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Archiv "Tod nach körperlicher Aktivität" (01.11.1979)

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(1)

Thermographie

sierung des Aufnahmeraums weiter- hin eine aufwendige, aber unver- zichtbare Bedingung. Außerdem wird die Beurteilung der Thermo- gramme gleiche Erfahrung erfor- dern wie die Auswertung von Rönt- genbildern und Echogrammen.

ln der apparativen technischen Dia- gnostik hat die quantitative IR-Ther- mographie sicher ihren Platz, nicht zuletzt wegen ihrer absoluten Unge- fährlichkeit für den Patienten.

Allerdings muß eine

...,.. Abkehr vom gewohnten anato- misch bezogenen Denken bei bild- gebenden Verfahren vollzogen werden.

Weiter

...,.. muß eine Abkehr erfolgen von der alleinigen Suche nach Hyperther- miezonen; auch die Hypothermie bestimmter Regionen kann diagno- stisch bedeutsam sein.

Zudem ist eine

...,.. Abkehr von der visuellen Beurtei- lung der Thermogramme nötig. Quantitative Parameter stehen zur Verfügung, weitere müssen entwik- kelt und geprüft werden.

Literatur

Anliker, M.; Friedli, P.: Evaluation of high reso- lution thermograms by on-line digital mapping and colour coding, J. appl. Radio I. Nucl. Med. 3 (1976)-Engel, J. M.: Quantitative Thermogra- phie des Kniegelenks, Z. Rheumatel 37 (1978) 242-253-Hackett, M. E. J.: The place of ther- mography in medicine, Acta Thermographica 1 (1976) 176-180-Collins, A. J.; Ring, E. F. J.;

Cosh, A.; Bacon, P. A.: Quantitation of thermo-

graphy using multi-isotherm analysis: I. The Thermographie index, Ann. Rheumat. Dis. 33 (1974) 113-115-Amalric, R.; Giraud, D.; Alt- schuler, C.; Deschanel, J.; Spitalier, J. M.: Ana- lytical, synthetic and dynamic classification of mammary thermograms, Acta Thermographica 3 (1978) 5-17

Anschrift des Verfassers: Dr. med. Joachim-Michael Engel Abteilung Bäderforschung Staatliches Rheumakrankenhaus Gernsbacher Straße 47

7570 Baden-Baden

FÜR SIE GELESEN

Tod nach körperlicher Aktivität

Schweren körperlichen Anstrengun-

gen, wie zum Beispiel Schneeschau-

feln, wurde lange Zeit unterstellt, daß sie nicht selten zu plötzlichen Herztodesfällen führten. Vuori und Mitarbeiter konnten in einerneueren Studie diese Ansicht mit Zahlen un- termauern. Sie verfolgten 2206 plötzliche Herztodesfälle unter Be- rücksichtigung der vorausgegange- nen Anamnese, des Autopsieberich- tes sowie der Art und Intensität der vorangegangenen körperlichen und psychischen Belastung. in 73 Pro- zent der Fälle lag eine chronische oder akute ischämische Herzerkran- kung vor. Ein Drittel der Todesfälle trat nach körperlicher Belastung und nach psychischen StreBsituatio- nen auf. Plötzliche Herztodesfälle bei regelmäßig Sporttreibenden oder bei täglichen Routinetätigkei- ten waren selten. Es besteht aller- dings ein hohes Risiko für schwere körperliche Belastungen bei Vorlie- gen einer latenten Herzkrankheit.

Bemerkenswerterweise verringert sich das Risiko bei Patienten, die ein allmähliches Aufbautraining durch- geführt hatten, beziehungsweise die Belastungsintensitäten nur allmäh- lich steigerten. Fast alle Patienten, die unmittelbar nach einer schweren körperlichen Anstrengung verstar- ben, hatten eine koronare Herzer- krankung. Man kann daraus die Möglichkeit eines gewissen Prä- ventiveffektes einer regelmäßigen körperlichen Aktivität ableiten.

Verhängnisvolle Arten körperlicher Belastung für Herzkranke

Es kristallisierten sich bei dieser Studie einige verhängnisvolle Arten körperlicher Belastung bei Herz- kranken heraus. So starben 67 Pa- tienten nach einem Saunabad. 10 Patienten starben nach einem 6- bis 8stündigen alpinen Schilauf. Insge- samt 16 verstarben beim Schilang- lauf. Überraschend häufig traten plötzliche Todesfälle nach Aktivitä-

ten wie Anschieben von Autos und beim Schneeschaufeln auf. Wenn man die Todesfälle beim· Saunaba- den und Wannenbaden analysiert, so trat die Hälfte während des Auf- wärmens auf, und die andere Hälfte der Todesfälle in der Abkühlphase.

Der bedeutendste Faktor scheint al- so doch die abrupte Temperaturän- derung zu sein.

Man muß Herzkranke immer wieder vor kalten Tauchbecken warnen, insbesondere dann, wenn eine koro- nare Herzerkrankung vorliegt. Es treten bei dieser Abkühlphase be- kanntlich arterielle Drucksteigerun- gen auf, die systolisch bei 300 mmHg liegen.

Beste Prävention:

Ein sich allmählich steigerndes, aerobes Training

in einer Gruppe, die ein tägliches aerobes Ausdauertraining absolvier- te, waren die Herztodesfälle ver-

schwindend gering. Bei 1 030 000

alpinen Schiabfahrten traten in 16 Jahren insgesamt 8 Todesfälle auf.

Bei all diesen Patienten war eine Herzerkrankung bekannt, oder wur- de autoptisch gesichert.

Man kann daraus folgern, daß regel- mäßige tägliche körperliche Aktivi- täten sicherlich kein Faktor für die Entstehung von plötzlichen Herzto- desfällen ist.

