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Archiv "Sozialdemokraten: Stille Liebe zur sanften Medizin -" (22.10.1986)

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DEUTSCHES itRZTEBLATT

Aktuelle Politik

Am 25. Oktober wollen die Sozialdemokraten auf ihrem Wahlparteitag das Wahlprogramm verabschieden- hoff- nungsfroh betitelt "Regierungsprogramm 1987 bis 1990 des SPD-Kanzlerkandidaten Johannes Rau". Das Pro- gramm ist vom SPD-Parteivorstand bereits verabschiedet worden; der Wahlparteitag soll es endgültig absegnen.

D

er gesundheitspolitische Abschnitt des Wahlpro- gramms der SPD ("Eine Re- form des Gesundheitswesens ist unabweisbar") beschäftigt sich vorwiegend mit drei ausgewähl- ten Fragen.

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Andere Medizin: Auffallend ist die kritische Einstellung der Programmacher zur Schulmedi- zin und die sichtliche Verbeu- gung vor alternativen Heilmetho-

den. Man müsse verhindern, daß

sich das Gesundheitswesen ein- seitig auf technische Hochlei- stung konzentriereund Apparate- medizin übertreibe heißt es. Ein- fache und kostengünstige, auch von der Schulmedizin abwei- chende Heilverfahren müßten die Chance haben, sich im Wett- bewerb mit anderen Heilverfah- ren zu bewähren. Die Sozialde- mokraten räumen der Vorsorge den gleichen Rang ein wie der kurativen Medizin.

f) Kostendämpfung: Die So- zialdemokraten schwören der Kostendämpfung ab, ja sie kla- gen: "Gesundheitspolitik war in den vergangenen Jahren reine Kostendämpfungspolitik" und fordern: "Statt bloßer pauscha- ler AusgabendeckelunQ sind po- litische Orientierungsdaten für die Entwicklung des Gesund- heitswesens notwendig". Die neuerdings so kritische Haltung der SPD zur Kostendämpfung ist um so bemerkenswerter, als es gerade die SPD-Politiker waren, die vor rund zehn Jahren die Ko-

Sozialdemokraten

Stille Liebe zur sanften Medizin

stendämpfungspolitik eingeläu- tet haben. Als Alternative zur Ko- stendämpfung wird im SPD-Pa- pier {abgesehen von der allge- mein gehaltenen Forderung, Strukturmängel zu beseitigen) konkret lediglich vorgeschlagen, die Stellung der Krankenkassen als Verhandlungs- und Vertrags- partner müsse gestärkt werden.

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Arzneimittel: Kritisch - das aber schon lange- ist auch die Einstellung gegenüber der Arz- neimittelversorgung. Ein großer Teil der Arzneimittel sei aus me- dizinischer Sicht überflüssig, steht im Text. Die Krankenkas- sen sollten mit den Pharmaan- bietern über die Arzneimittel und deren Preise direkt verhandeln

können. Als Rahmen für die Preisverhandlungen schlägt die SPD die Orientierungsdaten ei- nes (noch zu schaffenden) Jah- resgesundheitsberichtes der Bundesregierung vor.

Halten wir schließlich aus dem Abschnitt Gesundheit die Versi- cherung der SPD fest: "Das Pa- tientenrecht auf den freigewähl- ten Arzt und dabei auch die be- vorzugte Behandlungsmethode stehen für uns nicht in Frage."

Das ist ein bißchen mehr als die vertraute Floskel von der freien Arztwahl.

Im Abschnitt über den Sozial- staat findet sich die auch ge- su ndheitspolitisch relevante Aussage, die SPD setze sich für eine sinnvolle Verbindung von sozialer Sicherung und Selbst- hilfe ein. Dahinter verbirgt sich freilich nicht die bei der politi- schen Konkurenz kursierende Forderung nach Selbstbeteili- gung, sondern die Absicht, die Selbsthilfebewegung für den So- zialstaat nutzbar zu machen, als Ergänzung: die großen Risiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter brauchten jedoch die großen solidarischen Systeme.

Für die Ärzteschaft besonders interessant sind auch zwei Aus- sagen aus dem Abschnitt "Si- cherheit im Alter":

~ Die Sozialdemokraten stre- ben mittelfristig eine soziale Grundsicherung an, die im Alter, bei Invalidität und bei Arbeitslo- sigkeit zur Sicherung des Exi- stenzminimums ausreicht, ohne daß Sozialhilfe gezahlt werden muß.

~ Und: Im Rahmen einer grund-

legenden Reform der Alterssi- cherung wird die SPD auch die Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 43 vom 22. Oktober 1986 (13) 2921

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Sozialdemokraten

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KURZBERICHT

Foto: Neusch

berufsständischen Versorgungs- werke nicht ungeschoren lassen.

Sie greift in ihrem Wahlpro- gramm wieder auf die alte For- meln der „Harmonisierung" zu- rück, über die schon zur Zeit der sozialliberalen Koalition nachge- dacht wurde. In der Vorstands- fassung des Wahlprogramms heißt es jetzt:

„Ohne die schrittweise Harmoni- sierung der Alterssicherung von Arbeitern, Angestellten, Beam- ten und Selbständigen werden wir die Solidarität zwischen den Generationen nicht erreichen.

