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Archiv "Medizinstudium: Mehr als graue Theorie" (22.10.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 42

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22. Oktober 2010 A 2073

K

linische Untersuchung, Naht- und Knotentechnik, Grund - lagen der Osteosynthesetechniken, Verbands- und Gipstechnik sowie Darm- und Gefäßanastomosen an präpariertem Schweinedarm und Schweineaorten – in der ersten Wo- che des Blockpraktikums für ange- hende Chirurgen an der Techni- schen Universität München werden in Seminaren und Vorlesungen praktisch-chirurgische Fertigkeiten vermittelt. Ergänzt wird der Unter- richt durch eine Video-Mediathek (www.meditum.de).

In der zweiten und dritten Woche werden im Rahmen des Tutor-Coa- chings die erlernten Fertigkeiten im klinischen Alltag angewendet. Die Studierenden rotieren täglich durch Stationen, Ambulanzen und Opera- tionssäle aller chirurgischen und orthopädischen Kliniken. Dabei haben sie die Möglichkeit, im OP unter Anleitung Hautnähte durchzu- führen, Drainagen festzunähen oder Verbände anzulegen. Auch lernen sie den klinischen Alltag auf Sta - tion, in den Ambulanzen sowie Funktionsbereichen mit Visiten, in- vasiven diagnostischen Maßnah- men und Board-Besprechungen kennen. Zur abschließenden Beno- tung wurde eine Objective Struc - tured Clinical Examination (OSCE) für das chirurgische Blockprak - tikum konstruiert. Prüfungsgegen- stand sind die Lehrinhalte und Übungen der Seminare sowie Vor- lesungen und die Video-Mediathek.

OSCE ist eine Prüfungsform, bei

der nicht nur theoretisches Wissen abgefragt wird, sondern vor allem praktische Fertigkeiten, der Um- gang mit Patienten und die Bewälti- gung ärztlicher Routinetätigkeiten im simulierten Alltag überprüft werden. Das Format testet Fähig- keiten eines jungen Mediziners, die durch den Zweiten Teil des Multi- ple-Choice-Staatsexamen des Insti- tut für medizinische und pharma- zeutische Prüfungsfragen (IMPP) nicht erfasst werden können.

Sieben Stationen

Grundkonzept der OSCE-Prüfung sind mehrere Stationen, an die der Studierende in zeitlichen Abstän- den hintereinander rotiert. Bei jeder Station wird dem Prüfling eine strukturierte, in sich abgeschlosse- ne Aufgabe gestellt, die der Studie- rende innerhalb einer gewissen Zeitspanne zu lösen hat. Die zu er- wartende Lösung ist auf einem Lö- sungsbogen bereits vorgegeben und wird vom Rater überprüft. Aus der Vorgabe, dass die Aufgabenstellung für alle Studierenden gleich ist und

der Erwartungshorizont vorgegeben ist, ergeben sich die beiden Krite- rien: „objective“ und „structured“.

Für die sieben Stationen wurden die Themenbereiche Naht- und Kno- tentechnik, Verbands- und Gipslehre, Grundlagen der Osteosynthesetech- nik, Hygiene und Sterilität, periope- ratives Management und klinische Untersuchung ausgewählt. Um Prü- fungsgleichheit zu erreichen, wurden in den nachfolgenden OSCE-Prüfun- gen wechselnde Inhalte geprüft. Da- mit konnte jede einzelne Station je- weils nach 14 Studierenden von Ver- sion A nach Version B und Version C wechseln, so dass alle 80 Studieren- den über den Prüfungstag gleiche Prüfungsbedingungen hatten.

Für den Themenbereich Naht- technik wurde die Anlage einer Do- nati-Naht (Version A), Allgöwer- Naht (Version B) und Drainagen- Naht (Version C) an einem Schwei- nehautpräparat vorbereitet. Im The- menbereich Verbandslehre wurden die Anlage eines Kornährenverban- des (Version A), die Anlage einer Unterarmschiene (Version B) und MEDIZINSTUDIUM

Mehr als graue Theorie

Mit der Einführung der neuen Approbationsordnung für Ärzte wurde für das Fach Chirurgie am Klinikum rechts der Isar in München ein dreiwöchiges Blockpraktikum mit einer abschließenden OSCE-Prüfung integriert.