Allerdings können selten ausgeübte körperliche Anstrengungen - allein oder in Kombination mit anderen Faktoren, wie zum Beispiel extreme klimatische Bedingungen- zu plötz- lichen Herztodesfällen führen. in ei- ner Vielzahl der Fälle ließen sich

plötzliche Herztodesfälle verhin-

dern, wobei die beste Möglichkeit der Prävention ein sich allmählich steigerndes regelmäßiges (aerobes) Ausdauertraining ist. Dem

Vuori, 1.; Mäkäräinen, M.; Jääskeläinen, A.:

Sudden death and physical activity, Cardiology

63 (1978) 287-304

2886 Heft 44 vom 1. November 1979

DEUTSCHES ARZTEBLATT

(2)

Obwohl bis heute für die me- dikamentöse Behandlung der zerebralen Mangeldurchblu- tung kein vaso- oder stoff- wechselaktives Präparat zur Verfügung steht, das eine langanhaltende Verbesserung der Durchblutung in man- geldurchbluteten Gehirnab- schnitten erzielt, besteht kein Grund zum therapeutischen Nihilismus.

Die Pharmakotherapie der zerebra- len Mangeldurchblutung ist immer noch ein ungelöstes Problem. Für den größten Teil der angebotenen Medikamente zur Verbesserung der Gehirndurchblutung und des Ge- hirnstoffwechsels ist der Wirkungs- nachweis beim Menschen mit zuver- lässigen Untersuchungsverfahren und einwandfreier statistischer Be- rechnung bisher nicht erbracht. Bei der Anwendung und Auswahl jener Vielzahl von Präparaten, die zur Be- handlung zerebraler Durchblu- tungs- und Stoffwechselstörungen angeboten werden, ist daher große Sachkenntnis erforderlich. Außer- dem ist zum Verständnis einer sinn- vollen Pharmakotherapie die Kennt- nis der patho-physiologischen Grundlagen zerebraler Durchblu- tungsstörungen unerläßlich, über die wir in Heft 51/52 (1978) berichtet haben*).

Die Wirksamkeit von Pharmaka Seit 1945 steht uns für die quantitati- ve Bestimmung der Durchblutung und des Sauerstoffverbrauchs des Gesamtgehirns oder einer Großhirn- hemisphäre mit der von Kety und Schmidt inaugurierten Stickoxydul- Methode ein zuverlässiges Untersu- chungsverfahren zur Verfügung, mit dem der Einfluß zahlreicher vaso- und stoffwechselaktiver Substanzen am Hirnkreislauf des Menschen überprüft wurde (6, 17)**). Vor zwölf Jahren wurden außerdem Verfahren zur quantitativen Bestimmung der regionalen Durchblutung und des regionalen Sauerstoffverbrauchs in

die Klinik eingeführt, die es erlau- ben, die Wirksamkeit von Pharmaka auch in kleinen umschriebenen Arealen des Gehirns zu überprüfen.

Von den vielen im Gebrauch befind- lichen Methoden zur Messung der lokalen Gehirndurchblutung hat für klinische Zwecke bisher ausschließ- lich die intrakranielle Isotopenclea- rance mit Xenon 133 unter Verwen- dung eines Multidetektormeßplatzes oder der Gammakamera allgemeine Anerkennung gefunden.

Eigene Ergebnisse

Wir haben bis heute bei 524 Patien- ten mit einer akuten oder subchroni- schen zerebralen lschämie im Karo- tiskreislauf die Gehirndurchblutung vor und nach intravenöser Gabe ei- ner großen Zahl von im Handel be- findlichen Pharmaka gemessen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusam- mengefaßt. In der Tabelle sind unter 1a diejenigen Pharmaka aufgeführt, die regelmäßig eine Senkung der Hirndurchblutung bewirken. Es han- delt sich hierbei um Theo- phyllinderivate, Nikotinsäu rederiva- te sowie Raubasin und Naphtidro- phuryl. Bezogen auf die Gesamtkol- lektive, die ausnahmslos erniedrig- te Durchblutungswerte aufwiesen,

') Berichtigung' In Heft 51/52 des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES (1978) unterblieb versehentlich bei den Abbildungen 3a bis 3d die Zitierung der Abbildungsvorlage:

Modifiziert nach K.-J. Zülch: Der Radiologe 9, 11 (1969) 396-406.

Die Ziffern in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das den Sonder- drucken beiliegt.

Die Therapie

der zerebralen Mangeldurchblutung

Horst Herrschaft

Aus der Neurologischen Klinik

(Leitender Arzt: Professor Dr. Horst Herrschaft)

des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Lüneburg

Im Akutstadium der zerebra- len Ischämie stehen neben der Soforttherapie internistischer Grundkrankheiten die Hirn- ödembehandlung und Infu- sionsbehandlung mit nieder- molekularem Dextran im Vor- dergrund.

Für die Langzeittherapie und die Prophylaxe sind neben den Maßnahmen, die einer Progredienz der allgemeinen Arteriosklerose entgegenwir- ken, die Digitalisierung des Herzens bei der kardialen In- suffizienz, die Behandlung von Herzrhythmusstörungen, die Normalisierung oder Sta- bilisierung des Systemblut- drucks bei der Hypertonie oder Hypotonie sowie in aus- gewählten Patientenkollekti- ven die Antikoagulantienbe- handlung mit Dicumarinderi- vaten und die Behandlung mit

Thrombozytenaggregations- hemmern vom Typ der Acetyl- salicylsäure zu empfehlen.

Daneben kommt der Behand- lung der Risikofaktoren der Hirnarteriosklerose (arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Nikotin, Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen) eine besondere Bedeutung zu.

Bei operablen Verschlußer- krankungen der zuführenden und intrakraniellen Hirngefä- ße ist unter Berücksichtigung einer strengen Indikations- stellung die gefäßchirurgische oder mikroneurochirurgische Therapie möglich.

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 44 vom 1.

November 1979 2887

(3)

Zerebrale Mangeldurchblutung

führten die genannten Präparate zu einer statistisch signifikanten weite- ren Abnahme der Hirndurchblutung von elf bis 20 Prozent.

Unter 1b sind diejenigen Pharmaka aufgeführt, die keinerlei Einfluß auf die Hirndurchblutung erkennen lie- ßen. Im einzelnen handelt es sich um Lävulose 5%, Hydergin, Dihydroer- gotamin, Proxazol, Benzyclan, Ni- zergolin und Hexobendin.