Unser Ziel ist es, daß gleiche so- ziale Tatbestände in allen Alters-

sicherungssystemen auch zu gleichwertigen Leistungen und Belastungen führen."

Resümee: In ihrem Wahlpro- gramm versucht die SPD, ihre traditionelle Sozialpolitik, wie sie etwa von Herbert Ehrenberg und Anke Fuchs vertreten wurde, mit der neuen, stillen Liebe zu den Sanften in diesem unserem Lan- de zu verbinden. Dies mag, wie das mit stillen Lieben auch sonst so ist, sympathisch sein. Ob die Verbindung, die ähnlich auch in den übrigen Abschnitten sicht- bar wird, politisch erfolgreich sein kann — über diese schwieri- ge Frage denken die Sozialde- mokraten wohl selbst noch nach. NJ

GOÄ '82-Reform:

Sofortmaßnahmen angeregt

Für eine Überarbeitung der Amt- lichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ '82), unabhängig von der an- stehenden Reform und Umbewer- tung des Einheitlichen Bewer- tungsmaßstabes „Ärzte" (EBM), hat sich der Gebührenordnungs- ausschuß der Bundesärztekam- mer und der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung ausgesprochen.

In einer schriftlichen Eingabe zu einem vom Gebührenordnungsre- ferat des Bundesarbeitsministeri- ums vorgelegten Fragenkatalog hat die Bundesärztekammer dar- auf hingewiesen, daß die derzeiti- gen Mängel des GOÄ-Leistungs- verzeichnisses u. a. auch darauf zurückzuführen seien, daß der Einheitliche Bewertungsmaßstab entgegen der Empfehlungen der Ärzteschaft zur Grundlage der GOÄ '82 gemacht worden sei. Eine Orientierung am EBM sei auch für die krankenhausspezifischen Lei- stungen nicht möglich, da diese Leistungen aus dem neuen EBM herausgenommen werden.

Eine inhaltliche und zeitliche Ab- stimmung mit der Reform der kas- senärztlichen Gebührenordnung sei ohnedies nicht möglich, da die Neufassung des EBM zunächst in einer Modellphase unter Einfüh- rung einer pauschalierten Ge- samtvergütung erprobt und inso- weit weiteren Änderungen unter- zogen werden könne, kommen- tiert der Gebührenordnungsaus- schuß der Bundesärztekammer.

Ohnedies sei eine endgültige Fas- sung des neuen EBM, insbesonde- re der neu zu vereinbarende Punktwert, erst Mitte 1988 zu er- warten. Andererseits wurde im Er- fahrungsbericht der Bundesregie- rung über die Anwendungspraxis der GOÄ '82 (vom Dezember 1985) angekündigt, zu Beginn der kom- menden Legislaturperiode würden die Arbeiten zu einer punktuellen Reform der GOÄ '82 und einer Be-

gradigung der Hauptmängel be- gonnen werden.

In Gesprächen mit dem Verord- nungsgeber will die Bundesärzte- kammer im Zuge der Weiterent- wicklung der Amtlichen Gebüh- renordnung erörtern, wie in Zu- kunft der Gebührenrahmen ge- handhabt werden solle. Bei weiter restriktiver Erstattungspraxis, ins- besondere der Beihilfestellen, will die Ärzteschaft darauf drängen, daß das Leistungsverzeichnis er- weitert wird. So sollen künftig ins- besondere Erschwernisse beste- hender ärztlicher Leistungen mit eigenständigen Gebührenord- nungspositionen, Leistungslegen- den und Bewertungen in das Lei- stungsverzeichnis aufgenommen werden. Werde vom Gesetzgeber allerdings eine kurzfristige Weiter- entwicklung der GOÄ '82 ange- strebt, so sollte zunächst eine

„kleine Lösung" angestrebt wer- den, erklärt die Bundesärztekam- mer. Danach soll der seit 1982 unveränderte Punktwert (zehn Pfennige) an die inzwischen geän- derte Preis- und Kostensituation angepaßt, die erfolgten Analogbe- wertungen sollen aufgenommen und die gröbsten Mängel besei- tigt werden. EB

ZITAT

Gebührenrahmen:

Grundsätzliche Klärung

„Die Bundesärztekammer hält es für erforderlich, daß vor der Diskussion einzelner Leistungspositionen, welche nach den bearbeiteten Vor- schlägen in das Gebühren- verzeichnis eingearbeitet werden sollten, eine grund- sätzliche Klärung bezüglich der Anwendung des Gebüh- renrahmens herbeigeführt wird."

Dr. Karsten Vilmar, Präsident der Bundesärztekammer, in einem Schreiben an den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung vom 6. Juni 1986

Johannes Rau (55) steht am 25.

Januar zur Wahl. Sein Programm will er auf dem Wahl- parteitag in Offenburg formulieren.

Rau war auch bei den Ärzten schon zu Gast. Das Bild zeigt Rau auf dem 85.

Deutschen Ärztetag in Münster (1982)

2922 (14) Heft 43 vom 22. Oktober 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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