhautkatarrhen und Geschwüren eingesetzt, aber auch bei Hautläsionen und schlecht heilenden Wunden. Bei den frischen und feuchten Wunden wird die Granulationsbildung forciert und geför
dert.
Aus den eben beschriebenen Momen
ten heraus lassen sich unter anderen fol
gende Indikationsbereiche aufzählen:
Skrofulose mit exsudativer Diathese, Wachstumsstörungen und Rachitis, Ge
webserschlaffung und Aussackungen (z. B. HerzKreislaufSchwäche, Prolaps, Varizen), unnatürliche Ausflüsse (z. B.
Fluor albus, chronische Diarrhö), Blutun
gen, MagenDarmGeschwüre, Wasser
sucht, Altersdiabetes (Adjuvans), Kache
xie, Sportverletzungen, Wunden, Haut
ausschläge, Schleimhautkatarrhe/Entzün
dungen und Zahnfleischschwund. Wenn man sich die verschiedenen Arzneigrup
pen etwas näher anschaut (siehe oben), wird man noch einige Indikationen fin
den, die hier nicht noch einmal aufge
führt wurden. Die Themen Kontraindika
tion bzw. Unverträglichkeiten wurden schon angesprochen. Dass bei der Her
stellung von BioKosmetik die adstringie
renden Pflanzen eine große Rolle spielen, soll hier nur am Rande erwähnt werden.
Verfügbare Arzneimittel
(Kleine Auswahl an Adstringentia) 1. Tees (größtenteils als Teebeutel)
• Frauenmantelkrauttee, Spitzwegerich
tee, Schafgarbenkrauttee; alle Sidroga
• Menstruationstee Sidroga
• Durchfalltee Sidroga
• Frauentee Salus
• HagebuttenMalveTee Salus
• Tee Nr. 11 Nestmann
• Indischer Nierentee Repha 2. Tropfen
• Tinct. Hippocastani, Tinct. Hamameli
dis, Tinct. Tormentillae, Tinct. Ratanhiae, Extr. Plantaginis fluidium, Tinct. Sal
viae, Tinct. Myrrhae
• Rutinum S 60 Nestmann
• Tetesept Hustentropfen
• Nierol 100 Tropfen Schuck
• Oxacant sedativ Klein
• Spartiol Cardio Klein
• Solidago Liquid Klein
• Salbei Curarina
• Glycotana Curarina 3. Tabletten/Kapseln
• Aescuven forte
• Antistax Venentabletten
• Cystinol long Kapseln
• Aqualibra Medice
• Prostamed Tab Klein
• Prostagutt mono Kapseln
• Hagebuttenextrakt Kapseln 4. Gurgelmittel
• Salviathymol Madaus
• RephaOs Mundspray
5. Externas bei Wunden und Sportverlet- zung (auch Venenmittel)
Spitzwegerich
Eichenrinde Salbei Kanadische Goldrute
• Zinkoxid Salbe LAW
• Unguentum Zinci (DAB) Caelo
• Zinkoxidschüttelmixtur Caelo
• HamamelisSalbe Nestmann
• Wundund Brandgel Wala
• Quercus Essenz Wala
• Arnika Essenz Wala
• Arnika Wundtuch Wala
• Quercus Hämorrhoidalzäpfchen Wala
• Hämorrhoidalzäpfchen Weleda
• Hauttonikum Weleda
• Retterspitz Äußerlich 6. „Sanfte“ Homöopathika
• Quercus e cortice D1 (Tabl.), Aesculus D1 (Tabl.); beide DHU
• Plantago Oplx. Madaus
• Hamamelis Komplex Nr. 53 Nestmann
• Aesculus Spl. Pascoe
• Synergon 108 Erigon Kattwiga
• VenenKomplex Liebermann
• Tumoglin H Pflüger
• Aufbaukalk 2 Weleda
Wie schon eingangs gesagt, geht es in die
sem Artikel primär um Heilpflanzen mit einem adstringierenden Wirkanteil. An fünf Beispielen soll die Unterschiedlich
keit solcher Heilpflanzen aufgezeigt wer
den.
