• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Das Gespräch mit Schwester Edith-Maria Magar, Aufsichtsratsvorsitzende der Marienhaus GmbH, und Christa Garvert, Sprecherin der Geschäftsführung der Marienhaus GmbH: „Wir leisten uns auch humane Rendite“" (09.08.2010)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Das Gespräch mit Schwester Edith-Maria Magar, Aufsichtsratsvorsitzende der Marienhaus GmbH, und Christa Garvert, Sprecherin der Geschäftsführung der Marienhaus GmbH: „Wir leisten uns auch humane Rendite“" (09.08.2010)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1510 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 31–32

|

9. August 2010

„Wir leisten uns auch humane Rendite“

27 Krankenhäuser, 12 500 Beschäftigte, 620 Millionen Euro Umsatz – die Marienhaus GmbH ist der größte christliche Krankenhausträger. Sie ist profitabel und wächst durch Zukäufe und Geschäftsbesorgungen weiter. Die Führungsspitze über ihr Erfolgsrezept

A

uf diese Frage hat Schwester Edith-Maria Magar gewartet:

Wie es denn zusammenpasse, dass die Marienhaus GmbH trotz des zunehmenden Kostendrucks in den Krankenhäusern immer noch Ge- winne erziele und durch Zukäufe sogar weiter wachse, obwohl doch Zuwendung im Sinne des christli- chen Auftrags viel Zeit und somit Geld koste? Die Aufsichtsratsvor- sitzende lächelt, lehnt sich zurück und redet liebevoll über die Men- schen, die in den Einrichtungen der Gruppe arbeiten: „Unsere Mitarbei- ter sind der Schlüssel zum Erfolg.

Wir als Träger investieren in die Menschen, die bei uns arbeiten, – und bekommen dafür viel zurück.“

Einerseits bringe man die Mitar- beiter zusammen, etwa indem man gemeinsame Fahrten nach Assisi organisiere, andererseits kümmere man sich um die einzelne Person.

Wenn sie etwa einen neuen Chef- arzt eingestellt habe, erzählt Schwes- ter Edith-Maria weiter, rufe sie ihn nach 14 Tagen einfach privat ein - mal an und frage, wie es ihm denn so gehe: „Der sitzt doch dann in so ei- nem schrecklichen Personalwohn- heimzimmer – die Familie ist noch in Kiel oder München – und stellt sich die Sinnfrage. Da will ich ein- fach wissen, ob ich etwas für ihn tun kann.“ Dieser persönliche Bezug un- terscheide die Marienhaus GmbH von anderen Krankenhausträgern und sei ausschlaggebend für beson- dere Leistungen. Dazu passt, dass der Krankenhausträger nach eigenen Angaben noch nie eine betriebsbe- dingte Kündigung ausgesprochen hat.

Damit die Zuwendung zum Pa- tienten im Klinikalltag nicht zu

kurz komme, sei man sogar bereit, auf x Prozent der Rendite zu ver- zichten, ergänzt Christa Garvert, die Sprecherin der Geschäftsfüh- rung: „Ein Stückchen leisten wir uns so auch humane Rendite.“

Menschen dürften nicht durchs Raster fallen. Ja, sagt sie auf Nach- frage, man habe intern definiert,

wie hoch das X sei, auf das man aus humanitären Gründen verzichte –

„aber das ist nichts für die Öffent- lichkeit“. Für die Einrichtungen ge- be es unterschiedliche Vorgaben.

Der Kostendruck in den Kliniken habe mit dem DRG-System noch einmal zugenommen, meint Gar-

vert, „aber die zuwendungsorien- tierte Medizin unterliegt nicht zwangsläufig diesem System. Das ist eine Haltung und eine Einstel- lung“. Als Träger gehe es in dieser Situation darum, einen Weg zu fin- den, den Ärzten und Pflegekräften trotzdem noch gewisse Freiräume zu geben – „und nicht den Druck so zu erhöhen, dass nichts mehr geht“. Als Träger könne man den Ärzten nur immer wieder sagen:

„Du bist nicht alleine mit diesem Problem, sondern wir wollen ge- meinsam eine Lösung finden.“ Das Unternehmen biete hier zahlreiche Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch an.