1c enthält vier Präparate, die im Akutversuch eine leichte, statistisch signifikante Zunahme der Durchblu- tung in der grauen Substanz aufwei- sen. Während alle bisher von uns untersuchten Präparate auf die Durchblutung der grauen und wei- ßen Substanz sowie auf die mittlere regionale Gesamtdurchblutung eine gleiche prozentual sehr ähnliche Änderung bewirkten, zeigten Cen- trophenoxin, Pyrithioxin, Extractum sanguis deproteinatus und Pirace- tam lediglich eine Zunahme der Durchblutung in der grauen Sub- stanz von 7,6 bis elf Prozent. Diese Änderung fand sich in normal- wie mangeldurchbluteten Arealen. Die Durchblutung der weißen Substanz blieb unbeeinflußt. Unter 1d sind diejenigen Pharmaka zusammenge- stellt, die im Akutversuch regelmä- ßig zu einer Hirndurchblutungsstei- gerung führten. Es sind dies Papa- verin, die Papaverinderivate Eupa- verin® und Kollateral®, sowie Vinc- amin und, obwohl kein vasoaktives Agens, niedermolekulares Dextran.

Die Papaverinderivate und Vincamin haben wir auf ihre Wirkungsdauer hin überprüft. Keines dieser Phar- maka zeigte einen länger dauernden Effekt als 15 Minuten (4, 5).

Literaturangaben

Für wissenschaftliche Ergebnisse, die Anwendung in der Therapie fin- den sollen, ist deren Reproduzier- barkeit durch denselben Autor nicht nur unabdingbar, sondern auch durch andere Arbeitsgruppen zu for- dern. Diese Forderung ist deswegen von Bedeutung, weil über viele Me- dikamente in der Vergangenheit von einem einzelnen Autor auch einmal

ein positives Ergebnis mitgeteilt wurde, das jedoch bei der Kontrolle durch andere Arbeitsgruppen nicht bestätigt wurde. Diese mit der Stick- oxydul-Methode oder der intraarte- riellen Xenon-133-Clearance ge- wonnenen Ergebnisse bestätigen die Befunde der Tabelle 1.

Die physiologischerweise im menschlichen Organismus vorkom- menden vasoaktiven Substanzen, wie Adrenalin, Noradrenalin, Angio- tensin, Acetylcholin, Serotonin, Hist- amin, Vasopressin und die Prosta- glandine, wiesen auch bei hoher Do- sierung weder nach intravenöser Applikation noch nach Injektion in die Arteria carotis interna eine meß- bare Wirkung auf die Hirndurchblu- tung auf. In gleicher Weise wie mit den sympathikomimetischen und parasympathikomimetischen Sub- stanzen konnte auch mit den Präpa- raten, die auf das autonome Nerven- system einwirken, kein signifikanter Effekt auf die Gehirndurchblutung erzielt werden. Nach intravenöser Applikation der die Alpha-Rezepto- ren stimulierenden Stoffe (zum Bei- spiel Amphetamin,. Metaraminol) so- wie auch der die Alpha-Rezeptoren blockierenden Substanzen (zum Beispiel Phenoxybenzamin, Cloni- din) und der lmidazolderivate (zum Beispiel Tolazolin, Phentolamin) blieb die Hirndurchblutung unverän- dert. Auch die antiadrenergischen Substanzen, wie die Rauwolfia-Alka- loide Guanethidin, Alpha-Methyl- Dopa und Reserpin; die Ganglien- blocker Trimetaphan, Hexametho- nium und Pendiomid sowie Tetra- äthylammonium und Pentolinium erwiesen sich am Hirnkreislauf des Menschen als unwirksam (1, 6, 10, 12, 15, 17).

Zusammengefaßt steht für die medi- kamentöse Behandlung der zerebra- len Mangeldurchblutung bis heute kein vaso- oder stoffwechselaktives Präparat zur Verfügung, das eine statistisch-signifikante, langanhal- tende Verbesserung der Durchblu- tung in mangeldurchbluteten Ge- hirnabschnitten zu erzielen vermag.

Die meisten sogenannten vaso- oder metabolisch aktiven Substanzen ha- ben sich am Hirnkreislauf des Men-

schen als unwirksam oder sogar als durchblutungssenkende Pharmaka erwiesen. Präparate wie Extractum sanguis deproteinatus, Pyrthioxin, Centrophenoxin und Piracetam, die nachweislich über eine Zeit von min- destens 30 Minuten eine Durchblu- tungsverbesserung in der grauen Substanz des Hirngewebes bewir- ken, üben, wahrscheinlich bedingt durch eine Steigerung des oxydati- ven Hirngewebestoffwedhsels, einen positiven Effekt auf ischämisch ge- störte Ganglienzellfunktionen aus.

Für alle vier Präparate liegen bezüg- lich der Aktivierung des zerebralen Stoffwechsels positive tierexperi- mentelle Resultate und auch erste klinische Ergebnisse vor (14). Um ih- ren langfristigen Effekt zu prüfen, sind jedoch kontrollierte klinische Studien erforderlich, bei denen nicht nur die zerebralen Durchblu- tungs- und Stoffwechselparameter, sondern auch die klinischen Befun- de mit quantifizierender Beurteilung der neurologischen und psychopa- thologischen Parameter zu berück- sichtigen sind. Vom Ergebnis sol- cher Prüfungen wird das endgültige Urteil über den Einsatz dieser Präpa- rate zur Behandlung der Patienten mit zerebraler Ischämie abhängig zu machen sein.

Die Behandlung der akuten zerebralen Mangeldurchblutung

Hirnödembehandlung

Für die Behandlung der akuten zere- bralen lschämie steht in den ersten Stunden und Krankheitstagen die Hirnödembehandlung im Vorder- grund (Tabelle 2). Zur Therapie hat sich eine Kombinationsbehandlung mit Osmo-Onco-Therapeutika be- währt. Bei der Osmotherapie werden hypertone Lösungen von Substan- zen mit niedrigem Molekulargewicht schnell intravenös infundiert oder injiziert. Am besten bewährt haben sich Sorbit 40% und D-Mannit 20%.

Sie verteilen sich rasch im Gesamt- körperwasser, können aber wegen der Blut-Hirn-Schranke im Bereich der Hirnkapillaren das Blut nur schwer verlassen und bewirken we- gen ihres niedrigen Molekularge-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 2888 Heft 44 vom 1. November 1979

(4)

CBF

Änderung der Gehirn- durchblutung (%)

Stat.