Eichenrinde (Quercus)
Cortex Quercus (getrocknete Eichenrin
de) wird seit alters her als Gerbmittel ver
wendet. Für medizinische Zwecke gibt es verschiedene Zubereitungen, so zum Bei
spiel Pulver, Tinkturen, Salben, Öle und vieles mehr. Wie man sich denken kann, beinhaltet die Eichenrinde viel Gerbsäu
re, wir haben es mit einem starken Ad
stringens zu tun. Aus leidiger Erfahrung wissen wir, dass nicht jeder Patient einen kräftigen Eichenrindentee verträgt. Aller
dings kann eine dünne Teezubereitung
solch einem Patienten durchaus ein brauchbares Heilmittel sein, so zum Bei
spiel bei einer MagenDarmSchwäche.
Aber wie gesagt, die Verträglichkeiten von Adstringentia sind sehr unterschied
lich.
Das größere Einsatzgebiet der Eichen
rinde liegt eher bei äußeren Anwendun
gen. Bei einer Unterleibsschwäche haben sich Sitzbäder mit Eichenrinde bewährt.
(Vorsicht: Ältere Badewannen können durch Gerbstoffmittel schmutzig braun werden.) In der anthroposophischen Me
dizin werden substanzielle und vor allem auch potenzierte QuercusMittel vielfäl
tigst eingesetzt – äußerlich und innerlich.
Genannt seien da zum Beispiel Krampf
adern, Hämorrhoiden, Analprolaps, Ulcus cruris, Ekzeme, aber auch Wachs
tumsstörungen bei Kindern, Schilddrü
senvergrößerung und Asthma bronchiale bei Skrofulose. Den „Eichelkaffe“ (pulve
risierte Eicheln) gab man früher kränk
lichen Kindern mit Skrofulose. Es war damals eine sehr preiswerte Arznei der armen Leute.
Salbei (Salvia officinalis)
Salbei ist uns als Gurgelmittel oder in Form von Lutschpastillen allseits be
kannt. Innerlich genommen ist der Salbei ein belebendes und stärkendes Arznei
mittel. Es wirkt nicht nur mild zusam
menziehend und ätherisch belebend, son
dern auch schleimlösend und leicht blut
reinigend. In der Volksheilkunde wird der Salbei sehr häufig bei Erkältungen eingenommen, besonders bei Katarrhen der oberen Luftwege. Als Schleimhaut
pflegemittel kann der Salbei vielfältig eingesetzt werden, so zum Beispiel bei Magen und Darmschwäche. Schon seit alters her wird Salbei auch zur Regulie
rung der Haut verwendet.
Die heutige Phytotherapie propagiert Salbei bei übermäßigem Schwitzen (z. B.
im Klimakterium oder bei Nachtschweiß).
Kräftige Dosierungen können zuweilen unnatürliches Schwitzen mindern, beson
ders dann, wenn der Patient neurasthe
nisch veranlagt ist. Mit diesem zusätz
lichen Hinweis wird angedeutet, dass Salbei auch ein gutes Nervenmittel sein kann – eben bei der Neurasthenie. Wenn man den Salbei für eine gezielte Ablei
tung über die Haut einsetzen will (Anre
gung der Hautausdünstung), haben sich die feinen Dosierungen meist besser be
währt, so zum Beispiel die homöopathi
sche D2 oder ein sehr dünner Tee. Dass Salbei auch einen „reinigenden Effekt“
auf Leber, Milz und Nieren ausüben kann und somit möglicherweise einem Harn
säureüberschuss entgegenwirkt, soll hier nicht verschwiegen werden. Wie schon oben angeführt, ist der Salbei auch ein be
liebtes Gurgelmittel bei Entzündungen im Mund und Rachenraum.
Goldrute (Solidago)
Ähnlich wie der Salbei hat die Goldrute neben der Gerbsäure noch einige andere markante Inhaltsstoffe. Beim Salbei sind es zum Beispiel die ätherischen Öle und die Harze. Bei Solidago sind es die Sapo
nine und die vielen Mineralsalze, die man besonders hervorheben kann. In den letzten Jahrzehnten hat man die Goldrute auf eine „Nierenpflanze“ reduziert, da sie auch harntreibend wirkt. In der früheren Arzneiheilkunde wurde die Goldrute noch zu anderen Heilzwecken verwendet (siehe S. 72).