Aber auch die Marienhaus GmbH hat Probleme, ihre Stellen im ärztli- chen Dienst zu besetzen. Spielt es denn in Zeiten des Ärztemangels noch eine Rolle, welcher Konfessi- on eine Bewerberin, ein Bewerber angehört? „Uns liegt sehr daran, Frauen und Männer als Mitarbeiten- de zu gewinnen, die unsere Grund- ausrichtung bejahen können“, sagt Schwester Edith-Maria. „Für die Führungspersönlichkeiten bedeutet das, christlich geprägte Kultur au- thentisch und glaubwürdig im Alltag zu gestalten. Gleichwohl kommen viele Mitarbeiter aus unterschiedli- chen Kulturen und Ethnien.“ Zuletzt ha be man sogar einen muslimischen Chefarzt eingesetzt. „Es kommt auf die Persönlichkeit des Arztes an“, betont die Ordensschwester. Dabei gehe es auch um Personalentwick- lung. „Wir betrachten es als unsere Aufgabe, Persönlichkeiten heranzu- bilden, die neben der Fachlichkeit auch die menschliche Zuwendung einbringen können.“

DAS GESPRÄCH

mit Schwester Edith-Maria Magar, Aufsichtsratsvorsitzende der Marienhaus GmbH, und Christa Garvert, Sprecherin der Geschäftsführung der Marienhaus GmbH

Schwester Edith-Maria Magar, geboren 1955, ist seit 1977 Fran- ziskanerin von Waldbreitbach. Die gelernte Krankenschwester und studierte Lehrerin für Pflegeberufe war Schulleiterin und Bildungsre- ferentin der Marienhaus GmbH. Seit 2000 gehört sie der Generallei- tung ihrer Ordensgemeinschaft an. Den Vorsitz im Aufsichtsrat über- nahm sie 2003. Schwester Edith-Maria ist auch Vizepräsidentin des Deutschen Caritasverbandes und Beraterin der Deutschen Bischofs- konferenz in der Kommission für karitative Fragen.

Fotos: Jens Flintrop

T H E M E N D E R Z E I T

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 107

|

Heft 31–32

|

9. August 2010 A 1511 Um dem Ärztemangel zu begeg-

nen, hat die Marienhaus GmbH als einer der ersten katholischen Träger den Ärzten Zulagen gezahlt, so dass ihre Gehälter mit denen der Ärzte in kommunalen Krankenhäusern im Be- reich der Vereinigung der kommuna- len Arbeitgeberverbände (VKA) mit- halten können. In ihrer Funktion als Vizepräsidentin der Caritas hat sich Schwester Edith-Maria zudem da- für stark gemacht, alle vergütungs- relevanten Bestandteile des TV- Ärzte VKA in die Arbeitsvertrags- richtlinien der Caritas zu überneh- men. „Wir haben verstanden, dass ein Krankenhaus wesentlich von den Ärzten lebt“, sagt sie. Leitende Ärz- te verdienten zwar viel, aber das sei- en auch die Leistungsträger. „Ohne die Ärztinnen und Ärzte geht das Krankenhaus bankrott. Da nutzt es der Pflege nichts, wenn sie Gehalts- steigerungen der Ärzte verhindert hat.“

Einzige Gesellschafterin der Ma- rienhaus GmbH ist die Ordensge- meinschaft der Franziskanerinnen von Waldbreitbach. Dementspre- chend wandere der Gewinn nicht in die Taschen von Einzelnen, sondern komme wieder dem Versorgungs- auftrag zugute, stellt Schwester Edith-Maria klar. „Statt für das obe- re Marktsegment Schönheitschirur- gie anzubieten, ist es für uns des- halb selbstverständlich, auch für sterbende Menschen etwas zu tun:

im Hospizbereich oder auch im Pal- liativbereich.“ Es sei ein wichtiger Auftrag christlicher Provenienz, Menschen mit unheilbaren Krank- heiten nicht alleine zu lassen, son- dern sie bis zum Tod zu begleiten:

„Dem fühlen wir uns verpflichtet.“

Doch die Ordensgemeinschaft der Franziskanerinnen von Wald- breitbach plagen Nachwuchssor- gen. Gehörten der Gemeinschaft zu Spitzenzeiten knapp 1 000 Schwes- tern an, sind es heute nur noch 313.

„Und wir schrumpfen weiter, weil wir überaltert sind“, berichtet Schwester Edith-Maria. Die meis- ten Schwestern seien bereits verren- tet und deshalb lediglich ehrenamt- lich in Konventen tätig. In zwei Einrichtungen mussten diese aber auch bereits aufgelöst werden, weil

„die Schwestern das nicht mehr schafften“. Früher sei auf jeder

Krankenhausstation mindestens ei- ne Ordensfrau tätig gewesen. Die Zeiten seien aber lange vorbei.

Wie andere Ordensgemeinschaften ihre Krankenhäuser wegen Nach- wuchsmangels einfach abzugegeben, ist für die Franziskanerinnen keine Al- ternative. „Wir gehen einen anderen Weg“, sagt Schwester Edith-Maria,

„wir möchten, solange wir es können,

ein Übergangsmodell gestalten mit Frauen und Männern, die in unserem Sinne die Organisation in die Zukunft führen.“ In den Einrichtungen seien inzwischen viele Menschen, die das christliche Profil weitertragen, ohne dem Orden anzugehören.