Signif.

p<

CO 2-Spannung im Arterienblut

(mmHg) nach

Arterieller Mitteldruck

(mmHg) vor nach

Präparat Fall- Dosierung

zahl (mg)

(ml)

vor

Raubasin 8 25 - 14,8 0,01 39 37 128 110

Naphtidrofuryl 8 100 -11,6 0,05 38 38.5 112 109

Pharmaka ohne Einfluß auf die Hirndurchblutung Hydergin

Dihydroergotamin Proxazol

Bencylan Hexobendin Nicergolin Laevulose 5%

10 0,3 + 0,8

6 1 - 1,6

6 40 - 2,7

18 150 - 9,1

10 10 + 1,5

10 5 + 0,7

6 250 ml + 2.6

- 37 36 104 98

- 43 41 96 100

40 41 112 108

37,5 38,5 129 123

36,5 38 112 110

- 39 39 115 114

385 40 116 118

C. Pharmaka mit leichtem hirndurchblutungssteigerndem Effekt in der grauen Substanz (Sekundäreffekt durch Stoff- wechselaktivierung)

Centrophenoxin rCBF-gesamt 18 1000 + 7,6 36,5 37 94 96

rCBF-grau +11,4 0,05

Extract. sang. rCBF-gesamt 18 80m1+ + 5,7 37,5 36 102 104

deprotein rCBF-grau (205 ml + 7,6 0,001

20%)

Pyrithioxin rCBF-gesamt 12 400 + 7,9 39,5 38 108 110

rCBF-grau +11,2 0,05

Piracetam rCBF-gesamt 18 6-10 g +12,3 38,5 39,4 106 108

rCBF-grau +18,9 0,05

Tabelle 1: Der Einfluß vasoaktiver Substanzen auf die regionale Gehirndurchblutung bei Kranken mit zerebraler Mangeldurchblutung (Wachzustand)*)

A. Hirndurchblutungssenkende Pharmaka Theophyllinderivate

Theophyllinaethylendiamin 15 480 -20,4 0,001 41 35 125 110

Hydroxy-aethyl-Theophyllin 10 440 -18,1 0,001 39 34,5 116 106

Oxy-aethyltheophyllin 10 440 -16,7 0,001 37 33 110 102

Nikotinsäurederivate

Xantinolniacinat 18 600 -19,1 0,001 40 35 118 112

1-Pyridy-carbinol 8 300 -14.7 0.05 39 36 126 119

B. Hirndurchblutungssteigernde Pharmaka Papaverin

Eupaverin (forte) Kollateral Vincamin Rheomacrodex

5 60 10,7 0,01

6 150 14,5 0,001

15 150 11,8 0,001

10 30 6,1 0,05

12 500 ml 9,9 0,05

39 39,5 127 122

38 40 123 116

41 39 115 111

36,0 36,5 139 127,5

38 37 112 116

*) Modifiziert nach H. Herrschaft, Nervenarzt 47 (1976) 639-650

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 44 vom 1. November 1979

2889

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Zerebrale Mangeldurchblutung

wichts auf der Blutseite einen hohen osmotischen Druck, wodurch dem Hirngewebe Wasser entzogen wird.

Als Folge wird der intrakranielle Druck gesenkt. Durch die osmotisch bedingte Plasmavolumenvermeh- rung werden die Blutviskosität und damit auch der periphere Strö- mungswiderstand reduziert. Der ar- terielle Mitteldruck, das Herz-Minu- ten-Volumen und die Sauerstoff- transportkapazität des Blutes wer- den erhöht. Infolge der raschen Ab- diffusion der Osmotherapeutika aus der Blutbahn würde die günstige hä- modynamische Wirkung nur relativ kurz andauern und wegen der ge- steigerten Diurese von einer länger anhaltenden Hömokonzentration durch Plasmavolumenschrumpfung gefolgt werden.

Es käme dann zu einer Erhöhung der Blutviskosität und des Strö- mungswiderstands. Der mittlere ar- terielle Blutdruck und das Herzmi- nutenvolumen würden gesenkt. Um diesem Effekt zu begegnen, erfolgt eine Kombinationstherapie mit On- cotherapeutika, wobei sich die vor- handene Phasenverschiebung bei- der Infusionslösungen sinnvoll ad- diert. Zur Oncotherapie werden hy- pertone Lösungen von Substanzen mit einem hohen Molekulargewicht infundiert, die nur langsam aus der Blutbahn abdiffundieren. Sie ver- mehren das Plasmavolumen und vermindern die Hämokonzentration.

Die intrakranielle Drucksenkung durch sie ist nur gering. Als wichtig- ste Oncotherapeutika sind Human- albumin 20% und Rheomacrodex 20% zu nennen. Die relativ schnelle Verschlechterung der Hämodyna- mik durch Plasmavolumenschrump- fung und Hämokonzentration bei der Osmotherapie wird durch das Oncotherapeutikum ausgeglichen, das eine langanhaltende Plasmavo- lumenvermehrung mit seinen gün- stigen hämodynamischen Wirkun- gen gewährleistet. Besonders be- währt hat sich die Kombination von Sorbit 40% 250 bis 500 ml bezie- hungsweise Mannit 20% 500 ml und Rheomacrodex 10% 500 bis 1000 ml. Mit intravenösen Infusio- nen von Mannit und Sorbit konnte

eine über mehrere Stunden anhal- tende Senkung des Liquordrucks sowie eine signifikante Steigerung der Gehirndurchblutung und der ze- rebralen Sauerstoffutilisation nach- gewiesen werden. Wir bevorzugen für die Hirnödembehandlung Sorbit 40%, wobei initial innerhalb von 20 bis 30 Minuten 250 ml intravenös verabreicht werden. Liegen klini- sche Zeichen eines stärkergradigen Hirnödems vor, werden nach sechs bis acht Stunden noch einmal 250 ml intravenös gegeben. Die Be- handlung wird, je nach Schwere des Krankheitsbildes, über fünf bis acht Tage fortgeführt. Die Therapie mit hyperosmolaren Lösungen wird un- terstützt durch die gleichzeitige Ga- be von Diuretika. Wir bevorzugen Furosemid in einer durchschnittli- chen Dosierung von 20-40 mg i.v.