Heutzutage wird die Goldrute fast aus
schließlich bei urologischen Erkrankun
gen eingesetzt, meist zur sogenannten Durchspülung. Der eigentliche Besonde
re von Solidago ist, dass sie auflösend
und harnausscheidend wirkt. Sie ist so
mit nicht nur bei Nierengrieß brauchbar, sondern beispielsweise auch bei Ge
lenksentzündungen mit harnsaurer Dia
these. Primär haben wir es mit einer ad
stringierenden Heilpflanze zu tun, da sie relativ viel Gerbsäure und auch reichlich Mineralsalze enthält. Diese adstringie
rende Kraft zeigt sich nicht nur an der Nierenfunktion (Beeinflussung der fei
nen Nierengefäße), sondern auch an manch anderen Gewebsarten und Orga
nen, man denke besonders an die Unter
leibsschwäche, aber auch an chronische Lungenleiden. Zur vielfältigen Indikati
on seien hier nur einige Stichworte ge
nannt: Blasenschwäche, Darmschwäche, Hämorrhoiden, SchleimAsthma, Gicht und Altersskrofulose.
Die alte Medizin hat Solidago auch ger
ne beim „gastrischen Fieber“ eingesetzt, und zwar in dem Stadium, wenn der Urin dunkel wird, das heißt mit Einsetzen der natürlichen Heilkrise. (Gastrische Fieber sind fast immer mit LeberGalleAffektio
nen verbunden.) In der Volksheilkunde wurde die preiswerte Goldrute auch als Gurgelmittel verwendet, zum Beispiel bei lockeren Zähnen.
Gänsefingerkraut (Potentilla anserina)
Es ist Pfarrer Kneipp zu verdanken, dass das Gänsefingerkraut wieder zu unserem Arzneimittelschatz gehört – es wurde nämlich längere Zeit nur noch volksheil
kundlich verwendet. In der heutigen Phytotherapie spielt Potentilla anserina durchaus eine gewisse Rolle. Besonders in der Frauenheilkunde und bei der Be
handlung von Kindern und Jugendlichen hat sich diese Heilpflanze einen guten Ruf erworben. Sie ist ein angebrachtes Adstringens für MagenDarm und den Unterleib. Es wurde schon mehrfach dar
auf hingewiesen, dass die Adstringentia auf Schleimhäute und Gefäße wirken.
Neben solch tonisierenden Wirkungen hat sich Potentilla anserina als schmerz
linderndes bzw. krampflösendes Arznei
mittel bei Spasmen der Hohlorgane be
währt, und dies, wie schon angedeutet, in besonderer Weise bei Frauen und jungen Patienten.
Die spasmolytische Wirkung erfolgt über eine Art Umstimmung. Die „ver
stimmten“ Hohlorgane werden aktiviert, gestärkt und somit indirekt beruhigt.
Man kann sagen, dass das Gänsefinger
kraut bei einer spezifischen Nervenlage auf indirekte Weise spasmolytisch wirkt.
Nach der älteren Literatur ist Potentilla anserina noch aus einem anderen Grund ein „AusnahmeAdstringens“. Es darf nämlich ohne große Nachteile über län
gere Zeiträume eingenommen werden.
Wenn es nicht unbedingt sein muss, soll
ten adstringierende Heilmittel ansonsten nicht auf Dauer gegeben werden. Es be
steht sonst die Gefahr, dass einige Gewe
be oder Organsysteme erschlaffen. Die körpereigene Tonuslage kann sich auf
grund eines Gewöhnungs und Abnut
zungseffektes sogar verringern. Die ge
sunde Natur an sich verlangt nämlich keine zusätzlichen Therapiemaßnahmen, sie sind überflüssig und können im Even
tualfall bei einer permanenten Tonusan
regung sogar auch einmal negative Aus
wirkungen im Sinne einer Erschlaffung haben.
In der Praxis hat sich Gänsefingerkraut in einer Mischung mit Kamille und ein wenig Süßholz – vielleicht auch etwas Angelika – bei Magenbeschwerden jun
ger Menschen vielfach bewährt. Sehr oft beklagen diese Patienten noch weitere allgemeine Stresssymptome mit unter
schiedlichen Organauswirkungen, z. B.
auf das Herz.