Die Technik und Interaktion des Studierenden bei der rektalen Untersu- chung wird an einem Simulationsobjekt getestet. Zu fühlen gibt es einen Normal- befund im Rektum mit einer normal großen Prostata im Wechsel mit einem Rektumadenom 4 cm ab ano.

Foto: Robert B. Brauer

S T A T U S

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A 2074 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 42

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22. Oktober 2010 die Anlage eines Gilchristverbandes

(Version C) an einer dritten Person bewertet. Auch hier gehörten die korrekte Wahl des Verbandsmateri- als und die korrekte Information des Patienten zu den Bewertungskrite- rien. An der Prüfungsstation Osteo- synthesetechnik wurden die Aufga- ben Zugschraube (Version A), Stell- schraube (Version B) und Reposition einer Tibia-Kopffraktur und Fixie- rung mit K-Drähten (Version C) am Plastikknochen mit Original-Osteo- synthesematerial gestellt.

Auch die Grundlagen der klini- schen Untersuchung ließen sich bei einem ELITE-Exvivo-Modell (ELITE = „Endoskopisch-laparosko- pische interdisziplinäre Trainingsein- heit“) sehr gut evaluieren. Die Vorga- ben waren eine bereits durchgeführte Anamnese mit der Verdachtsdiagnose Appendizitis (Version A), akute Cho- lezystitis (Version B) und akute Sig- madivertikulitis (Version C). Gefor- dert wurde eine standardisierte klini- sche Untersuchung des Abdomens mit den typischen zu erwartenden kli-

nischen Untersuchungszeichen und die Erhebung der klinischen Parame- ter zur Diagnosesicherung. Bei der Station Hygiene und Sterilität wurde das korrekte Anziehen von sterilen Handschuhen überprüft sowie das korrekte Abwaschen eines Abdomens eines ELITE-Modells bei dem Be- fund Narbenhernie (Version A) und einem Bauchnabelabszess (Version B). Auch hier wurden die Wahl des Hautdesinfektionsmittels sowie die Desinfektionsbewegung beim Abwa- schen bewertet. Klinisch-praktische Fertigkeiten, wie die korrekte Blutab- nahme mit Einhalten der Einwirkzeit des aufgesprühten Alkohols, wurden auch durch einen Simulationsarm mit zirkulierender roter Flüssigkeit pra- xisnah an der Cubitalvene (Version A) und am Handrücken (Version B) geprüft. An einem weiteren Simulati- onsmodell wurden die Technik und Interaktion des Studierenden bei der rektalen Untersuchung getestet. Zu fühlen gab es einen Normalbefund im Rektum mit einer normal großen Prostata (Version C) im Wechsel mit

einem Rektumadenom 4 cm ab ano (Version D).

Simulierte Gespräche

Das große Gebiet des perioperativen Managements wurde durch ein Auf- klärungsgespräch eines Probanden über eine bevorstehende Operation simuliert. Zur Auswahl standen fol- gende Operationen: laparoskopische Cholezystektomie (Version A), Leis- tenhernienrepair nach Lichtenstein (Version B) und Rechtshemikolekto- mie (Version C). Beim Aufklärungs- gespräch wurde bei der Bewertung der Schwerpunkt nicht auf die Ein- zelheiten des Operationsverfahrens gelegt, sondern auf den Umgang mit dem (Schauspiel-)Patienten und die Benennung allgemeiner und speziel- ler OP-Risiken und die Anwendung offener Fragen bewertet.

Die Durchschnittsnote der OS- CE-Prüfung lag bei 1,75. Vergli- chen mit den ärztlichen Ratern ha- ben die studentischen Rater entwe- der gleich benotet oder strenger.

Die Notenspiegel ergaben bei allen OSCE-Prüfungen Gauß`sche Ver- teilungskurven mit hoher Validität.