0

Digitalisierung

Da eine bereits mäßige Verminde- rung der kardialen Leistungsfähig- keit die Sauerstoffversorgung des Zentralnervensystems gefährden kann, ist bei Patienten mit einer Ver- minderung der kardialen Leistungs- fähigkeit eine Behandlung mit Digi- talis oder Strophantin angezeigt, da diese Medikamente neben einer Ver- besserung des Herz-Minuten-Volu- mens mit Anstieg des arteriellen Blutdrucks, Verminderung der Lun- genstauung und Abfall des Venen- drucks auch eine Zunahme der Ge- hirndurchblutung bewirken (7, 9).

Die Möglichkeit der zerebralen lschämie ist immer dann gegeben, wenn das Hirn-Minuten-Volumen ei- nen krititschen Wert unterschreitet, der bei 25 m1/100g/min liegt, bei der fortgeschrittenen Arteriosklerose aber durchaus höher liegen kann.

Dies erklärt, warum häufig bei aku- tem Herzversagen, besonders bei der Rechtsherzinsuffizienz, bei plötzlicher oder häufiger Unterbre- chung der zerebralen Blutversor- gung durch Herzrhythmusstörungen oder im Rahmen eines Koronarin- farkts durch plötzlichen Blutdruck- abfall neurologische Ausfallser- scheinungen das internistische Krankheitsbild begleiten. Wir ver- wenden zur Therapie der Herzinsuf-

fizienz bei der zerebralen lschämie Beta-Methyldigoxin. Die intravenöse Injektion dieses schnell wirkenden Glykosids garantiert einen Wir- kungseintritt in zwei bis zehn Minuten.

Die Normalisierung von Herzrhyth- mus und Herzfrequenz ist bei der zerebralen lschämie von großer Be- deutung, da in einem hohen Pro- zentsatz bei Patienten mit zerebra- ler Mangeldurchblutung Herzrhyth- musstörungen in Form von Vorhof- flimmern, gehäufter Extrasystolie und AV-Blockierungen zweiten und dritten Grades vorliegen.

Durch fortlaufende Registrierung des arteriellen Mitteldrucks konnte gezeigt werden, daß große Schwan- kungen und phasenweise Senkun- gen des arteriellen Mitteldrucks bis unter 60 mmHg bei diesen Patienten auftreten.

Bei 50 Prozent der Patienten mit einem AV-Block dritten Grades ist die Autoregulation der zerebralen Durchblutung im Stadium der ex- tremen Bradykardie erschöpft.

Nach Normalisierung der Herzfre- quenz ist hier ein Anstieg der Hirn- durchblutung bis auf Normwerte zu erreichen (9).

Blutdruckstabilisierung

Die Therapie der arteriellen Hyperto- nie ist notwendig, da sie die Ent- wicklung und Ausdehnung des Hirn- ödems bei der zerebralen lschämie begünstigt und Blutungen in das ischämisch geschädigte Hirngewe- be hervorrufen kann. Unter klini- scher Überwachung ist der Blut- druck auf einen Wert um 160/

90 mmHg zu senken. Eine Blut- drucksenkung auf Normalwerte oder darunter bei Patienten mit län- ger bestehender Hypertonie oder stärker ausgeprägter Arteriosklero- se ist nicht anzustreben, da bei der akuten lschämie die Autoregulation der Gehirngefäße regional oder glo- bal gestört ist und bei diesen Patien- ten die untere Schwelle für die Auto- regulation im Vergleich zu Normoto- nikern deutlich angehoben ist. Für

2890 Heft 44 vom 1. November 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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die Soforttherapie des Bluthoch- drucks bei der zerebralen Ischämie haben sich je nach Schweregrad der Hypertonie Reserpin, Alpha-Mythyi- Dopa und Clonidin bewährt, wobei in der Regel diese Präparate par- enteral in der genannten Reihenfol- ge eingesetzt werden.

Die Behandlung der arteriellen Hy- potonie wird erforderlich, wenn bei pathologisch erniedrigten Blut- druckwerten die untere Autoregula- tionsschwelle der zerebralen Gefäße unterschritten wird. Diese liegt bei Normotonikern im Durchschnitt bei bei Patienten mit langjähriger Hy- pertonie und Arteriosklerose bei 100 bis 120 mmHg arteriellen Mittel- drucks. Ein Abfall der Blutdruckwer- te unter diese kritischen Grenzwerte hat eine druckpassive Abnahme der Hirndurchblutung zur Folge. Umge- kehrt führt die Anhebung des arte- riellen Blutdrucks über diesen kriti- schen Grenzwert auch zu einem An- stieg der Hirndurchblutung.

Bei Patienten mit krankhafter Hypo- tonie und den Symptomen der zere- bralen Ischämie ist daher die Blut- druckanhebunQ mindestens in den ersten Erkrankungstagen erforder- lich. Dies wird je nach Ursache der Hypotonie mit Volumensubstitution oder mit drucksteigemden Substan- zen (im Akutfall Noradrenalin-Infu- sion, Mineralokortikoiden) durchge- führt (7, 9, 12).

G

Blutviskosität, Mikrozirkulation Eine Zunahme der Hirndurchblu- tung beim Menschen nach intrave- nöser Infusion einer niedermoleku- laren Dextranlösung (Rheomacro- dex®) ist von mehreren Autoren übereinstimmend berichtet worden (8, 10, 12). Sie fanden einen signifi- kanten Anstieg der Hirndurchblu- tung um zehn bis 15 Prozent. Ur- sächlich ist die zerebrale Durchblu- tungszunahme auf die Viskositäts- änderung des Blutes mit Verbesse- rung der Mikrozirkulation zurückzu- führen. Durch die Hämedilution dürften auch im zerebralen Kreislauf der Abfall des Fibrinogens, eine günstige Beeinflussung der Erythro-

Tabelle 2: Therapie der akuten zerebralen Ischämie

0

Hirnödembehandlung im akuten Stadium für ca. 3 bis 8 Tage a) 250 bis 500 ml hyperosmolare Lösungen i. v.