Myrrhe (Myrrha)
„Die Könige aus dem Morgenlande brachten Gold, Weihrauch und Myrrhe.“
Daraus kann man schließen, dass es Zei
ten gab, in denen Myrrhe als große Kost
barkeit galt. Noch vor einigen Jahrzehn
ten gab es in jeder Drogerie oder Apothe
ke ein großes Glasgefäß mit Myrrhentink
tur für den Straßenverkauf. Bei Zahn
fleischproblemen besorgten sich die Leute ein kleines Fläschchen Myrrhetrop
fen zum Gurgeln.
Tinctura Myrrhae ist ein altbewährtes Gurgelmittel. Es wirkt positiv anregend und stärkend auf das Zahnfleisch, man gibt etwa 15 bis 20 Tropfen auf ein kleines Glas Wasser. Bevor wir noch Näheres über die MyrrheArznei erfahren, muss unbedingt gesagt werden, dass sie kein Gerbsäuremittel ist. Anhand von Myrrhe kann gezeigt werden, dass es neben der Gerbsäure noch andere Pflanzenstoffe gibt, die adstringierend wirken. Bei der Myrrhe sind es unter anderem Harze und Säuren. In der traditionellen Arzneiheil
kunde wird die Myrrhe zu den erregend
tonischen Mitteln gezählt. Innerlich ein
genommen wirkt sie primär auf den Ver
dauungstrakt, sie wirkt erwärmend und belebend, aber auch stärkend.
Die tonisierende und adstringierende Wirkung zeigt sich besonders an den Schleimhäuten und Gefäßen. Hierbei darf man durchaus auch an das Venen und Lymphsystem denken. Wie man sich den
ken kann, ist die Myrrhe ein brauchbares Arzneimittel bei atonischen Krankheits
zuständen, so zum Beispiel bei atoni
schen Stockungen im Unterleib oder beim Schleimfluss aus Schwäche. Darmschwä
che und/oder chronische Hämorrhoidal
leiden können hier ebenfalls genannt werden. Aktive Hämorrhoiden sollte man eher als Kontraindikation ansehen.
Früher hat man Myrrhe zuweilen auch bei der Bleichsucht junger Frauen in Ver
bindung mit anderen Arzneimitteln gege
ben. Die Devise lautet: Anregen und stär
ken.
(Abbildungen: Liebau) Anmerkung
1 Die adstringierenden Externas können in drei Hauptkategorien eingeteilt werden:
a) kräftige Adstringentia b) erregende Adstringentia c) sanfte Adstringentia
Die kräftig zusammenziehenden Mittel ver
wendet man bei starken Schwellungen (z. B.
Sportverletzungen). In diese Kategorie ge
hört zum Beispiel die Essigsaure Tonerde.
Bei Wunden und Hautausschlägen ist wegen Entzündungsgefahr Vorsicht geboten. Selbst auf intakter Haut sollte solch ein Umschlag nicht länger als 2 bis 3 Stunden liegen blei
ben, da sonst die Haut und darunter liegen
de Gewebe welk und trocken werden kön
nen. Für die örtliche Wundbehandlung ste
hen uns die Kategorien b) und c) zur Verfü
gung. Bei torpiden Zuständen (z. B. bei schlaffen Wunden) benötigt man die erregen
den Mittel, um schlummernde Heilkräfte neu anzufachen – als Beispiel könnte da Ar
nika genannt werden. Zur Unterstützung normaler Wundheilungen genügen im Re
gelfall die sanften Adstringentia, die Hama
melisSalbe wäre hier beispielhaft.
Literatur
Franz Eckstein: Die KneippKräuterkur.
Bad Wörishofen 1933
Josef Karl: Phytotherapie. 4. Auflage, München 1983
Heinz A. Hoppe: Taschenbuch der Drogenkunde.
Berlin, New York 1981
Erich Schmitt: Amara – Über die bitteren Arzneimittel. Naturheilpraxis 1/2015 www.literaturauswahl.jimdo.com
Anschrift des Verfassers Erich Schmitt
Heilpraktiker Kaulbachstraße 23 90408 Nürnberg