Die Evaluation der Prüflinge nach der Prüfung war durchweg positiv.

Obwohl die OSCE-Prüfungsform schon vor Jahrzehnten entwickelt wurde und im angloamerikanischen Ausbildungssystem weit verbreitet ist, etabliert sich diese Prüfungsform noch zögerlich an deutschen medizi- nischen Fakultäten. Gerade diese Prüfungsform kann bei geeigneter Konzeption extrem vielfältig sein und für alle Fachbereiche angewen- det werden. Es werden genau die Fä- higkeiten geprüft, die durch die so oft kritisierte IMPP-Staatsexamina nicht geprüft werden können. Viel- leicht liegt es am Aufwand, der für diese Prüfungen erforderlich ist, an den hohen Studentenzahlen oder auch daran, dass Lehre und auch die damit verbundenen Prüfungsformen keinen hohen Stellenwert und Aner- kennung im akademischen Curricu- lum besitzen, dass sich viele Dozen- ten noch zurückhaltend gegenüber dieser Prüfungsform zeigen. ■

Prof. Dr. med. Robert B. Brauer cand. med. Anian Kammerloher Dr. med. Georg Womes Prof. Dr. med. Johannes Ring Prof. Dr. med. Helmut Friess

PID zur Entdeckung schwerer genetischer Schäden rechtens

Der mit dem Embryonenschutzgesetz verfolgte Zweck des Schutzes von Embryonen vor Miss- bräuchen steht der Durchführung einer Präim- plantationsdiagnostik (PID) nicht entgegen. Das Embryonenschutzgesetz erlaubt die extrakorpora- le Befruchtung zur Herbeiführung einer Schwan- gerschaft ohne weitere Einschränkungen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.

Damit ist der angeklagte Frauenarzt vom Vorwurf einer dreifachen strafbaren Verletzung des Em- bryonenschutzgesetzes freigesprochen worden.

Er führte in den Jahren 2005 und 2006 bei drei Paaren die Präimplantationsdiagnostik an pluripo- tenten, das heißt nicht zu einem lebensfähigen Organismus entwicklungsfähigen Zellen durch.

Die Untersuchung diente dem Zweck, nur Em- bryonen ohne genetische Anomalien übertragen zu können. In allen drei Fällen lag nämlich bei ei- nem der Ehepartner der Paare eine genetisch be- dingte Erkrankung vor. Zum Teil hatten die Patien- tinnen bereits behinderte Kinder geboren. Das Tun des angeklagten Frauenarztes war von dem Willen getragen, bei den von ihm behandelten Frauen – von denen die entnommenen Eizellen

auch stammten – eine Schwangerschaft herbei- zuführen. Die Untersuchung der Embryonen stellt nach Auffassung des Gerichts kein durch § 2 Ab- satz 1 Embryonenschutzgesetz verbotenes „Ver- wenden“ oder eine missbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz dar. Der Gesetzgeber wollte damals durch das Embryonenschutzgesetz die extrakorporale Befruchtung nur unter der Voraussetzung erlauben, dass sie auf die Herbei- führung einer Schwangerschaft abzielt. Hiermit sollten zugleich vor allem die verbrauchende Em- bryonenforschung und gespaltene Mutterschaften unter Strafandrohung verboten werden. Vor die- sem Hintergrund ist es verständlich, dass sowohl eine ausdrückliche Ablehnung oder auch Billigung der PID weder im Wortlaut des Gesetzes, noch in den Gesetzesmaterialien niederschlägt. Vielmehr würde mit dem Ausschluss der PID sehenden Au- ges das hohe Risiko eingegangen, dass ein nicht lebensfähiges oder schwer krankes Kind geboren wird. Dies bedeutet nicht die unbegrenzte Selek - tion anhand genetischer Merkmale. Gegenstand der Entscheidung ist nur die Untersuchung von Zellen auf schwerwiegende genetische Schäden.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. Juli 2010, Az.: 5 StR 386/09) RAin Barbara Berner

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