40%iges Sorbit (Tutofusin®S40) 20%iges D-Mannit (Osmofundin®20%)

b) Diuretika i. v. Furosemid, Spironolacton (Lasix® 20-40 mg, Aldactone®

200-400 mg)

f) Hirndurchblutungsfördernde Maßnahmen

Infusionen von niedermolekularem Dextran (1 O%ige Lösung in 0,9% NaCI) 500 ml Rheomacrodex® täglich für 10 bis 14 Tage)

8

Digitalisierung des Herzens bei Hypertonie und Herzinsuffizienz Rhythmisierung des Herzschlags bei Vorhofflimmern, gehäufter Extrasystolis und atrio-ventrikul. Block (z. B. ß-Methyi-Digoxin i. v. (lanitrop®)

0

~utdruckstabilisierung

a) bei Hypotonie: vorsichtige BlutdruckanhebunQ bei systolischen Werten unter 115 mmHg je nach Ursache mit Volumensubstitution Sympathicome- thica, Aldosteron (Novadral®, Astonin-H®) i. v. oder als Dauertropfinfusion mit Arterenol®

b) bei Hypertonie: vorsichtige Blutdrucksenkung bei systolischen Werten über 200 mmHg mit Reserpin, Alpha-Methyi-Dopa, Clodinin. (Serpasil®, Presi- nol®, Catapresan®) auf Werte um 160 mmHg

8

Antikoagulantienbehandlung

Vom 14. bis 21. Tag nach eingetretener Ischämie bei transitorischen Mangel- durchblutungen (TIA), reversiblen ischämischen neurologischen Defiziten (RIND) und leichten ischämischen Defektsyndromen kardialer Genese (rheu- matische und ischämische Herzerkrankungen) mit Dicumarinderivaten (Mar- cumar®)

Behandlungsdauer: zwei Jahre

~ Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern (Acetyl-Salicylsäure)

bei transitorischen Mangeldurchblutungen (TIA), reversiblen ischämischen neurologischen Defiziten (RIND) und leichten bis mittelschweren ischämi- schen Defektsyndromen bei nicht operablen arteriosklerotischen Veränderun- gen der zuführenden extrakraniellen und intrakraniellen Hirngefäße

0

Gefäßchirurgische Therapie

der Arteria carotis und Arteria vertebralis in ihrer extrakraniellen Verlaufs- strecke sowie bei Stenosen und Verschlüssen der großen supraaortischen Gefäße.

Extra-intrakranielle Shunt-Operation beim Media- oder Mediateilverschluß oder Karotis-interna-Verschluß bei Patienten mit TIA, RIND und leichteren ischämischen Defektsyndromen

Ci) Krankengymnastische Obungsbehandlung

~ Sprachtherapeutische Obungen

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 44 vom 1. November 1979 2891

(7)

Tabelle 3: Die Wirkung von Theophyllinderivaten auf die Gehirndurchblutung und den zerebralen Sauer- stoffverbrauch des Menschen

Jahr Fall- Me- Dosis Appli- CBF zahl thode (g) kation (ml/100 g/min)

v w S

CM R-0 2 (ml/100 g/min)

v w S

Autor Präparat

Wechsler et al.

Moyer et al.

Moyer et al.

Gottstein et al.

Gottstein et al.

Gottstein et al.

Skinhoj/Paulson Heiss et al.

Gottstein/Paulson

Herrschaft Herrschaft Herrschaft

1950 1952 1952 1962 1962 1962 1970 1970 1972

1973/76 1973/76 1973/76

Theophylli näthylen-diami n Theophyllinäthylen-diamin Theophylli näthylen-diamin Theophyllinäthylen-diamin Theophyllinäthylen-diamin Oxy-äthyltheophyllin Theophyllinäthyldiamin Oxy-äthyltheophyllin Theophyllinäthylendiamin

Theophyllinäthylendiamin Hydroxy-äthyltheophyllin Oxy-äthyltheophyllin 59

53 45 58 46 51 37 46

38 39 42

3,8 3,6 2,6 3,7 3,2 3,1

3,2 3,8 3,3 2,6 3,3 3,1 3,2

3,4 0

i. v.

i. v.

i. v.

i. v.

i. v.

i. v.

i. v.

i. v.

intra- caroti-

deal Inf.

i. v.

i. v.

i. v.

10 9 16 9 7 9 18 6 12

15 10 10

0,5 0,5 0,5 0,24/

0,48 0,48 0,44 0,10 0,24

0,48 0,44 0,44

44 36 30 52 32 46 35 36

31 32 35

0 0 0 0 0

0 0

0 0 N 2 0

N 20 N 2 0 N 20 N 20 N 2 0 133xe 133 xe N 20 133 x.

133 xe 133 xe 133 x.

100 g/min)

rauch (ml/100 g/min) d der Medikamentengabe

signifikante; w = nicht si

oder nicht bekannt ode

topen-Clearance messen,

dul-Meth rielle Iso rchblutung (m1/

r Sauerstoffverb d w = währe ifikanz. =

n

= nicht ge N 2 0 = Stickoxy 133Xe = Intraarte gnifikante Änderung CBF = Gehirndu

CMRO 2 = cerebrale

v = vor u

S = Stat. Sign

Tabelle 4: Die Wirkung von Nikotinsäurepräparaten auf die Gehirndurchblutung und den zerebralen Sauerstoffverbrauch des Menschen

CBF*) ml/100 g/min

v w s

CMR-0 2 m1/100 g/min.

v w s

Jahr

Autor Fall- Me- Dosis Appli-

zahl thode (mg) kation

Präparat

Scheinberg Gottstein et al.

Gottstein et al.

Heiss et al.

Herrschaft Herrschaft

1950 1962 1962 1970 1973/76 1973/76

N 2 0 N 2 0 N 2 0 133xe

133 xe 133 xe

300-800 200 900 350 600 300

Nikoti n-Säu reamid Pyridilcarbinol Xantiolniacinat Xantiolniacinat Xantiolniacinat Pyridilcarbinol 3,39

3,24 3,38

3,34 3,03 3,30 57,0

50,1 49,6 31,7 29,5 31,8 54,0 55,3 55,5 33,7 35,5 37,5 20

13 21

i. v.

i. v.

i. v.

i. v.

i. v.

