No 80 août 08 / Nr. 80 August 08
Gestüt
27 Neuheiten vom Netzwerk Pferdeforschung Schweiz
Sommerekzem: die Mücken unerträglich
Endlich ist der Sommer da! Doch er kommt immer mit einer Horde Insekten, die je nach Gattung mehr oder weniger erträglich sind. Für manche Pferde ist diese Jahreszeit ein wahrer Albtraum. Hervorgerufen durch eine Allergie gegen den Speichel zweier Gruppen von Mücken, leiden sie unter dem sog. Sommerekzem, einer Hautkrankheit. Wenn Sie auf einer Weide Pferde sehen, die wie Astronauten eingepackt sind, lachen Sie nicht – denken Sie an diesen Artikel!
Das Sommerekzem ist eine Haut- krankheit. Wie der Name schon sagt kommt es im Sommer bei Pferden vor, die auf der Weide ge- halten werden, wenn die verant- wortlichen Mücken (Kriebelmücken und Gnitzen) aktiv sind. Die Er- krankten reagieren allergisch auf den Speichel dieser Insekten. Auf- grund des extremen Juckreizes scheuern sich die Pferde bis es blu- tet, insbesondere entlang der Mähne, am Schweifansatz und an der Bauchlinie. Bei manchen wach- sen die Haare selbst im Winter nicht mehr nach und die Haut ist verdickt und gefaltet.
Der Freiberger
Um Sie gleich zu beruhigen: Ob- wohl diese häufig auftretende, ge- netisch vererbbare Krankheit alle Rassen betreffen kann, ist sie beim Freiberger selten geworden seit man die erkrankten Tiere systema- tisch von Zuchtwettbewerben aus- geschlossen hat. Die Verantwortung des Züchters ist gross und es ist in seinem Interesse, nicht mit einem solchen Pferd zu züchten, da ein er- höhtes Risiko besteht diese Krank- heit an die Nachkommen weiter zu vererben. Doch eine vollständige Verdrängung hängt von einer zu- verlässigen Diagnose ab.
Viele Isländer, die nach Europa im- portiert wurden, leiden unter der Er-
krankung, obwohl in Island 0% der Pferde krank sind. Das liegt einfach daran, dass es diese Mücken auf der Insel nicht gibt.
Schwer nachzuweisen und zu behandeln
Abgesehen von den typischen Fäl- len ist es schwierig, die Sicherheit zu haben mit dieser Krankheit zu tun zu haben. Es existiert noch kein Labortest, der diese Allergie nach- weisen kann. Zudem gibt es keine richtigen Behandlungsmethoden gegen diese Krankheit, die eine wahre sommerliche Last für die be- troffenen Pferde darstellt. Man kann sie vor den Mücken schützen, indem man sie nicht während des Sonnenauf- und untergangs auf die Weide lässt, Insektenschutzmittel verwendet, Fliegengitter an den Fenstern anbringt oder dem Pferd eine Ganzkörperdecke anlegt (daher das Astronauten-Outfit!).
Man kann auch eine allergische Reaktion des Körpers verhindern, indem man eine Langzeit-Kortison- behandlung anwendet oder ver- sucht, die allergische Reaktion mit Hilfe von Komplementärmedizin zu mildern.
Forschung und Zukunft
Jonas Cicenas von der Vetsuisse- Fakultät Bern hat im Rahmen sei- ner tierärztlichen Dissertation
versucht, die genauen Substanzen des Speichels der Mücken zu fin- den, die für die allergische Reaktion verantwortlich sind. Seine Untersu- chungen haben drei hauptursächli- che Stoffe von einer der zwei Mückenarten nachgewiesen, die für das Sommerekzem verantwortlich sein könnten.
In einem zweiten Schritt wird man diese drei Substanzen auf ver- schiedene Weisen testen, um ei- nerseits einen zuverlässigen Labortest und andererseits eine Impfung gegen diese Krankheit zu entwickeln. Die Forschungen gehen nur schrittweise voran und die Wis- senschaftler müssen geduldig sein.
Wir dürfen das Ziel nicht aus den Augen verlieren: Diese Erkrankung
muss bei der Freibergerrasse voll- ständig ausgerottet werden, denn vorbeugen ist besser als heilen.
Und in diesem Rahmen hat ein zu- verlässiges Diagnosemittel Vorrang.
Mireille Baumgartner
Die Studie «Identifizierung der Allergene, die das Sommerekzem beim Pferd auslösen»
wurde von Jonas Cicenas der Vetsuisse-Fakultät Bern im Jahr 2007 im Rahmen der zweiten Netzwerktagung Pferdeforschung in Avenches vorgestellt.
Mireille Baumgartner ist Mitarbeiterin des Netzwerks Pferdeforschung
im Nationalgestüt Avenches.
Scheuerstelle am Mähnen-Kamm eines Pferdes mit Sommerekzem (Bild Tierspital Bern).
Lésions dues aux démangeaisons à la crinière d’un cheval atteint de dermatite estivale.