Ein großer Schritt hin zu diesem Paradigmenwechsel erfolgte im Jahr 1995, als die heutige Sprecherin der Geschäftsführung, Garvert, ihre Stelle als erste weltliche Kranken- hausoberin der Marienhaus GmbH antrat. Die Oberin ist in den Marien-

haus-Krankenhäusern seit jeher Teil eines gleichberechtigten Viererdi- rektoriums; bestehend aus dem ärzt- lichen Direktor, dem kaufmänni- schen Direktor, dem Pflegedirektor und eben der Oberin. „Die Oberin- nen waren traditionell Mitschwes- tern, die die Trägerintention in den Krankenhäusern wach gehalten ha- ben“, erläutert Schwester Edith-Ma- ria. Nach und nach habe es aber Pro- bleme gegeben, diese Positionen mit Ordensschwestern zu besetzen: „Die Rolle war uns aber so wichtig, dass wir sie nicht aufgeben wollten.“

Heute gibt es nur noch zwei Kran- kenhausoberinnen, die aus dem Or- den kommen. Die anderen Oberin- nen seien „engagierte Frauen, Chris- tinnen, die eine hohe soziale Kom- petenz mitbringen“. Aufgabe der Oberin sei es, die Synchronizität zwischen den Berufsgruppen sicher- zustellen und für einen interdiszipli- nären interprofessionellen Dialog zu sorgen, erklärt Schwester Edith-Ma- ria. Es gehe darum, Kommunikati- onsprozesse anzustoßen und zwi- schen den Berufsgruppen zu mode- rieren, berichtet Garvert von ihren Erfahrungen: „Neben der Organisa- tions- und Personalentwicklung ist es die besondere Aufgabe der Obe- rin, das, was eine Ordensgemein- schaft an Spiritualität in Prozesse einbringen möchte, zu vermitteln.“

„Unser Erfolgsrezept lautet fusio- nieren und spezialisieren“, sagt die Sprecherin der Geschäftsführung zum Abschluss des Gesprächs. Gera- de auch nach Übernahmen seien viele Krankenhäuser nur zu halten, wenn man sie zusammenführe. Garvert:

„Unser Ansatz ist es, die Abteilungen in eine strategische Landkarte einzu- ordnen, aber dabei die Menschen mit- zunehmen.“ Denn: „Berufliche Bin- dung braucht auch Identifikation“, betont Schwester Edith-Maria. ■

Jens Flintrop Christa Garvert, geboren 1954, ist gelernte Krankenschwester. Sie

studierte Pädagogik, Sozialwissenschaft, Betriebswirtschaft und Or- ganisationsentwicklung. Seit 1980 arbeitet sie für die Marienhaus GmbH – ab 1995 als erste weltliche Oberin; seit 2000 als Ge- schäftsführerin. Seit 2007 ist sie Sprecherin der Geschäftsführung der Marienhaus GmbH. Christa Garvert gehört auch dem Vorstand des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands an.

Zur Marienhaus GmbH zählen 27 Krankenhäuser, 29 Pflegeheime, zwei Kinder- und Jugendhilfeein- richtungen sowie neun Hospize. Darin arbeiten cir- ca 12 500 Menschen. Der Sitz der Geschäftsfüh- rung befindet sich in Waldbreitbach, Rheinland-

Pfalz, nahe dem Mutterhaus der Franziskanerin- nen. Die Ordensgemeinschaft ist Gesellschafterin der GmbH und fühlt sich dem Motto der Gründerin, Mutter Rosa Flesch, verpflichtet: „Der Not prak- tisch begegnen und das Risiko nicht scheuen.“

DER NOT PRAKTISCH BEGEGNEN

T H E M E N D E R Z E I T

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

März 2014, 19 Uhr, in der Stadtteil- Bibliothek Mundenheim, Saarlandstraße 1, ihre selbstverfassten Texte zum

„Sie hat geholfen ohne Rücksicht auf Nationalität oder Weltanschauung, ob jemand katholisch war oder konfessionslos oder kommunistisch war oder sozialdemokratisch

Im Rahmen eines gegen die Privat-Radio Betriebs GmbH anhängigen Beschwerdeverfahrens forderte die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) die Privat-Radio Betriebs

Ein zu hoher Blutdruck wird durch Hydergin spezial gesenkt, wobei sich das Medikament durch eine gute Verträglichkeit auszeichnet: Die Druck- senkung erfolgt schonend,

Mit am 21.05.2008 per Telefax eingelangtem Schriftsatz beantragt die ATV Privat TV GmbH & Co KG die Änderung ihrer mit Bescheid der KommAustria vom 23.02.2006, KOA

des Bescheides binnen vier Wochen ab dessen Rechtskraft im Rahmen des von der Privat-Radio Betriebs GmbH im Versor- gungsgebiet „Bezirk Leoben und östlicher Teil

Kapitel 16: Zehn Punkte, die GmbH- Geschäftsführer regelmäßig checken

Wenn der betreffende Gesellschafter aber nichts mehr zurückzahlen kann, müssen die übrigen Gesellschafter nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile für den Fehlbetrag