0 0 0 0

*) Zeichenerklärung siehe Tabelle 3

Zerebrale Mangeldurchblutung

zytenverformbarkeit sowie die des- aggregierende Wirkung des Dex- trans von Bedeutung sein (4). In Übereinstimmung mit den Ergebnis- sen der quantitativen Gehirndurch- blutungsmessungen stehen auch er- ste klinische Studien, die in bezug auf die Mortalität und Funktions- rückkehr neurologischer Ausfallser- scheinungen bei der akuten zere- bralen lschämie im Vergleich zur Kontrollgruppe eine günstige Wir- kung des niedermolekularen Dex- trans nachweisen konnten.

Antikoagulantienbehandlung Die Studien über den Effekt der klas- sischen Antikoagulantienbehand- lung bei Patienten mit zerebraler lschämie sind widersprüchlich. Von 13 Arbeitsgruppen wurden Ergeb- nisse vorgelegt, die zeigen, daß in unausgewählten Patientenkollekti- ven ein überzeugender therapeuti- scher Effekt durch die Antikoagu- lantienbehandlung nicht erreicht wurde. Insbesondere konnte die Zahl der Hirninfarkte und tödlichen

Hirninfarkte nicht signifikant ge- senkt werden. Lediglich die Rezidive der transitorisch-ischämischen At- tacken waren in vier Untersu- chungsserien bei der therapierten Gruppe deutlich geringer als in der nichtbehandelten Kontrollgruppe.

Bei Patienten mit gesicherten zere- bralen Embolien kardialer Genese ist nach den Untersuchungen von vier Arbeitsgruppen jedoch gesi- chert, daß die Mortalität und die Zahl der Infarkte in der therapierten

2892 Heft 44 vom 1. November 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(8)

s CMR-0 2

ml/100 g/min

v w

s CMR-0 2

ml/100 g/min

v w

Tabelle 5: Die Wirkung von Hydergin auf die Gehirndurchblutung und den zerebralen Sauerstoffverbrauch bei Patienten mit der Symptomatik der zerebrovaskulären Insuffizienz

Autor Jahr Fall- Methode Dosis

zahl

CBF*) ml/100 g/min

v w

Appli- kation

Hafkenschiel McCall Gottstein Gäraud Agnoli McHen ry Olesen/Skinhoj Herrschaft

1950 1953 1962 1963 1965 1971 1972 1973/76

N 20 N 2 0 N 2 0 N 2 0 K r85 133xe

133 xe 133 xe

0,3-0,5 0,6 0,9 0,6-1,2

2,0 0,3

i. m./i. v.

i. v.

i. v.

. v.

i. v.

i. v.

i. v.

58,0 55,0 55,0 44,0 31,0 29,0 51,4 35,9 58,0

56,0 55,0 33,0 35,0 31,0 55,1 35,6

3,34 3,26

12 13 18 4 10 10 10

0 0 0 0 0 0 0

*) Zeichenerklärung siehe Tabelle 3

Tabelle 6: Die Wirkung von Raubasin i. v. auf die Gehirndurchblutung und den zerebralen Sauerstoffver- brauch des Menschen

Gottstein 3,6 Heiss et al.

Klemm et al.

Herrschaft Herrschaft

1962 1970 1973 1973/76 1973/76

5 13 14 5 10

N 2 0 133xe

133 xe 133x.

133x,

6 10 20 25 25

60 37 33 52 36

56 36 42 41 28

3,7 CBF*)

ml/100 g/min

v w

Dosis (mg) Fall-

zahl Jahr

Autor Methode

0 0

*) Zeichenerklärung siehe Tabelle 3

Gruppe signifikant niedriger liegt als in der Kontrollgruppe. Aufgrund die- ser Ergebnisse ist die Anti koagulan- tienbehandlung bei Patienten mit transitorischer zerebraler Mangel- durchblutung (TIA), reversiblen ischämischen neurologischen Defi- ziten (RIND) und leichten ischämi- schen Defektsyndromen kardialer Genese (rheumatische und ischämi- sche Herzerkrankungen) mit Dicu- marinderivaten angezeigt.

Die Behandlungsdauer ist auf zwei Jahre festzulegen. Nach Ablauf die- ser Zeit ist, wie Langzeitstudien be- legen, nur noch in einem sehr gerin- gen Prozentsatz mit erneuten Hirn- embolien zu rechnen, so daß das Behandlungsrisiko (insbesondere intrakranielle Blutungen) nach die- ser Zeit den therapeutischen Effekt übersteigt (5).

Thrombozyten- aggregationshemmer

Die Behandlung mit Thrombozyten- aggregationshemmern bei einer randomisierten Patientengruppe mit einer Verlaufsbeobachtung von 18 Monaten im eigenen Krankengut hat gezeigt, daß bei Patienten mit wie- derholten transitorischen ischämi- schen Attacken die behandelte Pa- tientengruppe eindeutig besser ab- schnitt als die unbehandelte. Bei Pa- tienten mit einer einzigen transitori- schen ischämischen Attacke war ein entsprechender Effekt nicht nach- weisbar. In gleicher Weise fand sich ein statistisch signifikant besseres Abschneiden der Patienten mit an- giographisch nachgewiesenen arte- riosklerotischen Gefäßveränderun- gen im Vergleich zu solchen, die ein normales Angiogramm aufwiesen.

Nach dem bisherigen Wissensstand ist von der Behandlung mit Throm- bozytenaggregationshemmern bei Patienten mit transitorischen Mangeldurchblutungen, reversiblen ischämischen neurologischen Defi- ziten und leichten ischämischen De- fektsyndromen bei nichtoperablen arteriosklerotischen Veränderungen der extrakraniellen und intrakraniel- len Hirngefäße ein prophylaktischer Effekt zu erwarten.

Behandlung der Risikofaktoren der Hirnarteriosklerose

Für die Langzeittherapie und Pro- phylaxe der zerebralen Ischämie sind die Beachtung und Behandlung der Risikofaktoren der Hirnarterio- sklerose von großer Bedeutung. Ri- sikofaktoren ersten Grades sind die

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 44 vom

1.

