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Archiv "Kunst und Anatomie: Was passiert, wenn Mediziner und Maler auf das Gleiche gucken" (21.12.2009)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 51–52

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21. Dezember 2009 A 2569 KUNST UND ANATOMIE

Was passiert, wenn Mediziner und Maler auf das Gleiche gucken

Ein Maler deutet und ergänzt die anatomischen Präparate des Medizinhistorischen Museums der Berliner Charité. Eine Ausstellung

V

or dem Bild eines Embryos, vermeintlich originalgetreu in Öl gemalt, platziert auf einer großen weißen Holzscheibe, steht der Maler Frank Schäpel und antwortet auf die Fra- ge, weshalb er sich derart für die Anatomie interessie- re, mit dem schlichten Satz:

„Weil ich Mensch bin.“ Die Realität des Körpers be- schäftigt Schäpel (Jahrgang 1973) seit Jahren. Zunächst malt er ihn von außen, dann aber sucht er tiefer und nimmt, ganz konsequent, zwei Jahre an Präparierkur- sen im Centrum für Anato- mie der Charité in Berlin teil.

Ergebnis sind 37 Bilder;

eine Auswahl ist jetzt im Medizinhistorischen Mu- seum der Charité zu sehen.

Inmitten der berühmten virchow - schen Präparatesammlung, zwi- schen den Vitrinen mit den 750 konservierten Organen. Schäpel

„scannt“ seine Objekte mit den Au- gen und gibt sie in exakter Lebens- größe wieder. Im Zeitalter der digi- talen Fotografie erscheine das zu- nächst anachronistisch, bemerkt Prof. Dr. med. Thomas Schnalke, der Direktor des Museums, der schon manchen Künstler und so auch erneut den Baselitz-Schüler Schäpel in sein Haus holte. Doch dessen Bilder sind zwar exakt, aber nicht fotografisch. Das liegt daran, wie er die Perspektive behandelt, nämlich ohne Fluchtpunkt, und die Details herausholt. Die Objekte werden daher bei aller Exaktheit in- terpretiert und nicht dokumentiert.

Die Sicht der Medizin auf den Kör-

per sei heute „funktionell“, meint Schäpel und weist auf sein Embryo- bild: „Die Makroanatomie hat in der Medizin heute nicht mehr den Stellenwert wie früher. Man sieht sich statt des Embryos mehr die Zellen an.“ Den Maler Schäpel aber interessieren die Gesamtheit wie auch die Teile, aus denen sie sich zusammensetzt.

Ja, so geht’s, „wenn zwei ver- schiedene Berufe, Wissenschaftler und Künstler, auf das Gleiche gu- cken“, erklärt Wolfgang Knapp von der Akademie der Künste in Berlin.

Ihm liegt wie Schnalke daran, Wis- senschaftler, Mediziner und Künst- ler (wieder) zueinanderzuführen.

Die Sichtweise des jeweils anderen könne dazu verhelfen, die eigene Position zu überprüfen. Knapp erin- nert sich an eine Lehrveranstaltung

über Krankheit, Sterben und Tod, bei der sich über- raschenderweise etwa die Hälfte der Teilnehmer als ärztliche Gasthörer ent- puppte. In ihrer Ausbildung habe die Auseinanderset- zung mit Sterben und Tod gefehlt, begründeten sie das Interesse an dem Kunstse- minar.

Frank Schäpel steht mit seinem Interesse für die Anatomie, so eigenwillig es erscheinen mag, auf soli- dem Boden. Man muss die Tradition nicht bis zu Leo- nardo oder Rembrandt zu- rückverfolgen, denn noch bis in die 20er-Jahre des 20.

Jahrhunderts wurde an der Hochschule für die Bilden- den Künste in Berlin Ana- tomie gelehrt und mittels Sezierübungen praktiziert. Der ana- tomische Zeichensaal lag neben dem Akt-Zeichensaal. So benach- bart waren Leben und Tod. Den Un- terricht besorgten führende Anato- men der Charité, unterstreicht Wolfgang Knapp das interdiszipli-

näre Miteinander. ■

Norbert Jachertz

Die Ausstellung „Frank Schäpel: Die Teile und das Ganze“

ist Auftakt einer Serie von „Interventionen“ in den Muse- umsbestand und läuft bis 10. Januar 2010. – Berliner Medizinhistorisches Museum, Charitéplatz 1, 10117 Berlin (vom Hauptbahnhof aus zu Fuß zu erreichen), geöffnet Di–So 10–17 h, Mi und Sa bis 19 h. Telefon: 0 30/4 50 53 61 56.

www.bmm.charite.de

INFORMATIONEN

Frank Schäpel:

Defibrillator, 2008, Öl, Graphit, Asphalt/

Holz

K U L T U R

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