November 1979 2893

(9)

Zerebrale Mangeldurchblutung

arterielle Hypertonie und der Diabe- tes mellitus. Die präventive Wirk- samkeit einer sorgfältigen antihy- pertensiven Therapie und einer gu- ten Stoffwechseleinstellung beim Diabetes mellitus sind durch zahl- reich kontrollierte Studien erwiesen.

Risikofaktoren zweiten Grades sind Nikotin, Übergewicht und Fettstoff- wechselstörungen. Während diese drei Risikofaktoren allein nicht mit einem wesentlich erhöhten Hirnin- farktrisiko einhergehen, potenziert ihre Kombination mit einem Risiko- faktor ersten Grades das Morbidi- tätsrisiko erheblich.

0 Gefäßchirurgische Therapie Beim Nachweis umschriebener Ste- nosen an der Arteria carotis interna oder der Arteria vertebralis in ihrer extrakraniellen Verlaufsstrecke so- wie bei Stenosen der großen su- praaortischen Gefäßabgänge, ist ei- ne operative Rekonstruktion des Ar- terienlumens zu erwägen. Die exak- te Indikationsstellung zur gefäßchir- urgischen Therapie kann, da eine Vielzahl von Faktoren im konkreten Einzelfall zu berücksichtigen ist, auf knappem Raum nicht abgehandelt werden. Sie ist an anderer Stelle ausführlich beschrieben (2, 3, 18).

Die einseitige Stenose der Arteria carotis interna stellt dann eine Indi- kation für die Operation dar, wenn diese in ihrem Gefäßversorgungsge- biet zu Mangeldurchblutungen ent- weder mit vorübergehenden oder auch manifesten neurologischen Ausfallserscheinungen leichterer Art geführt hat. Eine beidseitige Karotis- stenose stellt beim Syndrom der in- termittierenden lschämie eine abso- lute Operationsindikation dar. Das gleiche gilt für den einseitigen Karo- tis-interna-Verschluß in Kombina- tion mit einer Stenose der gegensei- tigen Arteria carotis interna. Auch bei persistierenden neurologischen Ausfällen leichterer Art ist bei dieser Patientengruppe die gefäßchirurgi- sche Therapie aus prophylaktischen Gründen indiziert. Ein einseitiger Vertebralisverschluß allein stellt in der Regel keine Operationsindika-

tion dar. Bei einer doppelseitigen Vertebralisabgangsstenose oder ei- ner einseitigen Vertebralisstenose und Verschluß beziehungsweise Hy- poplasie der gegenseitigen Arteria vertebralis ist die Operation der Ge- fäßstenose zu erwägen, wenn ent- sprechende transitorische oder ma- nifeste Durchblutungsstörungen im vertebrobasilären Kreislauf vor- liegen.

Subklaviastenosen proximal des Ab- gangs der Arteria vertebralis mit ty- pischem Subclavian-Steal-Syndrom stellen eine Indikation zur Operation dar. Bei gleichzeitiger Karotis- und Vertebralisstenose wird in der Regel den Karotisstenosen bei der Opera- tion der Vorzug gegeben.

4)

Extra-intrakranielle Anastomosenoperation

Abgesehen von den extrakraniellen Gefäßstenosen besteht heute auch beim Verschluß der Arteria cerebri media oder der Arteria carotis inter- na die Möglichkeit, eine extra-intra- kranielle Anastomosenoperation durchzuführen, wobei die Arteria temporalis superficialis auf einen Mediaast verpflanzt wird. Die Aus- wahl der Patienten für die Operation muß jedoch nach strengen Kriterien vorgenommen werden (9, 10, 11).

Krankengymnastische Übungs- behandlung, Sprachtherapie Von entscheidender Bedeutung für die Rehabilitation der Patienten mit einer akuten zerebralen lschämie ist neben den medikamentösen Maß- nahmen eine von Anfang an konse- quent betriebene krankengymnasti- sche Übungsbehandlung und bei Patienten mit dysphasischen Stö- rungen eine gezielte Sprachthera- pie. Die klinische Erfahrung hat ge- zeigt, daß das Ausmaß des neurolo- gischen Defektsyndroms nach durchgemachter Ischämie wesent- lich von einer möglichst frühzeitig eingeleiteten, und über eine lange Rehabilitationsphase begleiteten, physikalischen Therapie abhängig ist.

Zusammenfassung

Für die medikamentöse Behandlung der zerebralen Mangeldurchblutung steht bis heute kein vaso- oder stoff- wechselaktives Präparat zur Ver- fügung, das eine langanhaltende Verbesserung der Durchblutung in mangeldurchbluteten Gehirnab- schnitten zu erzielen vermag. Auf- grund eigener Untersuchungen bei Patienten mit akuter oder subchro- nischer zerebraler lschämie und an- hand der Literatur wird ein Über- blick über die Wirkung eines großen Teils der im Handel befindlichen Me- dikamente auf die Durchblutung und den Sauerstoffverbrauch des Gehirns beim Menschen gegeben.

Bei der Therapie des Akutstadiums der zerebralen lschämie stehen Hirnödembehandlung, Digitalisie- rung des Herzens, Blutdruckstabili- sierung sowie Maßnahmen zur Ver- besserung der Blutviskosität und Mikrozirkulation im Vordergrund.

Für die Langzeittherapie und Pro- phylaxe können neben der Aus- schaltung von Risikofaktoren und Maßnahmen, die einer Progredienz der allgemeinen Arteriosklerose ent- gegenwirken, bei ausgewählten Pa- tientenkollektiven die Antikoagulan- tienbehandlung mit Dicumarinderi- vaten und die Behandlung mit

Thrombozytenaggregationshem- mern empfohlen werden. Bei opera- blen stenosierenden Erkrankungen der zuführenden und intrakraniellen Hirngefäße ist unter Berücksichti- gung einer strengen Indikationsstel- lung die gefäßchirurgische oder mi- kroneurochirurgische Therapie an- gezeigt.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Horst Herrschaft Leitender Arzt

der Neurologischen Klinik Niedersächsisches

Landeskrankenhaus Lüneburg Wienebütteler Weg 1

2120 Lüneburg

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 2894 Heft 44 vom 1. November 1979

Referenzen

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